Insulinsensitivität: Geheimnis Lithium

Ich zitiere mal aus unserem Buch (sollte übrigens JEDER gelesen haben):

Dr. Richard Anderson arbeitete als Wissenschaftler in der Wissenschaftsabteilung des US-Landwirtschaftsministeriums und galt lange Zeit als der Chromexperte – er forschte jahrzehntelang zum Chrom. Er war skeptisch gegenüber der Behauptung einiger Wissenschaftler, dass Chrom den Glukosestoffwechsel nicht beeinflusse: „Das sind normalerweise Leute, die nicht viel auf diesem Gebiet gearbeitet haben.“ (Vgl. Kiefer 2004)

 Noch weniger bekannt ist, dass quasi alle Spurenelemente

  • die Wirkung des Insulins verstärken,
  • selbst in gewissen Zügen wie Insulin wirken (Insulinmimetika) bzw.
  • dafür sorgen, dass Insulin überhaupt wirken kann.

Eine solche Wirkung wurde für Kupfer, Zink, Selen, Mangan und Lithium beschrieben. Lithium scheint hier eine besondere Rolle zuzukommen. Denn in Versuchsmodellen hat Lithium einen enormen Einfluss auf die Blutzuckeraufnahme im Muskel. (…)

Gewusst?

Beim Thema Insulinsensitivität geht’s nicht nur um Insulin, Kohlenhydrate oder die Insulinresistenz des Muskels – dazwischen gibt es noch Spurenelemente.

Lithium für die Insulinsensitivität? Ein erstaunliches Experiment

Hellhörig ließ mich eine Arbeit von Tabata und Kollegen aus dem Jahr 1994 werden. Dort steht:

Es wird angenommen, dass Lithium einen insulinähnlichen Effekt auf den Glukosetransport und den Stoffwechsel in Skelettmuskel- und Fettzellen hat. Jedoch fanden wir, dass Lithium nur einen minimalen Effekt auf die basale Glukosetransportaktivität in den Muskeln der Ratte hatte. Stattdessen erhöhte Lithium die Empfindlichkeit des Glukosetransports gegenüber Insulin deutlich, so dass der durch 300 pM-Insulin induzierte Anstieg der Glukosetransportaktivität bei Vorhandensein von Lithium um das ∼2,5-fache höher war als bei dessen Abwesenheit.

Übersetzt ins Einfache: Es wird bei Vorhandensein von Lithium pro Einheit Insulin mehr als doppelt so viel Glukose in die Zellen gepumpt. Heißt umgekehrt auch, dass natürlich viel weniger Insulin gebraucht wird. Zumindest in diesem Rattenmodell.

Doch was ist daran besonders? Die Forscher zeigten, dass dies nicht nur für Insulin gilt, sondern sämtliche, den Glukosetransport stimulierende Faktoren gilt. Also:

  • Muskuläre Kontraktion (Sport)
  • Sauerstoffunterversorgung
  • Ein Phorbolester (was auch immer das ist)
  • Phospholipase C

Deshalb kommen die Wissenschaftler zum genialen Schluss:

Die Auswirkungen von Lithium auf den Glukosetransport und den Stoffwechsel im Skelettmuskel sind den anhaltenden Auswirkungen von Bewegung/Sport auffallend ähnlich. 

Ist Lithium mit Blick auf den Glukose-Stoffwechsel des Muskels also ein „exercise mimetic“?

Weitere Experimente mit Lithium

Lithium bei Diabetiker-Ratten

Um die Auswirkung von Lithium besser zu charakterisieren, kann man sich noch andere Modelle ansehen. Zum Beispiel bei Diabetiker-Ratten:

Unsere Ergebnisse zeigten die Fähigkeit von Lithium-Ionen, die Insulinempfindlichkeit bei diabetischen Ratten vollständig wiederherzustellen. Die insulin-mimetische Aktivität des Kations scheint sehr spezifisch für den glykogenen Weg im Skelettmuskel zu sein. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich Lithium-Ionen als wirksam erweisen könnten, um den Defekt in der Glykogenspeicherung umzukehren, der den Typ-2-Diabetes beim Menschen charakterisiert.

Auswirkungen des Lithium-Mangels bei Hamstern

Man kann sich auch ansehen, was passiert, wenn man dem Hamster eine Lithium-Defizienz verpasst:

Die Nahrungsergänzung mit Lithiumcarbonat beseitigte den Lithiummangel im Gewebe und hatte eine normalisierende Wirkung auf den Blutzucker (…). Der Insulin Sensitivity Index (ISI) stieg an (…). Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Lithium-Mangel in bestimmten insulinempfindlichen Geweben mit einem Blutzucker-Ungleichgewicht infolge der Insulinresistenz verbunden sein kann.

Also, nochmal zusammenfassend:

  • Lithium hilft Insulin dabei, den Glukosetransport im Muskel zu forcieren
  • Lithium kann den Blutzucker bei diabetischen Ratten normalisieren
  • Ein Lithium-Mangel macht zumindest den Hamster insulinresistent(er)

Wir sprechen also von drei verschiedenen „Modellen“, die zu ähnlichen Schlüssen kommen, nämlich, dass Lithium Einfluss auf den Glukosestoffwechsel des Muskels hat – der ja der größte Kohlenhydratabnehmer ist. Natürlich sollte man bedenken, dass bei den Diabetiker-Ratten sicher pharmakologische Lithium-Dosen eingesetzt wurden, die wir nie und nimmer empfehlen würden. Daher ist für mich eher interessant, was passiert, wenn man dem Organismus Lithium entzieht – das ist ein realistischeres Szenario für uns.

Lithium hat Einfluss auf wichtige Signalwege in Geweben

Wieso kann Lithium sowas eigentlich? Lithium scheint Einfluss auf wichtige Signalwege zu haben, die den Glukosetransport in den Muskel regulieren. Stichwort „anaboler Signalweg„, PI3K/Akt/mTOR …

Lithium zuführen

Ich muss mal bei Hirschquelle anrufen und fragen, ob die Bock auf eine Kooperation haben. Spaß. Neuere Untersuchungen meinen, wir sollten so 1 bis 3 mg Lithium pro Tag zu uns nehmen, um auf der sicheren Seite zu sein – das kann man zum Beispiel in Form von Heilwassern zuführen. Ich bin da ein bisschen konservativer, 500 mcg wären in Anbetracht folgender Zahlen schon viel:

In Europa ist die Li-Aufnahme wahrscheinlich gering. Wie gezeigt, belief sich die durchschnittliche Zufuhr bei der ganztägigen Nahrungsaufnahme polnischer Schüler auf nur 10,7 μg[44], während sie bei Erwachsenen in Belgien auf ein durchschnittliches Niveau von 8,6 μg[42] geschätzt wurde.

Wir reden also stellenweise vom Faktor 100 … zu wenig. Und wir wundern uns immer, oder?

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

25 comments On Insulinsensitivität: Geheimnis Lithium

  • Hallo zusammen,

    ich habe bei meiner letzten Blutuntersuchung ebenfalls Lithium mit abgefragt. Und der Wert liegt weit unter dem Referenzbereich vom Labor. Ich trinke allerdings bereits Fachinger Heilwasser mit 0,77mg/l Lithium fast täglich.
    Ich bin jetzt davon ausgegangen, dass offensichtlich davon nichts ankommt bei mir. Also entweder zu wenig davon getrunken (so eine Flasche 0,7l am Tag) oder die Messung im Blut macht wirklich keinen Sinn, wie schon erwähnt wurde?!?!
    Laut Strunz sollen es eher 3 Flaschen Heppinger (0,84mg/l) am Tag sein.

    Also was meint ihr, weiter relativ regelmäßig ne Flasche trinken und hoffen, dass es passt oder mehr trinken oder sogar als NEM besorgen. Letzteres ist ja leider kaum zu bekommen.

    Danke für eure Tipps und Einschätzungen

    Beste Grüße

    Timo

  • Glück, wer im Süden oder Westen wohnt, siehe supporting documentation zu https://doi.org/10.1002/mnfr.201900039

  • Habe mich viel mit Wasser in letzter Zeit beschäftigt und musste festellen, dass Hirschquelle was den Urangehalt anbelangt, sehr schlecht abschneidet.(siehe: Foodwatch Mineralwassertest). Dies gilt teilweise auch für andere WErte. Ausgenommen Lithium. :-)
    Es gibt für Uran im Mineralwasser noch keine Grenzwerte. Für Leitungswasser liegt der Grenzwert bei 10µg/l.
    Interessant ist auch dass es Meinungen gibt, dass zu viele Mineralien im Mineralwasser vom Körper nicht aufgenommen werden können und nur die Nieren belasten. Aus evolutionärer Sicht wäre ein Bergquellwasser mit sehr wenigen Mineralien ,einem ph-wert von 6,6 für unsere Mitochondrien ideal. Weiterhin Wichtig hierbei sind auch der elektr. Leitwert, sowie Stoffe wie Arsen, und andere Stoffe, für die es zwar Grenzwerte gibt, aber bei vielen Wässern hoch sind, bzw. oft nicht getestet oder angegeben werden. Auch Nitrat werte sind oft zu hoch. Bei Leitungswasser siehts auch nicht toll aus. Stichwort: Medikamentenrückstände,usw.
    Empfehlung: Plose Wasser oder Lauretana. (enthält aber kein Lithium :-( )
    Lg,
    Martin

  • Lithium wird bei Depressionen erfolgreich eingesetzt ( Lithium ist ein Phasenprophylaktikum und wird unter den Namen Hypnorex, Quilonum, Lithiofor, Quilonorm gehandelt.)….allerdings ist dabei Vorsicht geboten. Um keine Fehler zu machen, könnte man es als Schüssler Salz (Nr. 16) anwenden? PS: Hilft auch bei der Entgiftung.

  • Hallo Chris,
    freut mich, dass du auch mal über Lithium schreibst. Es wird als Psychopharmakon zur Behandlung der bipolaren Störung eingesetzt und gilt als „Goldstandard“ in der Therapie. Wie du bereits schon geschrieben hast, werden hier therapeutische Dosen von meist mehr als 450 mg eingesetzt. Dabei handelt es sich fast immer um Lithium-Carbonat. Lithium-Carbonat enthält 18,8 mg elementares Lithium pro 100 mg. (Quelle: Greenblatt-Buch, Seite 50)
    Kennst du das Buch von James Greenblatt: „Lithium – das Supermineral für Gehirn und Seele“? Greenblatt ist Psychiater in den USA und setzt vor allem Lithium-Orotat als NEM ein. Er begründet das in seinem Buch u.a. damit, dass Lithium-Orotat stärker wirkt, aber wegen der geringeren Menge weniger Nebenwirkungen macht. So enthalten 100 mg Li-Orotat nur 3,83 mg elementares Lithium.
    Zitat S. 50: „Lithiumorotat enthält das Mineralsalz der Orotsäure, die häufig als Bindemittel für mineralstoffhaltige Nahrungsergänzungsmittel genutzt wird. Das Orotation ermöglichst es, dass das Lithium den Magen passiert und dabei an den Orotatträger gebunden bleibt. Nach der Aufnahme steigt der Lithiumspiegel im Blut nach einer halben bis zwei Stunden am stärksten an. Über den Blutkreislauf gelangt das Lithium zum Gehirn. In Anlehnung an Untersuchungen zur Absorption von Kalzium- und Magnesiumorotat geht man davon aus, dass das Lithiumorotat die Blut-Hirn-Schranke überwindet. Da das Lithium an den Orotträger gebunden bleibt, tritt es direkt in die Nervenzellen ein, bevor es freigesetzt wird; durch die intrazelluläre Konzentration verbliebt nur wenig Lithium im Blutkreislauf, zu wenig, um unerwünschte Nebenwirkungen zu verursachen.“ … deshalb hat man bei Blutspiegelmessungen wahrscheinlich auch kein Ergebnis.

    Greenblatt schreibt, dass Nebenwirkungen bei Lithium-Orotat als NEM äußerst selten sind. Er arbeitet mit Dosen von 5 bis 40 mg Li-Orotat. Trotzdem empfiehlt er jedem, der Lithium nimmt, „auch essentielle Fettsäuren zusammen mit Vitamin E aufzunehmen, denn Li hemmt die Synthese von Prostaglandin E1, indem es die Mobilisierung von Dihomogammalinolensäure (DGLA) blockiert.“ (Zitat Buch S. 61) Des Weiteren empfiehlt der Zink, mindestens 30 bis 60 mg pro Tag, um möglichen Nebenwirkungen vorzubeugen.

    Ich finde die Ausführungen des Autors so umfassend (und mit Studien belegt), dass ich jedem, der sich mit dem Thema Lithium befasst, es nur empfehlen kann. Allerdings hat er zur Thematik, die du in deinem Artikel beschreibst, nichts erwähnt.

  • die Blutmessung, die man machen kann, bestimmt den Vergiftungswert als Drogenscreening für Menschen, die wegen bipolarer Störung Lithium nehmen. Also pharmakologische Dosen. Der Realwert bei Substitution wird in D nicht gemessen! Blutmessung ist also sinnfrei.

    • Das ist so nicht ganz richtig. Wenn man den Realwert gemessen haben will, muß man es dem Labor sagen,
      dann wird das auch gemacht, zumindest wenn das Labor oder ggf. das Partnerlabor die Möglichkeit bieten.
      Standardmäßig wird bei Beauftragung der Lithiummessung photometrisch gemessen, was relativ ungenau aber billig ist. Das reicht für die Überwachung der Lithiummedikation mit pharmakologischen Dosen aus. Wenn man einen genauen Wert in µg/l haben will, kann man die Messung per ICP-MS (Massenspektrometrie) beauftragen. Ich habe das selbst in einem Bremer Labor machen lassen. Geht also durchaus auch in Deutschland.

  • Andy, das meine ich nicht. Klar, über das Internetmist es möglich, aber versuch mal, L.Orotate in der Apotheke zu bekommen..!

  • Einen schönen guten Tag, in der Neurologie und in der Psychiatrie werden Lithium-Präparate eingesetzt und damit geht eine starke Gewichtszunahme einher. Quelle: https://www.aerzteblatt.de/archiv/282/Die-Lithium-Prophylaxe-hohe-Effizienz-und-geringes-Risiko-bei-regelmaessiger-Ueberwachung. Wie ist das zu werten, denn als Diabetiker möchte ich nicht weiter zunehmen.

  • Hey Chris, ich bekommen von Hirschquelle massive deppressionen für mehrere Tage. Denkst du das liegt an Lithium? Ps: Wann darf ich dich auf ein Kaffee einladen? Komme aus dem Raum Saarlouis.

    • Lithium hat starken Einfluss auf die Neurochemie. Würde deshalb, wie gesagt, mit konservativen Dosen starten. Vielleicht mal nur ein Glas Hirschquelle am Tag, statt den Wasserbedarf darüber komplett zu decken … Ich wohne übrigens nicht im Saarland, für den Kaffee kannst du Philipp fragen :-P

    • Nach der Einnahme von Lithium chloratum können durch den raschen Harnabbau rheumatische oder gichtähnliche Symptome auftreten. Bei einem Mangel an Lithium chloratum treten folgende drei Beschwerden oft gemeinsam auf (Trias): gichtisch-rheumatische Symptome, Entzündungen von Nieren und ableitenden Harnwegen sowie depressive Verstimmung. https://www.netdoktor.de/schuessler-salze/schuessler-salz-nr-16-lithium-chloratum/

  • Rosita Schneider

    Wenn ich mich nicht gut fühle, (Ergo!) kann ich verzichten auf das Fleisch, oder auf Süßes. Ich kann meine
    Gewohnheiten ändern, weil ich sehe ein, muss man vorsichtig sein mit fettiges Essen, süßes Essen.
    Aber es kann nicht sein, dass Orthopäden können nicht immer noch nicht helfen! Ich habe nämlich einen Knick-Fuß.
    Kann mir jemand helfen?

  • Würde es Sinn machen, der Einfachheit halber, z.B. einmal pro Woche eine 5mg Kapsel zu nehmen? Oder wäre das zu viel auf einmal und bleibt nicht lange genug in den Geweben/Blut?

  • Hab gehört ihr bringt demnächst ein fertigen Whey-Shake raus mit Hirschquellen Wasser + eurem Whey. Schlägt sicher ein! ;)

    Toller Artikel.

  • Bettina Lubaczowski

    Hallo Chris, danke für deinen interessanten Artikel.
    Ich habe ein Lithium NEM mit 5mg elementarem Lithium (131mg Lithium Orotat) je Tablette. Nehme ich jetzt am besten täglich ein 10tel einer Tablette ein? ?
    Liebe Grüße
    Bettina

  • Interessanter Beitrag. Obwohl ich 1 bis 1.5 l Fachinger am Tag trinke, zusätzlich 2.5 mg bis 5 mg Lithium-Orotate nehm, habe ich bei Messungen nie den Wert von 0.04 erreicht. Lithium war/ist quasi bei mir nicht messbar.

    • Wen juckt‘s? Vielleicht liegen die Ionen einfach in den Geweben gebunden vor…

      • Gut möglich…irgendwo las ich mal, dass L.Orotate direkt in die Zielzellen gehen soll und damit im Blut gar nicht messbar ist.
        Eigenartigerweise kommt man in Deutschland kaum an Lithiumräparate ran. Magnesium-Orotat bekommt man, aber nicht die Lithiumvariante.

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