L-Carnitin erfüllt neben seiner bekannten Funktion, die es beim Fettsäure-Transport in das Mitochondrium übernimmt, eine Vielzahl weiterer, sehr wichtige Funktionen. So ist L-Carnitin beispielsweise beteiligt an der Immunreaktion, hat einen positiv-inotropen Effekt auf das Herz (steigert die Kontraktilität!) und hemmt die Adipogenese/Lipogenese der Fettzellen, sprich: Es verhindert ein Wachstum derselben.
Insulinresistenz ist ein Zustand, der sich fließend einstellt und tatsächlich von vielen täglich erlebt wird: Die (nicht-pathologische) physiologische Insulinresistenz, die auftritt bei einer Fett-Diät. Die pathologische Insulinresistenz hat ähnliche, aber chronische Ursachen. Beide aber verhindern die adäquate Oxidation von Glukose.
Irgendwann existierte ein Mann namens Philip Randle, leider schon 2006 verstorben, der etwas begründete, was für einige – oder alle – von euch eine sehr hohe Relevanz hat: Den glucose-fatty acid cycle – dieser Mechanismus beschreibt nichts anderes, als dass immer nur ein Substrat (Glukose; Zucker oder Fettsäure) ordentlich oxidiert, das heißt verbrannt werden kann.
Was man nämlich beobachtete: Eine normale Fettsäure-Oxidation hemmt den Glukose-Stoffwechsel in der Zelle.
Das kann man ganz einfach erklären: Fettsäuren sind normal zur Genüge da und – wie ich das schon mehrfach erwähnt habe – ist die Muskelzelle normal darauf gepolt, Fett zu oxidieren.
Diese Fettsäure-Oxidation lässt aber – genau wie der Kohlenhydrat-Stoffwechsel – am Ende Acetyl-CoA entstehen, was dann im Citrat-Zyklus weiter abgebaut werden kann.
Abb. 1: Schematische Darstellung des zellulären bzw. mitochondrialen Stoffwechsels von Glukose bzw. Fettsäuren.
Dies ist in der obigen Grafik sehr gut zu erkennen: Sowohl Fettsäure-Abbau (ß-Oxidation), als auch Glukose-Abbau resultieren in Produktion von Acetyl-CoA, das dann in den TCA (Citrat Zyklus) übergehen kann.
Anmerkung: Das Bild dort oben ist so genial, dass man es einfach mal auswendig lernen könnte. ;-)
Der springende Punkt: Acetyl-CoA hemmt nicht den Fettstoffwechsel, aber den Kohlenhydrat-Stoffwechsel, in dem es PDH (Pyruvat Dehydrogenase) hemmt (siehe oben i.d. Grafik), was die Reaktion von Pyruvat (Endprodukt KH-Stoffwechsel) zu Acetyl-CoA katalysiert.
Wer jetzt aufgepasst hat: Genau über diesen Mechanismus werden wir “physiologisch insulinresistent” während einer no carb Diät: Die Fettsäuren hemmen so den Glukose-Abbau, das wiederum woanders (Gehirn, Blut) genutzt werden kann.
Dies wurde uns dramatisch vor Augen geführt von Peters et al. (1998) in seiner Arbeit „Human skeletal muscle pyruvate dehydrogenase kinase activity increases after a low-carbohydrate diet.“. Die PDH-Kinase nämlich hemmt PDH, das Masterenzym im KH-Stoffwechsel. Genauer: PDH-Kinase Aktivität ver-3-facht sich während einer high fat Diät, was dazu führt, dass PDH an sich nur noch 1/6 seiner Leistung bringt… Kohlenhydratstoffwechsel wurde somit ausgeschaltet!
Aber jetzt kommt L-Carnitin ins Spiel: L-Carnitin hilft nicht nur dem Transport von Fettsäuren in die Mitochondrien. LCar wirkt auch als Acetyl-Puffer. Das hat man damals an Fliegen erkannt: Die haben in ihrer Brust 0 Fettsäure-Oxidation, aber trotzdem viel LCar. Da hat man mal nachgedacht.
Und hat gesehen: Wenn über den KH-Stoffwechsel während hohen Intensitäten viel Acetyl-CoA entsteht (anaerob, ohne Sauerstoff), was nicht aerob, das heißt mit Sauerstoff, verbrannt werden kann, dann wird dieses überschüssige Acetyl einfach an Carnitin gebunden. Dies verhindert, dass ein Zuviel an Acetyl-CoA, das Master-Enzym des KH-Stoffwechsels hemmt: PDH (siehe oben).
Genial, denn: Dies könnte fatale Nachteile haben.
Gleiches Spiel beim Menschen: Sehr hohe Intensitäten beim Sport verringern die Fettsäure-Oxidation dramatisch. Das liegt – ganz neu! – daran, dass der Körper in solchen Intensitäts-Bereichen natürlich sehr viel Acetyl-CoA via (ß-Oxidation oder) Glycolyse (Glukose-Abbau) generiert, was ja aber wiederum das PDH hemmt. Nicht nur das… Acetyl-CoA staut sich, da mehr entsteht, als im Citrat-Zyklus abgebaut werden kann, und… L-Carnitin bindet. Das heißt dann Acetyl-L-Carnitin. Dieses Carnitin fehlt ja aber woanders, nämlich beim Eintritt von Fettsäuren in die Mitochondrien.
An dieser Stelle sollte es “klick” machen, denn: Genau das ist der Grund, warum du bei hohen Intensitäten zunehmend “sauer” wirst und wenig, bis gar keine Fettsäuren oxidierst – es fehlt das Carnitin.
Genial. Also gibt man Sportlern L-Carnitin und die PDH-Aktivität steigt dramatisch UND die Fettsäureoxidation UND es fällt deutlich weniger Laktat an.
Noch einmal: Dein Körper kann auch bei höheren Intensitäten, da jetzt viel mehr Carnitin zur Verfügung steht, seine Energie a) aus Fettsäuren beziehen, außerdem b) Acetyl-CoA binden, was bedeutet c) dass PDH (der Kohlenhydratstoffwechsel) nicht gehemmt wird, was uns zu d) bringt: Es fällt weniger Laktat an.
Ist das nicht genial?
Ich finde das genial.
8 comments On L-Carnitin, Fett und die Insulinsensitivität
Oh wow… ist für mich leider fachchinesich und ich habs nicht so recht verstanden. Also, ich mache 2-3x die Woche Sport, will endlich einen flachen Bauch und das Bauchfett reduzieren. Ich bin an sich schlank (163, 59 kg, und kein Dickmops (lach), es sammelt sich nur an der einen Stelle, ggrrr :-(. Mein Apotheker hat mir im Kampf gegen das Bauchfett tgl. 500 mg L-Carnitin empfohlen. Nach der Studie des Artikels und der Kommentare weiß ich leider gar nichts mehr… gut oder schlecht? Hilfreich oder schädlich? Wer kann mir dazu noch was sagen? Vielen Dank im voraus.
Wenn ich das recht verstehe, dann ist L-Carnitin nur für den interessant, der auf hohem Niveau, also sehr anstrengend, Sport betreibt. Nicht aber für den Dickmops, der nur abnehmen will und kaum bis wenig Sport betreibt und dann auch nicht in dem High-Power-Bereich?
Und, wenn ich die ketzerische Frage stellen, darf, was ist dran an der Meinung und Begründung von Dr. Moosburger, daß die Supplementierung von L-Carnitin nichts bringe?:
http://www.dr-moosburger.at/pub/pub011.pdf
Den glucose-fatty acid cycle – dieser Mechanismus beschreibt nichts anderes, als dass immer nur ein Substrat (Glukose; Zucker oder Fettsäure) ordentlich oxidiert, das heißt verbrannt werden kann.
Bedeuet da man sollte eine vom beiden nur essenn ??
Hallo Chris,
ich finde deine Erklärung absolut logisch und nachvollziehbar. Allerdings stellt sich mir immer die Frage der Praktikabilität.
Die Studienlage zur exogenen Zufuhr von L-Carnitin ist meiner Ansicht nach etwas zwiespältig. Hast du da andere Ansichten, bzw. siehst du methodische Fehler, so dass es L-Carnitin eig. für Leistungssportler unverzichtbar machen sollte?
Vg,
Bobby
Hallo Bobby,
ich kenne die ganzen Aussagen zu LCar. Ich weiß, dass es als unnützes Supplement abgetan wird.
Allerdings kenne ich auch die ganzen anderen Arbeiten dazu, die alle klar zeigen, dass man mit LCar seinen Triglycerid-Wert im Blut senken kann, seine Insulin – und Glukose-Werte bisweilen dramatisch verbessern kann…
Und ich kenne die Studien, die zeigen, wie die Gabe von LCar das Enzym-System im Muskel umpolt und die Studien, wo Sportler deutlich weniger Laktat bilden und intensiver trainieren können.
Dann habe ich es persönlich erfahren.
Das Problem: Es ist mit 1g Carnitin/Tag nicht getan und womöglich auch nicht, wenn man es alle 3 Tage nimmt und das mal zwei Wochen lang. Man muss es schon mal 8-12 Wochen nehmen und dann auch mal 3-6g. Dann wirkt das auch :-)
„Unverzichtbar“ ist womöglich ein zu starkes Wort dafür, aber sagen wir… es könnte eine sehr gute Stütze für den Ein oder Anderen sein.
LG, Chris
Was würde denn passieren wenn man Acetyl-L-Carnitin als Supplement zuführen würde?
Dann müsste die Gabe ja sinnlos sein, da das L-Carnitin ja bereits gebunden ist.
ist dem so?
Hallo Oliver,
der Gedanke ist gerechtfertigt, allerdings finden wir in der Zelle zum Großteil Acetyl-Carnitin – insofern: beides in Ordnung :-)
LG, Chris
Danke!