Die 1.70-Meter-Kampfmaschine, Bruce Lee, ist bis heute bekannt. Nicht nur wegen seines Körperfettanteils und seinen Bewegungen, sondern auch wegen den Weisheiten, die er im Laufe seines Lebens immer mal wieder äußerte.
It is not a daily increase but a daily decrease. Hack away at the inessentials.
Bruce Lee erzählte uns damals etwas, was heute enorme Relevanz hat: Es nicht das tägliche „Mehr“, sondern das tägliche „Weniger“. Man solle das Nicht-essentielle beseitigen.
Das gefällt mir. Das gefällt mir deshalb, weil ich weiß, wie versunken wir darin sind, immer noch mehr zu arbeiten, immer noch mehr zu denken, immer noch mehr zu leisten etc.
Wir verstehen nicht, dass unsere Physiologie wunderbar darzustellen ist in Form einer Power-Law-Verteilung.
Wir glauben immer, wir könnten „leisten“ als 0-Linie des EKGs. Konstant, ohne Leistungsabfall, wie eine Maschine.
Die Wahrheit ist, dass du das nicht kannst. Du hast nur wenige Stunden am Tag deine „peak moments“, deine absoluten Leistungsspitzen.
In dieser Zeit produzierst du > 80 % deiner Tagesleistung – Leistung ist definiert als Arbeit pro Zeit(einheit). (Anmerkung: Wenn wir ehrlich sind, zählt nicht Arbeit per se, sondern qualitative Arbeit.)
Das impliziert, dass du wesentliche Fortschritte nicht konstant, rund um die Uhr machen kannst, sondern nur an wenigen Stunden des Tages.
Deine Physiologie lässt sich nicht veräppeln: Willst du wie eine Maschine arbeiten, konstant Leistung bringen, dann wirst du sehr schnell bemerken, dass du Leistungseinbußen hinnehmen musst.
Das hat unterschiedliche Gesichter. Zum Beispiel: Die Fehlerhäufigkeit nimmt zu, da deine Hirnleistung nachlässt. Da kann man nix machen, wenn das Hirn erschöpft ist, ist es erschöpft.
Das ist dumm, denn diese Fehler musst du im Nachhinein verbessern – du musst nachsitzen. Da du allerdings wieder Extra-Zeit dafür investierst (und womöglich deutlich weniger qualitative Arbeit vollbringst), verschlechterst du den „Arbeit pro Zeit“-Quotienten und lt. Definition erbringst du weniger Leistung. Gerade verstanden?
Heißt: Den größten Impact bezüglich unseres Fortschrittes haben wir in den „peak moments“. Das gilt auch für den Sport, das nennt man dann Reiz. Du kannst ruhig 24 Stunden ins Fitnessstudio gehen, aber 20 Minuten davon geben dir deinen Fortschritt.
Schlimmer noch als der Abfall unserer Ressourcen, ist die Ablenkung, sind die Hintergrundgeräusche, das Rauschen in unserem Kopf, was die Reinheit des Bewusstseins und der Konzentration enorm einschränkt – so, dass wir letztendlich nur ein halbes Ich sind. Weit von dem entfernt, was wir wirklich leisten können.
Wir erinnern uns bitte an meinen Dopamin-Post. Dopamin regiert unser Leben. Dopamin sorgt heutzutage dafür, dass wir zu Cyborgs werden, ein Mischwesen aus Mensch und Maschine.
Viele haben Angst vor dieser Entwicklung, denn die Verschmelzung von Mensch und Elektronik kommt auf uns zu.
Viele realisieren allerdings nicht, dass wir bereits Cyborgs sind. Wir sind verschmolzen, zumindest auf kognitiver Ebene, mit dem Internet. Wir haben ein Paralleluniversum geschaffen in dem wir tagtäglich versinken, ohne es zu merken. Heißt: Wir könnten auch im Bett liegen bleiben, das Gehirn angeschlossen ans Internet … wir würden uns wohl fühlen.
Noch nie konnten wir eine derartige Informationsfülle „aufsaugen“. So enorme Mengen, dass wir eigentlich Methoden kennen lernen müssten, die uns helfen damit umzugehen.
Wir klicken uns durchs Internet, von Headline zu Headline, von Bild zu Bild, von Info zu Info, von Nachricht zu Nachricht, von Profil zu Profil – die Sucht hält uns am Leben.
Raucher gehen alle 20-30 Minuten vor die Tür, wir Nichtraucher hängen alle 20 Minuten am Smartphone. Dopamin. Sucht. Nicht weniger.
Letztendlich überfrachten wir unser Gehirn mit Informationen. Wir schenken unsere Ressourcen her, um Dinge aufzunehmen, die wir nicht brauchen und haben am Ende weniger Ressourcen für Dinge, die wir dringend bräuchten: Studium, Fortschritte im Beruf, Sport, Ehe/Partnerschaft, Nächstenliebe, Freundschaft etc.
Da wir allerdings „bestehen“ wollen, muten wir uns die doppelte Last zu, glauben danach, dass das Leben so anstrengend ist, wir so viel zu tun hätten, wir nie zum Stillstand kommen.
Nichts liegt der Wahrheit ferner: Wir haben schlicht etwas verwechselt. Du hast diesen „information overload“ selbst herbeigeführt. Du hast deine Ressourcen falsch eingesetzt, natürlich völlig unwissend, weil man dir nicht erzählt hat …
Hack away at the inessentials. (Beseitige das Nicht-essentielle.)
Ein Beispiel aus meinem Leben: Ich klicke mich durchs Web. Völlig abgesehen von meinen eigentlichen Lebenssschwerpunkten war ich plötzlich Politiker:
Sebastian Edathy, Jihadi John, Putin etc. etc.
Natürlich zapft das auch an emotionalen Ressourcen, die letztendlich auch nur ein Teil unserer kognitiven Ressourcen darstellen. Die fehlen mir woanders. Man stellt sich Fragen. Man philosophiert über Menschen, über Motive, grübelt wie es einem selbst in solchen Situationen ginge, man blickt in die Zukunft etc.
So funktioniert das nicht.
Denn … Angststörungen, Burn out, Belastungsstörungen, Überempfindlichkeiten, Depressionen, soziale Isolierung etc. sind tatsächlich keine Seltenheit. Und ich bin mir sehr sicher, dass es Leser gibt, die darunter leiden nur aufgrund des „information overloads“.
„Information overload“ wird in Amerika auch „infobesity“ genannt. Dieses Wort setzt sich zusammen aus „information“ und „obesity“, das englische Wort für Fettleibigkeit.
Klar, hier ziehen schlaue Menschen den Vergleich zwischen „leeren Kalorien“ und Informationen, die wir uns zumuten, aber keinerlei Relevanz für unseren Fortschritt haben. Wertlose Informationen. Informationen, die uns nicht entwickeln.
„Fett bist du geworden“, hat die charmante Enissa Amani mal scherzhaft gesagt. Stimmt. Wir sind alle fett geworden – mehr noch durch Information als durch Kalorien, die verbrauchen wir ja Gott sei Dank noch.
Schlagen wir den Bogen: Beseitige das Nicht-essentielle.
Höre auf dich vollzumüllen mit unnötigen Gedanken, Handlungen, Informationen. „Simplify your life“. War mal ein Buchtitel.
Wir können den ganzen unnötigen Dingen aus dem Weg gehen mit Hilfe einer Frage:
Bringt mich das, was ich gerade mache, weiter?
Das kannst du dich ja fragen, wenn du das nächste mal 5000 Wiederholungen im Fitnessstudio machen willst, wenn dein eigentliches Ziel die Kraftsteigerung war.
Beseitige das Nicht-essentielle.
Oder anders ausgedrückt, etwas passender, wie ich finde: Bevor du 100 andere Dinge machst, sorge dafür, dass das Essentielle gegeben ist. Essentiell?
Im Buch … ganz hinten … findest du eine Liste. Davor brauchen wir nicht über gesättigte Fette und „artgerechte Ernährung“ zu diskutieren.
3 comments On Beseitige das Nicht-essentielle
Sehr treffend aber mann könnte ja auf die idee kommen alles in frage zustellen und dann wäre diese welt nicht mehr die die es mal war
Wunderbar treffend geschrieben! Da erkennt sich wohl mittlerweile jeder von uns mehr oder weniger selbst. Ich habe den Artikel auch in meinem Facebook-Account gepostet. ABER – bringt mich das weiter? ;-)
Sehr schöner Artikel :-) – Danke Dir!