glycin fettleber

Glyckliche Leber mit Glycin

Blogleser sind ja ein bisschen privilegiert. Denen, euch, entgeht nix.

Mein Lieblingsbeispiel ist Kollagen. Über Kollagen wurde hier schon geschrieben, da kannte man es nur als „Schlachtabfall ohne Nutzen“.

Gemach, gemach. Das heißt nicht, dass du damit nach zwei Wochen den „Glow“ bekommst. Man muss das Thema schon weiter gefasst (Knochen, Sehnen, Bänder, Gelenke) und präventiv denken.

Das ist Glycin

Ich möchte an Glycin erinnern. 2014 habe ich einen Artikel geschrieben, der sich Glycin – die Aminosäure der Zukunft? nennt (findet sich heute hier).

Drauf gekommen bin ich, weil es schon damals Daten gab, die zeigten:

  • Glycin könnte ein „Gegengift“ für Fruktose sein
  • Biochemischen Kalkulationen zufolge fehlen dem Körper täglich bis zu 10 g Glycin über die Nahrung

Später saß der Glycin-Forscher Joel Brind in einem Youtube-Video. Erklärte uns dort nicht nur die förderliche Wirkung, sondern auch, dass man es als Zuckerersatz (5-10 g) verwenden kann. Genial.

  • Glycin ist außerdem essentiell für die Glutathion-Synthese (wichtigstes Antioxidans des Körpers)
  • Glycin scheint Wachstumshormon zu erhöhen
  • Glycin konnte in Zellversuchen die Alterung umkehren
  • Glycin verlangsamte die Alterung in Tiermodellen
  • Heute besonders wichtig: Glycin scheint GLP1 zu erhöhen (Wirkmechanismus von Ozempic, jedoch viel schwächer)
  • Glycin ist wichtiger Antreiber des 1-Kohlenstoff-Stoffwechsels, u. a. zuständig für die Genregulation
  • Und Glycin leistet einen Beitrag zur Entgiftung über die Glycin-Konjugation

Wie cool kann ein Nährstoff eigentlich sein? Doch … Humanstudien sind bis heute rar gesät.

Muss sich ja jemand finden, der wirklich Bock hat, mal eine richtige Humanstudie mit dieser ach so einfachen Aminosäure durchzuführen.

Die neue Glycin-Studie

Soeben wurde eine Studie publiziert – und zwar sogar im renommierten Fachmagazin Scientific Reports. Probanden waren 19 schwer übergewichtige Menschen. In dem Kontext wurden bereits verringerte Glycinspiegel gemessen.

Die Probanden durften über zwei Wochen lang 100 mg/kg Glycin pro Tag zuführen, bei diesen Menschen ca. 10 g pro Tag. Gemessen wurden eine ganz Reihe an Parameter, besonders interessant:

  • Lebergesundheit über u. a. ALT (empfindlichster Marker für Fettleber) und AST.
  • Triglyceride im Blut
  • Konjugierte Glycinmetabolite (zeigen Entgiftung an)
  • 1-Kohlenstoff-Stoffwechsel (Methylierung etc.)

Nicht verbessert haben sich: Gewicht, BMI, Fettmasse, Nüchtern-Glukose, Langzeitblutzucker HbA1c, Insulin, HOMA-IR (Insulinresistenzmarker), Cholesterin gesamt und LDL bzw. HDL.

Eine deutliche Verbesserung war nach zwei Wochen jedoch zu sehen bei …

ALT (-30 %) und AST (-13 %)
✓ Triglyceride (-12 %)
✓ Glycinmetaboliten
✓ 1-Kohlenstoff-Stoffwechsel

Es sind exakt die Marker, die die Hypothese der Autoren decken, nämlich, dass es bei Übergewicht einen funktionellen Glycinmangel gibt, der u. a. dem Leberstoffwechsel schadet.

Starke Effektgröße, aber mit Vorsicht zu genießen

Uns interessiert ja die praktische Implikation. Tatsächlich würde ich selbst sagen: Du kannst von einer einfachen Aminosäure (!) in zwei Wochen eigentlich nix erwarten. 

Hier sieht man mal wieder, dass Forscher NEM wie Medikamente sehen wollen. Jetzt kommt das Aber.

Eine Reduktion von 30 % bei ALT, einem der empfindlichsten Marker für eine Fettleber bzw. Leberschäden, ist beachtlich.

Das spielt eigentlich in einer Liga, die man so einfach nicht erreichen kann. Da braucht man schon 5-10 % Gewichtsreduktion, Alkoholabstinenz (falls das der Grund ist) bzw. mehrmonatige Medikation (z. B. mit GLP1-Agonist).

Dass sich weitere Marker, die die Lebergesundheit angeben, verbessern, stützt die Beobachtung. Triglyceride geben beispielsweise den Abtransport von Fetten aus der Leber an. Durch Glycin -12 %.

Der Wehrmutstropfen ist, dass die Studie mit 19 Probanden klein war, dass sie kurz war und dass es keine Placebo-Kontrollgruppe gab.

Glyckliche Leber mit Glycin

Glycin wäre vermutlich nicht mein Mittel der Wahl, um meine Leber nachhaltig zu entlasten. Ich denke, da gehört schon etwas mehr dazu.

Im Kontext einer größer angelegten Lebensstilumstellung wäre die Aminosäure aber vielleicht ein entscheidendes Puzzleteil. Möglicherweise auch als Notnagel.

Man muss vor allem die Einfachheit verstehen. Man kann sich – schmunzelnd – ein, zwei Teelöffel Glycin in den Kaffee rühren. Das schmeckt lecker. Und wenn es on top auch noch nette Effekte gibt …

why not? 

:-)

 

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

1 comments On Glyckliche Leber mit Glycin

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