Sport ist Mord

Dieses Zitat kenne ich seit ich denken kann. Viele verwenden es im richtigen Kontext: Zum Spaß machen.

Die Wahrheit lautet nämlich: Sport ist Leben. 

Dieses „Sport ist Leben“ hören wir ständig irgendwo und es geht mir ehrlich gesagt auf den Keks. Aber leider ist da mal etwas Wahres dran. Kein „Mittel“ auf dieser Welt kann und wird jemals unseren Organismus so derart massiv verändern können.

Das – in meinen Augen – Beeindruckendste war Dr. Godfrey, Sportwissenschaftler, der nach seinem Herzinfarkt (!), neue myokardiale Stammzellen „aktivierte“ und sich somit ein neues Herz gebaut hat. Innerhalb von nur einem Jahr, war 50% des betroffenen Areals wieder „normal“, also keine Narben etc. Ich frage mich nur, warum man so etwas nicht jedem erzählt.

Du kannst innerhalb innerhalb von 1-2 Jahren einen Herzinfarkt komplett ausheilen! 

Wie hat er das gemacht?

HIIT! HIIT! HIIT!

Hochintensives Intervall Training. Das ist das Gegenteil von dem, was du im Wald jeden Morgen machst. Bei Puls 140 kann jeder… HIIT als Synonym für anaeroben Bereich, Muskelschmerzen, Übersäuerung und Puls von 170-180-190 (je nach Alter).

Dr. Godfrey hatte wohl damals die selbe Arbeit gelesen, wie ich. Denn dort stand geschrieben: Ratten, die viermal wöchentlich HIIT machen…

However, the intensity of neo-myogenesis was directly correlated with the intensity and duration of training, with the greatest number of newly formed cardiomyocytes detected in HI animals after 4 weeks (7.4 ± 0.3%Figure 2B).

(Warring et al., 2012)

Die Ratten hatten also nach 4 Wochen bereits 7,5% neue Herzzellen, das ist immerhin ca. 1/10tel bezogen auf das ganze Herz. Ratten haben also nach 70 Tagen ein neues Herz.

Das Wichtige und der Grund warum das bei dem übrigen Rehabilitations-Programm nicht funktioniert ist folgender:

„In a normal cardiac rehabilitation programme patients do undertake exercise, but what we are saying is maybe to be more effective it needs to be carried out at a higher intensity, in order to activate the resident stem cells…“

Es sollte also auch mal weh tun.

Das Lustige ist, dass ich auf der selben News-Seite, direkt verlinkt, lese: Heart repair with stem cells ‚biggest breakthrough in a generation‘ – das wird natürlich ohne Sport, sondern mit Transplantation erreicht… Man kann auch alles umständlich machen.

Diese Stammzellen-Aktivierung funktioniert mit Hilfe des IGF/PI3k/Akt-Signalweges. Es dürfte jetzt bei jedem klingeln. Dies ist der anabole Signalweg. Rein-ketogene Diäten mit wenig Protein induzieren genau das Gegenteil davon – das sollte jedem klar sein.

Neu war mir, das lese ich ganz aktuell, dass HIIT auch die Substrat-Wahl und die myosin heavy chain Art im Herzen verändert. Neben der klassischen Herz-Hypertrophy finden wir nämlich auch eine erhöhte Glukose-Oxidation, die einhergeht mit 40% weniger Fettsäure-Oxidation. Gleichzeitig steigert das Herz die Produktion von alpha-MHC (myosin heavy chain), das eine deutlich höhere ATPase Aktivität hat. Zu Deutsch: Das Herz kann kräftiger schlagen.

Schon geringe Abweichungen von alpha-MHC können fatale Folgen haben: Herzinsuffizienz oder Kardiomyopathy, wobei ersteres deutlich wichtiger ist. Patienten, die an einer Insuffizienz leiden, haben zu wenig alpha-MHC.

Erstaunlicherweise steigert HIIT die Herz-Effizienz und senkt die Sauerstoffaufnahme, was ich mir aber mit der gesteigerten Nutzung von Glukose erkläre, die zur Oxidation deutlich weniger Sauerstoff verbraucht. Das ist sehr vorteilhaft, gerade bezogen auf die Leistungsfähigkeit.

HIT and MIT resulted in increased V̇O2max (Table 1). Normalization of V̇O2max to their corresponding controls revealed that the exercise-induced increase in V̇O2max was most pronounced following HIT (Table 1). The increased V̇O2max was associated with an increase in running speed at V̇O2max following both MIT and HIT, again with the most pronounced increase following HIT.

(Hafstad et al., 2011)

HIIT erweist sich darüberhinaus als effektiver hinsichtlich der Steigerung des Vo2max und der Steigerung der Lauf-Geschwindigkeit. Diese Veränderungen korrelieren auch mit der Enzym-Aktivität der Atmungskette, Citrat-Zyklus und des Glukose-Stoffwechsels.

Was ich damit sagen möchte: HIIT macht deinen Stoffwechsel deutlich besser.

Beginner-Frequenz pro Woche läge so bei 1-3 Einheiten, 80-90% maxHerzfrequenz (siehe oben), jeweilige Intervalldauer von 1-4 Minuten, mit Pause-Länge 1:1 (in Relation zur Belastungszeit), insgesamt 4-10 Wiederholungen.

Dr. Godfrey hat das damals 3x wöchentlich gemacht, ca. 5 Wdh. mit jeweils einer Minute Belastung. 

 

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

3 comments On Sport ist Mord

  • Was sollte ich denn trainieren, hatte 2023 nen Schlaganfall und danach ne Vorhofflimmerablation. Kardiologisch untersucht, Belastungs EKG und Ultraschall auch ok für mein Alter. Ist HIT für mich geeignet? bin 64 Jahre und BMI 25. LG

    • Ich bin jetzt kein Medizin- oder Schlaganfallexperte. Das vorab.
      Nun vermute und glaube ich, dass die richtige Dosis Sport eigentlich immer richtig ist. Übrigens: HIT (wie Du schreibst, mit einem „I“) heißt „High-Intensity-Training“. Dagegen ist HIIT „High-Intensity-Interval-Training“, das, worum es hier im Artikel ging.
      Beginne doch spielerisch, nach Gefühl, ohne Dich an Sekunden-Zeitvorgaben zu binden. Beim Laufen erstmal locker laufen, bis Du 10, 20 Minuten am Stück schaffst. Dein Körper soll sich dabei erstmal an eine mäßige Basisbelastung gewöhnen, und zwar sowohl Herz-/Kreislauf als auch der Bewegungsapparat. Nach ein paar Läufen kannst Du mal abschnittsweise (bis zum nächsten Baum oder so) mal 50 oder 100 Meter etwas zügiger laufen. Das baust Du dann nach und nach aus, bis Du tatsächlich immer wieder kurz sprintest. Im Laufbereich heißt das auch Fahrtspiel. Mit Sprinten darf man ruhig vorsichtig sein, weil da sehr hohe Spitzenbelastungen auf den Sehnen und Gelenken arbeiten – also lass Dir damit Zeit (Wochen!) und steigere die Intensität langsam. Auf dem Rad geht sowas schonender – Hügel oder Brückenauffahrt hoch mit ordentlich Dampf, runterrollen, wiederholen.
      Und ich würde Krafttraining empfehlen – Liegestütze, Kniebeuge, Klimmzüge als Basis. Arbeite Dich auch hier langsam ran: übe zuerst eine blitzsaubere Technik mit nur wenigen Wiederholungen, bei mäßigem Tempo und ganz ohne Schwung mit kurzen Pausen an den Umkehrpunkten der Bewegungen, um das Verletzungsrisiko zu minimieren (ähnlich wie beim Sprint liegt die Gefahr auch hier in den Kraftspitzen, die bei zu hohem Tempo, bei Schwung oder beim Abfälschen entstehen).

    • Hi, bitte unter Vorbehalt verstehen, da ich kein Mediziner bin, aber so nach deiner Geschichte kannst du relativ freigeistig trainieren:
      – Moderates Ausdauertraining (z.B. Walking, Rad, Schwimmen) als Basis, regelmäßig 3–5x/Woche.
      – Krafttraining mit sauberer Technik, eher mittlere Intensität.
      – Intervalltraining „light“: z.B. beim Gehen oder Radfahren 1–2 Minuten etwas zügiger, dann 2–3 Minuten locker. Das ist im Prinzip ein angepasstes HIIT, aber ohne extremes Spitzenrisiko.
      Gut auf Körpersignale achten, bei Unwohlsein aufhören. Auch gut: Ggf. eine Herzsportgruppe oder Reha-Sportgruppe besuchen – dort lernst du, wie du sicher trainieren kannst.

Leave a Antwort:

Your email address will not be published.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden.