Oops it happened again!
Der nicht-kalorische Süßstoff Sucralose gerät in letzter Zeit immer öfter in negative Schlagzeilen. Aktuell wurden drei Studien zu Süßstoffen inkl. Sucralose publiziert, über die man sprechen sollte.
Wer sich nochmal etwas tiefer in den Kontext einarbeiten möchte, dem würde ich diesen Ratgeber-Artikel von uns ans Herz legen.
Der süße Kontext
Ich persönlich nutze seit jeher gesüßte Getränke und Pulver – in Maßen, würde ich sagen. Ich gehöre aber auch zum Typ „kalkuliertes Risiko“. Ich würde mir jetzt nicht einreden, dass Süßstoffe super toll sind, nur damit ich sie mit reinem Gewissen konsumieren kann.
Exakt das stößt mir in den sozialen Medien ein bisschen auf. Wenn man eine gewisse Bubble verfolgt, bekommt man den Eindruck, dass jeder unbedingt Süßstoffe braucht, denn das sei natürlich besser als Zuckercola oder ein Hamburger.
Hier geht nach meinem Gefühl jedes Maß verloren. Denn der Weg von „Süßstoffe können nützlich sein, sie haben aber ein gewisses Risikopotential“ hin zu „Süßstoffe sind total sicher, gib mir mehr!“ ist sehr, sehr kurz offenbar.
Das passt ein bisschen zur neuen „Sciencetology“, von vornehmlich Leuten, die entweder selbst gar nicht studiert haben oder ihre Ausbildung gut verbergen. Den Leuten dann aber in Schwarz-weiß-Manier vorbeten, was gut ist und was nicht – weil sie Positionspapiere von Fachgesellschaften lesen können.
Applaus, Applaus.
Drei neue Studien
Bei Sucralose mehren sich aktuell die Hinweise, dass er problematische physiologische Wirkungen hat. Und zwar schon in ganz herkömmlichen Dosen, die man im Alltag verwenden kann.
Drei aktuelle Studien untermauern das. Here we go:
1. Sucralose macht insulinresistent
Nicht neu. Es gibt eine ganze Reihe klinischer Studien, die zeigen konnten, dass Sucralose irgendeinen (negativen) Einfluss auf unsere Insulinsensitivität zu haben scheint (Q, Q, Q).
Zur Erinnerung: Insulin sollte möglichst gut wirken dürfen, denn dann braucht es wenig davon, d.h. unsere Insulinspiegel bleiben flach. Zucker und Aminosäuren gelangen mit guter Insulinsensitivität schnell in die Zellen, Fettsäuren bleiben weggesperrt.
Wenn Insulin nicht mehr (gut) wirkt, gehen zudem anti-entzündliche Eigenschaften verloren und wir schlittern ins metabolische Syndrom.

Sucralose als nicht-kalorischer Süßstoff sollte gar keine Wirkung haben. Er sollte süß schmecken und dann ciao. Ganz aktuell liest man in einer – wohlgemerkt – dreifach verblindeten klinischen Studie folgendes:
Der Verzehr von Sucralose in einer Menge von 30 % der zulässigen Tagesdosis durch gesunde, schlanke Personen über einen Zeitraum von 30 Tagen führte zu einer signifikanten Abnahme der Insulinsensitivität um 20,3 %.
Zum Verständnis: Die Größenordnung des Verlusts der Insulinsensitivität entspricht etwa der einer stärkeren Gewichtszunahme! Man könnte überspitzen und sagen: Ohne Kalorien fett geworden.
Würde ich für sich genommen erst mal mit „einer Prise Salz“ verstehen. In Anbetracht der sich mehrenden Studien, die das gleiche Ergebnis zeigen, schaue ich inzwischen aber ein bisschen ernster drauf.
2. Sucralose schwächt Tumortherapie ab
Eine weitere negative Schlagzeile über Sucralose stammt aus der Tumortherapie. Dort liest man, dass Menschen mit hohem Sucralose-Konsum offenbar schlechter auf eine Immuntherapie gegen bestimmte Krebsformen ansprechen.

Um dieses Phänomen genauer zu untersuchen, zogen die Forscher auch Versuche an Tieren heran und fanden:
In Übereinstimmung mit den Ergebnissen der Studie beobachteten sie, dass Mäuse, die mit höheren Konzentrationen von Sucralose gefüttert wurden, weniger positiv auf die Anti-PD-1-Behandlung reagierten als diejenigen, die mit einer Ernährung mit geringeren Sucralose-Konzentrationen gefüttert wurden.
Und woran das lag, fanden die Forscher sogar auch heraus. Sucralose verändert das Darmmikrobiom so, dass die Mikroben die Aminosäure Arginin wegknabbern. Die fehlt dann im Blut – Arginin wiederum ist für ein gutes Ansprechen auf die Tumortherapie nötig (Q, Q).
Die gute Nachricht lieferten sich also auch: Du kannst ruhig 2 Liter Diätcola saufen, solange du Arginin ergänzt. Wow, wie toll! (Man wolle – sic! – den Tumorpatienten nicht auch noch die Diätcola verbieten…)
3. Süßstoffe machen deppert
… aber zum Glück nur ein bisschen, würden findige Instagramer jetzt sagen. Okay, ganz so polemisch wollen wir nicht auf die Datenlage gucken.
2022 findet eine klinische Studie mit gesunden Erwachsenen, dass Sucralose über sechs Wochen zu spürbaren Einbußen in Gedächtnisleistung und Exekutivfunktionen führen kann, begleitet von messbaren Veränderungen der Gehirnwellen (mehr Theta), was für Ermüdung spricht.
Im März dieses Jahres zeigt eine klinische Studie in renommierten Fachmagazin Nature Metabolism, dass Sucralose offenbar die Appetitregulation des Gehirns durcheinander bringen kann – kurz: es macht vielleicht hungriger.
Soeben erschien eine große Studie mit sieben Süßstoffen – Sucralose war nicht dabei! –, die zeigte, dass Menschen mit höherem Süßstoffkonsum einen über 50-60 % schnelleren kognitiven Abbau verzeichnen. Die Zahlen sind vermeintlich klein, kumulieren sich aber über die Jahre und spielen in der Größenordnung von Bluthochdruck als Risikofaktor.

Auch wenn Sucralose nicht explizit Teil der zuletzt genannten Studie war, liegt zumindest der Verdacht nahe, dass sich für sie – als Teil der Kategorie – ähnliche Ergebnisse finden lassen. Den Punkt, den ich hier machen will:
Süßstoffe – insbesondere Sucralose – wirken erwiesenermaßen aufs Gehirn.
Folgen: ungewiss.
Süßstoffe sind nicht „neutral“
Mein naives Weltbild war viele Jahre lang:
Süßstoffe wirken neutral.
So verkauft man es uns auch. Einfach innerhalb der sicheren Zufuhrzone bleiben und Süßstoffe wirken quasi wie Wasser – nur eben mit Geschmack. Wie toll!
Seit einigen Jahren verdichtet sich allerdings die Datenlage – über die gesamte Datenlandschaft, inkl. Tier- und mechanistische Studien –, dass Süßstoffe, insbesondere Sucralose, alles andere als neutrale Agents sind, die man einfach so wie Wasser konsumieren kann.
Ich will hiermit nicht sagen, dass du nie wieder Diätcola trinken sollst. Ich werde mir im Laufe der Woche sicher auch wieder eine reinziehen (oder einen zuckerfreien Eistee… leider geil). Wohlwissend, dass ich meinem Körper damit vielleicht keinen Gefallen tue.
Aber so zu tun, als ob man gesüßte Cola wie Wasser saufen kann, regt mich ein bisschen auf. Die mit klassischen Süßstoffen gesüßten Getränke – auch Getränke auf Eiweißpulverbasis ;-) – wirken physiologisch nicht neutral, ein für alle Mal!
PS:
Seit Jahren warne ich davor, sich vor selbsterfüllenden Prophezeiungen zu schützen. Wer keine Kohlenhydrate isst, weil er Angst hat, dass sie Insulinresistenz induzieren, macht sich möglicherweise eine hausgemacht (> physiologische IR).
Wer dünn und schlank werden will und dafür nur noch gesüßte Getränke trinkt, macht sich möglicherweise eine Insulinresistenz und sorgt dafür, dass es viel schwerer wird, abzunehmen. Ich mein ja bloß… am Ende des Tages kann es mir ganz egal sein, was du so treibst.
2 comments On Drei Schläge gegen Sucralose
Sucralose war mir schon immer suspekt. Chemisch betrachtet tauscht man OH- Gruppen gegen Chlor aus. Man erhält also salopp gesagt ein Chloralkan, das potentiell Aminosäuren, Steroide uvm alkylieren kann. Das ist potentiell krebserregend, auch wenn man im menschlichen Körper über irgendwelche Studien keine Alkylierungs-Reaktionen beobachten kann. Heißt aber auch, dass man sie wahrscheinlich nur nicht beobachtet hat.
Auch deswegen kann man von Sucralose nicht auf andere Süßstoffe schließen
Ich finde den Artikel sehr interessant und aufschlussreich, da er aufzeigt, dass Süßstoffe wie Sucralose möglicherweise nicht ganz unbedenklich sind. Die Hinweise auf die Beeinträchtigung der Insulinsensitivität und die potenziellen negativen Auswirkungen auf die Tumortherapie sowie die kognitive Leistung sind ernst zu nehmen. Es ist gut, dass mehr über die komplexen Wirkungen dieser Substanzen erforscht wird, und es ist wichtig, dass Menschen sich dieser Fakten bewusst werden, bevor sie Süßstoffe unbeschränkt konsumieren. Natürlich ist es wichtig, dass wir uns gesund ernähren, aber auch bei der Verwendung von Süßstoffen sollte man vorsichtig sein und die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigen.speed stars unlock