Das wirklich Schönste an edubily ist, dass sich so viele wissbegierige Menschen zusammenfinden, die ordentlich und anständig mit einander reden und kommunizieren.
Ganz egal, wie eine Diskussion am Ende ausgeht, sie war immer eine Bereicherung.
Bereichernd sind auch die mails, die ich erhalte. Eine mail möchte ich nicht vorenthalten und hier öffentlich etwas dazu sagen.
„Falsches Verständnis“ ist mal wieder ein genialer Artikel.
Nur manchmal verstehe ich die Hintergründe einfach nicht.
Es ist heute ja nun mal so dass wir nicht mehr jagen brauchen um unseren Kühlschrank zu füllen, dafür gibt es Supermärkte. Das möchte ich einmal unbewertet als Fakt stehen lassen.
Wir können alles Essen was die Natur so vorbringt, alles das was industriell unverarbeitet ist, das gibt es tatsächlich auch im Supermarkt. Wir sollen aber maßhalten, also nicht ALLES essen, ein IF – periodic underfeeding Protokoll verfolgen. Also doch ein Konzept?
Wo setzt man denn ein Underfeeding an, -300 kcal, -500 kcal oder -1000 kcal? Und wo wir gerade dabei sind, wie sollte denn die optimale Makroaufnahme aussehen? Du sprachst mal von 40 EW / 25 KH / 35 F. Bei unserem Naturvolk gab es aber 150 g EW und nur 12 g Fett. 12 g Fett, was sagt denn die Hormonproduktion dazu? Und Kohlenhydrate fehlen hier völlig?
Und mal ehrlich, so wie der halbverhungerte Aborigine, der wahrscheinlich erst 35 ist und sehnsüchtig auf das nächste Wombatsteak wartet, wollen wir ja nun nicht aussehen. Ich gehe mal davon aus, dass die meisten von uns sich ein muskulöseres Aussehen wünschen, mit möglichst wenig Körperfett. Da sind Training und Ernährung maßgeblich.
Unter evolutionsbedingten Gesichtspunkten ist wohl eine Mischung aus Kraft- und Ausdauertraining am sinnvollsten. Aber bringt mich das auch meinen Zielen näher? Ich glaube schon.
Was wollte ich jetzt eigentlich fragen?
Mal konkret werden. Wie sähe die optimale Ernährung aus um Muskeln aufzubauen und Fettabzubauen. Gibt es das überhaupt oder ist das zu individuell?
Eine Lebensweise wie o. g. australischer Ureinwohner ist für uns Nordeuropäer wohl nicht förderlich. Wir sind, wie auch immer, gesellschaftlich eingebunden und gerade in meinem Job ist es wichtig eine gewissen Optik zu gewährleisten um auch eine entsprechende Kompetenz auszustrahlen.
Wie bekomme ich es hin meinen Stoffwechsel so zu manipulieren das das klappt? […]
Aus gedanklichen Ansätzen von mir, ergeben sich gedankliche Ansätze bei euch. Ihr denkt nach und stoßt dabei wahrscheinlich wieder auf andere, neue Fragen. Vielleicht sind euch die Ideen, die ich hier präsentiere einleuchtend, aber dennoch nicht ganz klar.
Zunächst muss man sagen, dass ich vieles hier immer etwas überspitzt darbiete und gleichzeitig auch oftmals so, dass man selbst denken muss, dass ich euch einen gewissen gedanklichen Spielraum überlassen möchte. Das Ziel von edubily war nie, dass ich euch klare Definitionen in den Mund lege, sondern gewisse Anreize und „evolutionary/biochemical correctness“.
Die einzige Kernbotschaft meines Artikels „Falsches Verständnis“ war
„Konstante Nahrungszufuhr war niemals gegeben“
Und das ist wohl der Hauptgrund für das Leiden, das uns heute widerfährt. Nicht, dass wir Substanz XY essen, sondern, dass wir keine Zeiten haben, in denen wir sehr viel weniger oder gar nichts essen.
Klar und deutlich habe ich euch das vor Augen geführt in meiner „periodic undereating“-Reihe, wo wir klar sehen konnte, dass es völlig egal ist, was du isst – du kannst sogar das Doppelte essen – so lange du auch mal Zeiten hast, wo Kalorien nicht in der Fülle gegeben sind.
Das ist die Kernbotschaft. Auch die Kernbotschaft von edubily.
Völlig richtig erörtert der Schreiber, dass ein abgemagerter Aborigine doch nicht zielführend sein kann, wir ja nicht unbedingt so aussehen wollen und außerdem: Was willst du denn mit 12g Fett?
Das stimmt alles!
Aber dieses Aborigine war ein überspitztes Beispiel dafür, dass diese Menschen niemals an Stoffwechselerkrankungen leiden können. Betonung auf „können“, weil es physiologisch unmöglich ist. Dass diese Menschen konstantem Nahrungsdruck ausgesetzt sind, was aus evolutiver Sicht völlig normal ist.
Das Bild sollte zeigen:
Ein Zuwenig an Essen ist evolutiv gesehen mehr „richtig“ als ein Zuviel.
Jetzt leben wir – völlig richtig – nicht im Busch und auch nicht mehr in der Steinzeit und viele wollen muskulös werden mit wenig(er) Körperfett. Nur: Deine Biochemie interessiert das nicht. Die interessiert sich nicht dafür, was du willst. Aber wir können genau beobachten, was passiert, wenn du deinen Körper konstant mit Kalorien überfachtest.
Gott sei Dank ist die Evolution gnädig. Das Bild vom Aborigine finden wir deshalb nicht „attraktiv“, weil uns die Evolution anhand dieses Beispiels verdeutlicht, dass der etwas ältere Herr wohl nicht mehr in der Lage ist, sich ordentlich zu replizieren. Zumindest sieht der Körperbau nach mangelnder Verfügbarkeit von Ressourcen aus.
Man kann also ruhig sagen, dass er sehr hart an der Grenze eines physiologischen Bereichs liegt – der Nahrungsdruck hat wohl dazu geführt, dass er am unteren Ende des physiologischen Bereichs liegt, wenn man als Maßstab den Körperbau nimmt.
Die „periodic undereating“-Reihe zeigt jedoch: Wer richtig „emuliert“, nicht kopiert!, der wird automatisch ein hormonelles Milieu schaffen, das sowohl Fettabbau – als auch Muskelaufbau begünstigt.
Und an dieser Stelle könnte man sagen, dass wir froh sein können, konstant Nahrungsmittel kaufen zu können. Du hast keinen Nahrungsdruck mehr, sondern musst den Nahrungsdruck eben künstlich herbeiführen.
Aber – um am Beispiel meines Gleichgewicht-Artikels zu bleiben – man muss man feinfühlig wählen, in wie weit man diesen „künstlichen Nahrungsdruck“ herbeiführt.
Wir könnten sagen: Der abgemagerte Aborigine hat es übertrieben. Oder anders ausgedrückt: Der Nahrungsdruck der Natur hat es übertrieben mit ihm.
Es ist also nicht unser Ziel, so auszusehen wie er, sondern den „künstlichen Nahrungsdruck“ so zu wählen, dass wir mit den ästhetischen, als auch mit den biochemischen (Hormone etc.) Resultaten zufrieden sind. Das ist deine Aufgabe.
Offensichtlich hat der Schreiber das auch erkannt, denn er frägt direkt nach, wie viele Kalorien denn noch „undereating“ sind. Die Antwort ist relativ leicht zu geben: Deutlich weniger, als das, was du bisher immer zur selben Zeit isst.
Die 12g Fett bei den Aborigines… die 12g werden nicht über Jahre hinweg gegessen, sonst wären diese Menschen längst ausgestorben. Nein – viel mehr wurde uns ein Bild gezeigt, ein Ausschnitt der Realität. Eine lange „undereating“-Phase. Vielleicht kam am nächsten Tag ein dicker Bock mit mit viel Fett. Wer weiß? Vielleicht finden die irgendein Nussbaum mit tausenden Kalorien in Form von Fett. Vielleicht finden sie deutlich mehr Wurzelgemüse als sonst und können sich satt essen.
Ja, was soll ich sagen?
Die Natur ist konstant bemüht, Körperprotein aufzubauen oder zu halten und Fett zu verlieren. Fett zu verlieren ist eigentlich (!) die einfachste der Sache der Welt.
Ziel meines Konzepts, die hormonelle Optimierung, sollte gepaart werden mit „temporärer Kalorienrestriktion“. Beides zusammen wird dazu führen, dass wir insgesamt eine adäquate Körperkomposition generieren.
Allerdings weiß ich, dass viele Probleme haben, Energie aus ihrem Fettspeicher zu gewinnen. Sei es aufgrund der schlechten Nutzung von Fettsäuren (und somit einer Abhängigkeit von Glykogen) oder sei es aufgrund von Fettspeichern, die nicht optimal Fettsäuren freisetzen – letzteres kennen wir von Frauen und den alpha-Adrenorezeptoren… aber das ist ein anderes Thema.
Kontextabhängig ist weiter zu beachten, dass man nicht immer „sehr wenig“ essen kann: Wir brauchen insgesamt ein Gleichgewicht. Wenn du es zu oft und zu lange zugunsten eines Extrems strapazierst, dann brauchst du nicht zu wundern, wenn du „den Stoffwechsel kaputt gemacht“ hast – doch, doch. So etwas gibt es, leider.
Dem Mann, der mir diese mail geschrieben hat, werde ich jetzt mit ein paar Überlegungen helfen. Er hat aber bereits einige Blutwerte, du auch?
1 comments On Geniale Fragerei
DANKE! :-)