Hunderassen

System-Biologie: Integrative Methoden für das eigene Leben

Ab wann gilt man eigentlich als Rassist?

Das frage ich mich allen Ernstes. Nicht, weil gerade Flüchtlinge in unser Land kommen, sondern, na ja, weil wir uns mit Ernährung, Sport etc. in Relation zu vielen Weltbildern befassen.

Nun, ich frage erneut: Ab wann gilt man als Rassist? Wann hat man rassistische Gedanken?

Unsere Norm ist die einzig richtige

Es beginnt schon damit, wenn wir Gesundheitsfanatiker glauben, der Mensch sei nur dann wertvoll (erfolgreich, stark, etc.), wenn er ein bestimmtes Aussehen und ein bestimmtes Verhalten an den Tag legt. Es gibt tatsächlich Leute, die setzen den Körperfettanteil mit erfolgreichen Eigenschaften von anderen Menschen gleich. In anderen Worten: Nur Menschen, die schlank sind, sind wertvoll. Wenn wir so denken, sind wir dann Rassisten?

Mir scheint es heute diverse Trends zu geben, die solchen „Glauben“ durchaus leben. Denn häufig wird aus Ernährung eine Quasi-Religion. Viele haben das selbst erfahren. Das sind meistens ganz besonders Ehrgeizige, die unbedingt ein Ziel erreichen wollen mit einer bestimmten Ernährungsform und dann, wenn sie es erreicht haben, sind sie so sehr davon überzeugt, dass andere Meinungen, Ideen oder Lebensweisen als, na ja, schlechter „herabgestuft“ werden. Das gleiche Szenario finden wir übrigens bei Sportarten. Der drahtige Triathlet glaubt, seine Sportart sei das Beste, belächelt den Schoppenarm-Kraftsportler und vice versa. Nun, zwei Gesichter derselben Gestalt, nicht zwei verschiedene Gestalten.

Bei vielen Menschen läuft das völlig unbewusst ab. Das beginnt schon damit, dass man selbst überhaupt nicht verstehen kann, warum Mensch XY so anders lebt als wir. „Wieso erkennt der nicht, dass Ernährungsform XY so viel besser ist?“.

Dem Average Joe wird das vermutlich gar nicht so auffallen. Jemandem, der seit Jahren in der Szene „tätig“ ist und polarisiert (so wie ich), der bekommt das oft zu spüren. Man beobachtet schließlich alles um sich herum und erfährt oft am eigenen Leibe.

Die angesprochenen Tendenzen sehe ich in diesem Gesundheitsinternet.

Dieses Denken („Nur Sache XY ist wahr und alles andere kann nicht stimmen, muss schlecht sein“) ist irgendwie in uns verankert. So, dass wir es auf jeden Lebensbereich übertragen können und in jedem Lebensbereich werden wir fündig. Und dieses Gedankengut ist ganz klar, wenn auch nicht bewusst, der Spiegel unserer Intoleranz.

Varianz ist das Gegenteil von Schwarz/Weiß

Dabei sollten gerade diejenigen, die sich mit Lifestyle, Ernährung und Sport beschäftigen, die Vielfalten, Möglichkeiten und auch Divergenzen erkennen. Denn Lifestyle, Ernährung und Sport haben etwas mit unserer Biologie zu tun.

Ich werde böse, wenn ich sehe, dass edubily-Leser das nicht leben oder beherzigen. Dann weiß ich, dass sie noch nichts verstanden haben. Ich zum Beispiel muss mir häufig anhören, dass wir nur Mikronährstoff-Supplementationen empfehlen würden. Schon diese Satzteile … „Mikronährstoff-Supplementationen“ … „empfehlen“.

Wir berichten über Mikronährstoffe, das ist richtig. Aber doch nicht, dass jeder glaubt, er müsse jeden Mikronährstoff als NEM zu sich nehmen, sondern um die Bedeutung dieser veränderbaren System-Variablen zu verstehen. Wir empfehlen auch nichts.

Das ist für mich ein sehr gutes Beispiel dafür, dass jeder einzelne Mensch alles durch seine Brille sieht und entsprechend interpretiert – im Endeffekt also beruht das von ihm Gesagte auf seinem Gedankengut. Nicht auf meinem Gedankengut.

Denn wie kann man uns so was unterstellen, zum Beispiel dann, wenn man unser Buch gelesen hat, wo es seitenlang nur um Systeme geht und wie die sich verhalten. Wir sprechen von Exponentialfunktionen und der Gauß-Verteilung, von Unregelmäßigkeit und von Zyklen.

All diese Aspekte sind Fundamente, auf denen die Biologie „steht“. Grundlegende Gesetze. Und diese Gesetze sagen genau das aus, was wir immer falsch machen. Die Biologie lehrt uns Diversität und Unregelmäßigkeit. Wir wollen „die eine Lösung“ und „am besten für immer“.

Die Biologie gibt dem Spielraum eine Chance

Kurve Biologie

Stellen wir uns die Gauß-Verteilung vor. Angenommen, wir analysieren Körperkompositionen unterschiedlicher Menschen, am besten von Menschen, die gesund sind, also keine chronische Erkrankung haben und auch nicht selbstinduziert fettleibig sind. Uns würde selbstverständlich eine recht breite Varianz auffallen. Soll heißen: Es ist völlig normal, dass es ganz schlanke Individuen gibt und es ist ebenso normal, dass es Menschen gibt, die vielleicht etwas untersetzter und schwerer (warum auch immer) daher kommen. Das ist die natürliche Bandbreite. (Denke dabei an ein prägnanteres Beispiel, wie die Unterschiede zwischen den vielen Hunderassen, die alle derselben Spezies angehören.)

Da steht also eine Gauß-Verteilung und kein Strich, der keine Diversität mehr zulässt.

Wenn das Extrem normal sein soll

Wenn aber jetzt manche Menschen, die ganz links in der Verteilung „liegen“, auf die Idee kommen, ihren Körper, ihre Lebensart als heilig anzupreisen und andere davon zu überzeugen, dann gibt es zwangsläufig Probleme, weil es ja Tausende Individuen gibt, die „von Haus aus“ nicht so aussehen.

Diese Diversität kann ein Resultat der natürlichen Selektion sein. Eine Art mit einer großen phänotypischen Bandbreite ist variabler im Hinblick auf Umweltereignisse. Oder einfacher ausgedrückt: Eine Population, die sowohl über „schwerere, kräftigere Menschen“ als auch über „schlanke, ausdauernde Menschen“ verfügt, ist breiter und „erfolgreicher“ aufgestellt. Das war natürlich ein völlig überspitztes, auf unser Feld gemünztes Beispiel mit Umweltbedingungen, die das zulassen.

Und jetzt kommen wir zur Eingangsfrage: Ab wann sind wir Rassisten?

Es wäre vermutlich ganz schön böse von mir, würde ich sagen, dass wir dann Rassisten sind, wenn wir das gerade Beschriebene ignorieren und nur unsere eigens festgelegte Norm als richtig akzeptieren.

Die Schwankungen im alltäglichen Leben

Übertragen wir solch eine tolle Verteilung doch einmal kurz auf unseren Alltag. Auch dort finden wir Schwankungen. Und auch hier gibt es „extreme Menschen“, die lieber einer EKG-Nulllinie gleichen wollen, als lebenden Organismen, die sich pulsierend zeigen, eher einem Sinusverlauf gleichend. Verstanden? Wenn du heute also mal Kopfschmerzen hast, dann brauchst du nicht direkt einen Online-Ergänzungsmittel-Shop anzusurfen, um das nächstbeste Präparat zu finden. Du brauchst auch nicht zu glauben, dass du irgendeinen Mangel hast.

Natürliche Schwankungen im Leben

Gib dein Bestes, lehne dich zurück und genieße den Trip!

Easy, let go …

Souveränität und Gelassenheit ergeben sich genau aus diesem Wissen. Dass biologische Systeme von Haus aus Schwankungen zeigen und wir nicht jedes Mal gegensteuern müssen, viel mehr müssen wir unser menschliches, mechanistisches Denken ablegen, das uns vorgeben will, dass wir wie eine Maschine zu funktionieren haben. Das, was wir höchstens tun können: Die natürlichen Schwankungen in ihrem Ausmaß zu reduzieren – aber doch nicht gänzlich auflösen!

(Es soll ja Menschen geben, die niemals krank werden wollen. Die setzen sich so unter Druck, um diesen „ewig-gesunden“ Zustand zu erreichen, geben sicher viel Geld dafür aus, anstatt sich zurückzulehnen und einfach auch mal einen Schnupfen zu akzeptieren. Noch einmal: Das Ausmaß der Schwankung kann man reduzieren, hochfiebrig muss sicher nicht jeder im Bett legen aufgrund einiger Schnupfenviren.)

Leute, die das so nicht akzeptieren wollen, die haben in meinen Augen einen gravierenden Denkfehler oder ein schlechtes Gefühl für lebende Systeme. So jemand sollte auch keine Ratschläge geben.

Wieso ich das sage? Weil ich fast täglich Mails erhalte von Menschen, die glauben, sie seien nur dann „völlig gesund“ (was soll das sein?), wenn sie irgendeinen Blutwert auf Zielniveau XY anheben. So jedenfalls war die edubily-Idee nie gedacht und so was kann nur jemand so verstehen, der immer noch diesem systemfremden Gedanken verfallen ist.

Locker bleiben. Im Hinblick auf sich selbst, aber auch im Hinblick auf andere.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

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