Vitamin D Spiegel

Vitamin D: 40 ng/ml

Vitamin D bleibt spannend.

Ab 30 geht’s bergab…

Zwei Fragen stehen nach vielen, vielen Jahren noch immer im Raum:

  • Wie individuell muss wirklich dosiert werden?
  • Kann man das überhaupt am Vitamin-D-Spiegel festmachen?

Schwierig. Denn seit Carlberg wissen wir, dass die Vitamin-D-Wirkung an den Genen, also dort, wo Vitamin D naturgemäß wirkt, von Mensch zu Mensch sehr verschieden ist.

Soll heißen: Zwei gleiche Spiegel produzieren sehr wahrscheinlich völlig verschiedene Reaktionen.

Daher habe ich in meinen Empfehlungen den Spieß umgedreht und geraten, gesicherte Mangelzustände zu verhindern.

Also: Wo der Sweetspot einer Wirkung für das Individuum ist, weiß ich nicht. Was man – aus Epidemiologie – ganz gut weiß ist, wann Vitamin D bei sehr vielen, vielleicht den meisten Menschen zu wenig wird.

Der Cutoff liegt um die 30 ng/ml. 

Darunter reicht Vitamin D sehr wahrscheinlich nicht mehr. Auch das kann man relativ gut an zwei Punkten ableiten:

  • Supplementiert man unter diesen Werten, ergeben sich Benefits.
  • Haben Probanden einer Studie bereits >30 ng/ml wirkt es nicht mehr so gut.

Vitamin D über 30 ng/ml nutzlos?

Aber: Die Heterogenität über 30 ng/ml abzubilden, ist schwer.

Beispiel: Epidemiologische Studien finden den Sweetspot beim Schutz gegen allgemeine Sterblichkeit (All-Cause-Mortality) bei ca. 30 ng/ml. Passt (siehe oben).

Doch so einfach ist es nicht. Immer wieder gibt es auch sehr hochwertige klinische Studien, die eindeutig berichten, dass die Spiegel über 40 ng/ml steigen sollten für die maximale Wirkung.

So eine wurde z. B. im Fachmagazin PLoS One 2016 publiziert. Die Autoren schreiben:

Frauen mit 25(OH)D-Konzentrationen ≥40 ng/ml hatten ein um 67 % geringeres Krebsrisiko als Frauen mit Konzentrationen <20 ng/ml.

Natürlich waren die Frauen auch mit 30 ng/ml schon besser dran als mit 20 ng/ml. Aber ≥40 ng/ml war „mit einer erheblichen Verringerung des Risikos für alle invasiven Krebsarten insgesamt verbunden.“

Das ist natürlich nicht die einzige Studie, die positive Efffekte bei ≥40 ng/ml Vitamin D findet.

Jetzt neu: der TARGET-D-Trial

Gelesen im Wissenschaftsmagazin ScienceDaily.

In der neuen, großen klinischen Studie vom Intermountain Health (Salt Lake City) wurde 630 Menschen, die kürzlich einen Herzinfarkt hatten, entweder eine angepasste Vitamin-D-Dosis oder ein Placebo verabreicht.

Ziel war es, die Vitamin-D-Spiegel in der Interventionsgruppe auf ≥40 ng/ml anzuheben.

Da 85 % der Betroffenen zu Beginn unter diesem Wert lagen, benötigten über die Hälfte initial 5.000 IE Vitamin D3 täglich (statt der üblichen 600–800 IE).

Erstaunt stellte man fest: Über eine Zeitspanne von ca. sechs Jahren betrachtet, halbierte sich das Risiko für einen zweiten Herzinfarkt bei Vitamin D ≥40 ng/ml. Punkt.

Natürlich hat die Studie Limitationen. Natürlich muss weiter getestet werden. Aber an den Haaren herbeigezogen sind sich solche Ergebnisse im Kontext einer großen klinischen Studie natürlich nicht.

Vitamin D im Detail

Nun muss man einmal genau hinschauen.

  • Es wurde individuell dosiert, um wirklich über 40 ng/ml zu kommen.
  • 85 % der Herzpatienten lag darunter.
  • Die eingesetzten Dosen lagen teilweise weit über den hiesigen Empfehlungen (5000 IE vs. 800 IE).
  • Die Blutspiegel wurde jahrelang durchgehend getestet.
  • Die eingesetzten Dosen waren sicher.

All das findet man bei vielen Studien so nicht. Auch speziell dann nicht, wenn wir über die Vitamin-D-Versorgung in unserer Gesellschaft sprechen. Da ist alles über 800 hochgiftig und …

Inzwischen wird von Fachgesellschaften sogar abgeraten, den Vitamin-D-Wert zu prüfen. Man weiß also nicht, mit welcher Versorgungslage man es zu tun hat – man steht halt drüber.

Eine der größten endokrinologischen Fachgesellschaften der Welt, die Endocrine Society, rät inzwischen davon ab, Menschen unter 50 auf Vitamin-D-Mangel zu testen. Was für eine Entgleisung.

Dem schließt sich unsere „wichtigste“ Ernährungsinstitution hierzulande – die DGE – an, und behauptet sogar, dass „bei einem Großteil der gesunden deutschen Bevölkerung nicht von einem Vitamin-D-Mangel auszugehen ist“. :-)

Vitamin D Ärzte
Man muss sich einfach vorstellen, dass man heutzutage davon abrät, Vitamin-D-Werte zu prüfen, obwohl die Menschen an vorderster Front, die Versorgung der Gesellschaft als unzureichend einschätzen. Unglaubliche Entwicklung. 

Man muss sich doch immer wieder wundern, warum das, was allgemein so publiziert wird, so selten in wichtigen gesundheitlichen Empfehlungen für die Bevölkerung zu finden ist. Dazwischen liegen bisweilen Welten.

Macht mich zunehmend ratlos.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

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