Der kaputte Stoffwechsel

Es mag sein, dass du davon a) total betroffen bist oder b) mäßig betroffen bist, weil du es kompensierst.

Ich habe es bisher immer wieder versucht zu erzählen: Ernährungswissenschaftler verstehen die Welt nicht. Es kommt eben nicht auf das an, was man oben zuführt, sondern auf das, was der Körper daraus macht. Müde lächeln kann man also, wenn man mit „Notlösungen“ wie einer no carb Diät dann Erfolg hat. Klar: Man beschränkt seinen Organismus auf ein Substrat, Fett, und freut sich dann darüber, dass man „endlich“ keinen Diabetes mehr hat.

Der Punkt ist aber, dass man den niemals hätte bekommen müssen. Ich weiß, das sind immer die selben Floskeln.

Aber ich kann es ganz genau erklären, das Phänomen Stoffwechsel.

Der Stoffwechsel hat einen Namen. Der Stoffwechsel heißt PGC1-alpha. An diesem Protein steigt und fällt die Leistungsfähigkeit eines Stoffwechsels.

PGC1-alpha ist als Masterregulator davor verantwortlich, Mitochondrien zu bilden mit den dazugehörigen mitochondrialen Proteinen inklusive Proteine der ß-Oxidation – in der Umgangssprache auch Fettverbrennung genannt.

Mit diesem einen Satz kann man heute ganz genau erklären, warum jemand dick wird.

Das hat überhaupt gar nichts mit den Substraten zu tun, sondern mit der muskulären Substrat-Präferenz.

PGC1-alpha heißt Substrat-Präferenz Fett. 

Jetzt kann man sich ja fragen, was im menschlichen Körper dafür verantwortlich ist, dass PGC1-alpha da ist. Und kann ich – glücklicherweise – aus eigener Erfahrung sprechen.

Das aktive Schilddrüsenhormon (T3) ist als einziges Hormon dafür verantwortlich, dass der Körper PGC1-alpha herstellt.

Was ich damit sagen möchte, ist womöglich etwas weitreichender als du das jetzt gerade verstehst, denn:

Ohne PGC1-alpha und du kannst trainieren wie du willst, dort wird niemals eine Fettverbrennung entstehen.

PGC1-alpha finden wir auch im Fettgewebe. Wir unterscheiden das weiße vom braunen Fettgewebe. Braunes Fettgewebe ist metabolisch sehr aktiv und sieht unterm Mikroskop aus wie ein Typ I Muskelfaser – so ähnlich wie „Rost“, rötlich-braun, aufgrund der mitochondrialen Dichte und den darin enthaltenen eisenhaltigen Cytochrome.

Das heißt: Ohne Schilddrüsenhormone hast du auch kein braunes Fettgewebe – das leuchtet ein.

Das leuchtet auch deshalb ein, weil man weiß, dass man während einer Unterfunktion immer friert, die Hände immer kalt sind. Das liegt an der Tatsache, dass T3 dafür verantwortlich ist, eNOS zu exprimieren und NO zu bilden, Stickstoffmonoxid, was die Gefäße weit macht. Wenn du also Arginin und Magnesium schluckst, aber die Hände werden nie warm, dann liegt das womöglich an einem niedrigen T3-Wert.

NO an sich kann die durch einen Stimulus hervorgerufene Erhöhung der mitochondrialen Dichte deutlich verstärken – im Umkehrschluss wird man ohne NO eine mitochondriale Dysfunktion erwarten können. Und genau so ist es auch (Petrovic et al., 2008).

Das braune Fettgewebe ist das neue Flaggschiff der Wissenschaftler – wir haben ein Gewebe gefunden, das Energie „verschwendet“, es wirkt somit als Puffer, der aktiv wird bei hoher Nahrungszufuhr. Braunes Fettgewebe wird dann einfach die eingelagerten Fette aufspalten in Fettsäuren und einfach verbrennen – nicht im Muskel oder in Organen, sondern ganz einfach in den eigenen Mitochondrien.

Dies funktioniert mit Hilfe eines Proteins namens uncoupling protein. Entkoppelndes Protein – dieses Protein zerstört einfach den aufgebauten H-Ionen Gradient im Mitochondrium und schließt somit die Energie-Gewinnung kurz, wir schenken die Energie einfach in Form von Wärme her. Das ist also das Gegenteil von der gekoppelten Energiegewinnung, wo ATP, also Energie, entsteht.

Uncoupling proteins oder UCPs, werden dann gebaut, wenn…

  • T3,
  • NO,
  • und Retinsäure

da sind.

Das heißt: Nur wenn alle drei Faktoren in ausreichender Menge in deinem Körper sind, wird dieses braune Fett aktiv. Ich höre heute noch immer einige Stimmen, die behaupten, dass alle Tiere das haben außer der Mensch – komisch.

Man kann also annehmen, dass dieser Kompensationsmechanismus bei vielen Menschen nicht vorhanden ist.

Denn wir können das weiterspinnen – selbst wenn braunes Fettgewebe da wäre, dann brauchen diese Mitochondrien dort aber auch Eisen oder L-Carnitin – hast du das auch gegessen?

T3, das aktive Schilddrüsenhormon, ist also sehr wichtig. Es ist auch deshalb sehr wichtig, weil der Körper bei hoher Energiezufuhr in Form von Kohlenhydraten, die T3-Werte einfach steigert. Das machen Bodybuilder seit Jahren bei Diäten: Sie legen einen „Refeed-Tag“ ein, wo mit Hilfe von Kohlenhydraten, die T3-Werte ganz einfach wieder angehoben werden, so dass die Stoffwechselrate nicht sinkt.

Wenn du keine Diät machst, jeden Tag Kohlenhydrate isst und auch mal über die Strenge schlägst, dann kann es sein, dass bei dir überhaupt nichts passiert, die T3-Werte konstant niedrig bleiben. Wie soll denn auch mehr passieren, wenn in der Peripherie keine selenhaltige Dejodinase da ist, die die T3-Werte ansteigen lässt?

Ein zweiter, sehr wichtiger Kompensationsmechanismus fällt somit auch weg. 

Alles das, was ich gerade gesagt habe, kann man in Zahlen ausdrücken:

Die Gabe von T3 an Tiere mit Unterfunktion, was die Werte auf – immerhin – „Normal“ anhebt, hebt den Stoffwechsel um 30% – du kannst 30% mehr Energie zu dir nehmen. Das heißt… du begnügst dich mit 2000 Kalorien, während andere – einfach so – 3000 Kalorien essen können.

Und du gehörst zu der Fraktion: Ich schaue das Essen nur an…

Ich sage es explizit: Hier wurden die Werte auf „Normal“ gehoben. Was passiert denn, wenn man sie auf „Hoch“ anhebt? Wir bedenken nämlich bitte, dass in die T3-Werte in Deutschland einen Referenzbereich von 2-4 pg/ml haben. „Normal“ wäre also bereits 2. Gesunde Menschen sollten einen Wert >3,5 haben, besser >4. 

Aber T3 macht noch ganz andere Sachen: Es potenziert die Wirkung von Hormonen, auch von Insulin. Man braucht also sehr viel weniger von diesem Hormon.

Ach Mensch – und du glaubst noch in 10 Jahren an die Wirkung deiner ketogenen Diät, wenn die Lösung eine ganz andere wäre.

Metabolic Tuning – klingt gut.

Wer hat euch das denn vorher erzählt?

PS. Normalisierung der T3-Werte heißt auch Normalisierung deines Testosteron-Mangels.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

9 comments On Der kaputte Stoffwechsel

  • Sehr interessant. Mein fT3 ist auch an Unterkante Referenzbereich. Sonst soll SD in Ordnung sein.
    Alles verbogen vielleicht durch falsche Ernährungsweise.

    Ich nehme Selen, meist über Paranüsse, Kelp und Jod, sowie Eisen und L-Tyrosin.

    Wie kann man den sonst, auf natürliche Art die Umwandlung von T4 in T3 fördern,ohne Herzrasen zu bekommen? Das fühlt sich nicht gut an.

    Lieben Dank.

    Grüße
    Alex

  • Hallo, ist der Thread noch aktuell? Ich habe seit 18 Monaten Hashimoto und von Anfang an hing der T3 hinterher, bis vor kurzem noch bei 25 Prozent des Referenzwertes, während der T4 im mittleren Drittel war. Es hat viele Monate, Tränen und Ärzte gedauert, bis mir endlich jemand Thybon verschrieb vor vier Wochen. Ich schleiche mich ein, hab gleichzeitig T4 erhöht und ziemlich schnell ging es mir sehr viel besser. Endlich wieder Sport machen, keine Hypertonie mehr, aber….etwa eine Woche nach Beginn mit thybon fing ich an, Fett anzusetzen, vor allem an den Oberschenkeln. Ich dachte, das kann nicht sein. Ich wollte an meinem Gewicht gar nichts ändern, deswegen habe ich kein thybon genommen, sondern wegen schlechtem Allgemeinbefinden. Das ist ja nun Pest gegen Cholera, was ist das für ein Phänomen, kennt es jemand? Nehme 3x 2,5 mcg am Tag, mehr hab ich mich nicht getraut.

    • Hmm, irgendwie inkonsistent. Du erhöhst vor Beginn der Einnahme von T3 auch T4? Warum? Wenn das so war sehe ich nicht zwangsläufig einen Zusammenhang zwischen T3 u Gewichtszunahme (könnte auch Wasser sein).
      Die Wirkung von T3 ist sowohl von der Dosis als auch vom Zielgewebe abhängig.
      Fakt ist, aus eigener Erfahrung, du kommst ans Austesten nicht drumherum. Vorher würde ich persönlich jeden Hebel nutzen der die Konversation von T4 verbessert.
      Tip: Stell Deinen Fall mit Blutwerten und vollständiger Beschreibung ins Forum – da gibts viele Leute mit viel Knowhow

  • Ärzte und Thybon, ein leidiges Thema. Ich habe seit fast fünf Jahren keine Schilddrüse mehr, Konversion von T4 zu T3 tatsächlich null. Fachärzte verweigerten mir Thybon, die haben alle Schiss. Zum Glück hab ich mir genügend Wissen über die Schilddrüse angeeignet, und bin irgendwann zu meinem toleranten Hausarzt, der mir ohne Probleme Thybon verschrieb. Mit der Dosis ließ er mir mehr oder weniger freie Hand. Himmel, war das geil endlich nicht mehr scheintot zu sein! Mein Leben in der T3-freien-Zone dauerte fast zwei Jahre, ohne dieses Hormon kann man nicht leben. Dahin siechen vielleicht… ich traue keinem Arzt mehr, dosiere mich selbst und passe die Dosis nach Bedarf an, gehe regelmäßig zur Kontrolle und gut ist. Nachdem ich mein Krafttraining wieder aufgenommen habe, scheine ich mehr Thybon zu brauchen, wie viel versuche ich gerade herauszufinden. Das ist und bleibt Fummelarbeit.

    • Hallo Helga,
      nimmst du das Thybon denn nur am Morgen oder teilst du deine Dosis über den Tag auf??
      Ich hab auch vor kurzem erst Thybon verschrieben bekommen und „experimentiere“ grade selber herum und versuche die richtige Dosis zu finden.

  • Einmalig l thyroxin nehmen ohne unterfunktion gute idee??

    • Wenn Du mehr T3 haben willst, dann ist L-Thyroxin nicht so optimal. Das ist nämlich T4. Wenn Du im Prinzip SD-gesund bist, dann wird die längerfristige Zufuhr von L-Thyroxin (die Halbwertszeit beträgt ca. 19 Tage, daher macht eine Schwalbe noch keinen Sommer) dazu führen, daß Deine TSH-Ausschüttung zurückgeht und damit die Aktivität, SD, die also weniger T4 und auch weniger T3 produziert (ca. 20, 25% Deines T3 wird auch in der SD erzeugt), aber auch weniger T2. Vermutlich wird auch die T4-T3-Konversion in der Leber zurückgehen (vielleicht könnte speziell auf diesen Punkt, die Auswirkung niedrigeren TSH-Pegels auf die T4-T3-Konversion, einer der Gurus hier mal eingehen). Wenn Du mehr T3 durch externe Zufuhr haben möchtest, dann solltest Du Thybon schlucken, dessen Wirkung Du fast sofort spürst – Halbwertszeit nur ca. 19 h. Dies wird allerdings auch den TSH-Pegel beeinflussen, denn es wird hierbei anscheinend fT3 und fT4 „ausgewertet“. Thybon zuzuführen ist besonders bei Diäten sinnvoll, wenn über den Abfall des Leptin-Pegels die SD-Aktivität und wohl auch die T4-T3-Konversion zurückgeht („low-T3-syndrome“).
      Bist Du aber an Hashimoto erkrankt und mußt ohnehin L-Thyroxin nehmen, um den TSH zu drücken und die SD stillzulegen, dann solltest Du ohnehin Thybon zufüttern, denn iiegt die SD nur faul herum fallen auch „deren“ ca. 25% T3 weg, und die werden anscheinend nicht im Wege einer gesteigerten T4-T3-Konversion ausgeglichen.
      Die meisten Ärzte haben davon aber keine Ahnung und halten sich an den „Lehrsatz“, bei SD-Hormon-Probs (nur) L-Thyroxin zu verschreiben. Vor Thybon schrecken sie zurück wie der Teufel vor Weihwasser. Da müßtest Du möglicherweise Überzeugungsarbeit leisten. Google mal nach „low-T3-snydrome“ und „T3 T4 Konversionsstörung“. Übrigens wird auf Intensivstationen den Patienten routinemäßig T3, also Thybon, gegeben. Warum wohl?

  • Hey du,
    in meinem Stoffwechsel ist ein bisschen was „verdreht“. Probiere schon seit Jahren durch Ernährung was zu bewirken, lese texte von lauter „Gurus“ aus den USA usw. Zuletzt versuchte ich gerade die Theorien von Jack Kruse nachzuvollziehen. Aber leider blicke ich da gar nicht durch. Mein Körper ist immer noch ein Rätsel für mich und meine Endokrinologin weis auch keinen Rat ausser Thyroxin zu verschreiben.
    Hab in deinem anderen Text gelesen, dass du eine Jodtrinkkur + Seelentabletten genommen hast. Kannst du mir sagen von welcher Firma die waren? vielen dank

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