vitamin c

Wundersames Vitamin C

Ich bin ja ein bekennender Fan von Vitamin C geworden. Obwohl ich dieses Vitamin zugegebenermaßen immer ein bisschen belächelt habe.

Verantwortlich dafür waren im Kern zwei Schlüsselereignisse:

  1. Als ich spaßeshalber mal 1 g Vitamin C täglich eingenommen habe, und urplötzlich die Narbe an meiner Hand verschwand. Fand ich beeindruckend. (Vitamin C ist Kofaktor bei der Kollagensynthese…)
  2. Als ich herausfand, dass sich nahezu jede Erkältung im Frühstadium durch 500 mg Vitamin C (oder Mehrfachgaben) unterdrücken lässt. Genial. Ein echter Gamechanger, wer hat schon Bock auf Erkältungen?

Kurz innehalten: Sind das nicht zwei sensationelle Erkenntnisse? So einfach in der Umsetzung? Ein besseres Kollagen im Körper, das heißt auch: gesündere Gefäße, Knorpel, Gelenke, Haut etc., und kaum noch krank?

Noch besser wird es, wenn man sich etwas mit der Datenlage befasst.

Vitamin C Fakten

Da findet man auf Basis der Nationalen Gesundheits- und Ernährungserhebungen (NHANES)  2003-2006, die wichtigste Datenerhebung zur Gesundheit der US-Amerikaner, dass nur 25 % der Befragten gesättigte Vitamin-C-Spiegel zeigen.

Eine Sättigung der Spiegel tritt etwa ab 500 mg pro Tag auf. 75 % der Untersuchten lagen also drunter, und ca. 40 % der Menschen weisen inadäquate Vitamin-C-Spiegel auf. Bewiesen unter Beteiligung der renommierten Mayo Clinic. Klarer wird’s vermutlich nicht.

BTW: Sogar das klassische Picky-Eater-Verhalten bei Kindern ist mit Skorbut, also einem ernsten Vitamin-C-Mangel, assoziiert (hier). Darüber muss man im Jahr 2024 ernsthaft reden! Total absurd. Aber Vitamine haben alle genug.

Wie dem auch sei. Bei chronisch niedrigen Vitaminspiegeln denke ich immer daran. Menschen verstehen den Faktor Zeit einfach nicht. Schäden kumulieren sich. Natürlich kannst du fünf Jahre mit Vitamin-C-Mangel durch die Gegend laufen.

Wenn du aber nach 30 Jahren einen Krebs bekommst, ist es erstens zu spät für eine „nachträgliche Ergänzung“ und zweitens wird niemand mehr nachvollziehen können, dass es auch durch den Vitamin-C-Mangel bedingt war.

Für Krebs kannst du natürlich jede x-beliebige Erkrankung einsetzen und „Vitamin C“ gegen „Mikronährstoffmangel“ tauschen. Argumentativ landen wir an der Stelle dann beim berühmten Bruce Ames und seiner Triage Theory:

Kurzer Vitamin-Mangel: kein Problem. Langfristig raubt es dir aber Gesundheit und Leistungsfähigkeit. 

Lässt sich das etwa beweisen? Wie wär’s mit „Vitamin C und Krebs“?

Genetisches hohes Vitamin C schützt (etwas)

Da gab es doch kürzlich erst eine Studie, wo ein genetischer Vitamin-C-Index auf Basis von 11 Genen, die mit hohen bzw. niedrigen Vitamin-C-Spiegeln assoziiert sind, an Tausenden Menschen erfasst und mit dem Risiko für Krebs assoziiert wurde.

Resultat: Ein hoher genetischer Vitamin-C-Spiegel ist mit einem geringeren Sterblichkeitsrisiko bei …

  • Brustkrebs (Risiko: -86 %),
  • Plattenepithelkarzinom des Kopfes und Halses (Risiko: -80 %),
  • klarzelliges Nierenkarzinom (Risiko: -34 %),
  • und Enddarmkrebs assoziiert (-99 %!!).

Über 20 Krebstypen betrachtet, war ein genetisch hoher Vitamin-C-Spiegel mit einem leichten Überlebensvorteil assoziiert.

Doch … Moment mal. Was soll ein genetisch hoher Vitamin-C-Spiegel eigentlich sein? Genau. Gibt es vermutlich gar nicht oder ist im Vergleich zur Erhöhung des VitC-Spiegels durchs Essen nur ein marginaler Einfluss.

Eleganter Weise dachten die Forscher mit und waren so angetan von dem riesigen Überlebensvorteil durch Vitamin C bei Enddarmkrebs, dass sie dies durch einen Tierversuch untermauerten: Eine Verdopplung der Vitamin-C-Spiegel halbierte das Tumorgewicht und -volumen. 

Umbrella Review beweist: Mehr Vitamin C, weniger Krebs

Noch etwas zuverlässiger ist hier vielleicht ein Umbrella-Review, die höchste Evidenzstufe im Reich der Studien. Der wurde von chinesischen Forschern im Jahr 2021 im Fachmagazin Front Nutr publiziert.

Untersucht hat man dort „57 Meta-Analysen mit 19 einzigartigen Ergebnissen zum Zusammenhang zwischen Ascorbinsäureaufnahme und Krebserkrankungen“. Das Resultat liest sich wie folgt:

Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass die Aufnahme von Ascorbinsäure mit einem geringeren Risiko für verschiedene Krebsarten verbunden ist: Blasenkrebs, Brustkrebs, Gebärmutterhalskrebs, Endometriumkarzinom, Speiseröhrenkrebs, Magenkrebs, Gliom, Lungenkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs, Prostatakrebs und Nierenzellkrebs.

Die Größenordnungen lesen sich auszugsweise so:

  • Risiko für Speiseröhrenkrebs: -42 %
  • Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs: -30 %
  • Brustkrebssterblichkeit: -22 %
  • Für alle Krebsarten im Schnitt: -13 %

Auch, wenn es der Studie nicht gelang, klare Dosis-Wirkungs-Zusammenhänge zu identifizieren, fanden die Forscher Zusammenhänge wie die folgenden:

Eine Dosis-Wirkungs-Analyse zeigte, dass jede Erhöhung der VC-Aufnahme um 50 mg/Tag mit einer 13%igen Verringerung des Speiseröhrenkrebsrisikos verbunden war, und jede Erhöhung der VC-Aufnahme um 100 mg/Tag mit einer 26%igen Verringerung des Magenkrebsrisikos verbunden war.

Wird’s noch besser?

Es kann aber noch besser werden.

Wie wär’s mit einer prospektiven Kohortenstudie im Rahmen der EPIC-Norfolk-Studie? Mit 19.357 Teilnehmer und echten, gemessenen Vitamin-C-Spiegeln?

In der Studie hat man herausgefunden, dass Menschen mit den höchsten Vitamin-C-Spiegeln ein um 43 % geringeres Risiko für Lungenkrebs hatten. Wahnsinn, oder? Die Studie hat außerdem rausgefunden:

  • 15 % geringeres Risiko für alle Atemwegserkrankungen
  • 19 % geringeres Risiko für chronische Atemwegserkrankungen
  • 30 % geringeres Risiko für Lungenentzündungen
  • Die Sterblichkeit durch Lungenkrebs war um 46 % niedriger
  • Sterblichkeit durch andere respiratorische Erkrankungen (z. B. Lungenentzündung) zeigte eine nicht signifikante Reduktion von 39 %

Nur durch hohe Vitamin-C-Spiegel. Okay, seien wir fair: Hier geht’s primär um den Obst-und-Gemüse-Konsum. Vitamin C könnte also einfach ein starker Proxy für den Konsum von Obst und Gemüse sein, die wiederum noch viele weitere schützende Stoffe liefern.

Heißt für uns höchstens: Vitamin C alleine richtet’s nicht. Aber:

Der prospektive Zusammenhang zwischen der Ausgangsvitamin-C-Konzentration und der Inzidenz und Mortalität deutet ebenfalls auf einen möglichen Kausalzusammenhang oder zumindest auf einen Marker für die in dieser Studie untersuchten Erkrankungen hin.

Vitamin C wird wahrscheinlich auch ganz kausal seine Finger im Spiel haben.

Prävention mit dem C(hris) ;-)

Ich weiß sicherlich nicht allzu viel über das Leben. Das, was uns allen aber sicher irgendwann klar wird, ist, dass das Leben uns durch „multiple hits“ ausknockt. Es ist nur selten der eine Grund. Oft sind es eben „mehrere Schläge“, die es braucht, um uns krank zu machen oder … umgekehrt … halt zu heilen.

Wenn es um unsere Vitamin-C-Spiegel geht, lässt sich vorsichtig folgern, dass es vielleicht besser ist, auf gute Spiegel zu achten. Wenn man es mit Prävention hält, versteht sich. Wenn nicht, dann auch egal ;-)

Klar sollte sein: Wir können nicht folgern, dass es Vitamin C alleine tut. Vitamin C ist ein wichtiger Proxy für die Zufuhr von Obst und Gemüse, keine Frage. Die Studienlage deutet aber durchaus darauf hin, dass der Vitamin-C-Spiegel alleine kausal in Krankheitsgeschehen involviert ist.

An der Stelle kann ich dann wieder an meine Eingangsworte anknüpfen: Vitamin C kann. Und zwar schon in Bereichen von 500 mg. Das ist aber immerhin das Vierfache der medianen Zufuhr hierzulande (nach NVZII). Das Vierfache. Etwas verständlicher ausgedrückt vielleicht: Statt 3000 halt 12000 brutto. :-))

Wer auf Nummer sicher gehen will, führt also eine große Menge Obst und Gemüse zu *und* ergänzt mit Vitamin C.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

14 comments On Wundersames Vitamin C

  • Hallo Chris Michalk,

    ich wollte einfach mal Danke sagen für euren guten Blog und die Artikel hier. Könntest Du mal was zu Vitamin B1 /Thiamin machen. Gerade die Arbeiten von Dr. Lonsdale sind sehr interessant und das scheint ein aktuelles Thema zu sein (Long COVID etc. ).

  • Ich suche gerade nach ein Vitamin C Präparat. Natürlich schaue ich immer erst in Euren Shop nach. Ich habe mir dann Euer Vitamin C Produkt angesehen, allerdings bin ich jetzt etwas verunsichert, da eine Quelle dies zu Ascorbylpalmitat schreibt:

    „Man vermutet jedoch, dass sich Ascorbylpalmitat bei oraler Einnahme kaum in die Zellmembranen einbaut, da es im Dünndarm grösstenteils wieder in Ascorbinsäure und Palmitat (Salz der Palmitinsäure) aufgespalten wird, bevor es ins Blut gelangen kann. Es wirkt dann auf dieselbe Weise wie reine Ascorbinsäure.“

    Für mich klingt das so, als würde Ascorbylpalmitat lediglich in Ascorbinsäure zerlegt und ist dann nicht besser als die gewöhnlichen Vitamin C Produkte mit ausschließlich Ascorbinsäure aus Hagebutten oder Kirsch … ect.

    Was sagt Ihr dazu?

    • Es ist schon etwas komplexer. Die Wissenschaft um Ascorbylpalmitat ist relativ neu (ausgenommen in paar alte Studien) und in vitro könnte man davon ausgehen, dass es im Darm zu Ascorbinsäure umgesetzt wird. Die ersten in vivo Versuche legen aber dar, dass es fundamentale Unterschiede in der Wirkung von AP vs. AA gibt, da AP einfach schnell Biomembranen penetriert. LG

    • Hallo Tom,
      Ascobylpalmitat ist im Gegensatz zu Ascorbinsäure fettlöslich, d.h. unter anderem, es wirkt auch im fettlöslichen Bereich antioxidativ. Normales Vitamin C ist lediglich wasserlöslich.
      Hierzu fand ich folgendes:
      Ascorbylpalmitat als Antioxidans
      Ascorbylpalmitat ist ein Vitamin-C-Derivat, der als Antioxidans eingesetzt wird. Es entsteht durch Veresterung von Ascorbinsäure mit Palmitinsäure und verfügt über eine ambiphele Struktur, die es ermöglicht, sowohl lipophile als auch hydrophile Umgebungen zu durchdringen.

      Antioxidative Eigenschaften

      Ascorbylpalmitat wirkt als Radikalfänger und verhindert die Oxidation von Lipiden und anderen Biomolekülen. Es ist insbesondere wirksam bei der Neutralisation von freien Radikalen, die durch UV-Strahlung, oxidative Stress oder andere Faktoren entstehen.

      Vorteile im Vergleich zu reinem Vitamin C

      Ascorbylpalmitat hat einige Vorteile gegenüber reinem Vitamin C:

      Stabilität: Ascorbylpalmitat ist weniger empfindlich gegen Licht und Sauerstoff als reines Vitamin C, was bedeutet, dass es länger haltbar ist und weniger leicht oxidiert.
      Penetration: Die ambiphele Struktur von Ascorbylpalmitat ermöglicht es, tiefer in die Haut zu gelangen und eine breitere Wirkung zu entfalten.
      Verträglichkeit: Da Ascorbinsäure in Ascorbylpalmitat gepuffert vorliegt, ist das fettlösliche Vitamin C sehr gut verträglich und Nebenwirkungen sind bisher nicht bekannt.

    • Moin,

      motiviert mich mal wieder ein Vitamin C Präparat zu kaufen. Gibt es nicht mittlerweile auch noch andere Alternativen (Liposomal = Emulsion mit Lecithin und z.B. Sonnenblumenöl) womit man sich die Palmitinsäure (siehe Nachteile Palmitinsäure im Blog) sparen kann? Die Vorteile der höheren Resorption (Phosphatidylcholin ist Bestandteil der Zellmembran) und die bessere Verträglichkeit wird ja von einigen Produkten aktiv beworben. Andere Produkte die mit ähnlicher „Technologie“ hergestellt werden (z.B Longvida Curcumin) setzen sich ja aus diesem Grund so langsam am Markt durch.

      LG Maximilian

  • Danke!!
    Super Artikel!
    Allerdings mache ich mir bei Vitamin C immer Gedanken, dass es die Adaptionen an Kraft und Ausdertraining negativ beeinflussen könnte, laut Studien ja schon bei niedrigen Dosen wie 500mg – 1g…
    Dürfte das kein Problem sein, wenn man es ein paar Stunden weit weg vom workout einnehmen würde? Oder spielt das Timing keine Rolle?

    • Denke, das Kernproblem ist das Vitamin C, sondern das Vitamin E, das in den gleichen Studien sehr hochdosiert zum Einsatz kam, glaube min. 10x über Tagesbedarf.

  • „Als ich herausfand, dass sich nahezu jede Erkältung im Frühstadium durch 500 mg Vitamin C (oder Mehrfachgaben) unterdrücken lässt. Genial. Ein echter Gamechanger, wer hat schon Bock auf Erkältungen?“

    Funktioniert bei mir leider nicht. Auch in Kombination mit Zink. Die Erkältung kommt. Und bleibt.
    Immerhin kommen Erkältungen aber definitiv seltener, seitdem ich auf ausreichende Nährstoffversorgung achte.

  • Vitamin C soll darüber hinaus auch noch entgiftende Eigenschaften besitzen.
    Vor knapp 50 Jahren begann ich mich mit Vitaminen und Co zu beschäftigen und aus der Zeit erinnere ich mich an eine Aussage, dass bei Rauchern pro Zigarette 25 mg Vitamin C über den Urin ausgeschieden werden. Gebunden darin das Cadmium der Zigarette. Dieses funktioniert allerdingst nur, wenn die Zellen gut abgesättigt sind, oder das C im Überschuss vorhanden ist. Anderenfalls verbleibt das Cadmium im Körper.
    Man kann also nicht sagen, zuviel verursacht lediglich teuren Urin, wie es unser Gesundheitsminister gerne nennt.

  • Ich nehme lieber 36000 Brutto, da Vitamin C so günstig ist habe ich kein Problem damit, ggf. etwas davon im Klo herunter zu spühlen.

    Es gibt ja diese Urin-Teststreifen, bei denen unter anderem grob die Ausscheidung von Vitamin C gemessen wird. Ich essse eigentlich täglich ungefähr 1kg Gemüse und Obst, zusammen gerechnet. Wenn ich kein Vitamin C zusätzlich konsomiere, dann wird auch keines ausgeschieden, laut der Teststreifen. Bei 500mg wird dann eine niedrige Menge ausgeschieden und erst ab 1500mg eine hohe Menge.

    Ich denke mal so Teststreifen sind sicherlich ein guter und günstiger Hinweis wie es mit der Versorgung so aussieht.

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