Ich liebe solche Überschriften ;-) Klingt zunächst super unprofessionell – und ein bisschen nach Clickbait. Aber am Ende des Tages weiß man (ich), dass dahinter Substantielles steckt. Perfekt!
Die Erektion
Heute möchte ich mal ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern. Nein, es soll dabei nicht um meine Erektion gehen, keine Sorge! Stattdessen wollen wir zunächst einmal klären, wie eine Erektion biochemisch zustande kommt.
Und das geht, vereinfacht, so:
- Sexuelle Stimulation erhöht die Bildung von Stickstoffmonoxid (kurz: NO) in der glatten Muskulatur des Penisschwellkörpers.
- NO erhöht den Spiegel eines s. g. Second Messengers, cGMP (cyclisches Guanosinmonophosphat)
- Das wiederum entspannt die (glatte) Muskulatur des Schwellkörpers – der Bluteinstrom erhöht sich deutlich, es entsteht die Erektion
Das ist ein ganz wunderbares System. Medizinisch lässt sich die Aktivität dieses Signalwegs verlängern. Nämlich durch Phosphodiesterase-5-Hemmer (PDE5-Hemmer), die man – Trommelwirbel – z. B. unter dem Namen Viagra kennt.
Die Phosphodiesterase 5 ist ein Enzym, das cGMP im Penisschwellkörper zu 5′-GMP abbaut. Durch die Hemmung dieses Enzyms bleibt die Wirkung von NO auf cGMP länger erhalten – und damit die Erektion.
Wer aufgepasst hat: Dieses Signal lässt sich auch dadurch verlängern, dass man dem Körper mehr Ausgangsstoff, also Arginin, zur Verfügung stellt, damit er größere bzw. adäquate NO-Mengen und damit cGMP bilden kann.
Fassen wir die Begrifflichkeiten mal so zusammen:
Arginin ⇨ Stickstoffmonoxid ⇨ cGMP (Abbau durch PDE5; Verlängerung durch PDE5-Hemmer Viagra) ⇨ Erschlaffung glatter Muskulatur ⇨ Erektion.
Die Erkenntnis
Dieses System funktioniert natürlich auch in den Arterien. Wir erinnern uns: Auch in den Arterien findet sich glatte Muskulatur – bei hoher Arginin-, also NO-, also cGMP-Konzentration erschlaffen somit auch die Gefäße. Die Folge ist gesteigerter Blutfluss und niedrigerer Blutdruck.
Ich reite bewusst auf den immer gleichen Wörtern rum, weil wir hier ein ganz simples System haben, das uns auch sehr viel (Lebens-, also Muskel-)Energie schenken kann.
Und das habe ich mal in einem Sommer herausgefunden, als ich besonders viele Wassermelonen gegessen habe. Plötzlich konnte ich nicht nur trainieren, ich wollte trainieren. Ein großer Unterschied! Plötzlich hatte ich einen gefühlten Energieüberschuss, der mich ständig an Training hat denken lassen.
Das ist ja genau das, was uns allen ständig fehlt. Die innere Vibration. Sensationelles Gefühl. Ich bin auch relativ schnell drauf gekommen: Citrullin muss es sein. 5-10 g in einer Wassermelone! Aus Citrullin macht der Körper besonders effizient … Arginin.
Und schon beginnt die Kaskade wieder: Citrullin ⇨ Arginin ⇨ Stickstoffmonoxid ⇨ cGMP.
Schon seit vielen Jahren ist bekannt, dass PDE5-Hemmer, also Viagra ;-), nicht nur die Körpermitte pimpen, sondern auch z. B. den Herzmuskel. Dort verbessern PDE5-Hemmer die Herzfunktion bei Herzinsuffizienz. (vgl. Zhu et al. 2022)
Grund: Viagra erhöht die Zahl und Aktivität der Mitochondrien – durch eine Steigerung der Aktivität des ultimativen „Mitochondrien-Schalters“ PGC1α. Vermittelt durch cGMP.
Deine Energie
Und so langsam schließt sich der Kreis. Denn jetzt haben wir fast eine wunderbare Gleichung aufgestellt, die sich nun wie folgt liest:
Citrullin ⇨ Arginin ⇨ Stickstoffmonoxid ⇨ cGMP ⇨ PGC1α ⇨ fittere Mitochondrien
Diese Zusammenhänge haben mich schon vor vielleicht 13, 14 Jahren als Sportstudent fasziniert. Weil mir es mir einleuchtete, dass Durchblutung – Arginin/NO – etwas mit Mitochondrien und Energie zu tun haben könnte. Und genau diese Verbindung existiert viel eindrucksvoller als ich mir das damals hätte ausmalen können.
Denn heute ist klar: Bei zu wenig NO dankt die Mitochondrienfunktion und damit der Energiestoffwechsel und damit unsere Lebensenergie ab. Das ist ein entscheidender Grund, warum Citrullin bzw. Arginin ein inneres Vibrieren machen können.
In Muskelzellen funktioniert dieses Prinzip sensationell gut. Dort konnten Forscher zeigen, dass cGMP ein entscheidender Faktor ist, der dazu führt, dass Zellen mehr Mitochondrien und mehr ATP – also konkret: Lebensenergie – bilden. (vgl. Mitsuishi et al. 2008)
Das Entscheidende: Sogar im Kontext einer typisch westlichen Glukose- und Insulinüberfrachtung der Muskelzellen. Das heißt, mehr NO, mehr cGMP wäre vielleicht ein entscheidender Schlüssel bei Insulinresistenz und Co.
Tiere, die kein oder weniger NO bilden, werden stoffwechselkrank (= wenig Fettverbrennung) und zeigen eine drastisch eingeschränkte körperliche Leistungsfähigkeit (Q). Auf der anderen Seite wurde erst kürzlich in einer Meta-Analyse gezeigt, dass Sport die NO-Werte erheblich steigert – um etwa den Faktor 2-3.
Eine gesteigerte lokale NO-Bildung gilt auch als entscheidende Triebfeder für förderliche mitochondriale und damit gesundheitliche bzw. leistungsspezifische Adaptationen beim Sport. Und auch die Muskelfunktion hängt entscheidend von diesem Signalweg ab. (vgl. Q, Q, Q, Q)
Genau aus diesem Grund haben wir vor vielen, vielen Jahren unseren NO-Guide publiziert – viele Menschen wissen gar nicht, was für ein Gold sie damit in den Händen halten – und ein Produkt entwickelt, das genau diese Signalwege ansprechen soll.
Das war der Hintergrund. Denn wirklich einfacher wird’s nicht, so einfach aber umfassend etwas für seine Gesundheit zu tun.
Schlusswort: Das ist nicht alles
Dieses physiologische Prinzip scheint bei manchen Erkrankungen tief ausgehebelt zu sein. Beispielsweise bei der mitochondriopathischen Erkrankung MELAS (googeln!). Dort finden Forscher:
In Hybridzelllinien zeigten Desquiret-Dumas et al. (2012), dass die Mutation m.3243A > G im MT-TL1-Gen, die häufigste Mutation bei MELAS, zu einer signifikanten Abnahme der Nitrit-Nitrat-Konzentration führte, was auf eine verminderte NOS-Aktivität hindeutet
Bei diesen Menschen scheint also die NO-Produktion an sich gestört zu sein. Müsste man dann also irgendwie kompensieren.
Doch die Wunder-Aminosäure Arginin kann noch viel, viel mehr. Weshalb es naheliegend ist, dass höhere Citrullin- bzw. Argininspiegel uns auf vielfältige Weise Energie schenken, denn …
Selbst wenn Mitochondrien fröhlich Energie produzieren: Wenn wir krank sind, das Immunsystem defekt ist, und wir erhöhte Zytokinwerte aufweisen, die uns zentral, also im Gehirn, erschöpft machen, dann gibt’s auch nicht viel Lebensenergie.
Natürlich hilft Arginin genau hier auch. Das ist der Punkt. Sie macht Immunzellen viel fitter.
Über die Effekte von Arginin hatte ich einen Instagram-Beitrag verfasst. Lesen lohnt sich nach wie vor. Mir ist kein Trick bekannt, der so einfach und nicht selten durchschlagend wirkt. Ganz ohne Kaffee und Koffein ;-)
Jetzt verstehen wir das vieldeutige Wort „Potenz“ auch gleich viel besser, nicht wahr?
19 comments On Was deine Erektion mit deiner Energie zu tun hat
Habe mal Aminosäuren testen lassen. Nur Citrullin genommen weil ich gelesen hatte, das Citrullin das bessere Arginin sei und das Ergebnis war eben: Citrullin hoch, Arginin niedrig. Zwar war Arginin im grünen Bereich, aber ich hätte was anderes gedacht. Eher Citrullin niedriger als Arginin. Da das C. ja in A umgewandelt wird.
Oder Gedankenfehler??
Blutwerte sind halt selten aussagekräftig… Vielleicht wird z. B. das Citrullin von Zellen direkt zu Arginin umgesetzt, und im Blut passiert nix.
Woran kann es liegen, daß sich, wenn ich Arginin oder Citrullin einnehme, beides ausprobiert, nach kurzer Zeit stärkere Gelenk-Schmerzen an zwei entzündlichen Gelenken entwickeln. Habe die Einnahme zunächst trotzdem fortgeführt, da ich keinen Zusammenhang sah, bis ich über jene Citrullinierung las. Die ich ehrlich gesagt nicht hinterfragte… Zwei Wochen nach Beendigung der Einnahme war der Schmerz in den betroffenen Gelenken wieder auf meinem ‚Normalniveau‘ und ich zwar erleichtert, aber bzgl. der für mich offenbar ungeeigneten Substitution frustriert.
Messung im EDTA-Vollblut, nicht im Serum. Unterschiedliche Abbauzeiten von Citrullin und Arginin.
War bei mir genauso. Cirtrullin weit außerhalb des Messbereichs. Arginin dagegen im Mangel. Im Strunzforum schrieb dazu jemand, dass auch die Umwandlung von Citrullin in Arginin an dem Fehlen bestimmter Co-Fakotoren scheitern kann. (Kann den Post gerade nicht finden). Bin seitdem beunruhigt, was da bei mir wohl los ist. So lese ich hier mit Erleichterung, was Chris schreibt: Citrullin kann direkt in den Zellen zu Arginin umgesetzt werden.
Leider kann ich aber dieses Vibrieren nach der Einnahme von Citrullin nicht spüren. Nehmen tu ich’s trotzdem. Hoffentlich waren meine Sorgen unberechtigt.
Keine Sorge, an den Enzymen liegt es nicht, denn die sind Teil vom Harnstoffzyklus und den wirst du schon genug bilden :P
Vielen Dank wieder mal ein super Artikel!
Du schreibst hier und in Deinen Büchern, daß Sport die NO Produktion steigern würde. Ich hab jedoch schon leider erleben dürfen, daß (für mich) excessiver Sport mich langandauernde Erschöpfung treibt. Jetzt trainiere ich mit geringerer Intensität, meine Sport Uhr meint, das ist zuwenig (Formverlust!).
Kann man denn eine Aussage treffen wieviel Sport benötigt wird um die NO Produktion zu steigern? Das ist sicher wieder individuell, aber vielleicht ein % der HF max? Minimum/Maximum Anzahl Minuten pro Tag/Woche?
Wie lange hält der Sport Effekt an? Nur während dem Sport? Stunden nach dem Sport? x Tage nach dem Sport?
Euer Citrullin Plus nehme ich seit einigen Wochen, damit geht es in jedem Fall besser. Auch hier die Frage, wie lange hält die Wirkung? Anzahl Stunden? Soll/Darf man Dosis erhöhen? mehrfach am Tag?
Arginin ist ja leider nicht nur der „best buddy“ der Ärzte und Wissenschaftler. Für die Therapie der Rheumatoiden Arthritis wird nach Möglichkeiten geforscht, die verfügbarkeit der Aminosäure im Körper durch das Enzym Arginase zu reduzieren (Stichwort Citrullinierung). Kardiologen und Urologen werden sich die Haare raufen…
Nun ist mir aber eine aktuelle Studie zu Händen gekommen, wo genau das Gegenteil gemacht wurde: Gabe von Arginin bei verschiedenen Arthritis-Modellen. Mit dem Ergebnis, dass dadurch Osteoklasten an der Vermehrung gehindert wurden.
https://ard.bmj.com/content/79/Suppl_1/931.2
Ich tendiere zu Letzterem. ;-) Es bleibt spannend.
Gruß Lutz
Mit Verlaub: Ärzte haben kein Arginin als best buddy, die meisten wissen nicht mal was das ist. Und Wissenschaftler werden auch nicht sagen, dass Arginin arthritische Erkrankungen verschlimmert. Es ist halt immer das gleiche: Wissenschaftler finden einen Signalweg, indem ein Nährstoff involviert ist und schließen daraus dann, dass man den Nährstoff am besten meidet oder künstlich verringert. In den meisten Fällen passiert dann genau das Gegenteil. Und das liegt auch daran, dass wir in westlichen Erkrankungen häufig ja keinen „Arginin-Überschuss“ oder einen anderen Nährstoff-Überschuss haben, sondern das Gegenteil. Wer in solchen Kontexten auf die Idee kommt, dass man den Leuten noch mehr Nährstoffe nimmt, damit sie (hoffentlich) gesünder werden, der kann einfach nicht ganz klar im Oberstübchen sein. Ganz konkret ist es so, dass die Arginingabe das Enzym Arginase im Kontext von entzündlichen Erkrankungen erhöht und dadurch anti-entzündlich wirkt, z. B. hier https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6479672/
Nette Studie, die du verlinkt hast btw. Danke.
Danke Dir.
Würde die Erhöhung der Argininspiegel via Citrullingabe die selben Effekte haben wie eine direkte Argininsupplementierung?
Mit Blick auf was?
Bezüglich der in den Studien beschriebenen Effekte.
Meinst du jetzt für Krankheiten oder für Leistungsoptimierung (wie hier im Blog oft besprochen)? Wie sich Citrullin im Krankheitsfall verhält, weiß ich nicht wirklich. Die Daten, die ich kenne, sehen aber recht positiv aus. Besser noch als bei Arginin selbst. Ansonsten ist Citrullin immer das bessere Arginin, weil es nicht so stark vom Darm geschluckt wird.
In den oben verlinkten Studien ging es um Krankheiten.
Besten Dank!
Hast du Chris oder jemand anderes schon einmal Agmatin genommen?
Also Arginin und Citrullin funktionieren einwandfrei, allerdings hatte ich noch nie so einen kranken pump wie mit 2g Agmatin. Zwar würde ich sagen das Arginin in Kombination mit OPC auch einen sehr guten pump gibt, aber Agmatin hat bis jetzt alles getopt, selbst 10 Cialis.
Hi Dave! Nee, selbst nicht genommen, aber Agmatin ist ein spannender Stoff.
Beste Grüße
Agmatin ist ja wenn ich das richtig sehe nur eine decarboxyliert Form von Arginin.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22212617/
Würde sich dann nicht durch reines erhitzen des Arginin Agmatin herstellen lassen oder ist das zu einfach gedacht? Und wenn ja bei welcher Temperatur und wie lange?
:D sorry, aber da musst du einen echten Chemiker fragen. Ich bin nur doofer Biochemiker.
Ok, trotzdem danke. Ich denke ich werde es einfach mal mit einer kleinen Menge ausprobieren und berichten. Agmatin wurde ja leider schon vor geraumer Zeit als Novelfood eingeordnet wie dir vermutlich bekannt ist. Somit ist die Beschaffung ja leider entweder sehr teuer oder nur aus dem Ausland möglich.
Bei anderen Sachen geht die Decarboxylierung alleine durch Hitze von daher habe ich schlimmsten Fall etwas Energie und Zeit verschwendet.