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Wie Arginin die Arterien gesund hält

Newsletter vom 04.07.21


Wenn der Stoffwechsel entgleist – heißt für viele: wenn man normal westlich isst – ergeben sich ein paar unschöne biochemische Veränderungen im Körper. Das heißt, „metabolische Entgleisung“ meint im Grunde, dass es eine Vielzahl an biochemischen Veränderungen im Körper gibt, die uns im Endeffekt krank machen.

Das lässt sich wunderbar beschreiben und wurde schon hundert- vielleicht tausendfach in Tierstudien gezeigt. Eine solche Veränderung ist beispielsweise, dass sich in solchen Zuständen ein Arginin-abbauendes Enzym namens Arginase hochreguliert.

Arginin ist eine Aminosäure, die man automatisch aufnimmt, wenn man Eiweiß isst. Sie spielt wichtige Rollen im Stoffwechsel des Körpers. So ist sie beispielsweise Substrat der mächtigen endotheliale Stickstoffmonoxid-Synthase. Dieses Enyzm wird von Arterien gebildet und hat die Aufgabe, u. a. mit Hilfe von Arginin, das Gas Stickstoffmonoxid (NO) zu bilden.

Kennt vielleicht der eine oder andere von Viagra. Auch in diesem Fall wird „aufgesprengt“ dadurch, dass man die NO-Bildung forciert. Wofür ja auch wieder Arginin benötigt wird. Wie dem auch sei: NO, also Arginin, entspannt die Gefäße, weitet sie dadurch und als Folge wird die Durchblutung besser. Medizinisch heißt dieser Vorgang Vasodilatation.

Isst man falsch, entgleist der Stoffwechsel, hat man eben weniger Arginin zur Verfügung, da Arginase (was Arginin abbaut) hochreguliert wird. Das macht so genannte endotheliale Dysfunktion (= Arterien arbeiten nicht mehr normal, weiten sich nicht mehr ordentlich) und Bluthochdruck. Findige Wissenschaftler kamen natürlich auf die Idee, dieses Schauspiel umzukehren

Hören wir mal hin:

Im Gegensatz dazu verstärkten Arginase-Inhibitoren oder L-Arginin die Vasodilatation in stoffwechselkranken Ratten und hoben die Unterschiede zwischen gesunden und stoffwechselkranken Tieren auf. Schließlich war der Blutdruck bei stoffwechselkranken Ratten signifikant erhöht. Die Verabreichung von L-Arginin oder Arginase-Inhibitoren senkte den Blutdruck bei stoffwechselkranken, aber nicht bei gesunden Tieren, und dies war mit einer Verbesserung der systemischen Arginin-Bioverfügbarkeit verbunden.
Heißt so viel wie: Durch die Arginin-Gabe oder der Verabreichung eines Arginase-Hemmers kann man diese Anomalien einfach umkehren. Also gesunde Arterien trotz ungesundem Lebensstil. Stop: Natürlich kann das nicht das Ziel sein, dass man sich schlecht ernährt und dann eine Aminosäure zum Ausgleich einwirft. Aber es zeigt zwei Dinge sehr schön:
  • Ein ungesunder Lebensstil sorgt für weitreichende Biochemie-Veränderungen im Körper.
  • Kennt man den Mechanismus, lässt sich das auf Knopfdruck umkehren.

Der Schritt in ein gesundes Leben könnte also beispielsweise von einer hohen Eiweißzufuhr oder einer Extraportion Arginin begleitet werden. Übrigens gut zu wissen: Citrullin ist das bessere Arginin, denn Arginin – einzeln gegeben – wird schnell vom Darm verstoffwechselt. Citrullin dagegen wird im Blut schnell zu Arginin umgesetzt und erzeugt als Arginin-Vorstufe damit höhere Arginin-Spiegel als Arginin selbst. 

arginase no arginin
Physiologische und pathophysiologische Aktivitäten der endothelialen Stickstoffmonoxid-Synthase (eNOS) und Arginase. Unter physiologischen Bedingungen hält eNOS mit der Produktion von NO ein gesundes Gefäßsystem aufrecht, und Arginase produziert Ornithin, das weiter zu Polyaminen für das Gewebewachstum und Prolin für die Kollagenbildung metabolisiert wird. Unter pathologischer Stimulation verarmt die erhöhte Arginase-Expression/-Aktivität die eNOS an ihrem Substrat, L-Arginin. Das macht endotheliale Dysfunktion, Bluthochdruck und auf Dauer kaputte Arterien. 

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

8 comments On Wie Arginin die Arterien gesund hält

  • …kann nicht auch eine genetische Veranlagung zu erhöhtem Argininverbrauch führen?
    Gefäßerkrankungen, wo dieses Enzym zu schnell, zu langsam oder gar nicht funktioniert?

  • Herzlichen Dank für deine Antwort und Klarstellung, Chris.

  • @chris Wie stehst du zu einer langfristigen arginin Substitution? Ohne zwischenzeitliches labor von z.b. citrullin?
    Als NO Donator können die NO Vorteile dieses Radikals ja auch irgendwann ins Gegenteil schlagen!?

    • Na ja, 3-6 g Arginin pro Tag kann man schon mal machen, auch langfristig. Aber man kann auch einfach argininreich essen.

  • Vielen Dank für den Artikel.

    Zitat von oben:
    > Der Schritt in ein gesundes Leben könnte also beispielsweise von einer hohen Eiweißzufuhr oder einer Extraportion Arginin begleitet werden. Übrigens gut zu wissen: Citrullin ist das bessere Arginin, denn Arginin – einzeln gegeben – wird schnell vom Darm verstoffwechselt.

    Ich hatte noch nie Herpes, als ich jedoch vor einiger Zeit Citrullin einnahm, bekam ich sofort Herpes. Also sofort Citrullin abgesetzt und dann war der Spuk wieder schnell vorbei.

    Hierzu auch interessant: https://hcfricke.com/2019/09/18/sind-arginin-citrullin-sicher-oder-kann-eine-supplementierung-auch-schaden-ueber-no-nos-enzyme-ebv-herpes-co/

    Das verunsichert mich, ich denke keiner hat Lust auf Herpes ;-)
    Wie ist die Thematik Herpes / Citrullin / Lysin zu sehen, tatsächlich nur kurzfristig? Würde ja o.g. Artikel widersprechen, der längerfristige Einnahme impliziert.

    • Na ja, der Artikel impliziert erst mal gar keine Einnahme, sondern zeigt einen Mechanismus auf. Wer gesund lebt, braucht auch nicht unbedingt Arginin zu nehmen.

    • Hallo Afri.
      Arginin und Lysin mögen sich nun mal nicht, auch wenn sie in Lebensmitteln wie Quark, Eiern oder Fleisch selbstverständlich gemeinsam vorkommen.
      Nur beim supplementieren sollte man hier aufpassen und genau abwägen, was man will oder braucht.
      Für Herpesanfällige ist die Einnahme von Arginin ohne Ausgleich mit Lysin nicht empfehlenswert.
      Weiss ich aus leidlicher Erfahrung.

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