Ich behaupte einfach mal, dass viele Mütter bzw. „-to be“ es wirklich gut meinen und sich nur das Beste für sich und das Kind wünschen.
Gäbe es da nicht größenwahnsinnige Ideen, die die Welt retten sollen und die sich auch in den Köpfen vieler wohlmeinender Eltern festsetzen.
Das hatten wir hier so zusammengefasst:
Wir machen moderne, hoch entwickelte, vergleichsweise gut versorgte westliche Populationen zu Entwicklungsländern in der Nährverstoffversorgung. Haarsträubend, unwirklich, stümperhaft, um nicht zu sagen: dumm.
Dieser Schluss fußt auf der logischen Folge, dass westliche Länder bei der Nährstoffversorgung genau die gleichen Probleme wie „Entwicklungsländer“ bekommen werden, wenn man hier so essen soll wie es Menschen dort gezwungenermaßen tun.
Nämlich tierproduktarm. Das wird heute nämlich so ein bisschen als „einheitliche Feldtheorie der Weltgesundheit“ verkauft (doch, doch).
Schwangeren fehlt Cholin
Erste Folgen dieser Ideologie hatte ein Team um Merle Roeren, damals Institut für Ernährungsmedizin der Uni zu Lübeck, in einer wichtigen Studie zur Cholinversorgung bei Schwangeren in Deutschland aufgezeigt.
Nur 7 % erreichten die für die Kindesentwicklung so wichtige Cholinzufuhr. Im Mittel lag die Zufuhr nahezu 50 % unter der empfohlenen Zufuhr (480 mg).
Vegetarisch und vegan lebende Frauen führten jedoch nochmal 25 % weniger zu als omnivor lebende Frauen. Wohlgemerkt: Die meisten Frauen essen ohnehin nicht viel Fleisch und Co.
Der Punkt ist nur, dass es bis auf wenige Ausnahmen (Soja- bzw. Sonnenblumenlecithin) keine wirklich guten Cholinquellen bei einer überwiegend oder gänzlich pflanzenbasierten Ernährung gibt.
Auf der anderen Seite kommt Cholin ziemlich ubiquitär in tierischen Lebensmitteln vor und kann schon durch die Zufuhr von 1-2 Eiern pro Tag (ca. 150-300 mg Cholin) zum Großteil gedeckt werden.
Die Autoren ließen folgerichtig verlauten:
Aufgrund der Bedeutung von Cholin für die Entwicklungsprozesse während der Schwangerschaft belegen die Studienergebnisse die dringende Notwendigkeit einer verbesserten Cholinzufuhr für Schwangere.
Brandneu: Nährstoffversorgung bei Schwangeren schlecht
In einer hochwertigen Studie mit über 1700 schwangeren Frauen, die gerade im Fachmagazin PLOS Medicine veröffentlicht wurde, zeigen die Forscher:
… dass neun von zehn Frauen zum Zeitpunkt der Empfängnis nur geringe oder niedrige Werte von Folat, Riboflavin, Vitamin B12 und D aufwiesen und dass viele von ihnen in der Spätschwangerschaft einen Vitamin-B6-Mangel entwickelten.
Einige dieser Stoffe kommen hauptsächlich in Tierprodukten vor – ein Mangel müsste demnach nicht sein. Der Lead-Autor der Studie beschwert sich:
Wenn wir weiterhin zu einer Ernährung mit weniger Fleisch und Milchprodukten übergehen und damit die Zufuhr von Mikronährstoffen, die für die Entwicklung eines Kindes wichtig sind, verringern, wird der Vitaminmangel weiter zunehmen, es sei denn, die Frauen nehmen mehr Nahrungsergänzungsmittel zu sich oder werden durch gezielte Beratung über nährstoffreiche Lebensmittel unterstützt
Heißt: Die Ernährung vieler Frauen ist aktuell ohnehin schon nährstoffarm. Die Wissenschaftler befürchten, dass sich dieses Problem unter tierproduktarmen Ernährungen noch verschlimmern wird.
Die Autoren kommentieren die Ergebnisse der Arbeit genau so, wie ich diesen Artikel begonnen habe: Diese Nährstoffmängel, die sich eigentlich vorrangig in „unterentwickeln Ländern“ finden, betreffen mittlerweile leider auch „die Mehrheit der Frauen“ in westlichen, vermeintlich gut entwickelten Gefilden.
Wer die Realität nicht akzeptiert…
Es ist einfach nur eine Tragik. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen:
- Menschen glauben, sie könnten durch ein Verzicht auf Tierprodukte, durch Reduktion ihres „Kohlenstofffußabdrucks“, etwas zur Klimarettung beitragen. Weit gefehlt.
- Sie stellen ihre Vorstellung von Tierethik über Menschenethik. Denn ganz offensichtlich ist ihnen das Kuhleben wichtiger als ein gut entwickeltes eigenes Kind.
Könnte ich es mir aussuchen, würde ich auch gerne so leben wollen wie ein Gorilla.
Wohlgemerkt: Dass ein Gorilla bei 20 kg Grünzeugzufuhr pro Tag erhebliche Mengen Insekten schluckt und so leider gar kein Beispiel für einen Vorzeige-Veganer ist, mal außen vor gelassen.
„Leider“ sind wir Mensch (= dreimal größeres Gehirn als andere Menschenaffen) geworden, weil irgendein Frühmensch auf die Idee gekommen ist, vermehrt Tierprodukte zu essen.
Die Einsicht hätte man ziemlich schnell, würde man ein paar Wochen in der Wildbahn leben müssen. In der warmen Großstadtwohnung lässt sich darüber natürlich ganz anders philosophieren.
Mit fatalen Folgen für die nächste Generation. Die Empörung liest man hier nur heraus, weil es einfach so traurig ist, wie verblendet Menschen handeln können.
7 comments On Arme Mütter
Liebes edubily Team, ein Artikel zum Thema Flaschenbabies wäre ganz toll. Was tun, wenn nicht gestillt werden kann (Adoptiv) und man auf Flaschennahrung angewiesen ist. Zusätzlich Probiotika geben, welche, ab wann? Es betrifft ja viele, dass sie nicht stillen können.
Beste Grüße, bin großer Fan des Blogs und von edubily!
„Diese Nährstoffmängel, die sich eigentlich vorrangig in „unterentwickeln Ländern“ finden“
Das ist kein Widerspruch, viele westliche Länder sind intellektuell unterentwickelt – by choice. Da im Artikel noch einmal das leidige Thema:
„Verzicht auf Tierprodukte, durch Reduktion ihres „Kohlenstofffußabdrucks““
vorkommt, das trotz aller wissenschaftlichen Einwendungen gebetsmühlenartig von öffentlichen Vielrednern vor sich hergetragen wird. Belehrend wird darüber hinweg gegangen: wir verorten unter dem Stichwort Tiere Lobbyisten forcierte Fleischfabriken, mechanische und chemische Monokulturen und natürlich unnatürliches Futter. Der Gegensatz Weidenhaltung natürlich kein Thema.
Off topic: Heute kocht eine Petra aus der Pfalz beim Perfekten Dinner. Ich hau mich weg! 🤣
Haha, da siehst du mal ;-) Chris referenziert aus dem echten Leben :P
Niko Rittenau der Wissenschafts-Poster-Boy der Veganen Bewegung in Deutschland hat nach eigener Aussage auf seinem YouTube Kanal ein Buchprojekt mit zwei Co-Autorinnen „Vegan von Anfang an“ gecancelt. Es sollte dort um Vegane Ernährungsempfehlungen während der Schwangerschaft und Stillzeit gehen. Begründung: Die wissenschaftliche Recherche hätte für ihn zu viele Fragezeichen und Lücken im Bezug auf die Nährstoffversorgung ergeben und er könne es bei einem so wichtigen Thema nicht verantworten, dass auch nur eine Person dadurch zu schaden komme. Weiterhin könne er zu diesem Zeitpunkt eine strikt vegane Ernährung während der Schwangerschaft (und anderen sensiblen Lebensphasen) nicht empfehlen. Zumindest sollte seiner Aussage nach mit Eiern substituiert werden plus natürlich sinnvolle Nahrungsergänzung.
Meine Hoffnung ist wirklich, dass er mit seiner Reichweite und seinem Standing in der Veganen Community das Thema in die Köpfe der Leute bringt, die es am dringendsten brauchen. Ich muss da auch immer bisschen schmunzeln wenn Leute wie er jetzt mit Themen und „neuen“ Erkenntnissen um die Ecke kommen über die ich bei Edubily genauso schon vor fünf Jahren gelesen habe. Nichts gegen Rittenau, ich finde was er gerade macht sehr stark von ihm. Ich hoffe es bewirkt etwas.
Das habe ich vor einigen Wochen auch gesehen. Schade, dass die beiden Damen sich von neuen Kenntnissen nicht beeindrucken lassen. In den Kommentaren auf ihren Seiten liest man eine starke Unsicherheit der werdenden Eltern, sie wollen aber ihre Blase nicht verlassen…
Herr Rittenau hat dadurch aber wahre Kompetenz gezeigt und wenn man sein Instagram zb verfolgt, sieht man, dass er definitiv Leute damit erreicht. LG
Definitiv, Hut ab vor Niko Rittenau. Was er macht, nötigt mir größten Respekt ab.