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Schon mal aufgefallen…?
Schauen wir uns nur mal Europäer an, wird auffallen, dass es sehr unterschiedliche Hautfarben gibt. Damit ist nicht per se gemeint, dass ein Südeuropäer brauner ist – auch in Mitteleuropa gibt es einfach Menschen, die eher eine hellere oder eher eine dunklere Hautfarbe haben.
Natürlich kennt sich jeder von uns damit bestens aus. Denn je nach Hauttyp kann man sich länger oder darf man sich nur kürzer in die Sonne legen, bevor es zur Rötung bzw. zum Sonnenbrand kommt. Entsprechend werden Menschen auch unterschiedlich schnell braun im Sommer – oder verlieren unterschiedlich schnell Bräune im Winter.
Für die Hautfarbe sind drei Enzyme verantwortlich, davon ist eins besonders wichtig, nämlich die Tyrosinase. Dieses Enzym lässt Melanin entstehen. Melanin ist ein Pigment, das in fast allen Lebewesen vorkommt und beim Menschen für die Braunfärbung der Haut und die Haarfarbe sorgt.
Unsere Genetik bestimmt, wie aktiv das Enzym ist und wie viel Melanin in unserer Haut basal oder nach UV-Licht-Exposition gebildet wird. Fehlt das Enzym komplett, entsteht ein Albinismus. Heißt also konkret: Unsere Genetik bestimmt, wie braun oder hell wir sind oder wie schnell wir brauner (im Sommer) oder wieder weißer (im Winter) werden.
Doch was hat das mit Blutwerten zu tun? Nun: Jetzt stellen wir uns doch mal vor, jemand schickt uns seine Blutwerte und dort ist ein Ferritin-Wert von 20 abgebildet. Woher soll ich wissen, ob das für den jeweiligen Menschen ein Optimalwert ist oder ob schon Handlungsbedarf im Sinne eines zu niedrigen Eisengehalts im Körper besteht?
Denn: Ich kann doch jemandem mit heller Haut auch nicht sagen, dass er sich so und so lange in die Sonne legen muss, damit er so und so braun ist, weil das dann schön aussieht oder – um in Blutwert-Sprache zu bleiben – „optimal“ ist. Schicke ich den Menschen so und so lange in die Sonne, riskiere ich möglicherweise einen Sonnenbrand. Und wer bin ich, zu sagen, diese oder jene Hautfarbe ist optimal(er)?
Nur die Evolution weiß, was „optimal“ ist, wohlgemerkt im Kontext einer bestimmten Umwelt.
Heißt konkret: Ich sollte mir sehr gut und sehr genau überlegen, ob ich unbedingt meinen Ferritin-Wert nach oben boxen will, wenn es mir mit dem aktuellen Wert gut geht. Ich sollte mir sehr gut überlegen, ob ich ein bestimmtes Gesamteiweiß im Blut haben will. Ich sollte mir sehr gut überlegen, ob ich auf Biegen und Brechen einen bestimmten Vitamin-D-Wert einstellen will.
Gerade Letzteres ist ein sehr gutes Beispiel. Es gibt im Vitamin-D-Stoffwechsel eine große Zahl an Proteinen, sprich Genen, die da mit reinspielen. Ich erinnere mal an eine Genvariante, die man bei den Rentieren im hohen Norden findet. Diese Tiere sind 20x besser darin, Vitamin D ins aktive Hormon, also Calcitriol umzusetzen, als vergleichbare Arten. Solche Variationen wird es auch im Menschen geben – die sind nur noch nicht gut genug erforscht.
Soll heißen: Die Goldwährung, wenn es darum geht, ob man handeln muss oder nicht, bleibt immer noch das subjektive Gefühl. Da wir ohne den Kontext unserer Entwicklungszeit aber völlig ohne jeglichen Kontext dastehen, sollten wir uns immer wieder vor Augen führen, was unsere Vorfahren Millionen von Jahren eher oder eher nicht gegessen haben.
Denn ohne dieses Template wird jedes Vorgehen sinn- und wertlos. Wir Menschen sind so klein und so chancenlos, wenn wir versuchen, anhand einzelner (Blut-)Parameter einen Organismus zu steuern, der auf 20.000 Genen und 80.000 bis 400.000 daraus gebildeten Proteinen – und deren Steuerung durch z. B. Gen- oder Proteomregulation – läuft.
Wenn wir uns nicht an einer Grundidee orientieren, sind wir hoffnungslos verloren.
Warum? Wie wollen wir Menschen, deren Verstand dafür erfunden wurde, eine Nuss zu knacken, herausfinden, wie wir essen sollen? Diese Egozentrik bzw. der Glaube daran, dass der kleine Mensch „alles“ erforschen (wie lächerlich, s. o.) und dann die beste Lösung für „das Problem“ finden kann, sorgt für Ideen, die uns wiederum krank machen. Das nennt sich heute dann Veganismus … oder „Lockdown“.
Nein, nein. Wenn es um Biologie im ganz großen Kontext geht, und der menschliche Körper ist so einer, dann kann man die Lösung nur über Gefühl für Biologie finden. Das ist das Gegenteil von Technokratie, Theorie und Ameisen-Wissenschaft, die ja doch nur kleinste Einzelteile beschreibt, die dann auch nur in Kontext X oder Y gelten. Hier geht es konkret ums Erleben, Erspüren und Ausprobieren – es ist eine ganz persönliche Erfahrungswissenschaft.
Denn die Wechselwirkung dieser unglaublichen Fülle an Proteinen, die ja auf jede Veränderung der Umwelt (sprich auch Ernährung) reagieren, lässt am Ende ein spezifisches Körpergefühl entstehen, das wie die Ampel im Verkehr funktioniert:
Das fühlt sich gut an. Das fühlt sich nicht gut an.
Wer dann den Mut aufbringt, auszuprobieren, auch über längere Zeit, und dann konsequent umsetzt, wird auf Dauer viel, viel besser fahren als jemand, der Blut X mit Supplement X zu Zielwert X ansteigen lassen will um sich dann „besser“ zu fühlen. Für DICH gibt es keinen einzelnen Zielwert. Aber ein Template, das sich Evolution nennt und ein Körpergefühl, das in Millionen von Jahren von ebendieser geformt wurde.
2 comments On Blutwert „optimieren“ bringt nix
Sehr guter Artikel.
Dazu passen sehr gut die Arbeiten von Carsten Carlberg und seiner Idee eines individuellen „Vitamin D Response Index“.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28034764/
Jeder reagiert etwas anders. Dennoch halte ich es für sinnvoll, bei Beschwerden oder individuellen Fragestellungen verschiedene Blutmarker zu testen und in der Zusammenschau! ein Bild zu skizzieren.
Zumindest ist es dann einen Versuch wert, die schlechten oder mäßigen Werte in den oberen Normbereich zu bringen und zu schauen, ob es ggf hilft.
Wenn jemand sich kerngesund fühlt aber dann sollte man – abgesehen von den empfohlenen (Krebs) Vorsorgeuntersuchungen oder bei fam. Häufung von zB Thromboembolien – tunlichst einen Bogen um all das machen.
Sehr guter Kommentar!
Vit. D3-Supplementierung geht bei mir immer! nach hinten los. Selbst bei niedriger Dosierung und niedrigen Blutspiegeln.
Aber wer misst denn die im Pubmed-Artikel erwähnten Parameter? Mein Hausarzt würde mich sicher ungläubig anschauen.