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Gifte verstehen

Aus dem aktuellen Newsletter (05.09.21)


Jetzt zum heutigen Thema. Unlängst titelt das Wissenschaftsmagazin Sciencedaily,

„Herkömmliches Pestizid könnte zu globaler Fettleibigkeitskrise beitragen“.

Ups. Das erinnert ein bisschen an einen von uns immer wieder gerne zitierten, alten SPIEGEL-Artikel aus 1994, Ein Ozean von Hormonen, der da schreibt:

„Impotente Panther, transsexuelle Fische, Alligatoren mit verkümmertem Penis – in der Tierwelt stagniert die Fortpflanzung. Schuld sind Hormonsubstanzen, die zu einer neuen Umweltplage wurden. Auch der Homo sapiens zeigt Wirkung: Seine Zeugungskraft schwindet.“

Das wiederum erinnert uns an die Hebrew University Jerusalem. An den „Weckruf“ eines Professors, der eine Studie zum Thema Fruchtbarkeit und Umweltgifte publizierte. „We need to change!“, rief er uns zu. Denn: „Irgendwas an unserer Umwelt, an unserem Lebenswandel macht uns krank. Wir müssen handeln.“

Wie kommt der drauf? Einfach zu verstehen: Wir leben in einem Zeitalter, in dem männliche Tiere zu Weibchen werden. Wo das Wasser, in dem Fische und Frösche leben, die Genitalien und die Gonaden der Tiere verkümmern lässt und die Spermienzahl drastisch verringert, wo Männer zunehmend Hodenfehlbildungen und Hodenkrebs haben, und Frauen immer öfter keine Kinder bekommen können.

Mehr nochDas Sperma des Mannes enthalte heute 60 % weniger Spermien als noch vor vierzig Jahren. Und, das sei – wohlgemerkt – nicht genetisch. Das sind Umwelteinflüsse, für die wir selbst verantwortlich sind. Unser genetischer Apparat scheint daran nicht adaptiert zu sein.

Und genau das ist der Punkt: Studie um Studie zeigt, dass schon kleinste Expositionen dieser Umweltgifte krank machen. Schon kleinste Mengen Arsen können beispielsweise schwere Folgen für die Entwicklung aquatischer Lebewesen haben – mal gefragt, wie sowas auf einen menschlichen Embryo wirkt? Hier gilt jedenfalls das, was Paracelsus lehrte, nämlich: „Die Dosis macht das Gift“, eher nicht so. Das ist auch der entscheidende Unterschied zu „natürlichen“ Giften, die die Natur so mitbringt.

Denn auch in der Natur gibt es viele Gifte. Der Mensch isst manche Gifte mancher Pflanzen seit Millionen von Jahren. Wir sind so gut daran adaptiert, sprich genetisch gewöhnt, dass wir nicht mal merken, dass das Gifte sind. Im Gegenteil: Diese Gifte machen nicht krank, sondern sogar gesund.

Zur Erinnerung: Der ehemalige Chef-Toxikologe der USA und wohl einer der wichtigsten Biochemiker unserer Zeit, Bruce Ames (bekannt wegen seines Ames-Tests), hat mal ganz unverblümt der Welt erklärt, dass eine Tasse Kaffee natürlicherweise die Gift-Äquivalenz einer Jahresladung von Pestiziden enthält (wohlgemerkt: vor Jahrzehnten!). Und, dass 50 % der Gifte, die man natürlicherweise in Pflanzen findet, potenziell krebserregend sind.

Dazu muss man aber ganz dringend ergänzen, was der berühmte Altersforscher Dr. Sinclair (Harvard) rausgefunden bzw. postuliert hat: Der hat das Konzept der „Xenohormesis“ beschrieben. Genau hier greift nämlich „Hormesis“ von Paracelsus: Sinclair beschreibt, dass Pflanzen Schutzstoffe für sich bilden, die oft auch giftig auf Fraßfeinde wirken, aber in niedrigen Dosen eine gleichermaßen schützende Wirkung auf beispielsweise Säugetier-Organismus haben, wenn verzehrt.

Long story short: Viele Pflanzen, etwa der Salat, der Apfel, der Brokkoli, sind gesund, weil die Stoffe darin, die in höheren Dosen sehr giftig werden können, in niedrigen Dosen förderliche Anpassungen in dir und mir hervorrufen.

Spannen wir den Bogen mal zum Kaffee – weil gutes Beispiel. In niedrigen Dosen sorgen die 1000 Inhaltsstoffe vom Kaffee dafür, dass es uns besser geht. Wir fühlen uns wacher, wir kommen besser durch den Tag, auch auf zellulärer Ebene macht Kaffee den Muskel, die Leber, das Hirn fit und sorgt – Studien zufolge – so dafür, dass sogar die Sterblichkeit in einem nicht unerheblichen Maße sinkt. Wow!

Auf der anderen Seite entzieht uns Kaffee wichtige Vitamine (etwa B1), er stört den Eisenhaushalt auf verschiedene Weisen, er hemmt eine Vielzahl an Enzymen im Körper und zu allem Übel stört Kaffee dadurch auf Dauer den Energiestoffwechsel. Folgen sind dann beispielsweise Hunger und Energiearmut. Leuten, die nach längerem Kaffee-Abusus mal damit aufhören, geht es oft sehr viel besser ohne.

Aus dem Geschriebenen können wir zwei Schlussfolgerungen ziehen:

  1. Wir sollten Umweltgifte meiden. Kein Körper profitiert von Schwermetallen, Dioxinen, Xenoöstrogenen, PCBs usw. Umgekehrt müssen wir uns davor schützen, z. B. durch eine selen- und cysteinreiche Ernährung. Dadurch, dass wir beispielsweise eher nicht so oft Meeresfrüchte essen.
  2. Wir sollten genug Pflanzen essen. Vor allem Obst und Gemüse. Das isst der Mensch seit Millionen von Jahren. Übertreiben sollten wir es aber nicht, denn auch der Karottensaft, der Grüntee oder die Kaffeebohne wehren sich und können einen im wörtlichen Sinne vergiften.

Wie sowas real umgesetzt werden kann, haben wir erst kürzlich in einem Ebook („Stoffwechsel verstehen“) erklärt. Hier folgen – falls du es noch nicht kennst – die Links zum Ebook (PDF), zur Audio-Datei und zur Broschüre. Die Dateien sind nur für Newsletter-Abonennenten, also bitte nicht weitergeben…

Newsletter-Abonnent müsste man sein ;-)

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

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