Wie du Blutfettwerte und die Insulin-Wirkung mit Omega-3 verbessern kannst

Wir kümmern uns zu wenig um die Basics und suchen viel zu oft nach der einen neuen Pille, die uns hilft.

Wir haben kein Gefühl für Nachhaltigkeit und verwerfen gute Ideen, die es zuhauf gibt, weil sie uns, sinngemäß, „keinen Pump geben“.

Die Basics hätte man rasch aufgezählt. Dazu gehört sehr sicher Fischöl, also Omega-3.

Fischöl moduliert Membran-Rezeptor-Funktion

Das „Warum“ habe ich vor ein paar Tage in Facebook angedeutet:

Alle deine Zellen sind umgeben von Membranen. Diese Membranen bestehen aus Phospholipiden.

Mit dem, was wir essen, bestimmen wir maßgeblich Eigenschaft und Funktion der Membranen.

So haben wir selbst in der Hand, ob Membranen fluide, beweglich und funktionsfähig sind.

Denn: Diese molekularen Eigenschaften bestimmen, ob die Zelle überhaupt mit der Umwelt wechselwirken kann.

Der Glukose-Transporter ist ein klassisches Beispiel. Ebenfalls der Insulin-Rezeptor, Serotonin-Rezeptoren (im Gehirn) und viele andere Rezeptoren.

Phospholipide selbst dienen der Signalübertragung in den Zellen.

So kann beispielsweise die Insulin-Sensitivität nur dann funktionieren, wenn ein Inositol-Abkömmling (auch ein Phospholipid) vorhanden ist.

Weitere Beispiele: Phosphatidsäure und langfristige mTOR-Aktivität nach dem Krafttraining. Heute weiß man, dass die Phosphatidsäure mit mTOR wechselwirkt und die langanhaltende Protein-Synthese überhaupt erst ermöglicht.

Das Zell-Signaling spielt eine maßgebliche und hoch unterschätzte Rolle bezüglich der Gesundheit und der allgemeinen Gesunderhaltung.

Omega-3-Fettsäuren, also Docosahexaensäure und Eicosapentaensäure (DHA und EPA), bestimmen ganz wesentlich die Komposition und entsprechend auch die Funktion der Zellmembranen.

Diese mehrfach ungesättigten Fettsäuren haben eine chemische Struktur, die ein „Zusammenkleistern“ sowohl untereinander, als auch mit anderen Fettsäuren, verhindert. Dadurch wird die Zellmembran geschmeidig.

Viele Arbeiten weisen darauf hin, dass insbesondere der Insulin-Rezeptor gerne in einer fluiden, beweglichen Membran liegt.

Membran (3)
Abbildung 1: Zellmembranen bestehen aus Phospholipiden, die sich wiederum in ihrer Fettsäure-Komposition unterscheiden. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren sorgen dafür, dass die Membran beweglicher wird. Molekular betrachtet, wird ein zu starkes „Verkleistern“ der Fettsäure-Reste durch die chemischen Eigenschaften der mehrfach ungesättigten Fettsäuren verhindert (A). Eine n3-Fettsäure-Anreicherung in der Membran moduliert nicht nur die Fettsäure-Komposition, sondern entsprechend auch die Insulin-Rezeptor-Funktion (B). Eine schlechte Insulin-Rezeptor-Funktion ist z. B. dadurch gekennzeichnet, dass mehr Insulin (blaue Vierecke) benötigt wird und die Wechselwirkung zwischen Insulin und Rezeptor schwach ist (B, links). Im Idealfall reicht eine niedrige Insulin-Konzentration aus. Der Insulin-Rezeptor ändert seine Konformation, wobei die Beta-Untereinheiten zusammenrücken. Dabei erfolgt eine sogenannte Autophosphorylierung (rot), was Folgeereignisse (z. B. Aktivierung von Glukose-Transportern; nicht eingezeichnet) ermöglicht. Bitte bedenke, dass der Sachverhalt hier vereinfacht dargestellt wurde und Membranen immer einen gewissen Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren enthalten. Wichtig ist, dass speziell n3-Fettsäuren die Rezeptor-Funktion verbessern.

Man weiß beispielsweise schon sehr lange, dass man Tiere nicht gut mästen kann, wenn man ihnen gleichzeitig Fischöl verabreicht. Der Stoffwechsel entgleist schlicht nicht so schnell.

Dieses Entgleisen kann man an Muskelzellen wunderbar begutachten: Dort wird der Insulin-Rezeptor unempfindlich, eben wie bei Insulinresistenten, und … das Chaos nimmt seinen Lauf.

(Omega-3 wirkt diesem Umstand entgegen.)

Wir kennen einige Studien am Menschen, die zeigen, dass sich n3-Fettsäuren entsprechend positiv auf den Stoffwechsel von beispielsweise Insulinresistenten auswirken (z. B. Albert, 2014).

Zusammengefasst: Forschungen weisen darauf hin, dass der Insulin-Rezeptor nur ordentlich funktioniert (oder viel besser funktioniert), wenn der n3-Gehalt der Zellmembranen ausreichend hoch ist (z. B. Storlien, 1991; Taouis, 2001; Liu, 1994). 

Fischöl verbessert Blutfettwerte sehr deutlich

Fischöl wurde in der medizinischen Wissenschaft hauptsächlich deshalb bekannt, weil es (zu hohe) Triglycerid-Werte sehr deutlich senken kann.

Hierzu gibt es viele Studien, aber eine ganz besonders schöne möchte ich heute vorstellen:

Sieben gesunde Menschen müssen jeweils drei Ernährungsformen mit unterschiedlichen Makronährstoff-Anteilen „ausprobieren“ – diese führen sie flüssig zu.

Die Ernährungsformen:

  • 45 % Kohlenhydrate, 45 % Fett, 10 % Proteine („baseline“)
  • 75 % Kohlenhydrate, 15 % Fett, 10 % Proteine

Die zweite Ernährungsform gibt es in zwei Ausführungen:

  • Einmal stammt das Fett aus Erdnussöl und Kakaobutter („Kontrolle“)
  • Einmal stammt das Fett zu großen Teilen aus Omega-3-Fettsäuren („Fischöl“)

Es ist gemeinhin bekannt, dass ein hoher Kohlenhydrat-Anteil in der Nahrung, die Plasma-Triglyceride ansteigen lässt – allerdings nicht pathologisch.

„Kohlenhydrat-Völker“ – wie die Tarahumara – haben Triglyceride um die 150 mg/dl. Das ist okay und kein Grund zu glauben, man sei insulinresistent.

In unserer Studie passiert das Folgende, wenn die Teilnehmer von der Baseline-Ernährung (mit 45 % KH) auf die Kontroll-Ernährung (75 % KH, kein Fischöl) switchen:

  • Plasma-Triglyceride von 105 auf 195 mg/dl
  • VLDL-Triglyceride von 69 auf 156 mg/dl
  • VLDL-Cholesterin von 18 auf 34 mg/dl

Interessant ist die Entwicklung während der „KH + Fischöl“-Ernährung:

  • Plasma-Triglyceride von 194 auf 75 mg/dl
  • VLDL-Triglyceride von 156 auf 34 mg/dl
  • VLDL-Cholesterin von 34 auf 12 mg/dl

Unfassbar bemerkenswert ist die Tatsache, dass Fischöl die Anstiege nicht nur verhindert, sondern die Blutfettwerte derart verbessert, dass sie sogar besser sind, als während der Baseline-Ernährung. (Vgl. Harris, 1984)

Leider ist die Teilnehmerzahl sehr gering, weswegen die Ergebnisse natürlich nicht derart aussagekräftig sind. Ich würde die Studie allerdings nicht erklären, gäbe es nicht Ergebnisse, die eine ähnliche Sprache sprechen – zum Beispiel bei McKenny (2007): 4 g Omega-3 halbieren sehr hohe Triglycerid-Werte (500 mg/dl) und halbieren außerdem das VLDL-Cholestern (siehe oben).

In der oben beschrieben Hinsicht wirkt Fischöl wie oder sogar besser als ein Medikament.

Diese Wirkungen werden in der Regel bei Dosen zwischen 1 und 6 g erreicht.

Schlusswort

Ich bin mir sehr sicher, dass die Membran-Funktion in Zukunft noch viel deutlicher ins Zentrum der Forschung rücken wird. Blutfettwerte sind schon heute ein Thema …

Fischöl … Hoffentlich ein Teil deiner Basis. 

Literatur

Albert, Benjamin B.; Derraik, José G. B.; Brennan, Christine M. u. a. (2014): „Higher omega-3 index is associated with increased insulin sensitivity and more favourable metabolic profile in middle-aged overweight men“. In: Sci. Rep.. 4 , S. 6697, DOI: 10.1038/srep06697.

Harris, William S.; Connor, William E.; Inkeles, Stephen B. u. a. (1984): „Dietary omega-3 fatty acids prevent carbohydrate-induced hypertriglyceridemia“. In: Metabolism. 33 (11), S. 1016-1019, DOI: 10.1016/0026-0495(84)90230-0.

Liu, S et al. „Dietary omega-3 and polyunsaturated fatty acids modify fatty acyl composition and insulin binding in skeletal-muscle sarcolemma.“ Biochemical Journal 299.Pt 3 (1994): 831.

McKenney, James M; Sica, Domenic (2007): „Role of Prescription Omega-3 Fatty Acids in the Treatment of Hypertriglyceridemia“. In: Pharmacotherapy. 27 (5), S. 715-728, DOI: 10.1592/phco.27.5.715.

Storlien, L. H.; Jenkins, A. B.; Chisholm, D. J. u. a. (1991): „Influence of dietary fat composition on development of insulin resistance in rats. Relationship to muscle triglyceride and omega-3 fatty acids in muscle phospholipid“. In: Diabetes. 40 (2), S. 280-289, DOI: 10.2337/diabetes.40.2.280.

Taouis, Mohammed; Dagou, Carine; Ster, Céline u. a. (2001): „n-3 Polyunsaturated fatty acids prevent the defect of insulin receptor signaling in muscle“. In: American Journal of Physiology – Endocrinology And Metabolism. 282 (3), S. E664-E671, DOI: 10.1152/ajpendo.00320.2001.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

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