Die „Ernährungsweltformel“: Was wirklich entscheidend ist

 

Meines Erachtens gibt es zwei Dinge, die man, wenn man sich mit Ernährung befasst, grundsätzlich falsch machen kann – und auch immer großzügig falsch gemacht werden.

  • Alles perfekt machen wollen

Ist zunächst ambitioniert, kann motivieren. Später nur noch auslaugend, ermüdend. Und bringt nix.

  • Alles in einem Konzept vereinen wollen

Jeder will für sich immer die Weltformel entdecken, ein allumfassendes Ganzes – kennen wir doch, nicht wahr? „Linsen sind schlecht, weil der Steinzeitmensch sie nicht gegessen hat.“ Und wenn wir vegan leben wollen, können wir nicht einfach vegan leben, sondern müssen uns irgendwas zusammenschwurbeln, etwa, „sogar Kühe kriegen Extra-B12!“ Man muss nicht alles, was man tut, mit irgendwas Großem, besonders Logischem legitimieren. Konzepte sind Gift, weil sie intrinsische Mechanismen übergehen – wer einem Konzept folgt, vergisst das Feedback seines Körpers wahrzunehmen. Selektive Wahrnehmung ist ein extrem mächtiges Werkzeug, das – mit Blick auf den eigenen Körper – viel kaputt machen kann.

Die Ernährungsweltformel

Wir können alleine deshalb schon nicht alles perfekt machen, weil die Biologie voll mit Kompromissen ist. Überall wird „gehandelt“, wir haben es immer (!) mit Trade-offs zu tun.

Wenn es eine für uns gültige „Ernährungsweltformel“ gibt, dann sieht sie so aus:

Energie + Mikronährstoffe + Lebensmittelmatrix – Umweltgifte/Intoleranzen/Allergien/Lebensmittelgifte/Stoffwechselendprodukte/Genetik 

= Gesundheit + Leistungsfähigkeit

Energie ist jedem klar. Dem Nachbar geht es, wenn er morgens sein Butterbrot schmiert, in der Regel nur darum. „Ich brauche doch Energie“. Genau. Energie brauchen wir. In der Regel haben wir davon genug auf den Hüften, deshalb ist es dem Körper oft egal, woher die Energie kommt.

Zumindest den Lesern hier ist klar, wieso Mikronährstoffe wichtig sind. Einfach: jede chemische Reaktion im Körper braucht diese Stoffe. Ohne die, funktioniert der Chemiebaukasten halt nicht.

Lebensmittelmatrix. Die haben wir hier bei edubily etwas bekannter gemacht. Das Essen ist voll mit Substanzen, Hunderte oder Tausende, von denen wir viele noch gar nicht kennen. Alles das, wirkt auf uns. Ein spannendes Thema derzeit sind z. B. bioaktive Peptide, die bei der Verdauung aus Proteinen entstehen. Gehört auch zur Lebensmittelmatrix. Heißt: Lebensmittel sind bioaktiv, bieten viel mehr als eine Multivitamin-Tablette.

Konzentriert wird sich häufig auf Energie oder Mikronährstoffe. Manchmal auch auf die Lebensmittelmatrix.

Es ist nicht das Zutun – es ist das Wegnehmen

In einem anderen Artikel hatten wir eine Überlegung formuliert. Hypothese: Gingen wir mal davon aus, dass wir fasten, dabei sowohl optimale Hormon- als auch Mikronährstoffwerte hätten – dann würde es uns mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr gut gehen. Das erleben ja viele von uns, zumindest bei kürzeren Fastenphasen.

Das heißt, dass es etwas geben muss, was uns Lebensenergie und -kraft raubt. Und das muss dann zum Großteil davon abhängen, was wir in den Mund schieben. So gesehen wird uns das, was uns eigentlich fit und gesund machen oder halten soll, auch Steine in den Weg legen.

  • Schwermetalle. Blockieren Enzymfunktionen im Körper. Da können wir uns noch so toll ernähren, wer voll ist mit Schwermetallen, wird halt nicht funktionieren.
  • Keiner weiß, wie klassische Umweltgifte wie PCBs auf uns wirken – bei Wikipedia finden wir den lieb gemeinten Hinweis:

Typische Auswirkungen einer PCB-Vergiftung sind das Auftreten von Chlorakne, Haarausfall, Hyperpigmentierungen, Leberschäden, Teratogenität und eine Schädigung des Immunsystems (Immuntoxizität). PCB bioakkumulieren in der Nahrungskette und stehen in Verdacht, krebserregend zu sein. Außerdem kann die körperliche und geistige Entwicklung durch PCB verzögert werden: Sie stehen in Verdacht, endokrine Disruptoren zu sein, die hormonell wirken und für Unfruchtbarkeit bei Männern und männlichen Tieren, Hodenhochstand sowie für andere hormonell bedingte Erkrankungen verantwortlich sein könnten. Eine EU-Untersuchung hat festgestellt, dass Phthalate, Parabene, und PCB unter anderem den Hormonhaushalt von männlichen Föten und Kindern stören, und so zu einer Feminisierung führen.[19][20] Außerdem wird das über die Nahrung aufgenommene PCB mit einem erhöhten Risiko für Bluthochdruck in Verbindung gebracht.[21]

Wie will man als wandelnder PCB-Tank gesund sein?

  • Intoleranzen und Allergien. Immunreaktionen, als Beispiel, können uns komplett lahmlegen.
  • Lebensmittelgifte. Dr. Fasano: Gluten ist für jeden ein Gift. Bei manchen führt es zu größeren Problemen, bei anderen nicht. Oder Neu5Gc im roten Fleisch. Keiner weiß, was dieses Neu5Gc bei chronischer Anreicherung im Körper alles kaputtmachen kann. Ich wäre sehr (!) vorsichtig damit. Oxidiertes Cholesterin: Reines Gift. Krebserregend. Macht die Arterien kaputt. Heterozyklische aromatische Amine: Genauso giftig.
  • Stoffwechselendprodukte: Klassisches Beispiel Alkohol. Wird von der Alkoholdehydrogenase zu Acetaldehyd umgesetzt. Wer will wissen, wie die vielen, vielen Substanzen, die wir mit der Nahrung aufnehmen, im Körper umgesetzt werden, mit welcher Wirkung.
  • Genetik: Es gibt eine endlose Zahl an Gen-Polymorphismen, die massiven Einfluss auf die Verstoffwechselung vieler Substanzen haben. Auch das muss in der großen Gleichung berücksichtigt werden.

Leider sprechen (auch wir) viel zu selten über diesen letzten Punkt der Formel – über das, was wir abziehen müssen. Es geht nicht immer nur darum, etwas zusätzlich zu tun – oft geht es darum, etwas weniger oder gar nicht zu tun.

Ernährung muss „gehandelt“ werden

Was wir nicht verstehen ist, dass auch Ernährung „gehandelt“ werden muss – auch hier gibt es Trade-offs. Wir müssen verstehen, dass es das perfekte Lebensmittel einfach nicht gibt. Wir müssen (!) immer Kompromisse eingehen.

  • Der Thunfisch ist super für Jod und Selen – Meeresfrüchte im Allgemeinen sind aber wie kein anderes Lebensmittel mit Umweltgiften und Schwermetallen belastet.
  • Milchprodukte sind super für Calcium und Co. – Casein ist aber beispielsweise ein Histamin-Releaser und kann allergische Reaktionen verstärken (selbst erlebt).
  • Brot ist ein wirklich guter Stärkelieferant – kann aber im wahrsten Sinne des Wortes bei einigen Menschen Bauchschmerzen verursachen.
  • Auch Reis ist ein super Stärkelieferant – ist leider, wie kein anderes Lebensmittel, voll belastet mit anorganischem Arsen, das hochtoxisch wirkt. Nicht gewusst?
  • Rotes Fleisch ist ein extrem wertvoller Mikronährstofflieferant (Zink, Eisen und Co.) – Fleisch enthält aber, wie oben kurz angeschnitten, oxidiertes Cholesterin, Neu5Gc und Co.

Nur, um mal ein paar Beispiele genannt zu haben.

Wir können also keine „perfekte Ernährung“ finden, weil es sie gar nicht geben kann. Aus dem einfachen Grund, dass wir immer Kompromisse eingehen müssen. Heißt: ich muss mir nicht jeden Tag ein Kilo Rind reinprügeln, um ja genug Zink und Eisen aufzunehmen. Ich muss aber auch nicht hysterisch werden und es nie wieder essen.

Nichts chronisch, alles gelegentlich – Moderation is king.

Deshalb: Ernährungskriege

Ich glaube, Ernährungskriege gibt es genau deshalb. Jeder findet einen Weg, bei dem er sich – zumindest temporär – wohlfühlt, heißt, er hat einen Zugang zum eigenen Körper gefunden. Und jeder will diese eigene Wahrheit verteidigen. In den meisten Fällen wird dieser Zugang eben nicht gefunden worden sein, weil jemand mal Kohlenhydrate oder „das Fleisch“ gestrichen hat. Sondern eher, weil er damit Substanzen vom Speiseplan geworfen hat, die dem Körper in irgendeiner Weise schaden.

Natürlich: Kohlenhydrate selbst können unter bestimmten Stoffwechselvoraussetzungen zu „Lebensmittelgiften“ werden. Das gilt aber auch für andere Makronährstoffe. Da diese im Normalfall aber keine Probleme machen und vorher etwas entgleist sein muss, zählen sie nicht zu den Lebensmittelgiften im engeren Sinne.

Die beste Lösung? Auch hier lässt uns der Körper in aller Regel nicht im Stich und gibt oft genug Feedback, auf irgendeine Art und Weise. Man muss ihm nur gut zuhören und vertrauen. Häufig sind es nämlich nicht die Feedback-Mechanismen des Körpers, die uns krank machen, sondern unser eigenes Konzeptdenken.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

15 comments On Die „Ernährungsweltformel“: Was wirklich entscheidend ist

  • Wir ernähren unseren erwachsenen autistisch behinderten nicht sprechenden Sohn seit einem halben Jahr Gluten-Caseinfrei.
    Seine Ernährung ist trotz dieser Einschränkungen sehr abwechslungsreich. Frühstück, Mittagessen, Abendessen wird immer frisch zubereitet. Keinerlei Konservierungsstoffe sind in seiner Nahrung. Alle Lebensmittel, Obst, Gemüse, Eier, Nüsse, usw.., einschließlich Fleisch kaufen wir in einem sehr vertrauenswürdigen Hofbioladen. Unsere Familie meint Fortschritte in seinem Verhalten zu sehen. Aber er hat nach wie vor keine Sprache, um zu sagen ob und wo er Schmerzen hat. Kann nicht warten, wenn wir mal mit ihm in einem Restaurant oder an einem fremden Ort sind. Entwickelt nach wie vor zu manchen Tageszeiten eine starke Unruhe und hat sehr starke Schlafstörungen. Was fehlt seinem Gehirn, damit es zur Ruhe kommen kann und was läuft in einem Gehirn schief, wenn keine Sprache vorhanden ist ?
    Diese Fragen beschäftigen uns täglich. Und je älter wir Eltern werden, immer mehr und dringlicher.
    Es wäre nett, wenn wir eine persönliche Antwort an meine E-Mailadresse bekommen könnten.

    • Hallo Angelika, ihr seid mit Casein-und Glutenfrei auf einem guten Weg! Da Autisten eine eigene Darmflora haben kann zusätzlich ein Aufbau mit Präbiotika und Probiotika viel Gutes bewirken.
      Wie alt ist dein Sohn?
      Ich arbeite als Pädagogin mit einer Kindergruppe, wo alle autistisch/ohne Sprache sind.
      Vielleicht hast du Interesse an weoterem gegenseitigen Austausch?
      Meine email: tillofax@hotmail.com
      Liebe Grüße Silvia

    • Hallo Angelika,
      warst Du mit Deinem Sohn schon einmal bei einem Molekularbiologen vorstellig und hast sämtliche Blutwerte (Amminogramm, Hormone, Neurotransmitter, Vitaminstatus, Omega 3/6 Status, Giftstoffe wir Quecksilber, Blei, und und und) Dr.Strunz aus Roth bietet das z.B. an, aber auch Andere. Ich würde fast wetten, dass es einige Anhaltspunkte für mögliche Ursachen gibt. Dann könnte man gezielter therapeutisch überlegen.
      Liebe Grüsse.

      • Hallo Ralf,
        unser Sohn war mehrere Jahre Patient bei Dr. Strunz in Roth. Während dieser Zeit sind zweimal pro Jahr alle von Dr. Strunz getesteten Blutwerte, einschließlich der essentiellen Aminosäuren überprüft und ggf. aufgefüllt worden.
        Leider musste die Behandlung durch Dr. Strunz im Sept. 2015 beendet werden, da es nicht möglich war und ist, mit unserem Sohn nach Roth zu fahren. Das Bedauern wir immer noch sehr, da wir sicher sind, dass die verordneten NEMs und Aminosäuren unserem Sohn sehr weitergeholfen haben.
        Liebe Grüße
        Angelika

  • Lieber Chris, ich gehe davon aus, dass Du so wie viele der edubily Leser verschiedenen Konzepten gefolgt bist, nur um festzustellen, ob vegan, Paleo, vegetarisch, clean, oder was es auch immer sei, zu Anfang scheint es zu funktionieren, wir erleben einen Hype ( Kathecholamine) scheinbare Gesundheit und Gewichtsabnahme……, nach einer Weile kippt das Ganze, Du fühlst Dich unwohl, schlapp, neue Gesundheitsprobleme treten auf, wieder nicht die perfekte Ernährung gefunden, was Neues muss her…..Orthorektisch klammerst Du Dich an dieses oder jenes Konzept, versuchst Deine ganz normal essenden Mitmenschen zu missionieren,, soziale Beziehungen leiden vielleicht….Schließlich kommst Du an den Punkt, der in diesem Artikel so schön beschrieben ist. Letztendlich braucht man nur ein paar wenige Stellschrauben, vieles aus unserer Umwelt können wir nicht ändern, müssen hoffen, dass der Körper damit klarkommt. Vielfalt in der Ernährung ist gefragt, keine Verbote, es sei denn Du hast bestimmte Allergien und Intoleranzen.Durch Nahrungsvielfalt essen wir von jedem potentiell günstigem oder schädlichen Nährstoff eine überschaubare Menge, ich denke selbst das Weissmehlbrötchen oder die Geburtstagstorte werden uns nicht gleich ins frühe Grab befördern, sofern man das nicht täglich isst. Ich plädiere für. Traditionell, Mäßigung und Vielfalt, und ab und zu auch mal über die Stränge hau en, ist oK haben schon unsere Vorfahren so gehalten, das wars, wie schon gesagt wurde, der Körper gibt das Feedback..

  • Ein sehr guter Artikel, der aber eben auch die ganze Komplexität der Ernährung und deren Verstoffwechslung erahnen läßt.
    Dennoch: Viele Menschen brauchen (überschaubare) Orientierung und zumindest Anhaltspunkte.

    Legt man den Artikel „Richtig Essen 2.0“ hier im BLOG zugrunde, läßt dann noch in gewissen Abständen die Blutwerte testen und ergänzt die mit Sicherheit vorhandenen Schwachstellen, dann hat man schon sehr viel getan.
    Damit wappnet man sich auch gegen viele Schadstoffe, die wir ohnehin nicht alle meiden können.
    Das Pareto- Prinzip mit der berühmten „Mäßigung“ kombiniert, erscheint sinnvoll und praktikabel.
    Danke Chris für all die wertvollen Artikel über die Jahre.

  • Dieser Artikel spricht mir aus der Seele! Genau das selbe sage ich meinen Freunden und Bekannten auch seit Jahren.
    Meine größten Gesundheitserfolge konnte ich immer dann feiern wenn ich etwas Schädliches in der Ernährung weggelassen habe.

    Wenn ich beispielsweise beim Omega-Fettsäureverhältnis nur eine von zwei Interventionen wählen dürfte, nämlich (a) Omega3 supplementieren aber Omega6-Planzenöl-Konsum weiterhin hochhalten, oder (b) kein Omega3 supplementieren aber dafür die Omega6-Pflanzenöle aus der Ernährung streichen, dann würde ich mich immer für Option (b) entscheiden.

    • Komplett Streichen? Ob das gut kommen würde?

      Omega-6-Fettsäuren sind scheinbar essentiell, genauso wie Omega-3-Fettsäuren. Oder meintest Du damit, Omega-6 nur noch über tierische Produkte zuzuführen? Arachidonsäure lässt grüssen, wobei auch diese Omega-6-Fettsäure essentiell sei.

      Was spricht gegen eine Omega-3-Supplemenation?

      Grüsse

      • Hi snowstorm,

        in meinem Kommentar meinte ich, dass man die Omega6-Pflanzenöle komplett streichen sollte, nicht jeglichen Konsum von Omega6. Du bekommst die nötigen Mengen Omega6 durch den Konsum von Samen, Nüssen, Getreide, und Hülsenfrüchten.
        Omega3 und Omega6 sollte nämlich nur in kleinen Mengen gegessen werden. Sie sind zwar Fette, aber sollten nicht wie andere Fette als Makronährstoffe verwendet werden, sondern eher als Mikronährstoffe. Als die Omega-Fettsäuren 1923 entdeckt wurden, nannte man sie sogar noch Vitamin F und hat sie erst ein paar Jahre später zu Omega-Fettsäuren umbenannt.
        Das Prinzip bei diesen essentiellen Fettsäuren lautet: so viel wie nötig, so wenig wie möglich. Denn wenn sie nicht genutzt werden, dann oxidieren sie in deinem Körper und können ziemlich viel Schaden anrichten.

        Beste Grüße

        • Danke Mo für die Klarstellung. Ich hatte Dich somit falsch verstanden. Den Satz „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“ ist gerade bei den PUFA im Alltag sehr schwer zu praktizieren.

          Wie weiss man, wie viele PUFA nötig sind bzw. an welche Angaben sollte man sich da möglichst halten? Das Schweizer Bundesamt für Lebensmittelsicherheit* empfiehlt bei einer täglichen Kalorienzufuhr von 2’000 kcal einen energetischen Anteil durch PUVA von 3-11%, bzw. umgerechnet 6.5 bis 25g. Das ist ein Unterschied von Faktor 4! Wie weiss man, ob 5g genügen oder 30g bereits zu viel sind? Gesundheitliche Probleme machen sich normalerweise schleichend bemerkbar und als Ursache einen zu hohen Konsum an PUFA’s ausmachen zu können, ist wahrscheinlich kaum möglich.

          Mir ist das Risiko der Oxidation von ungesättigten Fettsäuren bewusst (nicht zuletzt dank dieser informativen Internet-Seite). Je mehr PUFA’s eingenommen werden, desto mehr Vitamin E (und somit auch C) soll man scheinbar einnehmen, um der Oxidation entgegen zu wirken. Aus eigener Erfahrung kann ich aber auch sagen, wie schwierig es ist, vom eigentlichen Fettkonsum auf die Blutfett-Werte Rückschlüsse machen zu können. Und ohne pathologische Blutfett-Werte ist es wahrscheinlich nochmals schwieriger den Fettkonsum mit gesundheitlichen Probleme in Zusammenhang bringen zu können.

          Ich habe mich von Januar 17 bis April 18 rein ketogen ernährt (Energieabdeckung durch KH + Proteine zusammen ca. 15%, Fett 85%). Vor allem in den ersten paar Monate habe ich infolge ungenügendem Wissen täglich meistens mindestens 30g an mehrfach ungesättigten Fettsäuren von Pflanzen, hauptsächlich über mind. 100g Nüsse und 4 EL Pflanzenöl (Olivenöl, Leinöl, Raps) zu mir genommen. Daneben (zusätzlich) verzehrte ich aber auch sehr oft Kürbis-, Leinsamen, Sesam-, Chia-, Hanf- Kerne bzw. Samen. Zusätzlich gab es (wenn auch nicht täglich) selbstgebackenes Keto-Brot bestehend aus Nussmehlen oder Leinsamenmehl Nicht erwähnt sind dabei die ungesättigten Fettsäuren von tierischer Herkunft. Ein Hauptenergielieferant war (und ist noch immer) Kokosfett. Mir sind keine negativen gesundheitlichen Effekte aufgefallen, was aber natürlich nicht heisst, dass sich keine entwickelt haben. Da ich zu schnell und zu viel Gewicht verlor, musste ich mit einem starken Kalorienüberschuss gegensteuern, hauptsächlich von Fetten stammend. Ende August 2017 hatte ich ein Fettsäureprofil erstellen lassen. Das Omega-3 : Omega-6-Verhältnis war mit 1:9 recht schlecht, was tatsächlich im Voraus durch die oben gemachten Angaben hätte erahnt werden können. Aber die Alpha-Linolensäure wie die Linolsäure lagen beide im guten oberen Sollbereich. Die Omega-6-Fettsäure Arachdionsäure war sogar erniedrigt . Die meisten gesättigten und einfach ungesättigte Fettsäuren lagen im unteren Sollbereich oder gar darunter. Keine einzige Fettsäure war laut dem Fettsäureprofil erhöht. Selbst das Cholesterin (LDL und HDL), Triglyceride und Lipoprotein waren im Sollbereich und dies obwohl ich zuvor monatelang täglich zwischen 160 und 260g+ Fett (je nach Aktivität) zu mir genommen hatte (immer alles abgewogen und am PC erfasst).

          * http://www.sgpv.ch/wp-content/uploads/d_Empfehlungen_Fette-4.pdf

          • Das wichtigste ist, sich nicht verrückt zu machen. Keine Diät-Paranoia entwickeln. Davon handelt ja genau dieser Artikel.
            Du wirst nicht immer im Leben eine 100% optimale Ernährung machen können. Und der Körper ist ja dafür gemacht sowas auch abzupuffern. Wenn du unter Leuten bist wirst du immer mal wieder etwas ungesundes essen. Aber unterm Strich wird das sogar gesünder sein als sich der perfekten Ernährung willen von sozialen Events fernzuhalten und durch die daraus resultierende Einsamkeit erhöhte Stresslevel und andere negative Gesundheitsparameter zu entwickeln.
            Also generell alles etwas lockerer angehen und den Körper nicht mehr so behandeln als wäre er aus Watte. Außer natürlich du hast Symptome die du in den Griff bekommen willst. Dann musst du natürlich auf die ein oder andere Sache genauer achten.
            Aber soweit ich das bei dir herausgelesen habe, ist bei dir alles okay und du sorgst dich einfach nur um dein Omega-Fettsäureverhältnis.
            Du hast auf jeden Fall schonmal den richtigen Schritt gemacht und es nachgemessen. Jetzt weißt du, dass das Verhältnis 9:1 ist.
            Das bedeutet: Omega6-Pflanzenöle streichen, öfters fetten Fisch essen und eine Packung Fischöl/Krillöl kaufen und nach komplettem Aufbrauchen nochmal nachmessen.
            Und wenn du dann bei 3:1 oder so bist dann brauchst du kein NEM mehr sondern kannst den Spiegel durch gelegentlichen Fischverzehr einfach halten. Und falls das Verhältnis noch bei 7:1 sein sollte, dann einfach noch ne Packung Fischöl/Krillöl-Kapseln kaufen und aufbrauchen und solange weiter machen, bis du das richtige Verhältnis erreicht hast.
            Nüsse und Samen würde ich auch mal weglassen. Die meisten haben zu viel Omega6. Und die Omega3-reichen Samen wie Chia und Leinsamen enthalten nur die pflanzliche ALA, nicht aber EPA und DHA. Diese sind nur in tierischen Produkten enthalten, hauptsächlich Fisch und Meeresfrüchte. Und speziellen Algen.
            Welche tierischen Fettquellen hast du denn?

  • Wie immer sind Moderation und n=1 die Schlüsselwörter. Wenn man lernt den Körper zu verstehen, lösen sich einige Probleme von alleine auf. Das Vorgehen hat sich in der Vergangenheit schon einige Male bewährt

    • Die Frage ist ja…woe versteht man den Körper am besten? Auf was muss man genau hören und was könnte der Auslöser sein? Das ist für viele sehr sehr schwer umzusetzen, denk ich

      • Ganz einfach: da man sich zwangsläufig mit dem eigenen Körper auseinandersetzen muss, nutzt man die ansonsten verschwendete Zeit lieber, um damit direkt zu starten – auch wenn das ggf. Jahre dauert. Denn die dauerhafte Suche nach neuen, „passenden Konzepten“ ist verschwendete Zeit, die Jahre schlucken kann.

        • Hier bin ich absolut bei Chris. Das geht bestimmt nicht von heute auf morgen, einigen wird es auch schwerer oder leichter fallen aber auf die ganz lange Sicht führt da kein Weg dran vorbei. Das Vorgehen muss natürlich auch wieder individuell betrachtet werden bzw. entsprechend der Ausgangslage, Umstände etc sein (bevor meine Pauschalaussage falsch aufgegriffen wird… es gibt ja nicht das eine, pauschal-optimale Vorgehen) :)
          (Glücklicherweise) eine der großen Säulen im Edubilykonzept, dessen Kommunikation sich in den letzten Jahren positiv gewandelt hat und so hoffentlich noch mehr Leute erreicht

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