Klingt ein bisschen nach Trick 17. Mit „Trick“ hat das Konzept aber eigentlich gar nichts zu tun.
Heute Glukose-Trick, damals Glyx
Die Älteren unter uns werden sich erinnern: Das hieß früher „Glyx-Diät“, Grüße an Frau Grillparzer, wer kennt ihre Bücher nicht… :-))
Aber freilich hat Frau Grillparzer das auch irgendwo abgeschrieben, gab ja um die Zeit genug vor allem US-amerikanische Literatur zu dem Thema. Wie wär’s mit „Protein Power“ oder „New York Body Plan“? In den 70er-Jahren hieß es Scarsdale- oder Atkins-Diät. Nein, doch, oh!
Halt dich mal fest. Der „Glukose-Trick“ wurde sogar schon im 19. Jahrhundert von Dr. William Banting in seinem Werk mit dem Titel, „Letter on Corpulence, Addressed to the Public“ (1863) beschrieben.
Damals hieß es, Verzicht auf:
- Brot
- Buttergebäck
- Zucker
- Bier
- Kartoffeln
Die pervertierte Form heute sieht vor, dass man sich durchaus ein paar Nudeln gönnen darf, aber dann halt erst ganz am Ende einer Mahlzeit, nachdem man sich Salat, Essig und mehr Fett reingeknallt hat. Das ultimative (Lebens-)Ziel:
Wenig Blutzuckeranstieg!
Erinnert mich an Hausmeister Krause: „Alles für den Blutzuckerspiegel, alles gegen die Spikes. Unser Leben für den Trick!“ Zett, zett, ziemlich zügig, dann bitte sporteln, sonst macht der Toast zu hohe Spikes.
Ich persönlich finde das ein bisschen krank, aber gut. Denn am Ende des Tages werden die Leute sowieso genug Angst haben, überhaupt nochmal Reis, Pasta oder sogar Kartoffeln zu essen. Ist das moderne Ernährungsbildung? Noch mehr Ängste machen?
Wenn Kohlenhydrate übergewichtig machen
Wer es ein bisschen nüchterner im langweiligen edubily-Stil mag, dem habe ich hier eine Abbildung erstellt, die erklärt, warum der Trick überhaupt ein Trick ist:
Große Kohlenhydratmengen, vor allem in Form von prozessiertem Getreide, erzeugen nicht nur Blutzuckeranstiege, sondern analog dazu auch einen Insulinanstieg (in der Abb. gezeigt).
Insulin ist aber ein Masterhormon, das den Körperzellen sagt, was sie tun sollen:
- Dauerhaft erhöhte Insulinspiegel, auch durch eine hohe Kohlenhydratlast, signalisiert den Zellen über den zentralen Energiesensor mTOR: Aufbau! Kohlenhydratspeicher füllen, Fettaufbau und -speicherung steigern.
- Ein niedriges Insulin wiederum macht das Gegenteil. Es signalisiert den Zellen über den Energiesensor AMPK: Mobilisation! Das heißt, der Körper ernährt sich von sich selbst, mobilisiert also Energiespeicher, darunter auch Körperfett.
Einleuchtend. mTOR und AMPK steuern in der Zelle riesige (!) Programme. Ein ständig aktives AMPK wird also dafür sorgen, dass sich der Körper gut von sich selbst ernähren kann. Ein dauerhaft aktives mTOR, wie in unserer westlichen Welt, wird den Körper konstant im Aufbaumodus halten.
Wir könnten unser westliches (Übergewichts-)Problem – mit allen Folgen – also als Energiemobilisations-Defekt beschreiben. Hausgemacht, natürlich.
Wenn Kohlenhydrate übergewichtig machen
Jetzt kommt der Haken: Menschen werden relativ schnell dazu erzogen, zu glauben, dass jede Form von Kohlenhydrat ganz böse ist. Also auch die oben erwähnten Kartoffeln, die Früchte und so weiter.
Dabei kann man die aus verschiedenen Gründen eben nicht mit Weißmehl und raffiniertem Zucker vergleichen. Hinzu kommt: Wer einmal Mehl weglässt, kommt ja schon in Kohlenhydratnot, weil einem klar wird, wie abhängig wir von diesem Zeug sind.
Wer einmal versucht, minimalprozessiert zu essen, wird schnell merken, dass man erheblich mehr Obst, Gemüse und auch Speicherknollen wie Kartoffeln essen muss, um überhaupt nennenswert Energie in Form von Kohlenhydraten zuzuführen.
So geht AMPK. Nicht, indem wir uns vor jedem Kohlenhydrat in die Hose machen. Das hatte ich vor ziemlich genau zwei Jahren hier schon mal sehr ausführlich erklärt. Mit 30.000 Klicks (!) immerhin mein vermutlich stärkster Post.
Da der Rotz („Glukose-Trick“) aber jedes Jahr aufs Neue in die Massenmedien gespült wird, so als ob es dafür morgen einen Nobelpreis gibt, obwohl in Wahrheit wieder nur noch mehr Menschen in die Essstörung getrieben werden, muss es halt auch hier im Blog wieder thematisiert werden.
Tipp 17
Meine Empfehlung: Schaltet euer Hirn ein und lernt einfach die biochemischen Grundlagen. Damit kommt ihr doch viel weiter als immer wieder irgendwelchen Konzepten zu folgen.