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Gesunde Gefäße, gesundes Gehirn

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Gesunde Gefäße und ein gesundes Gehirn – ja doch, das gibt es. Gut, bei uns in Deutschland und in anderen „westlichen“ Ländern eher nicht. Aber es gibt Naturvölker, die es uns vormachen – die uns zeigen, dass es das sehr wohl gibt. Also gesunde Menschen.

Vielleicht erinnert sich noch der eine oder andere: Vor nicht allzu langer Zeit wollen Forscher „die gesündesten Menschen der Welt“ (sehr amüsant) entdeckt haben. Der beste aller Lebensstile in Sachen Herz und Kreislauf, so schreibt beispielsweise „Der Spiegel“, hätten die Tsimane, ein Volk, das indigen im bolivianischen Urwald lebt.

Sowas aber auch. Was wurde da gemacht? Wir zitieren mal aus unserem Buch, wo wir das auch thematisieren:

In einer Querschnittskohortenstudie, deren Ergebnisse im renommierten Lancet-Journal veröffentlicht wurde, besuchten Wissenschaftler 85 Tsimane-Dörfer und untersuchten die Herzen von etwa 700 Erwachsenen im Alter von 40–94 Jahren mittels CT-Scans. Auf diesen Scans sieht man, wie es um die Arteriengesundheit bestellt ist. Basierend auf den CT-Scans hatten 85 % der Tsimane-Menschen kein Risiko für Herzerkrankungen, 13 % hatten ein geringes Risiko und nur 3 % ein mittleres oder hohes Risiko. Das bleibt quasi so bis ins hohe Alter: Zweidrittel der über 75-Jährgigen haben kein Risiko für Herzerkrankungen.

Zum Vergleich: Eine große US-Studie mit 6814 Personen im Alter von 45–84 Jahren ergab, dass nur 14 % der Amerikaner einen CT-Scan hatten, der kein Risiko für Herzerkrankungen ergab, und 50 % hatten ein mittleres oder hohes Risiko (vgl. Kaplan et al. 2017). Das bedeutet: Bei den Tsimane stirbt kaum einer an der Krankheit, an der jeder Zweite bei uns stirbt.

Ist das nicht sensationell? Es gibt doch tatsächlich Menschen auf der Welt, die uns zeigen, dass ein normaler Mensch mit 60, 70 eben weder an Herzkreislauferkrankungen leiden, noch daran versterben muss. Im Gegenteil: Ganz offensichtlich gibt es sehr gesunde Menschen, die auch noch im hohen Alter gesunde Gefäße haben. „How come?“, fragt man sich.

Doch das ist nicht alles. Erst Ende Mai titelt das edubily-Lieblingsmagazin Sciencedaily: „Der Lebensstil der Amazonas-Indianer könnte ein Schlüssel zur Verlangsamung des Alterns sein„. Forscher haben nun auch noch das Gehirn dieser Menschen untersucht. Ergebnis: Abermals sensationelle Erkenntnisse.

Die Tsimane, ein indigenes Volk im bolivianischen Amazonasgebiet, erfahren im Alter weniger Hirnatrophie als ihre amerikanischen und europäischen Altersgenossen. Die Abnahme ihres Gehirnvolumens mit dem Alter ist um 70 % langsamer als bei westlichen Populationen.

Also: Diese Menschen haben nicht nur ein sehr gesundes Herzkreislaufsystem, sondern werden im Alter vielleicht sogar noch seltener dement. Man muss das so sarkastisch ausdrücken, weil es einfach unfassbare gesellschaftliche und wirtschaftliche Folgen hätte, würden Leute bei uns ähnlich gut und schonend altern.

Doch was unterscheidet diese Menschen von uns? In erster Linie der Lebensstil. Wer sich an einen der letzten Newsletter erinnert, wo wir aufzeigten, was mit Arginin bzw. dem Gefäßgas Stickstoffmonoxid (NO) bei ungesunder Ernährung passiert, der versteht vielleicht schon mal einfache Zusammenhänge, denn:

Wer so ein gesundes Herzkreislaufsystem wie die Tsimane hat, hat auch sehr sicher genug NO in den Arterien, das die Gefäße ja gesund hält. 

Weiter gilt ein anderer einfacher Zusammenhang: Kaputte Gefäße (fachsprachl. endotheliale Dysfunktion) oder die Erkrankung der Mikrogefäße – jene kleinsten Verästelungen, die unsere Gewebe mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen – sind bei uns die Norm. Erst 2019 schreibt eine Studie zu diesem Thema:

Die Aufrechterhaltung normaler Lern- und Gedächtnisfunktionen erfordert ein hohes Maß an Koordination zwischen Gehirn- und Gefäßzellen. Grundlegende und klinische Studien haben gezeigt, dass eine Dysfunktion der Mikrogefäße des Gehirns Entzündungszellen im Gehirn aktiviert, was zu einem fortschreitenden neuronalen Verlust und schließlich zu Demenz führt.

Ups. Heißt also: Gesunde Arterien, gesundes Gehirn. Kranke Arterien, krankes Gehirn. Wusste schon der berühmte Pathologe Rudolf Virchow, der den Satz „Der Mensch ist so alt wie seine Gefäße“ geprägt hat. Einfache Zusammenhänge, keine Raketenwissenschaft.

Es gibt in jedem Fall einen klaren roten Faden, wenn es um unsere Gesundheit geht. Gesunde Gefäße, ein gesundes Gehirn und vieles mehr hängt von einem gesunden Lebensstil ab. Was das ist, was das mit Stickstoffmonoxid im Detail zu tun hat, was Mitochondrien damit zu tun haben und wie man sowas selbst in die Hand nehmen kann, steht in unserem Buch. So gut wie nirgendwo. 

Gesundheit optimieren – Leistungsfähigkeit steigern: Fit mit Biochemie

Wir bekommen immer wieder dieselben Fragen, die wir mit diesem Buch längst beantwortet haben. Es lohnt sich, sich mal damit auseinander zu setzen.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

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