vitamin a mangel übergewicht corona

Einfache Zusammenhänge

Schon mal aufgefallen? In unserer Gesellschaft macht man meistens einen besonders großen Bogen um einfache Zusammenhänge. Nur, wenn es so kompliziert ist, dass es kaum einer versteht, ist es sinnvoll. Alles andere ist höchstens Schwurbelei.

Das ist die hübsche Ambivalenz unseres Lebens. Kein Tiger braucht ein Biochemiebuch zu lesen, um gesund und fit zu sein – oder wieder zu werden. Wir wiederum haben eine riesige Wissenschaft erschaffen, die alles bis ins kleinste Detail erforscht … um dann ggf. ein bisschen zu helfen.

Lebensstiländerungen wären ja auch zu einfach. Dass man z. B. seine Diabetesmedikamente bei erheblichem Gewichtsverlust in der Regel absetzen kann … erzählt einem entweder keiner oder man will es nicht hören. Zu einfach halt.

Daher kriegt man Bauchschmerzen, wenn man sich mit unserer Medienlandschaft befasst. Mehr noch, wenn man sich Bundestagsreden ansieht. Aber das ist ein anderes Thema.

Übergewicht macht VitA-Mangel macht schwere Infektionen

Spätestens seit Corona sollte man wissen, dass Übergewicht das Immunsystem schwächt. Einfacher Zusammenhang. Das hat’s ja sogar teilweise in die Medien geschafft, wobei hier natürlich immer nur der schwer Übergewichtige auf Intensiv gezeigt wurde – die Erklärung dazu gab’s eher selten bis nie.

In der Forschung hat man das relativ schnell nachgewiesen. Dort hieß es dann z. B.,

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„Fettleibigkeit und COVID-19: Was macht fettleibige Wirte so anfällig?“ Zu lesen bekam man dort:

  • Mehr ACE2 = mehr „Andockstellen“ für Viren auf den Geweben
  • Chronische Entzündungen
  • Insulin- und Leptinresistenz und damit geschwächte Immunität

Vielleicht liegt’s ja auch an was ganz anderem? Vielleicht war die Lösung noch viel einfacher?

So wurde im renommierten Science Reports (Nature) vor wenigen Jahren noch so ein einfacher Zusammenhang gezeigt:

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Übergewicht bzw. Fettleibigkeit macht Vitamin-A-Mangel in den Geweben, den man im Blut leider nicht sieht. Tatsächlich haben dicke Mäuse trotz Vitamin-A-Mangel in den Geweben erhöhte Vitamin-A-Spiegel im Blut. Oh!

Sagen wir ja immer wieder: Man misst Vitamin A nicht im Blut, weil man es dort nicht messen kann – einen Mangel entdeckt man dort erst, wenn man halb tot ist.

Die Autoren folgern:

Wir vermuten, dass angesichts der wesentlichen Funktionen von Vitamin A beim Menschen ein „stiller“ gewebespezifischer Vitamin-A-Mangel bei fettleibigen Personen unerkannte Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit hat, der sich auf mehrere Organsysteme auswirkt.

Aus Vitamin A macht der Körper ein Hormon, die Retinsäure. Mit extrem weitreichenden Effekten, vor allem … aufs Immunsystem! Ach ja, da war was! Auch darüber wurde ja erst kürzlich publiziert:

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Dort liest man:

In dieser Übersicht haben wir zusammengefasst, dass Vitamin-A-Mangel tiefgreifende Auswirkungen auf die Immunreaktionen bei Infektionskrankheiten und Impfungen hat, indem er Darmentzündungen verschlimmert, den Redoxstress und die Konzentration reaktiver Sauerstoffspezies (freie Radikale) erhöht, die angeborene und adaptive Immunität beeinträchtigt, die Funktionen der Schleimhautbarriere beeinträchtigt und eine Darmdysbiose und/oder einen Verlust der Impfstoffwirksamkeit verursacht.

Vitamin-A-Mangel ist einer der wichtigsten Gründe – übrigens weltweit –, warum Antikörperreaktionen und Schutz gegenüber Infektionsschwere bzw. -Mortalität nach Impfungen so unterschiedlich ausfallen. Während also die einen massiv von Impfungen profitieren, werden die anderen trotzdem krank.

Bei Covid waren das vorrangig jene mit Übergewicht, meint eine große Meta-Analyse. Die hat nämlich festgestellt:

Die vorliegende Metaanalyse legt nahe, dass Fettleibigkeit signifikant mit einer geringeren Antikörperreaktion auf SARS-CoV-2-Impfstoffe verbunden ist.

Wer weiter denkt – einfache Zusammenhänge –, wird schon verstehen, dass man das gleiche bei Viruskontakt, also Infektion sehen wird. Also verminderte kurz- und langfristige Immunität. 

Eine weitere hochwertige Arbeit in dem Kontext kommt zum Schluss, dass schon „eine 5%ige Gewichtsreduktion mit einer Reduktion des Diabetessrisikos und anderen Stoffwechselstörungen einhergeht“. Drum meinen die:

Dementsprechend ist es wahrscheinlich, dass eine Änderung des Lebensstils bzw. eine Pharmakotherapie oder eine Adipositaschirurgie – Maßnahmen, die zu einer Verringerung des Körpergewichts und einer Verbesserung der Stoffwechselgesundheit führen können – die Folgen von COVID-19 in ähnlicher Weise verbessern könnten.

Was unter anderem (!) schlicht daran liegen könnte – und das wurde von Trasino et al. 2015 (s. o.) auch gezeigt –, dass ein Gewichtsverlust zur Normalisierung des Vitamin-A-Haushalts führt. Mit allen Folgen.

Gut merken: Übergewicht ist also keine Spaßveranstaltung, sondern ein dich aktiv krankmachender Zustand

Einfache Zusammenhänge

Einfache Zusammenhänge. Wieder einmal.

Stoffwechselgesundheit heißt in der Regel nämlich Gesundheit. 

Dieser Satz wird immer noch drastisch unterschätzt bzw. verkannt. Wäre das in der Bedeutung jedem klar, würde vermutlich jeder zur Langhantel und mehr Eiweiß greifen, um ganz schnell Abhilfe zu schaffen. Im Gegenteil: Das müsste staatlich verordnet werden.

Und dann haut man sich on top ein Multivitamin mit echtem Vitamin A (Retinol) rein. Einfacher wird’s ja nicht.

Hierzulande macht man das – wie immer – etwas umständlicher: Man empfiehlt heutzutage jedem die pflanzenbasierte, vegane Kost, die sowieso die wenigsten naturgemäß einhalten können.

Ja, die lässt einen vielleicht abmagern. Einen Trumph hat man damit gewonnen. Doch die Sojalatte-Trinker*innen kriegen dann erst recht einen Vitamin-A-Mangel. Denn das kommt nur in tierischen Lebensmitteln vor. Vom Eiweißmangel durch Mandelmuß-Hanfsamen-„Proteinshakes“ ganz zu schweigen. 

Diese Fraktion hatten wir hier besprochen. Der gerade, man möchte sagen: artgerechte Weg – viel Bewegung, gute Körperkomposition, Mischkost mit viel (tierischem) Eiweiß –, wäre … halt zu einfach. 

 

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

18 comments On Einfache Zusammenhänge

  • Das Problem mit den Übergewichtigen ist, sie können oder wollen nicht anders. Mein Vater ist stark Übergewichtig und Diabetiker. Vor Jahren hatte er von einem Diabetologen einen Ernährungsplan bekommen. Daran hatte er sich gehalten, stark abgenommen und konnte seine Spritzen auf fast NULL runterfahren!!! Und was hat er gemacht??? Er hat damit wieder aufgehört! Hat wieder sein Brot gebacken, selbstgebackenen Kuchen gegessen etc….. Deutlicher hätte man es ihm nicht zeigen können dass es funktioniert!!!
    Und da hört für mich dann jegliches Verständnis auf. Man bleibt lieber krank und spritzt, nur um auf Brot, Kuchen & Co. nicht verzichten zu müssen. Vielleicht weil man danach auch schon zu sehr süchtig ist…Keine Ahnung. Aber so wird es wohl den meisten gehen, und daran wird es dann auch scheitern.
    Und zu der Veganen Bewegung. Auch das kann man den Leuten nicht verübeln. Die wenigsten beschäftigen sich wirklich damit. Die meisten rennen dem hinterher was in den Medien gepredigt wird. Und da ist Fleischlos eben besonders Hip und Topaktuell. Und da die Mehrheit eben voll im Trend sein will, macht man eben mit, ohne sich damit näher zur beschäftigen. Wird schon alles gut und gesund sein, sonst würden sie es ja nicht verkaufen ;-) Wir, die sich damit intensiv auseinandersetzen, was in den Nahrungsmitteln drin steckt und was der Körper braucht, die regelmäßig Sport machen und an die frische Luft gehen, sind Freaks. Eine Minderheit, Spinner die immer alles übertreiben.
    Das wird sich glaube ich nie wirklich ändern :-)

  • Ist es nicht bedenklich das Entgiftungsorgan (Leber) eines Tieres zu essen.
    Würde es eventuell nicht zur Komplikationen kommen.
    Oder übersehe ich da was?

  • Kann man Vit A irgendwie über einen anderen Marker feststellen oder kann man sich bei 300g Leber pro Woche und keine Symptome eines Vit A Mangels auf halbwegs gute Spiegel verlassen?

    • Nee kann man kaum. Du kannst dich bei 300 g Leber pro Woche schon auf eine weit überdurchschnittliche A-Versorgung verlassen, ggf. schon zu viel. Ich persönlich empfehle max. 50-100 g.

  • Doch bitte nicht staatlich verordnen lassen! Vice versa: der Staat soll sich zurücknehmen und den Bürgern Eigenverantwortung zurückgeben!!!

    Happy merry xmas

  • Danke für den erhellenden Artikel. Wer kennt es nicht: Karotten sind gut für die Augen!
    Reicht eine pflanzenbasierte Ernährung überhaupt aus um seinen Vitamin A Bedarf zu decken oder braucht es hier die „richtigen“ Supps?

    • Reicht nicht aus. Du müsstest so viel Carotin zu dir nehmen, dass es gleich deine Schilddrüsenfunktion beeinträchtigt und du orange anläufst. (Und hättest weiterhin einen Mangel an Vitamin A)

      • Auf edubily.de findet man einen Artikel zum Thema Vitamin A in der Schwangerschaft, dort habe ich das alles genau beschrieben. Kurz: Mit ß-Carotin decken wir gar nix.

  • Vielleicht passend zu Vitamin A – Thema Beta Carotin. Zum Einen ist unklar, wieviel davon tatsächlich konvertiert wird. Zum Anderen.. war da nicht was, dass deren Spaltprodukte mit dem echten Vitamin A konkurrieren, also dessen Wirkung verringern können?
    https://www.jbc.org/action/showPdf?pii=S0021-9258%2820%2946236-2

  • Die Wirkung des Vitamin a kann ich voll bestätigen.
    Schon vor 40 Jahren begann ich mit Vitamin Dosierungen. Damals hatte ich regelmäßig Mandelentzündungen und jedes Mal wenn ein Arzt mir in den Rachen guckte wollte er mir die Mandeln rausnehmen, so groß waren sie.
    Nachdem ich mit Vitamineinnahmen begann, hatte von einem Jahr aufs andere, nie wieder eine Mandelentzündung. Vitamin A nahm ich damals schon als Einzelsubstanz gezielt ein, 10000iE. Was mir auch auffiel war, ich hatte einen Ellenbogen immer eine sehr trockene schuppige Haut. Von Einnahme an, wurde die Haut absolut weich und geschmeidig. Ich gehe von einem damalig eindeutigen Vitamin a Mangel aus.
    Ach ja, meine Mandeln habe ich heute immer noch und die sind so klein, dass man sie kaum was sehen kann.

    • Danke für den interessanten Input!
      Vitamin A gehört heutzutage definitiv zu den „forgotten vitamins“ . Jeder glaubt er sei gut versorgt, dabei haben die meisten eine Unterversorgung. Einfach, weil traditionelle Lebensmittel wie Leber, Lebertran und Co. kaum noch auf dem Speiseplan stehen. Schleichende Epidemie.

  • Ich finde ja den Mandelmus-Hanfsamen „Proteinshake“ noch besser 😅 ich frag mich, ob der Herr Riedl das echt glaubt?
    Es gab vor etlichen Jahren ein tolles Interview über seine Ernährung, die war so gar nicht lost…unter anderem viel tierisches Eiweiß! Also entweder hat er seine Überzeugung verschlimmbessert, oder es verkauft sich seit CW einfach besonders gut gegen Whey zu schießen, was schade ist, gerade er „vom Fach“ müsste es differenzierter betrachten. Whey ist eben nicht gleich Whey…und More und Konsorten hatten da andere Ziele aber egal, das sprengt wohl die Kommentarspalte^^

    • Keine Ahnung, ich verfolge das nicht, bekomme nur immer diese ganz abstrusen Ernährungsratschläge mit. Immer dann also, wenn’s besonders abstrus wird. Diese Ernährungsdocs sind die schlimmsten Meinungsmacher.

  • „Doch die Sojalatte-Trinker*innen kriegen dann erst recht einen Vitamin-A-Mangel“

    hahaha, geil! Danke

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