Ich möchte diese US-Wahl als Anlass nehmen, einmal mehr einen Kommentar zu schreiben. Weil es mir unter den Nägeln brennt.
Trump gewinnt – absehbar
Ich verfolge die letzten Wochen der US-Präsidentschaftswahl mit einem Auge auf X. Und unter anderem dort lese ich von deutschen „Experten“, Zitat:
„Kamala Harris wird haushoch gewinnen.“
Fühlte sich für mich nicht richtig an. Weil man über X glücklicherweise auch eine Ahnung von der Seele der US-Amerikaner bekommen kann. Weil man sich ja auch selbst ein Bild machen kann von den Kandidaten und wie sie ankommen.
Aber vor allem, weil ich Verwandtschaft in den USA habe, die mir ihre Sicht aufzeigen, die so ganz anders ist als die Sicht von uns Deutschen. Wir können die US-Amerikaner nicht oder nur bedingt verstehen, dafür ist die Kluft dieser, unserer Lebensrealtitäten viel zu groß, sie sind zu unterschiedlich.
Freilich wissen wir hierzulande immer alles, aber vor allem besser. Talkshows, die ich immer gerne gesehen habe, kann ich mir heute gar nicht mehr angucken, weil immer vorher klar ist, was Tenor sein wird, was das Narrativ sein wird, was das sein wird, was man uns, so muss man es sagen, verkaufen wird.
Ein Ei pro Tag
Machen wir einen Schwenk zu einer Unterhaltung, die ich in diesen Tage hatte. Da hat sich ein Ernährungswissenschaftler an unserem eigentlich satirisch lesbaren Halloween-Gruselfakten-Beitrag abgearbeitet, in dem ich u. a. vom 30 Jahre alten Case-Report berichte, wo ein 88-jähriger sich über Jahrzehnte von 20-30 Eiern pro Tag ernährte.
Weil er bei seinen Followern (und mir, natürlich) „richtig stellen“ wollte, dass es nicht gesund ist, 20-30 Eier am Tag zu essen. Epidemiologische, also sehr große Studien würden sagen, dass max. 1 Ei pro Tag gesund sei. Und das übliche Blabla hinterher, DGE, EAT Lancet und so weiter.
Ich weiß meistens gar nicht, was ich darauf antworten soll, weil es *so weit* weg ist von meiner Realität – unabhängig davon übrigens, dass ich noch nie empfohlen habe, 20-30 Eier am Tag zu essen. Ich schaue gedanklich auf meinen Teller mit einem Ei – und denke mir dabei: Wenn ich jetzt zwei oder gar drei esse, lebe ich nach seiner Auffassung *ganz gefährlich*. Sterbe also bestimmt mit 60 an einem Herzinfarkt.
Wohlgemerkt: Natürlich nicht wegen meines Lebensstils, sondern wegen der Eier. Ganz bestimmt.
Fühlt sich das richtig an? Nein. Und da muss ich zwangsläufig irgendwie an Jonathan Frakes denken. Aktuell immer wieder. Bei X-Faktor: Das Unfassbare, heißt es im Intro:
Wir leben in einer Welt, in der Traum und Wirklichkeit nah bei einander liegen, in der Tatsachen oft wie Fantasiegebilde erscheinen, die wir uns nicht erklären können. Können Sie Wahrheit und Lüge unterscheiden?
Wusste der Jonathan vor 30 Jahren mehr als wir? War die Welt vielleicht schon immer so und ich habe es nur nie so gesehen?
Auf welcher Seite stehst du?
Jedenfalls gibt es, glaube ich, einen Wunschtraum von vielen Menschen, für die „heile Welt“, in der alles irgendwie… gut ist, wenn man sich nur für die richtige Seite entscheidet.
Dort gibt es Gut und Böse, dort erzählt man sich liebe Gute-Nacht-Geschichten statt Horror-Tatsachen. Dort gibt es klare Konturen, Schwarz und Weiß, ein sicherer Hafen und die stürmische See. Dort gibt es richtige DGE-Regeln und „nicht evidenzbasierte“, also gefährliche Ratschläge.
Und diese Leute haben den spürbaren Drang, ihre eigene Realität auf die tatsächliche, also auf die Wirklichkeit zu projizieren und ihr einen neuen Anstrich zu verpassen.
In dieser gewünschten Realität retten wir die Welt, wenn wir – wie die DGE das neuerdings verlangt – nur noch 1 Ei pro Woche essen. In dieser gewünschten Realität gibt es gute Institutionen und verabscheuungswürdige Milliardäre, dort gibt es Helden und Bösewichte. Und in dieser gewünschten Realität macht Fleisch krank und das Vollkornbrot gesund.
Was auf dem Speiseplan von, na du weißt schon wem, vor 80 Jahren stand, kann man ja nachlesen, das klammern wir lieber aus. Der glaubte auch eher an Graupen statt an Fleisch. War damals übrigens auch eine Ideologie, Ökofaschismus *hust*.
Wanderer am Weltenrand
Dass manche Menschen „am Leben vorbeilaufen“, wie der Kranführer Ronny dies irgendwann treffend nannte, sieht man anhand der US-Wahlen in kollosaler Ausprägung. Ganz treffend las ich auch bei X:
Ich habe mit dieser US-Wahl mein Vertrauen in einen großen Teil der etablierten Medien verloren.
Trump gewinnt deutlich, während über Monate zahlreiche Medien die Anzeichen geschönt oder verschwiegen haben.
– Max Mordhorst
Exakt – aber nicht neu. Nur: Dieselben Leute, die uns Kamala Harris versprochen haben, prophezeien uns nun den totalen Untergang. Ich weiß nicht, Herr Doktor, ich weiß nicht, flüstert eine leise Stimme in mir, wenn es um die Glaubwürdigkeit dieser Personen geht.
Jedenfalls muss man sich heute ganz genau fragen, ob im Hintergrund gerade die Pippi-Langstrumpf-Melodie läuft – oder ob es vielleicht nicht besser wäre, langsam zu beginnen, einmal den Blick hinter die Kulissen zu wagen. Auch, wenn es manchmal vielleicht Angst macht.