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Die Magie der „kohlenhydratarmen Ernährung“

Dies ist ein Newsletter, der am 23.05.21 per Mail erschienen ist. Willst du auch solche Mails bekommen, dann trage dich in unseren Verteiler ein, den du beispielsweise auf edubily.de/blog/ findest.


Die Überschrift hat bestimmt die Aufmerksamkeit gesichert, nicht wahr? Jedenfalls wollen wir heute nicht in das gleiche Horn blasen wie so viele, die auf den Low-carb-Zug aufgesprungen sind und den Ausstieg immer wieder verpassen.

Prinzipiell umschiffen wir das Thema „Low carb“ ganz bewusst. Einfach, weil wir gegen Ideologien sind und – in unseren Augen – einige Themen in diesen Kreisen prinzipiell missverstanden werden.

Kleiner Funfact am Rande: Jedes Jahr im Januar steigt das Interesse an „Low carb“ zum Höchstwert, der im Jahresverlauf wieder massiv absinkt, bis der Zyklus im Januar von vorne beginnt. Sehr amüsant. (Vgl. Google Trends, Suchwort Low carb)

Die Macht von Low carb

Ganz generell: Die Glukose-Restriktion ist sicher eins der stärksten, besten und mächtigsten Tools, um seinen (Energie-)Stoffwechsel von Grund auf neu zu programmieren und ihn auf Gesundheit und Langlebigkeit zu polen.

Tausende Studien zeigen: Schwimmt der Organismus nicht mehr in Glukose, passieren wunderbare Dinge:

  • Die Zelle baut mehr fettverbrennende Enzyme und verbrennt folglich mehr Fett.
  • Zellen bauen mehr Mitochondrien, sprich mehr Kraftwerke, die uns wiederum mehr Lebensenergie machen.
  • Zellen regulieren ihr Schutzprogramm hoch, es werden mehr antioxidative Enzyme gebaut …
  • und zeitgleich altert die Zelle langsamer.
  • Zellschrott wird besser entsorgt (Autophagie),
  • was insgesamt alle Gewebe im Körper verjüngt, vor allem auch die Immunfunktion.

So weit, so gut. Was oft ein bisschen untergeht, ist allerdings die Tatsache, dass es häufig gar nicht so sehr auf den absoluten Kohlenhydratanteil in der Nahrung ankommt, sondern auf die Art und Weise wie Kohlenhydrate, die wir zuführen, verstoffwechselt werden.

Man kann es immer nur wiederholen: In min. 99,5 % unserer Entwicklungszeit haben Arten der Gattung Homo, inkl. Homo sapiens – also wir –, kaum stärkereiche Pflanzenteile gegessen. Große Glukose-Mengen über die Nahrung – also der Konsum von Stärke allgemein – waren die Ausnahme, nicht die Regel.

Stop! Es liegt an der Quelle, nicht an KHs an sich

Hier folgen ein paar Key-Punkte, die aufzeigen sollen, warum „Low carb“ über das Weglassen von stärkehaltigen Pflanzenteilen – Bohnen, Kartoffeln, Brot, Brötchen, Getreide allgemein usw. – tatsächlich funktioniert und warum stärkehaltige Pflanzenteile Probleme machen:

✓ Zucker und Kohlenhydrate gewinnt ein Organismus bei archaischer Ernährung vorrangig aus Obst und Protein.

✓ Das Volumen des Obstes ist eine natürliche Bremse. Hinzu kommt, dass die enthaltene Fruktose entweder direkt in der Leber landet oder – das ist eine neue Erkenntnis – in Darmzellen zu Glukose umgewandelt wird und langsam ins Blut übergeht. In beiden Fällen bleibt der Blutzucker flach.

✓ Der hohe Proteinanteil der Nahrung sorgt dafür, dass der Körper seinen eigenen Zucker über die Glukoseneogenese bedarfsgerecht bilden kann – der Blutzucker bleibt dabei auch flach.

✓ Stärkehaltige Pflanzenteile enthalten quasi immer auch eine größere Menge an Pflanzenproteinen. Diese Proteine können aufgrund ihrer besonderen Aminosäurensequenz und natürlichen Begleitstoffen wie Protease-Inhibitoren nicht gut verdaut werden.

✓ Es gibt Hinweise darauf, dass diese zu großen Proteinfragmente direkt mit Rezeptoren im Körper wechselwirken können, so z. B. das Sättigungsgefühl (Leptin) manipulieren oder direkt die Insulin-Ausschüttung triggern.

✓ Diese pflanzlichen Proteine enthalten oft natürliche Opioide, die bei der Verdauung entstehen und ein „Wohlgefühl“ erzeugen – häufig essen wir nicht, weil wir Hunger haben, sondern wegen dieses Gefühls.

✓ Aus diesem Grund fällt es vielen Menschen sehr schwer, dauerhaft auf stärke- und proteinhaltige Pflanzenteile, allen voran Getreide, zu verzichten.

✓ In erster Linie soll essen befriedigen, indem es sättigt. Danach soll eine natürliche Aversion einsetzen. Kiloweise Obst und Fleisch hat noch niemand „einfach so“ gegessen – die Wurstsemmel, die Pizza und die Torte jedoch laufen als s. g. palatable foods immer und in großen Mengen rein.

Unterm Strich: Der hohe Anteil an Glukose aus Stärke in Pflanzen ist oft nicht das eigentliche Problem – das eigentliche Problem ist das Aushebeln natürlicher Sättigungsregulationen und Stoffwechselfunktionen, was die Entstehung einer Insulinresistenz begünstigt und zum massiven Überessen – ohne es zu merken – verleitet.

Das wiederum sorgt dafür, dass der Körper in Glukose baden darf.

Wir sind nicht adaptiert an Getreide et al.

Hinter „Low carb“ steckt also eigentlich weit mehr als das Weglassen von Kohlenhydraten. Wer mit K(r)ampf beispielsweise die Ketose anpeilt, hat vielleicht das Ziel aus den Augen verloren. Es geht nicht so sehr um die Glukose bzw. Kohlenhydrate an sich, sondern um das, was man beim Konsum von stärke- bzw. proteinhaltigen Pflanzenteilen alles an Problemen „mitschleppt“. 

Heißt auch: Es ist nicht richtig dem Ziel „Kohlenhydrate vom Speiseplan streichen“ alles derart unterzuordnen, dass man am Ende auf die Banane (= Kohlenhydrate) verzichtet, aber dann kiloweise Samen-Nuss-Brot isst. Wer es so lebt, hat das Paleo Template nicht verstanden – und darum geht es wirklich. 

Bringt uns zum Schlusspunkt: Sorgenvoll blickt man derzeit auf das stellenweise „Neudenken“ der Ernährung: Getreide, Bohnen, Kartoffeln und Co. werden wieder cool und der Konsum als besonders gesund verkauft. Verlierer sind tierische Lebensmittel, allen voran tierisches Protein. Dabei haben unsere Vorfahren uns über Jahrmillionen vorgelebt, wie man den Körper vorm Glukose-Bad und damit vorm frühen Ableben schützt. 


Diese drei Artikel bzw. Studien haben wir diese Woche gelesen:

Eine aktuelle Studie legt nahe, dass „eine Erdbeere pro Tag“ (oder genauer gesagt 37 davon) nicht nur einen Arzt fernhalten könnte, sondern eine ganze Flotte von ihnen, einschließlich des Neurologen, des Endokrinologen und vielleicht sogar des Onkologen. Der Bericht erklärt, dass Fisetin, ein natürlich vorkommendes Flavonoid, das am häufigsten in Erdbeeren und in geringerem Maße in anderen Früchten und Gemüsen vorkommt, die Komplikationen von Diabetes verringert.

Sowohl der Entzug der HF-Diät als auch zwei subkutane Injektionen eines Cholesterinsenkers (…) milderten die Cholesterinanreicherung in der Muskelmembran, (…) und die Glukosetransporter-Dysregulation vollständig. Dies ging einher mit einer vollständigen Wiederherstellung der Stoffwechselfunktion. Diese Ergebnisse identifizieren die Cholesterinanreicherung in der Skelettmuskelmembran als ein frühes, reversibles Merkmal der Insulinresistenz (…).

Unsere Studie zeigte, dass metabolische Veränderungen, die durch die Grüntee-Zufuhr verursacht werden, die AMPK-Aktivierung induzieren und die Expression von Genen modulieren, die am Stoffwechsel beteiligt sind, insbesondere im Fettgewebe, und somit eine therapeutische Strategie zur Bekämpfung von Insulinresistenz, Dyslipidämie und Adipositas bei Ratten bieten.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

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