Lebensstil und Co.: Der Rhythmus entscheidet

Der Rhythmus ist entscheidend.

Das gilt für gute (zwischenmenschliche) Beziehungen, wie auch für den „richtigen Lebensstil“. Taktvolles Ping-Pong-Spielen – so, dass der Gegenüber den Ball gut zurückspielen kann. Auf diese Weise stellt sich ein harmonisches, weil rhythmisches Spiel ein.

Das Gegenteil ist der Fall, wenn wir im Wettkampf sind. Dann sollten wir den Ball so schlagen, dass der Gegenüber maximal schlecht den Ball zurückspielen kann – etwas, was in einer guten Beziehung hoffentlich nicht der Fall ist :-)

Im Alter noch fit: Jahrzehntelanger Rhythmus

Wenn man sich wundert, warum es viele ältere Menschen gibt, die nichts über Ernährung und Co. wissen und dennoch gut leben, sollte man kurz daran denken, dass viele dieser Menschen jahrzehntelang im Takt leben. Tagesabläufe, ganze Wochenzyklen sehr ähnlich, kaum größere Störungen. Das macht es dem Körper leicht, einen Rhythmus zu entwickeln.

Viele, die sich das erste Mal so richtig mit Ernährung und Co. befassen, können direkt einen der größten Fehler überhaupt machen: Den Körper vollkommen aus dem Takt und dem Rhythmus schießen. Nur, um dann mit der nächsten, großen Veränderungen, den Ball wieder in die komplett andere Richtung zu schlagen. Wieder geht der Rhythmus kaputt.

Wie will man einen Marathon laufen, wenn man seinen Laufrhythmus nicht findet?

Input-Feedback-Input-Feedback

Idealerweise hält sich die Biologie des eigenen Körpers, unser „System“, selbst im Gleichgewicht. Das geht mit einem Jahrtausende alten Feedback-System, das immer versucht, den bestmöglichen Wert einzustellen.

Stellen wir uns mal vor, es gäbe so einen Idealwert für die Mangan-Menge im Körper. Dann wäre der Körper immer bestrebt, diesen Wert einzustellen.

Natürlich ist der Körper kein perfektes Messinstrument, weil es eine verzögerte Reaktion gibt: Vom langsamen Verarmen der Speicher, über Signalgebung via Kaskaden, Proteine etc., hin zu unserem Input (sofern wir die Signale des Körpers überhaupt wahrnehmen) … können schon mal Tage, wenn nicht Wochen vergehen.

Grade gemerkt? Das ist eine ziemlich lange Kette, in der es zu vielen Fehlern kommen kann.

Aus diesem Grund werden wir selten bis nie den idealen Wert erreichen, das macht aber auch nichts, weil der Körper Toleranzbereiche vorgibt, an die er perfekt angepasst ist.

Zurück zum Mangan: Die für uns beste Mangan-Quelle sind Haferflocken. Eine 50-g-Portion Haferflocken deckt den Mangan-Tagesbedarf locker! Umgekehrt wird es schwer, ohne Hülsenfrüchte, Getreide oder Nüsse, genug Mangan in den Körper zu bekommen. Schon mal ein Grund, warum eine reine Fleischernährung ohne Ergänzungsmittel nicht funktioniert.

Der Körper wird uns dann ggf. heute vermelden, dass er unbedingt dieses Porridge essen mag, bevor er uns übermorgen „Bäh“ entgegenruft. Zusammengefasst können wir uns das so vorstellen:

Und im grünen Bereich bleibt alles tutti.

Der grüne, orangene und rote Bereich

Das Gute an solchen Toleranzbereichen ist, dass der Körper kaum Gefahr läuft, sich Gifte über die Nahrung ins Haus zu holen. Denn durch solch ein Feedback-System mit Toleranzbereich wird vermieden, dass große Mengen eines Nahrungsmittels über einen langen Zeitraum zugeführt werden. Ergo: Der Körper mag das Mäßige, nicht das Chronische.

Idealerweise stellt sich durch dieses regelmäßige Auf und Ab ein schöner Rhythmus ein. Natürlich geht dieser grüne Bereich jeweils ganz oben bzw. ganz unten in einen orangenen Bereich über. Halten wir uns dort auf, nimmt der Körper langsam Schaden, aber sobald wir „auch nur ein bisschen richtig machen“, sprich in unserem Beispiel mehr oder weniger Haferflocken essen, kommt alles relativ zügig wieder ins Lot.

Danach aber stellt sich langsam ein roter Bereich ein. Dieser rote Bereich ist der Strampel-Bereich. Wer da einmal reinkommt, wird Monate, wenn nicht Jahre damit verbringen, wieder in den grünen Bereich zu kommen. Das sind meistens jene Leute, die sich nicht ans Mäßige gehalten, sondern gemeint haben, sie müssen ihren Körper chronisch in irgendeine Richtung treten.

Bezogen auf Stoffwechselentgleisungen: Durch Übergewicht bedingte Insulinresistenz lässt sich innerhalb weniger Wochen umkehren, wenn Menschen sich dazu entschließen, massiv an Gewicht zu verlieren. Das geht meistens (nicht immer!) zügig und alles wird schnell wieder ziemlich gut – orangener Bereich.

Der rote Bereich ist der Strampel-Bereich

Lebt ein Mensch über Jahrzehnte hinweg so, braucht er sich nicht zu wundern, wenn solche Stoffwechselentgleisungen den Herzinfarkt befördern. Das ist der rote Bereich. Monate, Jahre, wenn nicht Jahrzehnte wird es dauern, bis alles aufgearbeitet und verdaut ist – wenn das in der Folge überhaupt noch möglich ist. Meistens ist das die Kategorie „Schicksalsschlag“.

Die Kurvenverläufe hin zum roten Bereich können natürlich gänzlich unterschiedlich aussehen. Im folgenden Beispiel hat der- oder diejenige schon über einen gewissen Zeitraum keine ordentlichen Feedback-Rhythmen mehr – viel mehr zeigt sich, dass sich hier eine ganze Zeit lang am Grenzbereich aufgehalten wurde. Und plötzlich macht es „Päng“, sinnbildlich hat einen beim Turnen der Übermut gepackt – man fällt tief und tut sich sehr weh:

Die Konsequenzen im roten Bereich sind viel gravierender als man sich das vorstellen mag. Denn dort, so fühlt es sich an, versucht alles einen unten zu halten. Denn auf der einen Seite sind einem möglicherweise die Hände gebunden (bei einem schweren Autounfall, z. B., kann man ggf. vielleicht einfach nicht mehr ordentlich laufen danach).

Auf der anderen Seite merkt man, dass man selbst in einem großen System eingebettet ist – besser gesagt: war. Denn der rote Bereich sorgt oft dafür, dass wir unserer Funktion diesem großen System kaum mehr nachgehen können, was für uns als Person häufig noch gravierender ist als der Schicksalsschlag selbst.

Oft genug ist der Zug an dieser Stelle dann erst mal abgefahren.

Natürlich kann man auch langsam und leise über viele, viele Wochen, Monate oder Jahre hinweg in den roten Bereich fallen. Das Tückische ist, dass man es bei solchen langsamen Prozessen oft gar nicht wahrnimmt. Zudem scheint es nach dem Übergehen der großen Warnsignale kaum weitere eindeutige Signale zu geben – bis man sich plötzlich beim Point of no Return wiederfindet. Und auch hier ist der Zug in vielen Fällen erst mal abgefahren.

Wie auch immer:

Am besten niemals in diesen roten Bereich kommen! 

Im grünen Bereich hält man sich oft durch „mehr Weniger“

Am Ehesten (Wahrscheinlichkeiten!) vermeidet man dies dadurch, dass man schlicht weniger Risiko eingeht. Wir spielen wissentlich viel zu oft mit dem Schicksal. Rotes Fleisch in kleinen Mengen ist sicher gut – mittlerweile aber sollte wirklich jeder wissen, dass man scharfes Anbraten beim schönen Steak selten vermeidet … und so weiter. Ein Kilogramm rotes Fleisch am Tag … über Jahre – da braucht sich dann keiner mehr zu wundern, wenn er doch Darmkrebs kriegt.

Ich mache Keto, deshalb kann ich kiloweise Bacon anbraten.

Umgekehrt weiß jeder, dass der Pflanzenkonsum in vielerlei Hinsicht gut und gesund ist. Man braucht sich also nicht zu wundern, dass man doch Darmkrebs kriegt, wenn man vorher ganz cool jedem auf dem Nase gebunden hat, dass Gemüse für das Vieh ist und man es selbst nicht braucht.

Wir könnten viele weitere solcher „Fordere das Schicksal am besten nicht heraus“-Szenarien als Beispiel anbringen. Wie wär’s mit dem Rauchen? Dem täglichen Liter Rotwein? Nur, um mal ein paar banalere Beispiele genannt zu haben. Oder: die 60-Stunden Wochen mit vier Stunden Schlaf pro Nacht. Wir brauchen am Ende nicht so zu tun als hätten wir die Konsequenzen nicht längst kommen sehen.

Fakt ist: Der Rhythmus entscheidet. Deshalb muss man selbst bei noch so guten Ratschlägen immer mit einem Ohr in den Körper hören. Leider ist der, inkl. sein Feedback-System, oft nicht so perfekt, wie wir uns das vorstellen. Aber auch das ändert nichts: In solchen Fällen muss man dem Körper die Zeit und vor allem „den Raum“ geben, sich selbst wieder auf eine Norm zu eichen.

Das Spiel des Lebens kann man ohne Gefühl eben immer noch nicht spielen.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

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