Es ist bereits länger bekannt, dass essentielle Omega-3-Fettsäuren im Zusammenhang mit der Depression stehen. Ich möchte hier kurz erklären warum das der Fall ist.
Was ist Dopamin?
Zunächst müssen wir den Ort des Geschehens kennen: Die Nervenzellen. Wollen wir die Depression der Einfachheit halber auf Dopamin reduzieren. Im Buch schreibe ich ausführlich über Dopamin.
Dopamin ist deshalb wichtig, weil es das Signalmolekül deines Wohnsitzes im Gehirn ist, dem präfrontalen Kortex, ein Bereich direkt hinter der Stirn. Verlierst du diesen Bereich, dann verlierst du dich. Dort ist deine Kommandozentrale. Willst du Herr über dich und dein Leben werden, dann trainiere diesen Bereich (das tun die Tibeter jeden Tag mehrfach).
Dieser Bereich funktioniert mit Dopamin. Alles dort. Dopamin kannst du übersetzen in Wollen. Es hat also etwas mit Motivation zu tun.
Machen wir ein kleines Experiment: Denke mal bitte an dein Lieblingsessen – stelle es dir richtig vor. Wie fühlt sich das an? Nun denke an Sex, den besten Sex, den du je hattest. Wie fühlt sich das im Kopf an? Jetzt denke an … Gehaltserhöhung. Und jetzt denke an das Aufstehen um 4:30. Genau (Letzteres war Dopamin niedrig).
Dopamin ist das Licht, das da vorne im Kopf angeht, wenn einem etwas gut gefällt. Das Gefühl dahinter ist Dopamin.
Es versteht sich also von selbst, dass man als Depressiver keine Lust auf die Welt hat, wenn das Gehirn kein Dopamin produziert.
Je stärker ein Dopaminanstieg, umso stärker ist das Lustgefühl, das Empfinden, das tiefe Wollen.
Dein Gehirn (die Nervenzellen) produziert also Dopamin immer dann, wenn eine gute Sache (Beispiel Essen) wahrgenommen wird. Dabei spielt es keine Rolle, ob es ein realer Prozess ist (du siehst essen) oder ein fiktiver (du denkst an Essen).
Normale Reaktion also wäre: Da steht leckeres Essen, Dopamin geht hoch. Das geht so schnell, dass du das gar nicht merkst.
Bei Depressiven (bitte bedenken: wir haben alles vereinfacht) sieht die Welt anders aus: Da steht leckeres Essen, Dopamin will nicht richtig hoch.
Daher empfinden Depressive keine Lust (für’s Leben). Wie auch?
Zellbiologie: Nervenzelle, Membran und der „Knick“
Wollen wir uns nun mit 1-2 einfachen Dingen der Zellbiologie befassen.
Einige von euch werden dieses Bild bereits kennen. Man kann es im Buch finden.
Wir sollten uns natürlich fragen, was Dopamin eigentlich ist.
Dopamin ist ein Neurotransmitter (in der Grafik rot).
Neurotransmitter sind Botenstoffe, die der Kommunikation zwischen zwei Nervenzellen dienen.
Nervenzellen funktionieren elektrisch, sie kommunizieren mit anderen Nervenzellen allerdings nicht elektrisch, sondern chemisch.
Zwischen zwei Nervenzellen ist in der Regel ein wenig Platz. In diesem Spalt agieren Neurotransmitter.
Nervenzelle 1 (oben) produziert Neurotransmitter und schüttet sie (auf Signal) in den Spalt. Die Neurotransmitter wandern dann zur nächsten Nervenzelle, wo sie an Rezeptoren andocken. Diese Rezeptoren sorgen in Nervenzelle 2 dafür, dass das chemische Signal (Neurotransmitter) in ein elektrisches Signal umgewandelt wird.
So weit, so gut.
Um zu wissen, warum Omega-3-Fettsäuren ihre Finger im Spiel haben, sollte man sich noch eine andere Sache vergegenwärtigen.
Auch dieses Bild findest du im Buch.
Alle Zellen, auch Nervenzellen, grenzen sich nach außen hin ab durch eine Membran.
Diese Membran besteht aus zwei sich gegenüberliegenden Fettsäure-Ketten.
Daher nennt man das auch Lipid-Doppelschicht.
In dieser Membran lagern Rezeptoren.
Rezeptoren sind Proteine, die es der Zelle ermöglichen, auf äußere Signale zu reagieren. So können beispielsweise Hormone an einen jeweiligen Hormon-Rezeptor andocken (Beispiel Insulin), wodurch in der Zelle eine chemische Kaskade ausgelöst wird.
Genauso funktioniert das auch mit den Neurotransmittern. In diesem Fall: Dopamin-Rezeptoren.
In dem großen Biologie-Buch, das man schon als Erstsemester lesen darf, dem Campbell, wird erklärt, dass die Zellmembran eine ölige Konsistenz aufweisen muss, damit die Rezeptoren ordentlich funktionieren.
Der Grund dafür ist: Schaue dir bitte diese Lipid-Doppelschicht an. Die Striche in der Mitte sind gerade und aufeinander zulaufend.Das wäre keine ölige Schicht, sondern eine recht starre Schicht. Denn: Eigentlich müssten diese geraden Striche nicht gerade sein, sondern gekrümmt.
Ein Öl ist deshalb ein Öl, weil es aus (mehrfach) ungesättigten Fettsäuren besteht.
Und hier kommt der Punkt: Ungesättigt bedeutet, dass man im Molekül eine (oder mehrere) Doppelbindung findet. Du brauchst nicht zu wissen, was das ist, solltest dir aber merken, dass eine Doppelbindung für einen Knick in der Fettsäure sorgt.
Wenn wir uns also eine Membran vorstellen, die angereichert ist mit ungesättigten Fettsäuren, dann laufen die oben eingezeichneten Striche nicht aufeinander zu, sondern bilden Hohlräume, dadurch, dass sie jeweils einen oder mehrere Knicke aufweisen.
Das ist wichtig, denn: Erst dieser Hohlraum sorgt dafür, dass sich Rezeptoren ordentlich bewegen und ihre Tätigkeiten ausführen können.
Daher schreibt der Campbell, dass die Membran ölig sein muss. Das Gegenteil wird durch gesättigtes Fett und Cholesterin erreicht, wenngleich auch diese Substanzen (im richtigen Verhältnis) sehr förderlich sind.
Omega-3 und Depression
Omega-3-Fettsäuren sind mehrfach ungesättigt und sollten somit auch dafür sorgen, dass die Membran deutlich modifiziert wird hin zu einem sehr ölig-geschmeidigen Typ. In der Tat postulieren die Autoren einer aktuellen Arbeit („Omega-3 Fatty Acids and Depression: Scientific Evidence and Biological Mechanisms„) genau das.
Die Veränderung der Membran der Nervenzelle spielt eine große Rolle und ist wahrscheinlich einer der Hauptgründe, warum Omega-3 „wirkt“.
Denn: Es gibt zwei Gründe, wie etwas wirken kann …
- Punkt 1: Mehr Bildung von Neurotransmitter (Nervenzelle 1)
- Punkt 2: Mehr Rezeptoren oder bessere Funktion derselben (Nervenzelle 2)
- (Es gibt auch noch einen dritten Grund, Neurotransmitter-Degradation, aber … darauf gehen wir hier nicht ein)
Omega-3-Fettsäuren modulieren womöglich beide Punkte, denn bei beiden Punkten steht die Membran der Nervenzelle im Vordergrund des Wirkgeschehens.
Tatsächlich zeigt sich, dass nach Gabe von Omega-3-Fettsäuren, sowohl 40 % mehr Dopamin vorhanden war (mehr Produktion?), als auch eine deutliche bessere Fähigkeit des Rezeptors, Dopamin zu binden.
Oftmals ist gar nicht so sehr entscheidend, wie hoch ein Wert eines bestimmten Hormons bzw. eines Neurotransmitters ist, sondern viel mehr, wie gut die Bindung an den jeweiligen Rezeptor funktioniert.
Bedeutet für dich: Deine Zellmembran sollte eine ordentliche Konsistenz haben.
Hier geht’s zur Forum-Diskussion über Omega-3 und Depression
Referenzen
Grosso, G., Galvano, F., Marventano, S., Malaguarnera, M., Bucolo, C., Drago, F. and Caraci, F. (2014). Omega-3 Fatty Acids and Depression: Scientific Evidence and Biological Mechanisms. Oxidative Medicine and Cellular Longevity, 2014, pp.1-16.
4 comments On Omega-3 und Depression
Aus eigener Erfahrung:
Habe EPA Omega3 eingenommen (wegen Blutgefässe), nach 6 Wochen fragte ich much, weshalb es mir psy soviel besser geht. Seit über einem Jahr um ein Vielfaches besser…
D3 ebenfalls seit 1,5 Jahren hochdosiert.
Hallo,
auch wenn die Frage von Thorsten schon 5 Jahre alt ist, die Antwort würde mich auch brennend interessieren.
Viele Grüße
Alex
Gibt es Erfahrungswerte, wie lange eine solche Veränderung dauert und anhält?
Wie lange müsste man z.B. 2g Omega 2 Öle (oder eine andere Menge) zu sich nehmen, bis diese sich in ausreichendem Maße in den (Nerven)Zellmembranen angereichert haben, um die beschrieben Effekte auslösen zu können?
LG,
Thorsten
Und zwar vor allem EPA, weniger DHA. ALA ja sowieso nicht:
MARTINS JG, BENTSEN H, PURI BK. Eicosapentaenoic acid appears to be the key omega-3 fatty acid component associated with efficacy in major depressive dis-order: a critique of Bloch and Hannestad and updated meta-analysis. Molecular Psy-chiatry 2012; 17(12): 1144-1149.
LG,
Thomas