koffein und nikotin

Ich liebe Koffein (Nikotin gegen Long Covid?)

Schon mitbekommen?

Gerade ist eine Arbeit von der Uni Leipzig erschienen, Thema Long Covid. Nicht wieder Kopf in den Sand stecken, sondern ein vielversprechender Therapieansatz.

Nikotin gegen Long Covid

Studien hätten nämlich herausgefunden, dass bei Long Covid offenbar ein wichtiger Rezeptor blockiert ist, durch das Virus blockiert sein könnte: der nikotinische Acetylcholinrezeptor (kurz: nAChR).

Der wurde insbesondere bekannt, weil er für die Reizweiterleitung zwischen Nerv und Muskel entscheidend ist. Bindungspartner dort ist Acetylcholin. Nikotin kann auch daran binden und wirken. Deshalb heißt der Rezeptor entsprechend.

  • Bestimmte Formen dieses Rezeptors finden sich aber z. B. auch auf Immunzellen (α7-nAChR).

Hier dämpft der Rezeptor Immunreaktionen. Jetzt wird’s spannend, nicht wahr? Ein blockierter Rezeptor könnte das Immunsystem dauerhaft aktiver halten.

  • Besonders im Fokus steht der α4β2-nAChR. Der kommt nämlich reichlich im ZNS, also auch im Gehirn vor.

Dort aktiviert er Wachheit, Aufmerksamkeit, Lernen und stimuliert Dopamin, Stichwort innerer Antrieb. Das Gegenteil könnte sein… Konzentrationsstörungen, Fatigue, „Brain Fog“, vegetative Dysregulation. Oh!

Die Idee: Menschen mit niedrig dosiertem transdermalem Nikotin behandeln. Bei einem intensiv untersuchten Probanden (Case Report) aktivierte Nikotin das nAChR-System im Gehirn und führte zu deutlicher Besserung der Symptomatik.

Zudem wurde ein Fragebogen ausgewertet, der zuvor an über 200 Menschen verschickt wurde, die niedrig dosierte transdermale Nikotin-Therapie bereits für sich nutzten. Ergebnis:

Über 2/3 der Teilnehmer berichteten über signifikante Besserungen!

Finde ich bahnbrechend. Also ich wüsste ja, wie ich handeln würde…

Mit Koffein zur Langlebigkeit?

Apropos handeln. Die Natur liefert uns einen weiteren, sehr verbreiteten und bekannten Stoff. Koffein. Koffein ist mein Lebenselexier. Natürlich in Maßen…

Zum Beispiel wie im Schwarztee mit kurzer Ziehzeit. Über meinen selbstgemachten Eistee, Stichwort Theanin, habe ich ja erst am vergangenen Wochenende im Newsletter berichtet.

Du bist noch nicht dabei? Das ist ja schade! :-)

Wenn ich an Koffein denke, denke ich an zwei Effekte:

  1. Mehr Energie
  2. Anti-Krebs-Wirkung

Koffein macht Energie, weil es direkt den Zentralschalter für „mehr Energie“ in den Zellen, nämlich cAMP (zyklisches Adenosinmonophosphat) erhöht und uns mehr vom Neurohormon Noradrenalin (= innerer Antrieb) schenkt.

Zudem scheint Koffein ziemlich gut vor Krebs zu schützen. Das legen einige Studien nahe. So eine ist vor kurzem wieder im renommierten Fachmagazin Nature Communications erschienen.

Ganz aktuell ist eine Arbeit an einem mit uns verwandten Einzeller (Hefe). An diesem Modell konnten die Wissenschaftler zeigen, dass Koffein den „uralten Langlebigkeitsschalter“ AMPK aktiviert. Zur Erinnerung: Langlebigkeit und Prävention geht nur und geht hauptsächlich über AMPK.

Ein direkter pharmakologischer Angriff auf AMPK könnte sich auch über Hefen hinaus positiv auf die Gesundheit und Lebensdauer auswirken, da dieser wichtige zelluläre Energiesensor sehr konserviert ist.

Das ist natürlich keine neue Erkenntnis. Koffein ist einer der wichtigsten AMPK-Aktivatoren, die wir täglich zuführen können.

Kaffee und Kippe, oder was?

Man kann Dinge ja immer gut oder schlecht machen. Die meisten entscheiden sich meistens intuitiv für den falschen Weg :-) Mit Kaffee und Kippe geht’s eher nicht.

Man sollte das Gute schon destillieren. Wie das gehen könnte, steht ja hier im Artikel.

Jedenfalls hat uns die Natur mit Koffein und Nikotin zwei wirkungsvolle Substanzen geschenkt, die sich chemisch relativ ähnlich sind und beide zu den psychoaktiven Alkaloiden zählen.

Natürlich darf man vorsichtig damit umgehen – und natürlich muss man sie auch gar nicht nutzen. Aber speziell für Long-Covid-Betroffene scheint sich hier ein neuer Therapieansatz zu ergeben. Sollte man wissen.

 

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

13 comments On Ich liebe Koffein (Nikotin gegen Long Covid?)

  • Tja leider leider funktionieren die Pflaster nur bei Long COVID. Me/CFS und Long COVID erden so oft auf eine Stufe gestellt sind sie aber einfach nicht, also nicht das selbe.
    Auch wenn die meisten wie ich me/CFS durch Kindheitstrauma und Infektionen haben, bei mir ging das ebenfalls nach einer banalen Erkältung an, so hilft doch vielen mit CFS dieses Pflaster gar nicht.
    Es hat die offenbar vermutet, Überraschung nicht die gleiche Ursache

    Kurze Frage mit CFS darf man kein Koffein, ist euer theanin koffeinfrei? Ich denke nicht, die meisten denken nicht dran das grüner Tee Extrakt pro Tablette,10 mg Koffein enthält
    Wenig ja, aber für mich tödlich.
    Dann muss ich das tolle theanin wohl woanders bestellen.

    Liebe Grüße

  • Wie sieht es denn bei nicht „Nikotin-naiven“ Personen aus. Gibt es hier auch eine Dosierungsempfehlung?

  • Erwähnenswert wäre vlt noch betreffend LongC / die virale Blockade der Rezeptoren durch Spike, dass kein Proband die exakt gleiche Menge / Viruslast im Körper hat. Demnach ist bei manchen nach einer Woche Behandlung mit Nikotin bereits eine deutliche Verbesserung zu verzeichnen, u bei anderen dauerts 3Wochen + … Nikotin bindet stärker / verdrängt das Spike von den Rezeptoren.

    Wg. Suchtpotential -> transdermales Nikotin hat kaum suchtauslösendes Potential, vorallem bei Nicht-Rauchern. Wer in frühen Jahren schon ordentlich geraucht hat, da sieht die Sache wieder anders aus. Hängt wohl auch viel mit der Doserung und der gleichmäßigem Blutplasmaspiegelkonzentration über den Tag verteilt zusammen. Die sublingualen Nikotinpouches aka Zyn etc erzeugen ebenfalls ungünstige Nikotin = Dopaminspitzen, mit Abfall usw.. da wundert es nicht dass das Zeug in kurzer Zeit ein Craving erzeugt.

  • Muss man es lebenslang nehmen?

  • Im Newsletter heute schreibst Du ja, dass 1000mg Citicholin auch geholfen haben. Darüber ist man ja wohl erst auf den gestörten Rezeptor gestoßen. Ist Citicholin dann nicht gegenüber Nikotin die bessere Lösung, auch wenn es vielleicht länger dauert? Aber Nikotin und Citicholin scheinen ja den Rezeptor nicht zu „reparieren“ – oder? Heißt das dann, lebenslang Nikotinpflaster?

    • Hi Elli, berechtigte Fragen.
      Man ist zu Nikotin aber nicht wegen Cholin gekommen, sondern weil man herausgefunden hat, dass der entsprechende Rezeptor „blockiert“ ist. Der „Nachteil“ bei Cholin ist, dass Nikotin extrem viel besser an bestimmte Varianten des Rezeptors bindet. Heißt, man braucht viel weniger und es wirkt robuster. Natürlich ist es aber von Vorteil. etwaige Cholinengpässe in der Versorgung zu kompensieren, um den Rezeptor möglichst aktiv anzusprechen. Kaputter Rezeptor plus knappes Substrat = doppelt doof.

      Nikotin soll den Damm quasi lösen. Wenn man mal eine Zeit lang den Rezeptor wieder aktiviviert hat, heilt die Erkrankung vielleicht aus und man braucht es nicht mehr. Grundsätzlich hast du aber recht, dass man damit vorsichtig umgehen sollte, da eine Nikotinsucht immer ein Thema sein wird.

      LG

  • Ich habe auch mal einen Versuch mir Nikotin gemacht: 4 mal am Tag eine Kautablette. Nebenwirkung: heisere Stimme. Kann ich nicht empfehlen.

    • @Wolfgang: Wofür war dein Versuch?
      Für Leute die mit LongC zu tun haben sollte die Behandlung über 4 Wochen gehen, aus der Studie lässt sich herauslesen, dass bereits 7 mg als Pflaster wirkung gezeigt haben. Entscheidend ist der dauernde rel. geringe Blutplasmaspiegel über 24 Std. Deshalb ist rauchen, zyn etc ungeeignet da hier nur Spitzen entstehen. Ein paar Nebenwirkungen vom Nikotin muss man halt in kauf nehmen.

      • Wie mein Vorredner richtig sagt: Es ist ganz dringend nötig, dass die Therapie niedrig dosiert ist und ein „nikotinisches Hintergrundrauschen“ erzeugt wird. Ansonsten desensibilisieren die Rezeptoren zu schnell und es wird kontraproduktiv. In den Studien wird ca. 7 mg pro 24h (Nikotin Patch!) in „Nikotin-naiven“ Personen genutzt. Transdermales Nikotin wirkt völlig anders als Kautabletten.

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