Manchmal ärgere ich (Chris) mich, dass ich so neugierig bin und immer was lesen muss. Jetzt bin ich aus Versehen wieder über etwas gestolpert, über das wir eigentlich gar nicht sprechen wollten, was sich aber so einbrennt bei mir, dass man es wieder einmal aufgreifen muss. So stolperte ich vor einigen wenigen Tagen über einen Forumeintrag beim Kollegen Doc Strunz. Wird bekannt sein. Der wiederum hat in seinen News die „22 Geheimnisse“ genannt, also 22, wie er sagt, „Blüten“, die man sich pflücken kann, darunter ein Punkt: Obst-Fasten. „Jede Woche einen Tag ausschließlich Obst“.
Obst macht insulinresistent – oder?
Dieser Punkt wird von seinen Lesern im entsprechenden Forum-Faden mit Fassungslosigkeit aufgenommen. Tenor: Obst = Zucker = Insulin = insulinresistent und dick und Diabetes – oder so ähnlich. Wie kann er sowas empfehlen? Ein klassischer Louis de Funès-Moment („Nein, doch, oh!“). Entsprechend schreibt ein Forum-Mitglied (der auch hier mitliest, Grüße an dich!):
Heftig, in Obst steckt danach Fructose und Glucose im gleichen Verhältnis drin! Kein Wunder, wenn da der Blutzucker hochgeht.
Ja, in der Tat: Obst enthält nicht nur die bekannte und häufig verteufelte Fruktose, sondern auch noch Glukose, und zwar – wie richtig geschrieben – im gleichen Verhältnis meistens. Doch was hat das mit der Insulin-Ausschüttung zu tun? Also googelt man einfach mal nach Kalorien, die ein Apfel enthält. Ein mittelgroßer Apfel, so schreibt uns google, enthält circa 55 kcal. Gut, gut, seien wir fair. Wir nehmen mal noch eine Banane: 150 kcal, also fast Kalorien-Intoxikation!
Wenn ich jetzt 10 Äpfel esse, das wären dann circa 1 Kilo Apfel, wäre ich bei vielleicht 600 Kalorien. Okay, nehmen wir dazu nochmal ein Kilo Bananen, wären wir immerhin schon bei circa 2000 kcal – für eine kleine zierliche Frau so der Tagesbedarf. Nur, wann hast du das letzte mal 10 Äpfel und ein Kilo Bananen (circa 6-8 große Bananen) gegessen? Welcher normale Körper, welcher normale Mensch isst so? Um im realen Leben einen kalorischen Tagesbedarf mit Obst zu decken, muss man sich schon sehr viel Mühe geben.
Insulin ist ein Energie-, kein Kohlenhydrat-Hormon
Doch was haben Kalorien mit Insulin zu tun? Insulin ist kein „Kohlenhydrat-Hormon“, das nur ausgeschüttet wird, wenn man ein paar Kohlenhydrate isst.
Insulin ist eine Art Tanknadel, die uns sehr genau sagt, wie viel Energie du bereits im Tank hast. Einfach zu verstehen: Wer vollfett ist und viele Fettsäuren im Blut hat (entscheidendes Detail!), überfrachtet seine Zellen konstant mit Energie. Versteht man, nicht wahr? Energie geht nicht verloren, im Gegenteil. Das, was du dir angefressen hast, schwimmt im Blut, und zwar konstant. Was wird mit Insulin, also deiner Tanknadel passieren? Genau: Das wird chronisch erhöht sein.
Was passiert mit Insulin, wenn wir jetzt noch zusätzlich Energie in den Körper stopfen? Es wird noch weiter steigen, ganz akut. Aha. Und was ist, wenn wir keine Energie zuführen? Dann haben wir eine negative Energiebilanz, der Körper muss Energie zuschießen, die Tanks beginnen sich (langsam) zu leeren und Insulin wird als Folge direkt sinken. Bis es dann auf gesundem, niedrigem Niveau ist, wird es einige Woche dauern – so lange, bis der Tank nicht mehr übervoll ist. Das lässt sich hier sehr gut sehen.
Wie du insulinsensitiv wirst
Der Idealfall: Der Tank ist ziemlich leer (= im Blut schwimmt nicht konstant viel Energie), Insulin (die Tanknadel) ist niedrig und die Zellen werden insulinsensitiv. Jetzt passiert was Tolles bei gesunden Menschen. Arbeitendes Gewebe (z. B. der Muskel) wird nicht mit Hüftspeck-Fettsäuren bombardiert und zieht, weil es Energie braucht, konstant Zucker aus dem Blutstrom – ganz ohne Insulin. Drum ist die akute Insulin-Ausschüttung ein direktes Maß davon, wie stark Zellen im Energiemangel (= wenig Insulin nötig) oder im Energieüberschuss gehalten werden (= viel Insulin nötig).
So, lange Rede, kurzer Sinn: Wenn es – offenbar stoffwechselkranke – Menschen schaffen, mit niedrig kalorischen Früchten, die ein paar Kohlenhydrate enthalten, ihren Insulin-Spiegel in die Höhe zu treiben … dann haben die ein großes Problem. Der Energiestoffwechsel eines gesunden Menschen würde nur müde lächeln und sich fragen, wann endlich mal ordentliche Kalorienmengen reinkommen. Bei solchen Leuten würde der Insulin-Spiegel trotz der enthaltenen Kohlenhydrate nicht oder nur wenig ansteigen.
➜ Wir alle haben als Mensch naturgemäß das Problem, dass wir, wenn wir uns mit etwas intensiv befassen, häufig zu tief reinrutschen. Man verliert die Übersicht und den Blick für die Relationen. Drum sagen wir: Manchmal sollten einige Menschen einfach mal das Internet abschalten und den Abstand suchen. Dann würde man vielleicht erkennen, wie absurd solche Diskussionen – hier zum Thema Obst – eigentlich sind. Das Thema Insulin kann nur begriffen werden, wenn man den Faktor Energiestatus des Körpers mit in die Gleichung einbezieht. Der Fokus auf Kohlenhydrate alleine ist unzulässig.
Warum Insulin so wichtig ist
Insulinresistenz ist eines der wichtigsten Themen, wenn es um deine Gesundheit geht. Insulin *muss* wirken können und wirken dürfen, damit es seine positiven Effekte auf die Zellen ausüben kann – dazu zählen optimale Mitochondriengesundheit, DNA-Synthese, Aminosäurenaufnahme und Protein-Synthese, Glukose-Aufnahme und -Oxidation, Schutz vor Zelltod, Einleiten wichtiger Wachstums- und Erhaltungsprozesse und Entzündungshemmung. Kurzum, Insulin, sowie Insulin-ähnliche Wachstumsfaktoren (IGF1/2) sind „Balsam für die Zellen“. Wenn die Aktivierung dieses anabolen Signalwegs fehlgeleitet ist, werden Zellen krank.
Problematisch wird es, wenn die Zellen resistent gegenüber der Wirkung von Insulin werden. Man spricht von Insulinresistenz. Insulinresistenz ist nicht nur assoziiert mit verstärkten Entzündungen im Körper, sondern auch mit Alzheimer und Demenz (Neurodegeneration), Herzkreislauferkrankungen (= kaputte Gefäße), Energielosigkeit, Sarkopenie (Muskelschwund), Osteoporose (Knochenschwund), Herzerkrankungen (Mangel an anabolen Signalen im Myokard), optimale Regeneration nach Sporteinheiten und allgemeines Reparieren des Körpers im „Alltagsverbrauch“. Auch der nächtliche Schlaf wirkt teilweise über den Insulinrezeptor.
Weitere Ursachen für Insulinresistenz
Viele gehen davon aus, dass ein Zuviel Insulin im Blut, beispielsweise aufgrund einer kohlenhydratreichen Ernährung, dazu führt, dass die Zellen resistent gegenüber Insulin werden – ein Prozess, den man „Feedback-Inhibition“ nennt. Das ist jedoch nur ein sekundäres Phänomen und nicht die eigentliche Ursache. Der Insulinrezeptor und seine „Downstream-Ziele“, also Proteine, die in der Kaskade aktiviert werden, können auf vielfältige Weise gehemmt werden, was Insulinresistenz und Hyperinsulinämie zur Folge hat. Die bekanntesten und am besten erforschten sind:
- Übergewicht bzw. zu viel Fett/Energie im Blut (siehe oben)
- Ein Nährstoffmangel (Zink, Mangan, Kupfer, Vitamin A, Chrom und Selen)
- Umweltgifte wie Schwermetalle oder Dioxine
- Bewegungsmangel
- Entzündungen
- Zu viel Eisen
- Defekte Zellmembranen (z. B. Omega-3-Mangel)
- Genetische Faktoren
Viele Artikel dazu finden sich über die Blog-Suche!
1 comments On Obst und Insulinresistenz
Off topic, da meine social-Kanäle alle Pause ham & der Fehler hier auftritt: eure Suchergebnisse funzen nicht – die Resultate der ersten Seite werden auch auf jeder weiteren Ergebnisseite ausgegeben. Blogkonfiguration noch schief. ;)