Wann immer ich mit „Unerfahrenen“ rede, kommt entweder eine Aussage (!) oder eine Frage (?), die den Inhalt der Überschrift wiedergibt.
Irgendwie hat sich da etwas in den Köpfen festgesetzt, was ich nach Lesen von unzähligen Arbeiten, persönlicher Erfahrung und biochemischem Wissen, nicht nachvollziehen kann.
Der Proteinstoffwechsel kann zwar – rein theoretisch – aus 200g Eiweiß, 100g Kohlenhydrate synthetisieren, aber das Zeitalter der „reinen“ Kalorienrechnung haben wir doch mittlerweile verlassen?!
Eiweiß stimuliert in expliziter Art und Weise den Fettstoffwechsel. Immer wenn Aminosäuren im Blut sind, signalisiert das unserem Körper: Du sollst Fettsäuren als Energielieferant verwenden.
Dies äußert sich zum Einen an der hormonellen Veränderung (Glukagon, Wachstumshormon), zum Anderen aber auch am Grad der Sättigung: Alle Tiere, die ein Zuwenig an Eiweiß erhalten, kompensieren das mit Kohlenhydrat – bzw. Fettkonsum. Umgekehrt wissen wir längst, dass ein Mehr an Protein, das Essverhalten zugunsten einer reduzierten Kalorienzahl verändert.
Daraus folgt a) Tiere, die zu wenig Eiweiß erhalten (z.B. Affen), gewinnen Körperfett (aufgrund der Kompensation durch andere Makronährstoffe) und b) Tiere, die sehr viel Eiweiß erhalten, verlieren i.d.R. an Körperfett.
Neuerdings wissen wir auch (edubily.tumblr.com), dass Protein die Genexpression im Fettgewebe verändert zugunsten einer niedrigeren Fettmasse.
Weiterhin gibt es bei Eiweiß einen thermogenen Effekt, der ungefähr 25-30% entspricht. Das heißt: 25-30% der gerade zugeführten Kalorien, werden direkt in die Verwertung des eingenommenen Makronährstoffes investiert. Isst man nun eine Mahlzeit, die aus reinem Eiweiß besteht, dann werden 25-30% der gerade eingenommenen Kalorien direkt – ohne etwas dafür getan zu haben – wieder verbrannt. Das wäre bei einem Proteinkonsum von 250g/Tag und einer dementsprechenden Kalorienmenge von 1000kcal, immerhin knapp 300 zusätzlich verbrannte Kalorien.
Das oben beschriebene wird jetzt aktuell diskutiert in der Arbeit „The effects of consuming a high protein diet (4.4 g/kg/d) on body composition in resistance-trained individuals“ (Antonio et al., 2014)
Die Protein-Gruppe steigert ihre Proteineinnahme (im Vergleich zur Kontrollgruppe) um ca. 150g/Tag. Beide Gruppen nahmen bereits vor der Durchführung (pre) ca. 150g Eiweiß/Tag ein, was immer noch deutlich über dem von uns konsumierten Durchschnitt liegt.
Spannend ist, was während der Durchführung passiert: Die HP-Gruppe doppelt ihre Protein-Einnahme, erhöht sowohl den Fett -, als auch den Kohlenhydratkonsum und steigert somit die Kalorien/Tag um fast 800 kcal.
Nach der Logik eines jeden Ernährungsberaters, hätten diese Menschen innerhalb von 8 Wochen (8 W x 7 T = 56 T x 800 kcal = 45 000 kcal) 45 000 kcal extra zugeführt, was eine Gewichtszunahme von 6,5kg bedeuten würde (1 kg Fett = 7000 kcal).
Erstaunlicherweise nahm die HP (high protein) Gruppe tatsächlich zu, aber nur (im Schnitt) 1,7kg (vs. 0,9kg in der Kontroll-Gruppe).
Davon war:
- 1,9kg fettfreie Masse (Muskeln?)
- – 0,2kg Fettmasse
- – 0,6% Körperfett
Tatsächlich nahm der Körperfettanteil (in %) in der Kontrollgruppe etwas mehr ab (ca. 300g), was aber keine Signifikanz erreicht und somit unter den Tisch gekehrt wird. Die HP Gruppe hat aber fast 70% mehr Zuwachs an fettfreier Masse (FFM).
Was ich insgesamt damit sagen will: Eiweiß macht nicht dick.
6 comments On Protein macht dick!
Im Artikel ist zu lesen:
„Eiweiß stimuliert in expliziter Art und Weise den Fettstoffwechsel. Immer wenn Aminosäuren im Blut sind, signalisiert das unserem Körper: Du sollst Fettsäuren als Energielieferant verwenden.“
Dies hat mich zum Nachdenken gebracht, weil Proteine (Fleisch/Fisch/Milchprodukte/Eier/…) ja üblicherweise mit Kartoffeln, Reis, Brot oder irgendeiner anderen „KH-Beilage“ gegessen werden. (Und natürlich darf auch viel Gemüse dabei sein. :-) )
Ist dies im Bezug auf den oben zitierten Text des Artikels dann also unvorteilhaft, weil der Körper durch das gegessene Protein das Signal bekommt, Fettsäuren als Energielieferant verwenden…?
Ich habe einen Gentest gemacht. Das Resultat ist, das ich mich 60% Kohlenhydrate, 10% Eiweiss und 30% Fett ernähren sollte. Bisher habe ich genau das Gegenteil davon getan und habe immer einwenig zugenommen…
Man kann sowas nicht mit Gentest feststellen.
Kann man sowas mit einem Darmtest nachweisen? Ich habe einen Test bei Biomasse gemacht und die sagten mir, mein darmmilieu könne Eiweiß schlecht verdauen.
Ich habe einen Gentest gemacht. Das Resultat ist, das ich mich 60% Johlenhydrate, 10% Eiweiss und 30% Fett ernähren sollte. Bisher habe ich genau das Gegenteil davon getan und habe immer einwenig zugenommen…
Die Botschaft hör´ ich wohl ….
Wie wird es sich wohl bei Normalos, also keine (Kraft)Sportler, verhalten, die bei einer gewichtserhaltenden (aber eher fettvermeidenden) Ernährung häufig noch eher hungrig sind und dies mit zusätzlichem Eiweiß, z.B. 500g Magerquark mit 10% Milch, bekämpfen? Abgesehen von den ca. 23g KH und 3,4g Fett aus dem Quark und der Milch, also ca. 130 zusätzliche kcal (die man natürlich anderweitig kompensieren müßte), sollten dann die ca. 61g Eiweiß, also zusätzliche ca. 244kcal, folgenlos bleiben.
Kann man wirklich davon ausgehen? Oder ist – gar zusätzliches – Muskeltraining erforderlich (was natürlich aufgrund des damit verbundenen zusätzlichen Kalorienverbrauchs die Sache doch deutlich relativieren würde)?
Wenn das wirklich so stimmen würde, daß Proteine kalorienmäßig grundsätzlich nicht zählen, dann frage ich mich (und Dich), welche Bedeutung der von Dir selbst angeführte thermogene Effekt:
„Weiterhin gibt es bei Eiweiß einen thermogenen Effekt, der ungefähr 25-30% entspricht. Das heißt: 25-30% der gerade zugeführten Kalorien, werden direkt in die Verwertung des eingenommenen Makronährstoffes investiert. Isst man nun eine Mahlzeit, die aus reinem Eiweiß besteht, dann werden 25-30% der gerade eingenommenen Kalorien direkt – ohne etwas dafür getan zu haben – wieder verbrannt.“
dann noch haben sollte.
Würden Proteine kalorienmäßig per se nicht zählen, dann würde es auch keinen thermogenen Effekt hinsichtlich Proteine geben. Anders gesagt: Die Existenz dieses auf 25-30% „beschränkten“ thermogenen Effekts belegt doch, daß Proteine kalorienmäßig sehr wohl zählen, nämlich entsprechend des auch ihnen zugeschriebenen Multiplikators „4“.
Ist daher nicht vielmehr anzunehmen, daß Deine auf die Studie gestütze Schlußfolgerung
„Eiweiß macht nicht dick“
nur unter ganz besimmten, hier nicht näher ausgeführten und erläuterten Umständen gilt, es aber grundsätzlich bzw. allgemein dabei bleibt, daß der (verbleibenden) Kalorienwert auch von zugeführten Proteinen bei der Berechnung der zugeführten Energie zu berücksichtigen ist?