Substrat-Präferenz

Substrat-Präferenz beschreibt, dass ein jeweiliges Organ, ein jeweiliger Gewebetyp, einen bestimmten Makronährstoff bevorzugt oxidiert.

Das Herz beispielsweise, hat die Substrat-Präferenz Fettsäure.

Interessant wird die Substrat-Präferenz dann, wenn man sich die Schlüsselrolle derselben hinsichtlich der Entstehung von Insulin-Resistenz etc. klar macht. Doch es geht – wie wir gestern gelernt haben – nicht nur um die Krankheit (bzw. Dysbalance), die entstehen kann, sondern viel mehr auch um die Leistungsfähigkeit.

Alle Ausdauer-Athleten wissen Bescheid: Das einzige, was dich besser macht, ist die verbesserte Fähigkeit zur Nutzung von Fettsäuren als Energiequelle.

Period. Punkt. Aus.

Logischerweise macht alles besser, was diese „oxidative Kapazität“ steigert – das versuche ich hier konstant zu vermitteln.

Die Ursache des Übels also, finden wir zumeist am Ort des Ursprungs der zellulären Leistungsfähigkeit, die bei vielen einfach nicht mehr gegeben ist.

Doch das wäre ja überhaupt nicht schlimm… wenn…

Wir alle kommen mit einer gewissen genetischen Ausstattung auf der Welt. Wir brauchen auch überhaupt nicht zu diskutieren: Andere Ethnie heißt auch anderer Stoffwechsel.

Wir können uns also weder mit Inuit vergleichen, noch mit den Kitava-Inselbewohnern, noch mit den Buschmännern oder mit dem westafrikanischen Sprintern.

Angenommen du bist Halbafrikaner, deine Vorfahren kommen aus Westafrika – du lebst aber hier in Deutschland. Angenommen, du hast schnelle Beine, dieses Talent wurde entdeckt und du bist der beste 400m-Läufer in der Umgebung.

Man kann davon ausgehen, dass du eine riesige muskuläre Kapazität hast, Glukose aufzunehmen und womöglich auch (anaerob) zu oxidieren – denn dieses Substrat wird in dieser Intensität/Zeit bevorzugt genutzt. Deine Muskulatur möchte also gerne die Glykogenspeicher füllen, konstant. Was logischerweise nicht gegeben ist: Die Kapazität zur Fettsäure-Oxidation – oder sagen wir so: Sie ist gegeben, aber womöglich nicht ausgeprägt.

Was wäre das Dümmste, was dieser Mensch jetzt machen könnte? Eine Fett-Diät zu beginnen.

Ein anderer Fall. Du bist rothaarig, sehr helle Haut, hast kurze „Neanderthaler“-Schienbeine“ – dein „Lieblingssport“ ist das Gassi-gehen mit dem Hund. Du hast eigentlich nie Lust, viele Kohlenhydrate zu essen, wählst also (unbewusst) immer die Bratwurst, die Butter, den Käse, aber hast eben keine Affinität zu Kohlenhydraten.

Was wäre das Dümmste, was dieser Menschen jetzt machen könnte? Nur noch Kohlenhydrate zu essen.

Das bringt mich auch zum heutigen Dilemma, dann, wenn wir über Diäten-Ideologie reden, die überhaupt gar nicht individualisiert ist, sondern total pauschalisierend.

Hier wird klar, dass jedes Individuum in gewisser Weise für sich entscheiden muss, was das richtige Substrat ist. Notfalls, wenn man mit der eigenen Substrat-Präferenz nicht zufrieden ist, sollte man versuchen sie zu ändern.

Wenn jemand eine bessere Glukose-Toleranz haben will, weil er unbedingt 500g Kohlenhydrate am Tag essen möchte, der sollte womöglich darauf achten, dass die oxidative Kapazität nicht zugunsten einer gesteigerten Fettsäure-Oxidation moduliert wird.

Oder kurz: Wer einen T3 bis zum Anschlag hat, dessen Muskel möchte Fettsäuren oxidieren, keine Glukose.

Auf der anderen Seite bedeutet das, dass du keine Angst haben musst vor (Nahrungs-)Fett.

Dass wir uns an dieser Stelle richtig verstehen: Alles das, was einen verbesserten Fettstoffwechsel generiert, verschlechtert womöglich deinen Glukose-Stoffwechsel.

Wer jetzt also versucht mit Retinol, L-Carnitin … Wachstumshormon etc., seinen Fettstoffwechsel zu verbessern, der muss dann auch akzeptieren, dass der Körper in gewisser Weise „verlernt“, Kohlenhydrate en masse (> 200g) aufzunehmen.

Ist das schlimm? Nö. Dadurch kannst du ja viel besser von deinem Körperfett leben.

Umgekehrt aber, kann man auch nicht erwarten, dass man eine „Fettverbrennungsmaschine“ wird, indem man sprintet, Kraftausdauer trainiert, nur Kohlenhydrate isst und das ganze noch abrundet mit unendlich mTOR activating agents. Zumindest keine Fettverbrennungsmaschine im Sinne einer extrem hohen muskulären Kapazität zur Fettsäure-Oxidation.

Wir sollten uns einfach von der Vorstellung verabschieden, dass jeder auf der Welt immer und zu jeder Zeit 500g Kohlenhydrate oder 200g Fett gleich gut oxidieren kann – so etwas gibt es in den seltensten Fällen.

Die Botschaft dieses Artikels ist, dass du deine Substrat-Präferenz zwar verändern kannst, aber jeder viel mehr mit einer gewissen Substrat-Präferenz ausgestattet ist, die sich im Laufe der Jahre so entwickelt hat. Manchmal „schläft“ die Kapazität zur Fettsäure-Oxidation, weil jemand einen Eisenmangel o.ä. hat.

Dieses System ist so extrem vielseitig, dass man keine Lösungen finden kann, die für alle gilt.

Also… noch einmal, Botschaft dieses Artikels war, dass man den Körper nicht auf irgendein Substrat beschränken soll, weil man „glaubt“, es sei das Richtige – vielmehr müssen wir auf unseren Körper hören und womöglich ganz andere Wege gehen, als von vielen Gurus vorgeschrieben.

Übrigens gilt das da oben alles nicht mehr, wenn man bewusst dafür sorgt, dass man einen Gnu-Muskel hat :-) Der Muskel, der womöglich alles kann.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

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