Neulich gab es eine Diskussion in einem großen Bodybuilder-Forum. Dort wurde unser Chrom-Artikel diskutiert und auch unsere generelle Vorgehensweise mit Blick auf die Debatte um Mikronährstoffe.
Manchmal habe ich das Gefühl, dass vergessen wird, um was es eigentlich geht.
Wenn wir unsere Gesundheit, Leistungsfähigkeit oder whatever verbessern wollen, dann führt kein Weg an Ernährung und Sport vorbei. Es gibt einfach nur (sehr!) wenige Stellschrauben, die für uns relevant sein können.
Zeitgleich zeigen sich hier auch die größten Diskrepanzen zwischen dem, was wir heute leben und dem, was unsere Vorfahren noch vor wenigen Jahrzehnten gelebt haben. Speziell was Bewegung und (körperliche) Anstrengung angeht, sind wir heute einfach zweifelsohne die faule Fraktion — Leistungssportler mal ausgenommen. Das hatten wir in anderen Artikeln schon ausführlich besprochen.
Sport und Ernährung sind zweifelsohne die wichtigsten Stellschrauben, auch wenn es „softere“ Einflussfaktoren wie soziales Umfeld, Sonne, zirkadiane Rhythmen etc. gibt, die ebenfalls profunde Auswirkungen haben können. Heute und ganz aktuell wird sehr viel über Licht gesprochen, aber selbst das ist nicht wichtiger als die richtige Ernährung, dazu gleich mehr.
Wenn man mal im Labor arbeitet und für seine kleinen Versuchsobjekte, z. B. Hefen, Nährmedien herstellt, fällt schnell auf, warum es geeignete Versuchsobjekte für den „großen Bruder“, menschliche Zellen, sind. Die Zellen haben quasi die gleichen Bedürfnisse und bekommen deshalb Vitamine, Spurenelemente und Co. ins Medium gemischt.
Der Hintergrund ist simpel: Eine Zelle kann und wird nur funktionieren, wenn die für die chemischen Reaktionen nötigen Substanzen vorhanden sind. Deshalb wird sichergestellt, dass alles vorhanden ist.
Es gibt ein Buch, das nennt sich „Sirtfood“. Die Idee ist cool: Wir essen das, was gewisse Signalwege in unseren Zellen aktiviert. Diese speziellen Signalwege aktivieren dann „Gesund-Gene“. Sirt1, z. B., steht im Zentrum der Anti-Aging-Forschung (Dr. Sinclair und Co.), denn es ist Teil eines solchen Signalwegs, deshalb auch „Sirtfood“.
Dann denke ich weiter. Sirt1 wird seine Effekte auch über eine Vermehrung der Mitochondrien vermitteln. Gesunde Mitochondrien sind das A und O. Gesund heißt aber auch, dass sie genau das tun müssen und können, was sie sollen. Das werden sie aber nur, wenn sie Werkzeuge haben, mit denen sie arbeiten können.
Ich weiß also: Das, was wir durch irgendeine Signalweg-Modulation erreichen wollen, wird nur funktionieren, wenn wir unsere einzig echte Aufgabe auf diesem Planeten ordentlich erledigt haben: gut essen.
Letztlich nämlich wird alles, egal ob Sonne, Licht, Soziales, Stress, Sport, „Sirtfood“, also alle Einflüsse, in biochemische Signale übersetzt. Die Sprache der Zelle ist Chemie. Und diese chemischen Reaktionen müssen ablaufen können.
Mir scheint es, als ob wir solche essentiellen Gedanken nicht verstehen. „Ernährung“ ist ein sehr unpräziser Begriff, während die Bedürfnisse des Körpers, zumindest relativ betrachtet, sehr präzise sind. Letztlich also haben wir dann eine gute Ernährung, wenn wir …
- genug Energie,
- genug essentielle Mikronährstoffe,
- genug mit dem Körper wechselwirkende Bestandteile einer natürlichen Lebensmittelmatrix („Sirtfood“)
… zuführen. Diese Ernährung wird in ihrer Wirkung stärker, je weniger toxisch wirkende Stoffe zeitgleich zugeführt werden.
Unterm Strich also geht es in unserem Leben nicht per se um „die richtige Ernährung“ (was soll das sein?), sondern um das Erfüllen wichtiger Bedürfnisse via Nahrung. Meines Erachtens vergessen wir das bei all den Diskussionen um Ernährung manchmal.
Die Beobachtungen und Feststellungen sind also:
- Gesundheit und Co. können von uns im Wesentlichen nur mit Hilfe weniger Stellschrauben moduliert werden.
- Alle Signale, alles, womit wir unserem Körper helfen wollen, basiert auf (bio-)chemischer Wirkung im Körper.
- Chemische Reaktionen laufen nur unter der Bedingung ab, dass wir unsere Hausaufgabe erledigt und die Grundlage für diese Reaktionsfreudigkeit geschaffen haben.
Es ist also ganz klar, dass wir die wenigen Stellschrauben, die wir tatsächlich haben, auch ausreichend diskutieren müssen. Über was sollen wir sonst reden, wenn wir gesünder oder fitter werden wollen? Wir haben einfach nur sehr wenig Spielraum.
Ich kann als Folge nicht mit Verständnis reagieren, wenn Themen innerhalb dieses Spielraums lapidar abgetan werden. Wenn wir das lapidar abtun, brauchen wir über gar nichts mehr zu diskutieren, dann sind sämtliche Gesundheits- und Sportforen für die Katz. Oder die Teilnehmer haben noch immer nicht verstanden, um was es auf diesem Planeten eigentlich geht. Um „Himbeeren, Nüsse, Quark und Hühnchen“, also eine „richtige Ernährung“, sicher nicht. Sondern um das, was der Körper an Forderungen stellt.
Wenn also jemand dieses genannte und sicher gute Sirtfood-Buch kauft, ab sofort dann täglich fünf Tassen Grüntee trinkt, dann weiß ich, dass dieser Mensch nur mit viel Glück das erwarten darf, was er sich erhofft — also z. B. gesunde Mitochondrien. Denn im Gegensatz zu den vielen Versuchstieren, bei denen das funktionieren kann, sind wir Menschen einfach zu unorganisiert, zu planlos, zu zufällig. „Wird schon funktionieren. Irgendwie. Vielleicht.“
Wenn wir also gesunde Mitochondrien haben wollen, dann muss uns klar sein, dass die nur gesund sind, wenn die dort eingelagerten Proteine funktionieren können. Dafür nötig ist z. B. Häm, ein Eisen-Komplex, der Sauerstoff bindet. Nur damit funktioniert, wie wir wissen, die Energiegewinnung.
Diese Häm-Synthese wird reguliert durch Biotin 1. Gewusst? Biotin-Entzug sorgt u. a. deshalb für mitochondriale Dysfunktionen 2.
Nun kann jeder innerhalb weniger Minuten via Nährwerttabellen herausfinden, ob das mit der Versorgung hinhaut. Man kann natürlich auch wieder alles totreden und so tun, als ob das alles total unnötige Informationen sind. Oder man stellt, wie oft schon angesprochen, mit niedrig dosierten Multi-Präparaten eine einfache Grundlage her und weiß dann, dass die körpereigenen chemischen Reaktionen ablaufen können.
Dann kann man Bücher wie „Sirtfood“ kaufen und erwarten, dass wir ein bisschen fitter, ein bisschen gesünder mit Hilfe von Grüntee und Co. werden. Oder wir legen uns in die Sonne und freuen uns in Jack-Kruse-Manier über angekurbelte ATP-Synthese.
Ernährung ist und wird immer der wichtigste Bestandteil eines gesunden Lebensstils sein. Denn erst damit legen wir den Grundstein für alles, was in irgendeiner Weise wirken soll.
Wer das nicht versteht, der lebt gedanklich noch im Mittelalter.
3 comments On Ernährung ist und bleibt der Schlüssel
Könnt ihr mal ein gutes Multivitamin/-Mineral empfehlen? Wird es sowas auch mal von Edubily geben?
Hallo,
im Forum ist der Goldstandard, also das, an dem sich alle anderen zu messen haben, das „Two Per Day“ von der Firma Life Extension Foundation. Dieses kostet etwa 10 Euro im Monat und hat fast alle wichtigen Stoffe in großzügigen Bemessungen und dies auch in gut aufzunehmenden Formen (daran spart die Konkurrent besonders gerne)
Wichtig dazu wären insbesondere ein Mehr an Magnesium, Kalium, Omega 3-Fettsäuren und ggf. Carnitin und Cholin, diese kann man sich aber auch definitiv aus Nahrungsmittel holen.
Hallo Chris,
sehr guter Artikel, wieder mal. Wer die überragende Bedeutung der Ernährung nicht versteht, dem ist in der Tat schwer zu helfen.
Deswegen bin ich ja auch so ein Fan Eures Artikels“ Richtig Essen“. Das ist eine einfache und sehr gute Essenz für den Durchschnittsbürger (den müßt Ihr erreichen!,dann ist edubily mehr als nur interessante Biochemie!) der solch einfacherer Artikel auch verstehen sollte. Wenn Ihr da noch etwas updatet, vielleicht in einem 3.0, ergänzt u.a. um das Multivitamin und vor allem mit der Empfehlung der zumindest einmaligen Messung der 47 essentiellen Substanzen u.a.,denn das macht kaum jemand, weil es ja was kostet, dann
wäre das sicher weiter eine Riesenhilfe.
Viele Grüsse! Ralf