Warum Taurin wichtig ist

Der Carnivor-Mensch: So wichtig ist Taurin

Der Carnivor-Mensch.

Nun, man kann vermutlich viel über Ernährung diskutieren. Über Lebensstile. Über Umweltbelastung. Über Ethik, Moral, Gewissen. Und so weiter.

Worüber man sich allerdings nicht streitet, zumindest nicht in der Wissenschaft: Der Mensch ist als einziger Primat deshalb Mensch, weil er gelernt hat, Fleisch zu essen. Daran führt argumentativ kein Weg vorbei.

Die Frage ist viel mehr: Wie stark oder wie wenig sind wir tatsächlich auf die Fleisch-Zufuhr angewiesen?

Ich glaube … Einige biochemische Schnittstellen verraten uns das eindringlich.

Der Mensch braucht die Taurin-Zufuhr

Der Pionier der Paleo-Diät, Loren Cordain, hat uns aufgezeigt, wie schlecht wir darin sind, Taurin selbst zu synthetisieren. Ich habe aufgezeigt, was das konkret bedeutet. Damals habe ich u. a. hingeschrieben: Mitochondriale Dysfunktion. Auch Dr. Strunz hat dies aufgefasst. Tatsächlich finden wir in Studien den Hinweis, dass Veganer viel niedrigere Taurin-Werte im Blut und im Urin aufweisen.1 2 Letzteres ist vermutlich eine Schutzfunktion des Körpers, um Taurin zu sparen. Wohlgemerkt: Hier wurden Veganer mit durchschnittlichen Omnivoren verglichen.

Gibt es Populations-spezifische Unterschiede?

Taurin ist einer der wenigen Stoffe, die ich, niedrig dosiert, fast täglich zu mir nehme. Einer der wenigen Stoffe, die mir aus persönlichen Gründen sehr ans Herz gewachsen sind.

Natürlich stelle ich mir viele Fragen. Wenn mein Freund aus Ruanda hier ist, der erzählt, dass sie fast ausschließlich von Pflanzen leben … na ja, ich denke mir meinen Teil. Gibt es da vielleicht Populations-spezifische Unterschiede? Eine Sache weiß ich: Er ist klein, zierlich, hat kaum Muskeln. Jedenfalls so, wie wir uns Kenianer vorstellen. Kenia liegt neben Ruanda.

Neuerdings haben wir gelernt, welch massiven Einfluss die Epigenetik tatsächlich hat. Wenn die Epigenetik also derart stark wirken kann, brauchen wir uns eigentlich nicht zu fragen, wie gravierend die Unterschiede zwischen genetisch getrennten Populationen sein können, vor allem, wenn über Jahrtausende hinweg kein oder kaum Genfluss stattgefunden hat. Zur Erinnerung: Jeder heute lebende Europäer hat Neanderthaler-Gene in sich. Bei Asiaten sind es halt Denisova-Gene. Und so weiter.

Mein kleiner, zierlicher, muskelarmer Freund also könnte gewisse Engpässe, die durch ausschließlichen Pflanzenkonsum zustande kommen, besser kompensieren als ich. Die Statur von ihm könnte gerade eine Anpassung an die pflanzliche Kost darstellen. Aber das ist reine Spekulation, ungeachtet jeglicher Statistiken. Was man allerdings weiß: Die Qualität der Ernährung steuert maßgeblich die körperliche Entwicklung des Menschen, auch über Generationen hinweg.

Veganer haben Probleme

Veganer, die nicht mit viel Aufwand Bohnen aus Timbuktu und Soja aus Asien importieren, werden bereits Schwierigkeiten mit der Eiweißzufuhr bekommen. Wohl gemerkt: Ich denke hier an mich und an die vielen schweren, womöglich trainierenden Europäer. Klar ist, dass ich hier schreibe, weil ich selbst schon vegan gelebt habe und weiß, wie wenig kompatibel das mit dem tatsächlichen Leben hier ist. Oder leben die Veganer, die du kennst, im Winter nur von Kohlgemüse und Kartoffeln? Eher nicht. Eher: Mango-Kokos-Smoothie zum Frühstück.

Taurin-Mangel schmälert Ausdauerleistung (= mitochondriale Funktion) dramatisch

Mitochondriale Dysfunktion wegen Taurin-Mangel also.

Hier gibt es ganz elegante Studien, die das schön darlegen.

Sorgt man dafür, dass Muskelzellen kein oder sehr viel weniger Taurin einlagern, fällt die AMPK-Expression deutlich. AMPK reguliert allerdings die Gene des Fettstoffwechsels. Ein regulierter Hauptschalter ist PPARalpha. PPARalpha reguliert weitere Gene, zum Beispiel CPT1alpha, das Fettsäuren über die mitochondriale Membran transportiert 3.

Das ist für mich der Beginn einer mitochondrialen Dysfunktion. Was muss darunter zuerst leiden? Genau, zum Beispiel die Ausdauerleistung.

Resultat ist dann: Die Tierchen mit normalen zellulären Taurin-Werten rennen drei Mal (!) so weit und deutlich schneller.

Mit mehr Fleisch/Fisch zu mehr Energie

Wer sich also vier Wochen vegane Ernährung gönnt und sich dann wundert, warum er – nach „Fleisch- oder Fisch-Refeed“ – plötzlich wieder energetisch und wach daher kommt … nun ja, der hat hier wenigstens einen Erklärungsversuch. Natürlich kann das viele weitere Ursachen haben. Zum Beispiel Kreatin oder Carnitin.

Zusätzlich: Es gibt Veganer, die behaupten, Methionin und Cystein seien das größte Übel überhaupt – unbewusst nehmen sie ihrem Körper so die Möglichkeit, das fehlende Taurin zu synthetisieren. Natürlich neben der Tatsache, dass sie kein Taurin über die Nahrung zu sich nehmen.

PS: Wer wirklich ansprechende Taurin-Werte haben möchte, der sollte zu Meeresfrüchten greifen.

Quellen 

  1. Laidlaw SA, et al. (1988): „Plasma and urine taurine levels in vegans. – PubMed – NCBI“.Ncbi.nlm.nih.gov. Abgerufen am 29. 03. 2016 von http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/3354491.
  2. Rana, Surinder K.; Sanders, T. A. B. (1986): „Taurine concentrations in the diet, plasma, urine and breast milk of vegans compared with omnivores“. In: BJN. 56 (01), S. 17, DOI: 10.1079/bjn19860082.
  3. Ito, Takashi; Yoshikawa, Natsumi; Schaffer, Stephen W. u. a. (2014): „Tissue Taurine Depletion Alters Metabolic Response to Exercise and Reduces Running Capacity in Mice“. In: Journal of Amino Acids. 2014 , S. 1-10, DOI: 10.1155/2014/964680.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

10 comments On Der Carnivor-Mensch: So wichtig ist Taurin

  • Hallo Chris,
    als ich auf euren Blog gestoßen bin, war ich zunächst sehr überrascht mit welcher „emotionalen Aufgeladenheit“ hier über das Thema Veganismus gebloggt wird. Auch das Taurin in der veganen Ernährungsweise ein Problem darstellt, ist mir völlig neu.
    Welcher Ernährungsweise ich nachgehe, werde ich hier nicht schreiben, weil es für meinen Kommentar auch nicht relevant ist und ich auf einer rein wissenschaftlichen Ebene argumentieren möchte.

    Nachdem ich deinen Text gelesen habe, habe ich mir deine Quellen angesehen und musste leider feststellen, dass sie absolut und in keiner Weise repräsentativ/aussagekräftig sind, um eine ganze Ernährungsweise vor den Pranger zu stellen.
    Warum ich das so sehe, erkläre ich dir.

    1. Die Quellen, die den Zusammenhang zum Menschen herstellen, sind wissenschaftlich betrachtet uralt – 1986/1988. Natürlich gibt es aussagekräftige Studien aus vergangenen Zeiten aber dazu zählen die beiden leider nicht, wie ich in den weiter folgenden Punkten deutlich machen werde.
    2. Die Stichprobenumfänge sind aus wissenschaftlicher Betrachtung mikroskopisch klein. Einmal 11 und einmal 18 Probanden, die tatsächlich in die Analyse einbezogen wurde. Aussagekräftige epidemiologische Studien bewegen sich (mindestens) in den 1000ern. Und selbst da kann noch viel falsch gemacht werden, wodurch die Aussagekraft stark vermindert wird. Zumal Studien an Menschen und rund um Ernährung immer schwierig sind (Unterschiedliche Lebens- und Ernährungsweise, Mikrobiom/Stoffwechsel, Genetik usw.). Solche kleinen Umfänge werden auch häufig für qualitative Studien verwendet, um Hypothesen zu generieren.
    3. In der Studie von 1988 fällt einiges zusätzlich auf. Die vegan lebenden Menschen stammten aus einer ländlichen Gegend in Kalifornien, gehörten den Siebenden-Tags-Adventisten an und haben sich ohnehin nur „marginal to adequate“ mit Protein ernährt. In einer solchen Gruppierung, die dann auch noch auf dem Land lebt, kann es durchaus sein, dass sie einen ganz eigenen, wenn auch veganen, Ernährungsstil haben. Das erfährt man allerdings nicht. In der Diskussion wird aber genannt, dass die Ernährung wahrscheinlich arm an metabolischen Substraten war, die an der Synthetisierung von Taurin beteiligt gewesen wären.
    Auch zu 1988: Es gab keine Nährstoffanalyse vom Essen. Es wurden gemittelte Werte aus Büchern verwendet, was durchaus zu einem Informationsverlust führen kann.

    Ja, in beiden Studien wird festgestellt, das es bezüglich des Taurins im Plasma und im Urin Unterschiede zwischen Omnivor und Vegan gibt.
    Es gibt keine neueren Studien zum Thema Veganismus und Taurin obwohl Veganismus immer mehr ins Rampenlicht gerückt ist. Das sollte deutlich machen, wie irrelevant dieses Thema für Veganismus ist. Denn die Studien rund um Veganismus sind definitiv mehr geworden und das Thema Proteine ist meistens das ‚empfindlichste‘. Es wurde schon oft genug ‚bewiesen‘, dass bei einer vollwertigen veganen Ernährungsweise kein Problem darstellst bei der Proteinaufnahme. Da hat Pubmed wirklich einiges zu bieten. (Ein Beispiel: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31690027/)

    … Natürlich kann es sein, dass es sich dabei auch irgendwie um die Büchse der Pandora handelt und einfach noch niemand sonst darauf gekommen ist, danach mal zu gucken. Jedoch bezweifle ich das stark, da, wie schon gesagt, die Aufmerksamkeit auf Veganismus sehr groß geworden ist und es immer mehr Möglichkeiten gibt, noch mehr und noch genauer den Stoffwechsel von Menschen zu untersuchen und daraus Schlüsse zu ziehen. Zudem sind Studien online so gut verfügbar, dass sie nicht einfach in irgendeinem Buch verschwinden. Natürlich sofern sie veröffentlich wurden und die beiden sind es ja.

    „Worüber man sich allerdings nicht streitet, zumindest nicht in der Wissenschaft: Der Mensch ist als einziger Primat deshalb Mensch, weil er gelernt hat, Fleisch zu essen. Daran führt argumentativ kein Weg vorbei.“ – Das nimmst du woher? Auch dafür sollten Quellen hingeschrieben werden :-) ..
    „Ich glaube … Einige biochemische Schnittstellen verraten uns das eindringlich.“ Wenn das so ist, stellst du es hier alles andere als eindringlich dar. Siehe die Auflistung.
    „Veganer haben Probleme“ Sagt wer? Sagt welche Quelle? Oder kommt das von der Nachbarin, deren Sohn, dessen Onkel, einer Freundin seiner Tochter? Oder sagen das die elf vegan lebenden Menschen vom Land in Kalifornien aus 1988, die einer Sekte angehören und sich vermutlich nicht ausreichend mit Protein versorgen? Ich denke nicht, dass man die als Maßstab ansetzen kann.

    „Oder leben die Veganer, die du kennst, im Winter nur von Kohlgemüse und Kartoffeln? Eher nicht. Eher: Mango-Kokos-Smoothie zum Frühstück.“ … Veganer, die du kennst = repräsentative Stichprobe? Repräsentatives Verfahren, um das Verhalten aller zu dokumentieren? Und: Ist der nicht-saisonale/nicht-regionale Genuss von einem Mango-Kokos-Smoothies nur vegan lebenden Menschen vorbehalten?
    Zumal das Angebot dieser Lebensmittel mit Sicherheit nicht auf die 1-2 % vegan lebenden Menschen zurückzuführen ist, von denen das wahrscheinlich nicht mal alle essen.

    „Zusätzlich: Es gibt Veganer, die behaupten, Methionin und Cystein seien das größte Übel überhaupt – unbewusst nehmen sie ihrem Körper so die Möglichkeit, das fehlende Taurin zu synthetisieren. Natürlich neben der Tatsache, dass sie kein Taurin über die Nahrung zu sich nehmen.“ Wer sind denn DIESE Veganer, die das behaupten?
    Zumal Methionin in vielen pflanzlichen Lebensmitteln enthalten ist, woraus Cystein und schließlich Taurin gebildet wird. Eine gute Kombination von Nahrungsmitteln erhöht auch die Proteinwertigkeit und dessen Verstoffwechselung, was bei einer rein pflanzlichen Ernährungsweise kein Hindernis darstellt.

    (Kurzer Einschub: Das Taurin in einem bestimmten Maß (wie es mit allen Lebensmitteln ist) ein wichtiger Baustein für den Organismus ist, stell ich hier nicht in Frage.)

    Ich empfehle dir die Bücher von Prof. Dr. Claus Leitzmann zum Thema vegane und vegetarische Ernährung, sofern du dich weiter damit beschäftigen möchtest oder einfach Einzelheiten nachschlagen möchtest, wenn du nur ältere Quellen findest.

    UND: Hört bitte auf mit diesen starken Verallgemeinerungen „DIE Veganer tun dies, DIE Veganer tun das und sowieso verhalten DIE Veganer sich alle gleich und DIE Veganer haben alle DIESES und JENES Problem und machen DIESES und JENES falsch.“

    Es ist wirklich wahnsinnig anstrengend so einen Text zu lesen, unabhängig davon, welcher Ernährungsweise man nachgeht. Zumindest ist das mein Empfinden als eine Person, die an Wissenschaft und ihrer Neutralität große Freude hat. Mir ist klar, dass es auch irgendwo darum geht ein Publikum zu erreichen und viele Menschen, die hier lesen, vielleicht auch ähnlich darüber kommunizieren.

    Aber ob das gute Wissenschaftskommunikation darstellt? Ich finde nicht. Das ist meine Meinung und soll kein persönlicher Angriff sein.

    Soviel erst mal dazu. Ich freue mich über eine Antwort von dir.
    Viele Grüße

    K.

    ps.: Um die Aussagekraft von deinem Artikel zu untermauern, solltest du einige Studien mehr auflisten, vor allem auch aktuellere und mit einer besseren Methodik. Aber das ist in meiner Kritik denk ich klar geworden.

    • Puh, also ich kann nicht immer auf solche ellenlangen Abhandlungen eingehen. Dafür fehlt mir die Zeit und die Kommentarspalte ist ein Format, das einer echten Stellungnahme zum Thema nicht gerecht werden kann. Aus diesem Grund gibt es mehrere Bücher von uns mit unzähligen Studien. Zudem ist dieser Artikel vier Jahre alt, und unsere „Beweisführung“ (unser Konzept) erstreckt sich über den ganzen Blog. Ich werde trotzdem versuchen, einige Punkte zu deiner Ausführung zu sagen ;-)

      1. Ich sehe keinen Grund, warum die angebrachten Studien nicht zulässig oder nicht ausreichend wären. Das Ausschlusskriterium bestimmst nicht du und eine Beweisführung zu einem Thema hängt auch nicht davon ab, wie viele Probanden oder wie groß die Stichprobe in einer Studie war, wenn das Puzzle-Teil in einen sinnvollen Kontext gesetzt wird. Zu dem Thema empfehle ich Literatur zu Thema, was „evidence-based“ ist.

      2. Es gibt wissenschaftlich betrachtet keinen Goldstandard für eine Studie als gutes Puzzleteil in einer guten Beweisführung. Epidemiologische Studien wären für mich sowieso die letzte Wahl, weil man damit alles (oder nichts) „beweisen“ kann. Hier verwässern individuelle Effekte viel zu stark, weswegen es für mich keinen Sinn ergibt, sie zu verwenden.

      3. Taurin ist ein Stoff, der sich in den wenigen Studien die es zu diesem Thema gibt, am stärksten unterscheidet zwischen Veganern und Omnivoren. Es gibt einige meat based bioactive compounds, deren Semiessentiellität sich daran zeigt, dass sie abfallen, wenn man sich pflanzenbasiert ernärt – und das obgleich, höhere Werte eindeutig mit einer besseren Funktionalität korrelieren. Es ist also keineswegs so, dass ein Abfall einfach so kompensiert würde. Die MBBC sind z. B. Kreatin, Carnitin, Carnosin, Anserin und Hydroxyprolin. Übrigens ist es zwar richtig, dass „XY isst vegan“ viel bedeuten kann – das gleiche gilt aber auch für die omnivore Ernährung. Man wird die Gruppen niemals so perfekt matchen können, dass eine 100%ig perfekte Aussagekraft dahintersteht. Umgekehrt sollte man sich vor Erbsenzählerei hüten, weil man Ergebnisse in einen Kontext bringen muss. Die vorhandene Datenlage zeigt, dass wir eine limitierte Fähigkeit zur Eigensynthese haben (Cysteine Sulfinate Decarboxylase ist ein ratenlimitierendes Enzym und ist bei uns auf dem Level von Katzen, sprich Karnivoren), was sich sowohl im Erwachsenen bei fleischarmer, pflanzenbasierter Ernährung widerspiegelt, als auch im Kind – bei letzterem zeigte sich, dass Kinder, die mit Muttermilch versorgt werden, bessere Taurinspiegel aufweisen als solche, die Ersatzprodukte bekommen. (Übrigens ist die CSD-Aktivität sogar bei anderen Primaten niedrig, weswegen sie an Taurin verarmen, wenn man es ihnen nicht zuführt. In der Wildnis führen viele Primaten genug Taurin zu, da sie nicht nur Pflanzen sondern auch Klein(st)tiere essen.)

      Ich finde auch deinen Idealismus mit Blick auf die Studienverfügbarkeit süß, aber die Realität ist nun mal, dass das, was man auf biochemischer Ebene über eine Ernährung weiß, die Speerspitze der Ernährungswissenschaft ist. So vielfältig, extrem bedeutend, aber im Endeffekt nicht hinreichend erforscht. Daher müssen gerade die Ergebnisse der Ernährungswissenschaft immer in größeren Zusammenhängen und Kontexten betrachtet werden, was natürlich immer besser gelingt, je mehr herausgefunden wird. Dann muss es aber auch jemand geben, der das synthetisiert, es wird nie eine Studie oder „die“ Studienlage zu einem Thema geben, weil eine Datenlage immer unterschiedlich interpretiert wird (s. „evidence-based“).

      Zum Thema Kontext: Wie schon oft in diesem Blog und vor allem in unseren Büchern dargelegt, weisen sowohl Fossilfunde (abgeschabte Knochen von Tieren, aufgebrochene Markknochen, Flächen voller Tierknochen, ganze Muschelhaufen -> Køkkenmøddinger usw.), Bilder in Höhlen, die Anatomie des Menschen (als einziger Primat einen langen Dünndarm und einen atrophierten Dickdarm), die Biochemie des Menschen (atrophierte Pfade, z. B. Polymorphismen im BCMO1-Gen, oder wie oben bei CSD), ja sogar das Verhalten von uns (Stichwort: Evolutionspsychologie) bzw. der Lebensstil/Ernährungsgewohnheiten von noch heute lebenden Jäger-und-Sammler-Populationen darauf hin, dass Fleisch eine zentrale Rolle in der menschlichen Ernährung spielt und gespielt hat. Wem das immer noch nicht genug ist: Isotop-Werte in Menschen/Neanderthalern der Steinzeit zeigen klar, dass die eher gegessen haben wie Hyänen, und die Gattung Homo entstand genau in einem Zeitraum, wo sich die Beweislage verdichtet, dass der Mensch vermehrt auf tierische Produkte zurückgegriffen hat. Überhaupt musste für das hochmoderne und riesige Gehirn, was wir haben, und für unsere zeitgleiche Grazilität, die uns im Vgl. zu anderen Primaten auszeichnet, eine andere Ernährungsquelle erschlossen worden sein, die viel hochwertiger ist, z. B. Tierfett/Markfett. DAS ist eine Beweisführung, nicht das blinde Zitieren von epidemiologischen Studien, als Beispiel.

      Cystein und Methionin kommen reich in tierischen Proteinen vor, in pflanzlichen Proteinen eher nicht so. Über die Wertigkeit von Protein in einer veganen Ernährungsform will ich jetzt auch nicht diskutieren. Es erleidet ganz sicher kaum jemand einen Proteinmangel, wenn es sowas gibt. Darum geht es zumindest mir auch nicht. Niemand muss Berge von Fleisch verputzen, um gut mit Aminosäuren versorgt zu sein.

      Und zum anderen Thema noch: Der Veganismus wäre heute nicht so präsent und gern gelebt, wenn es die Fülle an Möglichkeiten nicht gäbe – wie geschrieben. In gewisser Weise ist das Heuchelei, denn in meinen Augen wären viele Veganer sehr viel kleinlauter, wenn sie sich von Möhren und Kartoffeln ernährten müssten ;-) Das ist aber auch nicht der Punkt: Was mit dem Punkt verdeutlicht werden soll, ist, dass man sich mit herkömmlicher Kost bei uns als omnivor gut versorgen kann, während es für Veganer nicht oder kaum möglich ist. Wie passt sowas in einen größeren Kontext? Bei genauerer Betrachtung: Gar nicht. Denn der Veganismus, wie er hier gelebt hat, ist eine Seifenblase, sowohl mit Blick auf Nachhaltigkeit, als auch mit Blick auf die Gesundheit.

      PS: Was ich lesen sollte, besser tun oder nicht tun sollte, was moderne Methodik ist, was gute Studien und Bücher sind … entscheide ich ;-) Ich denke, manche tun gut daran, sich in Zurückhaltung zu üben.

  • Methylisiert Taurin denn auch die Gene?
    Es besteht ja zumTeil aus Methionin.
    Sprich kann ich so mir eine Methioninsupplementierung sparen?

  • Danke für diesen Artikel. Ich kann deine Erfahrungen mit der veganen Ernährung durchaus bestätigen. Ich habe selbst jahrelang Vegan gelebt und hatte an einem gewissen Punkt gemerkt, dass der innere Antrieb irgendwie fehlt. Den Zusammenhang mit dem Taurin hatte ich bisher noch nicht in Betracht gezogen ergibt aber durchaus Sinn. Ich habe Taurin nun schon länger bei mir im Schrank stehen hatte es aber eher weniger genutzt. Mich würde interessieren zu welcher Uhrzeit es am optimalsten wäre zu sich zu nehmen und ob es Komplikationen mit anderen Supplementen haben kann? Ich habe immer das Gefühl gehbat, dass es mit Cholin nicht so gut harmoniert, wisst ihr hier mehr? LG

  • Wahrlich interessant, aber von Fisch und Meeresfrüchten halte ich leider fast gar nichts mehr aufgrund der wahnsinnigen Verschmutzung der Meere. Das war schon vor 30, 40 Jahren ein bekanntes und großes Problem. Da supplementier ich das gute Zeug eher noch (gerne mit Infos von Chris).

    • Hey Marvin,

      bin da voll bei dir.

      Ob man Fleisch isst oder nicht, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Man sollte allerdings nicht die evolutive Komponente ignorieren, was du ja schön dargelegt hast. Daher: Taurin-Ergänzung ergibt m. E. durchaus Sinn. Mit 500 mg am Tag ist man sicher bestens bedient.

      LG, Chris

  • Eine Supplementierung durch Taurin hatte ich mir vor längerer Zeit schoneinmal im Hinterkopf behalten, da ich Langstreckenläufer bin und ein sehr hohes Trainingspensum in der Woche leiste. Durch deinen Artikel ist mein Interesse nocheinmal gewachsen. Welches Taurin nimmst du genau? (Marke und Artikelbezeichnung)

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