Das Vitamin-D-Rätsel – Ein Kommentar

Über Vitamin D wird mittlerweile viel gesprochen.

Auch auf offizieller Seite: Während das BfR in Deutschland noch immer glaubt, wir seien mit 800 IE pro Tag prima mit Vitamin D versorgt, hat ein Experten-Panel unter Beteiligung der Polnischen Gesellschaft für Kinderendokrinologie und Diabetologie in Polen, vor nicht allzu langer Zeit, gänzlich neue Empfehlungen rausgehauen.

Ich frage mich, ob deutsche Behörden auch mal gucken, was die Nachbarländer so machen?! Denn mittlerweile wird die Diskrepanz anscheinend immer größer. Mehr noch, die Polen „erlauben“ sich hier sogar konkrete Empfehlungen rauszuhauen. Wer sich mal mit den Stellungnahmen des BfR befasst hat, wird wissen, dass wir lange suchen müssen, bevor wir auf „konkrete Empfehlungen“ stoßen. Nun gut. German Angst, oder so.

Die neuen Empfehlungen aus Polen

Wie sehen die Empfehlungen denn aus? Man höre (lese) und staune:

Die detaillierten Empfehlungen für Kleinstkinder habe ich jetzt mal weggelassen. Ohne zu wissen welche Werte jemand hat, dürfen (oder sollen) erwachsene Menschen in Polen …

  • 800 bis 2000 IE nehmen, im hohen Alter sogar 2000 bis 4000 IE pro Tag.
  • Wer etwas kräftiger ist, soll je nach Ausmaß sogar 1600 bis 4000 IE pro Tag nehmen, im hohen Alter sage und schreibe 4000 bis 8000 IE.

Einfach so!

Interessant auch, was je nach Vitamin-D-Wert zu tun sei:

Also, der Wert gilt erst ab > 30 ng/ml als optimal – und im suboptimalen Bereich soll man sich einfach an die oben gegebenen Empfehlungen halten.

Jo, was soll ich sagen? Die haben wenigstens Eier in der Hose.

Wie stehe ich dazu?

Das ist ja heute ein Kommentar. Kein Artikel im herkömmlichen Sinne. Deshalb fällt das ein bisschen kürzer aus – und ein bisschen eher gepaart mit meiner eigenen Meinung.

Ich experimentiere seit Jahren mit Vitamin D und vor vielen Jahren (mittlerweile nicht mehr) habe ich auch des Öfteren meine Werte messen lassen. Irgendwann bekommt man ein gutes Gefühl dafür, wie sich „Vitamin D“ anfühlt. Ich sage ja immer, Körpergefühl ist das A und das O.

Der Grund dafür ist, dass wir alle in einem unfassbar komplex und individuell verzweigten System leben. Der Weg vom Vitamin D, das wir schlucken, zum aktiven Vitamin-D-Hormon (Calcitriol) führt über mehrere Enzyme, die eine Balance zwischen Aktivierung und Deaktivierung halten, ein Transportprotein für Calcidiol (messen wir im Blut) und einen Calcitriol-Rezeptor, der dafür sorgt, dass Calcitriol überhaupt mit der DNA wechselwirken darf.

Und all diese Verbindungsstücke können unterschiedlich gut funktionieren. Wir sprechen beispielsweise von Polymorphismen der Gene, die für CYP27B1 (sorgt für die Bildung von Calcitriol) oder CYP24A1 (sorgt für den Abbau von Calcitriol) kodieren. Diese Enzyme arbeiten dann besser oder schlechter. Auch über den Calcitriol/Vitamin-D-Rezeptor wird mit Blick auf Polymorphismen viel gesprochen. Tatsächlich wird immer häufiger versucht, einen Zusammenhang zwischen der Entstehung von Krankheiten und dem Auftreten dieser Polymorphismen zu finden.

Vitamin-D-Stoffwechsel. Status: Es ist kompliziert.

Doch die Enzym- bzw. Proteinfunktion selbst wird maßgeblich auch von „herkömmlichen“ Faktoren beeinflusst. So zeigt sich z. B., dass Vitamin D zum Funktionieren unbedingt Magnesium braucht. In anderen Studien zeigt sich, dass die Bildung von Calcitriol stark damit zusammenhängt, wie viel Zink lokal vorhanden ist – und der Vitamin-D-Rezeptor verfügt über eine Zinkfinger-Domäne, heißt, er kann erst an die DNA binden, wenn Zink da ist. Calcitriol kann zudem erst wirken, wenn genug Retinsäure (aus Vitamin A) vorhanden ist – und überhaupt handelt es sich bei vielen Enzymen im Vitamin-D-Stoffwechsel um Enzyme der eisenabhängigen Cytochrom-P450-Familie.

Ja, du vermutest richtig: Das alles kommt einem nicht zugeflogen, ist nicht gottgegeben, sondern muss man … auch essen. ;-)

Zu guter Letzt macht es einen großen Unterschied, ob Vitamin D durch UV-Licht-Bestrahlung entsteht oder ob Vitamin D isoliert oral eingenommen wird – der bedeutende Unterschied ist, dass durch UV-Strahlung eine große Zahl weiterer Botenstoffe etc. aktiv werden, die in der Mischung eine ganz andere „Vitamin-D-Wirkung“ entstehen lassen.

Deshalb: Ich mag es zwar, dass die Polen sich anscheinend mehr Mühe geben als die Deutschen – und auch näher an der „Wahrheit“ dran sind. Auf der anderen Seite glaube ich nicht, dass es so sinnvoll ist, bestimmte Werte anzustreben. Denn der Kopf ist oft gut darin, die restlichen Signale zu übergehen. Wer also seinen Wert auf Biegen und Brechen in einen Zielbereich bringt, sich dabei aber nicht sonderlich gut fühlt, tut sich keinen Gefallen – auch wenn sich das in der Studie so gut liest.

Mehr noch: Wer Empfehlungen an der normalen Bevölkerung ableitet, die ja bekanntermaßen z. B. sehr magnesiumarm durch die Gegend schleicht, der kann das nicht ohne Weiteres auf den eigenen, gut mit Magnesium versorgten Körper übertragen. Magnesium nämlich wird die Wirkung von Vitamin D deutlich steigern.

Ich habe über die Jahre gelernt, dass ich weniger Vitamin D brauche als ursprünglich angenommen. Und zu hohe Dosen für mich nicht förderlich wirken – im Gegenteil: Vitamin D heizt via Calcitriol auch Entzündungsprozesse an. Denn das ist eine Aufgabe von Calcitriol: Die Immunstärke gegen Pathogene positiv zu beeinflussen. Bei anderen ist vielleicht das Gegenteil der Fall.

Was wir leider zunehmend lernen müssen:

Blutwerte bilden allerhöchstens die Spitze des Eisbergs ab. 

Heutzutage muss man viel raffinierter vorgehen. Heißt: Man muss seinen Körper genauestens kennen und dann nach Blutwerten schauen, die eine größere Aussagekraft haben. Also zum Beispiel nicht auf den Eisen-Wert im Blut gucken, sondern auf Ferritin zusammen mit Transferrin (+ Sättigung). Im Blut eher nicht Carnitin messen, sondern ein besseres Maß wählen, z. B. Acetylcarnitin. Und so weiter.

Back to the future, sozusagen. Der Körper verfügt über (oder ist) ein Messinstrument, das noch in vielen Jahrzehnten seinesgleichen suchen wird. Deshalb: Körpergefühl ist und bleibt ein entscheidender Faktor, der von der Wissenschaft selten bis nie in Betracht gezogen wird. Das heißt aber nicht, dass ich es ok finde, dass die Deutschen noch nicht mal im Sommer am unteren Rand des Optimalbereichs kratzen.

Referenzen

Jacobs, E., Van Pelt, C., Forster, R., Zaidi, W., Hibler, E., & Galligan, M. et al. (2013). CYP24A1 and CYP27B1 Polymorphisms Modulate Vitamin D Metabolism in Colon Cancer Cells. Cancer Research, 73(8), 2563-2573. doi: 10.1158/0008-5472.can-12-4134

Jeon, S., & Shin, E. (2018). Exploring vitamin D metabolism and function in cancer. Experimental & Molecular Medicine50(4). doi: 10.1038/s12276-018-0038-9

Kimmel, P., Phillips, T., Lew, S., & Langman, C. (1996). Zinc modulates mononuclear cellular calcitriol metabolism in peritoneal dialysis patients. Kidney International, 49(5), 1407-1412. doi: 10.1038/ki.1996.198

Mukhtar, M., Sheikh, N., Suqaina, S., Batool, A., Fatima, N., Mehmood, R., & Nazir, S. (2019). Vitamin D Receptor Gene Polymorphism: An Important Predictor of Arthritis Development. Biomed Research International, 2019, 1-8. doi: 10.1155/2019/8326246

Rusińska, A., Płudowski, P., Walczak, M., Borszewska-Kornacka, M., Bossowski, A., & Chlebna-Sokół, D. et al. (2018). Vitamin D Supplementation Guidelines for General Population and Groups at Risk of Vitamin D Deficiency in Poland—Recommendations of the Polish Society of Pediatric Endocrinology and Diabetes and the Expert Panel With Participation of National Specialist Consultants and Representatives of Scientific Societies—2018 Update. Frontiers In Endocrinology, 9. doi: 10.3389/fendo.2018.00246

Uwitonze, A., & Razzaque, M. (2018). Role of Magnesium in Vitamin D Activation and Function. The Journal Of The American Osteopathic Association, 118(3), 181. doi: 10.7556/jaoa.2018.037

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

20 comments On Das Vitamin-D-Rätsel – Ein Kommentar

  • Passend zum gestrigen Newsletter „Vitamin D: Eine knackige Beweisführung“ und diesem Artikel (sowie dem Artikel “ WIE NÜTZLICH SIND EIGENTLICH BLUTWERTE?“ unter https://genetisches-maximum.de/vitamin-d/blutwerte-vitamin-d/

    Am 25.01.2021 kam auf dem 1. Kanal vom Schweizer Radio und Fernsehen (SRF1) in der Gesundheitssendung „Puls“ die Sendung „Vitamin D in der Kritik: Entzauberung eines Wundermittels“ (Film-Beitrag unter https://tinyurl.com/2lkxh3zf)
    Seither läuft eine Art Bashing in der Schweizer Medienlandschaft gegen die Supplementation von Vitamin D.

    Der Grund für die Sendung: letzten November erschienen die Resultate der grössten Altersstudie Europas (DO-HEALTH, https://do-health.eu/wordpress/do-health-schweiz-2/do-health-schweiz/) mit dem Ergebnis, präventiv eingenommenes Vitamin D (2’000 I.E bei einer mehrheitlich gesunden Bevölkerung) würde den meisten überhaupt keinen Nutzen bringen. Nur eine kleine Untergruppe der Anwender konnte bei Infektionen eine Verbesserung Dank der Einnahme von Vitamin D erfahren. Bei Menschen im höheren Alter bringe Vitamin D im Hinblick auf Frakturen und Knochenbrüche, auf Herzkreislauferkrankungen und auf das Immunsystem keine positiven Effekte. Zwar gebe es Studien, die zeigen, dass Menschen mit Infekten der oberen Atemwege von einer Vitamin-D-Gabe profitieren, aber ansonsten bröckeln die in den vergangenen Jahren angesammelten Superlative des Zaubervitamins.

    Immer mehr Studien würden zeigen, dass bei aktiven und gesunden Menschen, die vorsorgliche Einnahme von Vitamin D nichts bringe. Diese Botschaft sei bei der Bevölkerung entweder noch nicht angekommen oder sie werde ignoriert. Der Vitamin-D-Hype ermuntere immer mehr Menschen, deren Vitamin-D-Status bestimmen zu lassen. Hochgerechnet auf die gesamte Schweiz beliefen sich 2018 die Kosten für die Vitamin-D-Messung auf rund 90 Millionen Franken (ca. € 82 Millionen) bei 8 Millionen Einwohner. Für 1 Test, der im Normalfall nichts bringe. Die Studienautoren fordern ein Umdenken bei den Hausärzten, indem man sich zukünftig nur noch auf die Risikopatienten fokussiere und bei den anderen Zurückhaltung walten lasse.

    Wer soll weiterhin Vitamin D schlucken? Gefährdet seien neben „Kranken“ vor allem ältere Menschen, die kaum im Freien seien, also Heimbewohner, Schwangere, Babies, übergewichtige und Menschen mit dunkler Haut. Der Grossteil der Bevölkerung müsse somit aus wissenschaftlicher Sicht kein Vitamin D einnehmen.

    Da ein Grossteil der Bevölkerung gerade in den Wintermonaten über nicht genügend Vitamin D generiert dem vorhandenen Risiko an Osteoporose zu erkranken, insbesondere im höheren Alter, definierte das Bundesamt für Lebenssicherheit in der Schweiz vor bald 10 Jahren, dass die ganze Bevölkerung ab 3 Jahre im Winter eine Mindestmenge von bis zu 800 I.E per day Vitamin D oral einnehmen soll (Menschen ab 60 Jahre auch im Sommer). Das Bundesamt für Lebenssicherheit will an dieser Empfehlung festhalten, mit der Begründung: 800 I.E. könne mit einer Wahrscheinlichkeit von 97% einen Mangel beheben und zudem sei die Dosis auf die Population bezogen sehr sicher, auch ohne vorgängige Messung des Vitamin-Spiegels im Blut. Diese Empfehlung wird aufgrund des Studienergebnisses bereits jetzt vom Institut für Hausarztmedizin kritisiert, da nicht mehr zeitgemäss.

    In Bezug zu Covid-19 will die Schweizer Taskforce bis dato noch keine Zusammenhänge gefunden haben, ob Vitamin D schwere Krankheitsverläufe mindern oder gar verhindern könne. Man beobachte mit grosser Sorge, dass Länder wie Grossbritanien älteren Menschen gratis Vitamin D Präparate abgebe, und dennoch eine sehr hohe Mortalität habe. Trotz vieler Studien, die den Zusammenhang von Vitamin D und Covid-19 als Basis habe gebe es derzeit keine Beweise, die rechtfertigen würden, die Einnahme von Vitamin D zu empfehlen.

    Experten, die auf Fragen der Bevölkerung im Zusammenhang mit dem oben verlinkten TV-Beitrag geantwortet haben, sowie einige zweideutige Aussagen (z.B. im Zusammenhang von Vitamin D mit Vitamin K2 und Magnesium) finden sich unter https://www.srf.ch/sendungen/puls/kann-zu-viel-vitamin-d3-schaden

    Eine Zusammenfassung erschien dann im folgenden Artikel “ Vitamin D in der Kritik: Ein Wundermittel verliert seinen Zauber “ vom Schweizer Fernsehen wenige Tage nach Sendungsausstrahlung:
    https://www.srf.ch/news/schweiz/ernuechternde-studienergebnisse-vitamin-d-in-der-kritik-ein-wundermittel-verliert-seinen-zauber

    Weitere Informationen zur Studie und zur Hauptautorin finden sich unter
    https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33170239/ sowie https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7581590/

    Der gestrige Newsletter trifft einmal mehr den Nagel auf den Kopf. Trotz „Studium“ diverser Artikel und Bücher komme ich mir bei der Materie nach wie vor wie ein blutiger Anfänger vor.

    Ich substituiere nun seit über 4 Jahren Vitamin D, nachdem bei mir im Oktober 2016 ein „suboptimale“ Versorgung mit Vitamin D festgestellt (wobei nach dem gestrigen Newsletter laut RKI ein „echter“ Mangel erst bei einem Wert unter 30nmol/ml vorliege). Bei dem vom Arzt verschriebenen Vitamin-D-Präparat (800 I.E. per day) verdoppelte ich von mir aus die Tagesdosis in den ersten 3 Monate auf 1’600 I.E. Mit den damals vorhandenen Informationen im Hinterkopf, insbesondere von Dr. Strunz, aber auch von Dr. von Helden und Dr. Spitz bestellte ich mir schliesslich ein hochdosiertes Vitamin D-Präparat mit 5’000 I.E + 100ug Vitamin K2MK7.Während 3 Monate nahm ich täglich 2 Tropfen (10’000 I.E.) ein. Seither nehme ich fast täglich 2’500 bis 5’000 I.E, je nach Jahreszeit und Sonnenexposition.

    Meinen Vitamin D Spiegel durfte ich bis 2 Jahre nach Therapiebeginn alle paar Monate bestimmen:
    – 10/2016: 18 ng/ml / 45 nmol/L (vor der Supplementation))
    – 03/2017: 21 ng/ml / 53 nmol/L
    – 05/2017: 25 ng/ml / 62 nmol/L
    – 08/2017: 32 ng/ml / 81 nmol/L
    – 03/2018: 42 ng/ml / 104 nmol/L
    – 09/2018: 48 ng/ml / 119 nmol/L

    Jetzt im Nachhinein (siehe Newsletter) erkenne ich, dass ich damals bereits weit über den „ausreichenden“ 75nmol/L besessen habe. Damals glaubte ich, ich dürfe der Empfehlung von Dr. Strunz von 40-80 ng/ml (100-200 nmol/L) nacheifern, wurde aber von den eher etwas kritischen Vitamin-D-Artikel hier auf edubily umgestimmt.

    Bei Strunz liesst man, mit täglich 10’000 I.E Vitamin D sich auf der sicheren Seite zu bewegen, natürlich unter der Bedingung, dass man den Spiegel im Auge behält (Messung). Nur sieht Strunz einen Spiegel von 60 ng/ml bzw. 150nmol/L als optimal an.

    Zum Thema Überversorgung sagt das RKI https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Vitamin_D/FAQ07.html

    ≥50 ng/ml bzw. ≥ 125 nmol/L
    „Mögliche Überversorgung, die für den Körper negative gesundheitliche Folgen haben kann, zum Beispiel Hyperkalzämien, die zu Herzrhythmusstörungen oder Nierensteinen führen können.“

    Obschon ich bisher wissentlich nie die Wirkung von Vitamin D verspürt habe, könnten dennoch einige meiner Bewschwerden darauf hindeuten:
    – ich habe seit einigen Jahren Herzrythmusstörungen
    – mein Calcium lag bei der letzten Messung vor 1.5 Jahre bei 120% vom Referenzbereich – ich habe täglich Schmerzen in einer meiner Hüfte infolge Arthrose
    – seit Mitte Oktober habe ich in einem Arm einen permanenten Haltetremor, der mich einschränkt

    Bis Dato hätte ich nie daran gedacht, dass ein zuviel an Vitamin D die Entzündung im Gelenk befeuern könnte oder für die Herzrhythmusstörungen verantwortlich sein könnte.

    Da mein Arzt mir meinen Vitamin-D-Spiegel bestimmt nicht mehr messen will, werde ich das Vitamin D für den Rest dieses Winters auf 2’500 I.E senken oder für eine Zeitlang ganz auslassen. Vielleicht hilft es den Tremor abzuschwächen.

    Da ich seit letzten Sommer immer wieder von Wadenkrämpfen geplagt werde (obschon ich fast täglich 200-400 mg oral einnehme), könnte auch ein Magnesiummangel seinen Beitrag leisten. Von den Artikel hier auf edubily weiss ich, dass für die Speicherung und Aktivierung von Vitamin D zwingend Magnesium nötig ist. Ergo könnte dies bedeuten, dass bei einem ungenügenden Magnesiumspiegel nur ein Teil vom Vitamin D aufgenommen und/oder genutzt werden kann. Da kommt die Frage auf: steigt bei einem Magnesiummangel automatisch auch der Vitamin-D Bedarf, da ein grösserer Teil ausgeschieden wird, oder ist das Stufe 1 Denken?

    • Ja, das hast du sehr gut beschrieben. Ich bin kein Freund der beiden Seiten. Weder in die eine Richtung („Vitamin D braucht keiner, nützt nix“), noch in die andere (s. Strunz). Wichtig ist, dass die Kofaktoren (z. B. Magnesium) stimmen. Und dann vernünftig mit Vitamin D ergänzt wird. Wenn die Kofaktoren nicht stimmen und/oder man sehr hohe D-Mengen zuführt, kann es zu vielfältigen unerwünschten Begleiterscheinungen kommen. Hier bin ich auch bei dir: Deine Symptome können gut und gerne auf ein Zuviel an Vitamin D hindeuten.
      Ich will mal noch ein Wort zu einer der zitierten Studien sagen. In der Do-Health-Studie wurde ja auch „herausgefunden“, dass Sport mit Blick auf „Verbesserung des systolischen oder diastolischen Blutdrucks, der nicht-vertebralen Frakturen, der körperlichen Leistungsfähigkeit, der Infektionsraten oder der kognitiven Funktionen“ nichts bringt. Da frage ich mich dann schon auch, was die die drei Jahre eigentlich „trainiert“ haben. Das lässt mich dann doch stark an der Aussagekraft der Studie zweifeln.

      • Letztendlich steht und fällt eine Studie mit deren Aussagekraft. Normalerweise werden Studien hinterfragt, insbesondere, wenn die Resultate anders raus kommen, als was im Allgemeinen zuvor angenommen wurde. Und das Schweizer Fernsehen verfügt bestimmt auch über einige Leute, die den Journalismus aus innerer Überzeugung und Berufung ausüben. Wenn einfache Leute immer mehr das Vertrauen in unser Krankenkassensystem verlieren, dann ist der Begriff „Verschwörungstheorie“ nicht mehr weit. Aber ich will nicht an Verschwörungstheorien glauben. Aber wenn irgendwelche Studien für gesundheitsrelevante Entscheidungen missbraucht werden, woran liegt das? Einfach nur an Dummheit? Immerhin spricht man in diesem Fall davon, dass das Bundesamt für Lebenssicherheit die im Jahr 2012 ausgegebenen Empfehlung, Senioren ab 65 Jahre sollten ganzjährig 800 I.E. Vitamin D einnehmen und jüngere zumindest im Winterhalbjahr, wieder zurückziehen soll, obschon bekannt ist, dass in unseren Breitengraden im allgemeinen ein Vitamin D Mangel vorliegt.

        Zurück zum Thema Vitamin D: ist es denkbar, dass man bei einer zu hohen Supplementation von Vitamin D einen Magnesiummangel entwickeln könnte, wenn nicht gleichzeitig auch adäquate Mengen an Magnesium eingenommen werden? Vitamin D benötigt Magnesium, um gespeichert werden zu können. Und wenn ich richtig verstanden habe, werden fettlösliche Vitamine vornehmlich im Fettgewebe gespeichert. Ergo würde beim Abspeichern von grossen Mengen an Vitamin D dem Körper entsprechend Magnesium entzogen werden. Es landet ebenfalls im Fettgewebe, wo es nicht auf die Schnelle verfügbar ist. Also, das ist nur eine Hypothese bzw. Frage.

        • Magnesium wird nicht im Fettgewebe gespeichert, in erster Linie im Knochen. Vitamin D „zieht“ Magnesium nicht ins Fettgewebe. Allerdings kann ich mir vorstellen, dass ein höherer Turnover im Vitamin-D-Stoffwechsel durch hohe D-Einnahmen auch den Magnesium-Verbrauch erhöht. Das ist aber Spekulation, kenne keine Daten dazu. Magnesium aktiviert allgemein Enzyme im Vitamin-D-Stoffwechsel, nicht nur mit Blick auf „Speicherung“. In der kompletten Kette wird magnesium gebraucht.

    • Hallo snowstorm, ich habe Deine Quellen nicht nachverfolgt, vermute aber, es werden sich Flüchtigkeitsfehler eingeschlichen haben (nicht bei Dir!). Sehr viele VitD Studien berücksichtigen leider wichtige Details nicht für ihr Studiendesign und kommen dann zu dem Schluß, daß VitD „keine Wirkung zeigt“. Meine Top 3- VitD-Flops:
      1. die Studie erfasst keine Serumspiegel vor/nach Supplementation, es wird nur eine feste Dosis über einen bestimmten Zeitraum gegeben. So kann es sein, daß entweder zu wenig VitD gegeben wurde, um klinisch „Wirkung“ zu zeigen oder Probanden waren bereits im Zielbereich, also wieder keine „Wirkung“.
      2. es wird nicht kontrolliert, ob auch das 1,25OH-VitD (aktives VitD/Calcitriol) erniedrigt/normal/erhöht ist. Sowohl bestimmte Nährstoffmängel als als angeborene Polymorphismen können hier eine Rolle spielen, ebenso wie manche Grunderkrankungen (Nierenfunktionsstörungen, chronisch-entzündliche Erkrankungen etc.). Ohne aktives VitD keine „Wirkung“.
      3. der VitD-Stoffwechsel ist komplex und gebundenes bzw. ungebundenes VitD steht unterschiedlichen Zellen/Geweben zur Verfügung. Gebundenes VitD wird hauptsächlich für den Ca-Stoffwechsel bereitgehalten, während ungebundenes VitD auch von allen anderen Zellen aufgenommen werden kann. WICHTIG: ungebundenes VitD hat nur eine Halbwertszeit von ca. 24h, gebundenes bis zu 10 Tage. Es macht also einen großen Unterschied, ob ich mein VitD täglich oder als Bolus einnehme, insbesondere wenn ich die Wirkung aufs Immunsystem untersuchen möchte. Bei der Messung im Labor wird aber immer beides bestimmt, die Messung kann gebunden/ungebunden nicht unterscheiden.
      Überraschend viele Studien/Berichte fallen schon bei diesen Kriterien durchs Raster, und jetzt haben wir individuelle Probleme (die bei einer Auswahl der Probanden berücksichtigt werden sollten), noch gar nicht berührt…

  • Schlussendlich kann man sich fragen ob der Mensch überhaupt einmal in seiner Geschichte „gesund“ lebte.

    Darum mag ich dieses Zitat so:
    „Gesundheit ist die Fähigkeit sich anzupassen“

  • Thorsten, ich seh das so, dass die in nördlichen Breiten lebenden Menschen damals, sich über die Ernährung mit Vitamin D versorgen konnten. Wie wir wissen, essen Naturvölker das ganze Tier und nicht nur das Filet – als Beispiel nenn ich Lebertran.

    Mitteleuropa nach der Eiszeit hat wohl Lebensbedingungen gehabt, wie sie heute für die Inuit gelten.

    Andererseits, wer sagt, das Naturvölker automatisch gut, oder gar optimal mit Nährstoffen versorgt waren? Sie überlebten, aber lebten sie auch besonders lange, oder besonders gut?

    • „Amazonas-Ureinwohner haben gesündeste Arterien der Welt

      […] wenig Proteine durch Fleisch und Fisch (14 Prozent) und ebenso wenig Fett. https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2017/03/21/amazonas-ureinwohner-haben-gesuendeste-arterien-der-welt

      Oder Okinawans…

      Oder andere Blue Zones Beispiele…

      • Und was ist mit Island? Das ist DIE Blue Zone überhaupt mit den meisten über 100 jährigen pro Kopf gesehen.

        Und wie ernähren die sich? Genau andersrum als alle anderen Blue Zones: Sehr viel Fleisch, Fisch, Eier, Meeresfrüchte und -Gemüse und sehr wenig Gemüse oder Obst. Warum? Island ist die meiste Zeit vom Jahr sehr kalt und da wächst nicht viel.

        Es ist für mich absolut faszinierend, dass bei sämtlichen Blue-Zone-Berichterstattungen immer Island außen vor gelassen wird und z.B. auch nicht darüber berichtet wird dass die angeblich so gesunden Menschen aus Loma Linda, der angeblichen Blue Zone, kaum noch Zeugungsfähig sind weil die Männer dort eine extrem schlechte Spermienqualität haben. (die wahrscheinlich daher kommt, dass die meisten dort vegetarisch bis vegan leben)

        LG Jens

      • Wieso vergleichen sich manche Mitteleuropäer (setze eine solche Abstammung jetzt mal voraus) bezüglich ihrer Ernährung und dem daraus resultierenden Gesundheitszustand immer wieder mit nativ lebenden Völkern aus ganz anderen Breitengraden???

        https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/obr.12785
        Hier findet man unter „Diet“ eine schöne Grafik, wie sich das plant-to-animal-Verhältnis der Ernährung entsprechend des Breitengrades ändert.

        Ähnliches findet man ausführlich bei Arbeiten von Dr. Cordain.
        https://academic.oup.com/ajcn/article/71/3/682/4729121

        Gruß Lutz

        • Bei vielen wahrscheinlich Unwissen und bei manchen einfach weil es keine reine Mitteleuropäische Abstammung gibt.

          Ein Bekannter hat z.B. sein Genom mal testen lassen und ist zu über 20% Schwede, obwohl er einen dunklen Teint, schwarze Haare und dunkle Augen hat (er ist aus einer aramäischen Familie).

          Oder wenn jemand Sommersprossen und/oder rote Haare hat, hat er oder sie einen deutlicheren Anteil Neanderthaler-DNA als andere Menschen ohne Sommersprossen und/oder rote Haare.

          Der Körperbau gibt hier auch Aufschluss: Schlank, zierliche Gelenke (typische Ausdauerläuferstatur quasi) lässt auf Vorfahren aus südlicheren Breitengraden (genauer: Afrika) schließen, wogegen ein kräftigerer Körperbau mit dicken Gelenken und großem, ausgeprägtem Brustkorb (wie bei mir persönlich) eher für nördliche Gene mit Neanderthaler-Anteil spricht.
          Daher gibt es nicht DEN Mitteleuropäer und daher auch nicht DAS EINE Verhältnis von Tieren zu Pflanzen das ein „Mitteleuropäer“ einhalten sollte.

          Fakt ist nur: 100% Tier oder 100% Pflanze wird’s definitiv nicht sein und das für niemanden, egal ob aus Mitteleuropa oder vom Äquator. Aber das hat Dr. Cordain ja auch genauso beschrieben :)

          LG Jens

        • Das war kein „Vergleich von Mitteleuropäern mit nativ lebenden Völkern“, sondern eine Antwort auf ThomasVs Frage „Andererseits, wer sagt, das Naturvölker automatisch gut, oder gar optimal mit Nährstoffen versorgt waren? Sie überlebten, aber lebten sie auch besonders lange, oder besonders gut?“

          Ich dachte, das war für einen das Lesen beherrschenden Menschen eigentlich offensichtlich.

          Es gibt auch andere faszinierende Aspekte, die nichts mit Ernährung zu tun haben, man lese sich den Artikel „Roseto-Effekt“ auf Wikipedia durch.

          • Hoppla, wieso denn gleich so aggressiv?
            Ja ich bin des Lesens mächtig und ja das war mir auch sofort klar was du meintest, ich wollte hier nur noch das Beispiel Islands ergänzen, weil es sonst wahrscheinlich direkt wieder Leute gegeben hätte, die hier von Blue Zones lesen und dann nur verstehen „Aha, das liegt daran dass die alle fast vegetarisch leben“.
            Dass der Roseto-Effekt bei den meisten Blue-Zones wahrscheinlich sogar eher das lange Leben erklärt ist mir bewusst, ich wusste bisher nur nicht dass es den Fachbegriff gibt.

          • Um welche Völker in welchem geografischen Bereich ging es im Kommentar von ThomasV? Ich lese jedenfalls nichts von Bolivien.
            Jaja, das Lesen… :-)

            @ jifi: Das es nicht den Mitteleuropäer reiner Abstimmung gibt, damit hast Du absolut recht. Sehr schön im Buch „Die Reise unsere Gene“ von Johannes Krause erklärt.
            Die ältesten europäischen Gene werden uns wohl die Neanderthaler vererbt haben.

  • Nun, in Deutschland sind diese hohen D-Gaben gar nicht notwendig?. Hier beginnt der definierte Mangel erst bei 12(!)ng.
    Ich wunderte mich immer, wenn es heisst, lediglich 60% einen D-Mangel aufweisen. Im Sommer erreiche ich ohne zusätzliche D-Einnahme Werte um die 50ng. Dabei halte ich mich oft stundenlang am Strand auf, nehm erst nach einer Stunde Sonnenschutz und ab August gar nichts mehr. Im Februar liegt mein Spiegel um die 20ng, heisst, ich befinde mich ab da im Mangel.
    Wie viele Menschen halten sich im Sommer so lange in der Sonne auf?

    Mit den, in Polen veranschlagten D-Gaben, zugeführt ab Herbst, liege ich um die 60ng, das macht Sinn!

    • Wie mag das wohl bei unseren steinzeitlichen Vorfahren gewesen sein? Die sind in Nordeuropa sicher nicht permanent mit freiem Oberkörper herumgelaufen. Dafür war es vor 10.000-15.000 Jahren wohl doch etwas frisch hier. Kleidung in Form von Fellen kannten die schon. Und im Winter gab es auch nicht mehr Sonne, als bei uns heute.
      Stellt sich die Frage, was hatten wohl für einen Vitamin D Spiegel? SInd die vielleicht mit weniger ausgekommen, weil sie unwissend Synergien genutz haben? Ist eine jahreszeitliches Zyklen von Vitamin D vielleicht sogar von Vorteil (verglichen mit ganzjährig Wert XYZ aufrecht erhalten)?

      Wenn mein Auto permanent zu wenig Öl hat, obwohl ich immer reichlich reinfülle, stelle ich mir auch über kurz oder lang die Frage, „Wo bleibt das Zeug?“. Dann mache ich mich auf die Suche nach Undichtigkeiten und Leckstellen.
      Könnte man bei bestimmten hohen NEM Bedarfen ja auch mal versuchen…

      LG,
      Thorsten

      • Joa, wobei man natürlich nicht unterschätzen darf, dass auch Nahrungsmittel zT sehr viel Vitamin D enthalten können. s. Inuit-Versorgung. Unabhängig davon kann ich mir schon vorstellen, dass ggf. bestimmte Polymorphismen bevorzugt wurden, die Vitamin D sparen.

        Furthermore, because northern Natives have long inhabited high latitudes, natural selection should have progressively reduced their vitamin D requirements. There is in fact evidence that the Inuit have compensated for decreased production of vitamin D through increased conversion to its most active form and through receptors that bind more effectively. Thus, when diagnosing vitamin D deficiency in these populations, we should not use norms that were originally developed for European-descended populations who produce this vitamin more easily and have adapted accordingly.

        • Zu den Polymorphismen gibt es interessante Forschung von Dr. Carlberg. und er hat dazu auch einen Vitamin D-Response-Index postuliert.

          • Hab mir das mal eben kurz angeguckt. Klingt zwar nach Fortschritt (und ist es auch) aber wenn man bedenkt, dass schon alleine der Mg-Spiegel Einfluss auf die Calcitriol-Bildung etc. hat, wird einem schnell klar, dass sowas in der Praxis eigentlich nicht funktionieren kann, jedenfalls nicht präzise.

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