Jeder, der hier regelmäßig liest, weiß, dass ich kein Freund von Nahrungskonzepten bin und erst recht nicht von veganer Ernährung. Ich habe hier auch mehrfach „analysiert“, was Attila Hildmann unterscheidet von seinen Anhängern.
So leid es mir tut – und das wollen viele nicht hören – ist er Physiker und hat eine wissenschaftliche Ausbildung. Ich sage nicht, dass man automatisch der beste Denker ist, wenn man so eine Ausbildung absolviert hat, aber die Wahrscheinlichkeit steigt immerhin. Auch wenn die Wissenschaft an sich selbst nicht die letzte Wahrheit, die absolute Instanz darstellt, so vermittelt sie ein sehr versiertes Ursache-Wirkung-Denken – und zwar viel tiefer verankert, als das viele glauben. Sie vermittelt aber vor allem eines: Perfektion.
Zurück zu Attila Hildmann: Ich hatte bereits darüber geschrieben, wie empört seine Anhänger waren, als er sein VegOne Nahrungsergänzungsmittel vorstellte, das „kritische Nährstoffe einer veganen Ernährung abdeckt“. Das Gegenteil dazu ist der typisch blinde Dogmatismus: „Meine Ernährung reicht aus, sie liefert mir alles das, was ich brauche“. Wenn so ein Kommentar fällt, dann frage ich immer nach dem Zink-Wert :-)
Aber diesen Dogmatismus erleben wir ja auch in der ketogenen Welt – deren Anhänger sich zunehmend als Speerspitze der Gesundheitslehre sehen, obwohl nur wenige von ihnen jemals überhaupt darüber nachgedacht haben, wieso das funktioniert. Was da überhaupt biochemisch alles im Körper passiert.
In den USA ist man natürlich weiter. Dort kann jeder Studien lesen – im Gegensatz zu hier.
Ich bin – ganz ehrlich – immer über diese Wandlungsfähigkeit erstaunt, nein, eher schon erschrocken – wie kann ein Mensch ständig seine Perspektive wechseln? Und vom einen Radikal ins nächste Extrem driften? Brauchen wir diese Extreme, diese Grenzerfahrungen?
Natürlich könnte man das jetzt wieder psycho-sozial analysieren („Wir leben in einer extremen Welt…“), aber darum geht es mir heute nicht.
Naja – zurück zur Wandlungsfähigkeit.
Ein schönes Beispiel stellt tatsächlich Richard Nikoley dar, Blogger und Gründer von free the animal, gleichzeitig auch Buch-Autor. Damals zusammen mit all den anderen paleo Figuren bekannt geworden. Nicht aufgrund seiner Expertise (Wissenschaftler, Sportler, Arzt, sonst was…), sondern weil er mal abgespeckt hat und dann – um in Martin Berkhan-Sprache zu reden – seine fuckarounditis im Internet fortzusetzen.
Kein Witz. Die USA war 2008/2009/2010 der Hammer! Die ketogene Diät war sozusagen der god mode. Willst du irgendwie gut sein, dann lebst du ketogen, damit kann man alles heilen. Übrigens: Erkennst du dich wieder? Heute in Deutschland…?
Naja… bis dann mal einer auf die Idee gekommen ist, einige Thesen auf den Kopf zu stellen, ähnlich wie ich das getan habe. Und das war auch schon der Moment, wo der Traum begann zu bröckeln.
4 Jahre später, also 2014, könnt ihr ja alle mal die Seite von Richard Nikoley besuchen und analysieren. Vom god mode, ketogene Diät, ist heute nur noch ein starvation mode, also ein Hunger-Modus, übrig geblieben, der zwar schon auch mal temporär gelebt wurde (in Form von Fasten etc.), aber niemals chronisch praktiziert. Dass ein derartiges „Notfall-Programm“ des menschlichen Körpers, das mit allen Mitteln versucht, irgendwie Glukose zu sparen und zu ersetzen (Gluconeogenese, Ketogenese), nicht das Optimum darstellen kann. Dass in freilebenden Tieren ja noch nie die Ketose nachgemessen wurde („zu viel Protein“) etc.
Jetzt plötzlich kann man denken – vorher war man blind. „…eines weiß ich wohl, daß ich blind war und bin nun sehend.“ :-)
Doch wo bringt uns das alles hin?
Ich habe euch ein Video gepostet auf meiner facebook wall, ein Video von Denise Minger (Ancestral Health Symposium 2014). Auf dem AHS treffen sich immer ein paar „Experten“ und halten Vorträge zum Thema Steinzeit-Ernährung etc.
Denise Minger ist also keineswegs Anhänger eines low fat lifestyles, hat aber erkannt, dass man alles analysieren muss, um sich gesundheitlich aufzuklären.
Und weil ich genau weiß, dass keiner Affinität hat zu einem Video, das mit low fat diet wirbt, schreibe ich euch mal die Kernpunkte heraus:
Arzt aus Deutschland (lehrend an einer amerikanischen Universität) hat eine „Diät“ entwickelt, mit der er Diabetes komplett ausheilen konnte, getestet auch in vitro. Mit einer reinen rice diet, also einer reinen Reis-Diät, die noch zusätzlich ergänzt wurde von Fruchtsäften, purem Zucker, Obst/Gemüse – alles, so viel man möchte. Aber: Kein Gramm zusätzliches Fett.
Ergebnis: Diabetes weg, oft auch massiver Gewichtsverlust, gleichzeitig auch alle Sachen „geheilt“, die mit dem Diabetes zu tun hatten, wie Augen – und Nierenerkrankungen. Und das beste: Der Erfolg war langfristig, auch dann noch gegeben, wenn die Menschen wieder „normal“ aßen.
Übrigens: Diesen gleichen „Heilungsanspruch“ erhebt auch die ketogene Diät, die genau damit wirbt.
Gleiches Spiel, ein paar Jahre später, als ein anderer Arzt damit die Durchblutung des Herzen wiederherstellen konnte (Heilen von Angina pectoris).
Später dann groß angelegte Studie, die das verifizierte: Im Vergleich zur Kontroll-Gruppe, hatte nur 1% der adherence-Gruppe, „Ereignisse“ wie Schlaganfall, Herzinfarkt etc.
Auch getestet wurde, was passiert, wenn man Sahne trinkt.
- Blut wird „weiß/gelb“,
- Blutzellen verklumpen,
- Sauerstoff-Transport ist drastisch eingeschränkt.
Logisch: Dies sieht womöglich nicht so aus, wenn jemand „keto-adaptiert“ ist, aber wie viele Menschen befinden sich denn in der Ketose, wenn sie en masse Fett essen? Nicht jeder, der low carb lebt, befindet sich auch in der Ketose. Ich habe das ja schon mehrfach angedeutet: high protein Diäten sorgen oftmals dafür, dass wir nicht in der Ketose sind, trotz low/no carb.
Das mit der Sahne ist ein repräsentatives Beispiel für den Konsum von Ölen und Fetten jeglicher Art. Mich erinnert das stark an den bulletproof coffee.
Denise Minger ist nicht blöd und erstellt zugleich ein „therapeutisches Spektrum“ – es scheint so, als ergeben sich gewisse Vorteile, bei Nahrungskonzepten, die <10% oder >65% Fett beinhalten.
Hier sei auf meinen Post „Richtig essen“ hingewiesen, bei dem wir genau diesen Gedanken wiederfinden können: Trenne strikt zwischen high carb/low fat und no carb/high fat. Wir brauchen dafür keine chronischen Ernährungsformen, sondern ganz einfach den gesunden Menschenverstand.
Den Punkt, den ich abschließend stark hervorheben möchte: Deine „no carb“-Diät kann, wie jede andere „Diät“ auch, voll in die Hosen gehen. Zeige mir dein Cholesterin und deine Triglyceride und ich weiß Bescheid.
Bildquelle
4 comments On Die Absurdität von Diäten
Du siehst ich lese alle 400 artikel alle
Vorbildlich! :-)
Sollte jeder machen. Nur so kann gelernt werden und nur so kann edubily „verstanden“ werden.
Bester Gruß! (CM)
Tolle seite jetzt verstehe ihh vieles
Danke!