Periodic Undereating - teilweise Fasten

Periodic undereating – ein Primer

Periodic undereating ist ein Konzept, das – meines Wissens – geprägt wurde von Ori Hofmekler, einem amerikanischen Fitness-Enthusiasten, der wohl irgendwann Teil eines israelischen Spezialkommandos war.

Sein Leben war geprägt von der Faszination „Krieger aller Art“ – er war angetan vom Leben der Krieger, auch von der Art und Weise, wie man das Leben damals bewältigen musste.

So erfährt man in seinen Büchern sehr viel über das Leben diverser Völkergruppen.

Ausschlaggebend für das entwickeln seines Konzepts war – laut eigener Aussage – die Tatsache, dass römische Krieger damals tagsüber einfach nicht essen konnten. Sie mussten tagsüber hart „arbeiten“, womöglich sogar kämpfen und lange Märsche zurücklegen – Zeit zum Essen und zum Entspannen war abends.

Gleichzeitig, so sagt er, hat das die Physis dieser Menschen enorm geprägt: Sie waren athletische Kampfmaschinen.

An dieser Stelle muss man sich natürlich fragen, ob er gerade an Hollywood-Filme denkt oder die Zeitmaschine benutzte.

So blöd, wie das klingen mag: Ori Hofmekler hatte instinktiv (wie so oft) recht.

Der menschliche Organismus wurde maßgeblich geprägt durch das Nichtvorhandensein von Nahrung – man könnte auch sagen, dass der körperliche Aufwand in Relation zum Erwerb ganz anders ausgesehen haben muss, als heute.

Darüber sind wir uns einig und dieses Konzept kennen wir heute als thrifty gene hypothesis: Wir werden schnell fett, wenn wir essen.

Ob das so stimmt, ist natürlich fraglich, denn die Evolution kann fette Jäger nicht gebrauchen, dennoch können wir uns darauf einigen, dass Nahrungsabundanz nicht konstant gegeben war.

Dramatisch vor Augen geführt wurde mir das damals, als man dicke Normalbürger in den Busch geschickt hat, zu den Aborigines und man erschreckt feststellen musste: Zwei Wochen lang haben sich die Leute dort von 1000 – 1200 kcal ernährt. Da fragt sich, wer das heute bei uns noch macht? Zwei Wochen lang 1000 kcal …

Na ja – selbstverständlich bekommen die Aborigines dann auch irgendwann wieder ein fettes Beutetier, was die Fettreserven dieser Leute wieder auffüllen lässt.

Es war wohl ein zyklisches feast and famine, ein Fressen und Fasten.

Zwei Punkte:

  • zyklisch
  • hohe Kalorienzufuhr vs. niedrige Kalorienzufuhr

Fragt sich nur, wie der Zyklus ausgesehen hat.

Zwei Wochen wenig essen und dann einen Tag vollfressen oder wie können wir uns das vorstellen?

Es wird sehr schwammig, wenn man sich die unterschiedlichen ökologischen Nischen des H. sapiens vor Augen führt.

Während wir anfänglich noch in der afrikanischen Savanne dem mageren Herbivor hinterher gerannt sind, so war es in der europäischen Eiszeit vielmehr ein riesiges Mammut mit – gefühlt – unendlich Körperfett. Das muss wohl das Paradies gewesen sein.

Denn ein erlegtes Mammut reicht für einen ganzen Stamm und mehrere Wochen.

Gehen wir von der gleichen kognitiven Fähigkeit aus, wenn man die Intelligenz dieser Menschen, mit unserer Intelligenz vergleicht, dann wird zwangsläufig klar, dass diese Menschen passende Nischen gesucht und gefunden haben.

Wie wäre es denn mit dem schönen Mittelmeer? Feigenbäume kennst du, oder? :-)

Okay, fairerweise muss man sagen, dass wir dieses Klima womöglich deutlich weiter südlich gefunden hätten, als heute.

Ich möchte hier jetzt nicht zehn Studien zu diesem Thema analysieren, sondern an den gesunden Menschenverstand appellieren:

Deine grundlegende Nahrungspräferenz ist das Fleisch. Wann immer du kannst, willst du ein Reh erlegen – lecker Eiweiß, lecker Fleisch.

Aminosäuren sind das Leben. Und in der Regel das Erste, wonach dein Körper giert nach einer Nahrungskarenz.

Angenommen dein Stamm und du, ihr erlegt im Schnitt jeden Tag ein Tier, von dem ihr dann ein paar Stunden leben könnt. Gleichzeitig lebt ihr in einer sonnig-warmen ökologischen Nische – was würdest du tagsüber machen, wenn du Hunger bekommst?

Eine Feige essen. 

Egal wie man periodic undereating auslegt, gehe ich insgesamt dennoch stark davon aus, dass undereating nicht zwangsläufig totale Nahrungsabstinenz bedeutet oder bedeuten muss – und so sieht es auch Ori Hofmekler. Er hat nicht umsonst den Begriff undereating, nicht „no-eating“, geprägt.

Wir können womöglich ein Verhalten finden, das man heute als Snacking bezeichnen würde – auch wenn Snacking eher Chipstüte als Sixpack impliziert.

Eine Hand voll Nüsschen, mal einen Apfel … die Sache wird klar.

Ich liebe diesen Moment …

Wo Evolution die Biochemie trifft … oder warum alles Sinn ergibt

Ich sehe mich selbst als System-Analytiker – die meisten sehr passenden Thesen leitet man einfach ab, in dem man komplexe Systeme analysiert.

Die Analyse des heutigen Lebensstils hat wenig mit Kohlenhydraten, Gemüse, Fett, Eiweiß oder sonst etwas zu tun, sondern schlicht mit dem Verhältnis zwischen der Induktion des AMPK – und des mTOR-Signalwegs.

In diesem Zusammenhang gibt es keinen „bösen Bub“, sondern es zählt einzig und allein das Verhältnis, das uns gesund macht. Und das kann hoch individuell sein.

Zur Erinnerung:

  • mTOR steht für anabole Prozesse, für Wachstumsprozesse. Krebs ist ein unkontrollierter Wachstumsprozess, das wissen wir ja mittlerweile.
  • AMPK steht für katabole Prozesse, für „Überleben“.

Man muss sich als Evolutiongsbiologe fragen: An welches Verhältnis beider „Schalter“ ist unser genetisches Programm adaptiert?

Das ist die Frage des Jahrtausends.

Denn es kommt nicht darauf an, dass wir AMPK konstant und zu 100 % aktivieren, sondern darauf, dass wir eine gesunde Balance finden. Wir kennen ja mittlerweile das Konzept des Gleichgewichts (Homöostase) und der Mäßigung – Mäßigung heißt nicht „Durchschnitt“, sondern „Optimum“.

Wenn wir also gedanklich mit ein paar Zahlen spielen, dann könnte man …

Stop! Was aktiviert denn überhaupt mTOR?

Antwort: Anabole Hormone wie Insulin und IGF.

Doch bevor du jetzt wieder anfängst zu glauben, dass du gerade die Schuldigen identifiziert hast, dann bedenke: In der Natur gibt es nicht „gut“ und „schlecht“, sondern nur ein Gleichgewicht – immer!

Wie hat das Verhältnis in der Steinzeit wohl ausgesehen? Auch im Vergleich zum Verhältnis von heute?

Das wird klar, wenn wir zwei Konzepte betrachten:

  • Mahlzeitenfrequenz
  • Kaloriendichte

Was steht da nicht? Kohlenhydrate.

Denn was viele vergessen ist die Tatsache, dass es ja noch weitere Konzepte gibt, die Insulin beeinflussen. Nach dem Sport kannst du mal 200 g Kohlenhydrate essen und dann Insulin messen … Es wird klar: Kohlenhydrate ist in Relation zu Insulin nur im Labor relevant.

Im wahren Leben spielen andere Faktoren (siehe oben) die wichtige Rolle.

Und wie ist das?

Du isst 400 g Kohlenhydrate in isokalorischen Verhältnissen. Dann schüttest du x Einheiten Insulin aus.

Wird schon wieder völlig irrelevant und anders, wenn du diese 400g Kohlenhydrate in einem hypokalorischen Milieu zu dir führst.

Jetzt haben wir das verstanden.

Jetzt wird das Bild rund: Hypokalorisch bedeutet, dass deine Zellen einen Energiemangel erleben und diesen Energiemangel kompensieren müssen. Und das tun sie mit Hilfe von AMPK. AMPK wird der Zelle signalisieren, dass eben nicht genügend Kalorien zur Verfügung stehen. Dies hat zur Folge, dass die Zelle alles tun wird, um das Maximale – hinsichtlich der verfügbaren Energie – aufzunehmen.

Was passiert?

Mehr Insulin-Rezeptoren in der Muskelmembran zum Beispiel.

Logischerweise kommt der Zucker dann wohl viel schneller, mit viel weniger Insulin, in die Zellen. Trick 17 ist das.

Weniger Energie heißt mehr AMPK heißt weniger benötigtes Insulin. 

Man muss kein Professor sein, um dieses Konzept zu verstehen.

Undereating, physiologisch gesehen, wird also mediiert via Insulin und mTOR oder genauer gesagt durch das Gegenteil davon: AMPK.

Während wir also tagsüber – irgendwann vor 40.000 Jahren – jagen waren und dabei mal etwas Hunger hatten, haben wir uns am Waldbeeren-Strauch bedient und somit … 10 g Kohlenhydrate gegessen.

Diese 10 g Kohlenhydrate haben aber weder kalorisch ihren Zweck erfüllt, noch hinsichtlich des Insulin-Signalings, denn der Körper war im tiefen Energiemangel und hat diese Kohlenhydrate womöglich sogar völlig ohne Insulin aufgenommen.

Das ist undereating

Der Körper wird nun seine katabolen Hormone ausschütten, namentlich

  • Adrenalin
  • Noradrenalin
  • (Cortisol)
  • womöglich hGH

und das psychoaktive Dopamin.

Je stärker der Hunger wird, umso stärker steigen diese Hormon-Werte an, erreichen womöglich nach ca. 14 Stunden ihren absoluten Höhepunkt.

Der Körper wird in dieser Zeit massiv Fett freisetzen, um dich am Leben zu halten, dir einen glasklaren und aggressiven Kopf bescheren, der dich durch diese Zeit trägt – denn: Wann ist das Gehirn am wichtigsten, wenn nicht bei der (hungrigen) Nahrungssuche?

Unterstrichen wird diese Tatsache dadurch, dass das Gefühl „Hunger“ durch ein Hormon namens Ghrelin induziert wird. In englischer Sprache heißt das ausgeschrieben so viel wie Growth Hormone Release Inducing, „Wachstumshormonfreisetzung einleitend“ – na so ein Zufall aber auch. Und dir hat man immer erzählt, man muss essen, wenn man hungrig ist. Dort steht: Ghrelin, dein Hunger-Hormon, leitet die Ausschüttung von Wachstumshormon ein.

Zur Nahrungssuche und dem Gehirn: Verwundert es, dass Ghrelin im Zusammenhang steht mit einem Wort, das sehr vielversprechend klingt? Neuroplastizität. Wann sonst soll das Gehirn denn lernen? Sicherlich nicht dann, wenn es nicht um dein Überleben geht. Jetzt verstehst du auch, warum du immer so schlecht in Mathe warst: Du hast den Zusammenhang zwischen Mathe und deinem Leben nie gesehen. Und dein Gehirn … ja … das hat dann auch nicht „verstanden“, dass du so einen Blödsinn lernen sollst.

So, morgen geht’s weiter :-)

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

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