pqq

PQQ Wirkung: Der unbekannte Cofaktor

Unbekannte Substanzen im Essen, die gesund halten

Weston Price dürfte den edubily-Lesern mittlerweile bekannt sein. Es lohnt sich wirklich, seine Werke mal gelesen zu haben.

Weston Price lebte zu Beginn des 20. Jahrhunderts und war eigentlich Zahnarzt. Die überaus schlechte und immer schlechter werdende Zahngesundheit seiner Patienten wunderten ihn. Deshalb beschloss er noch natürlich lebende Populationen aufzusuchen. Und klar: diese Populationen kannten viele unserer Probleme natürlich (!) nicht. Man darf anmerken, dass dies freilich auch für Diabetes, Herzinfarkt, Bluthochdruck und so weiter gilt – noch immer!

Er suchte nach Kernmerkmalen, die alle Populationen gemeinsam hatten und die möglicherweise gesund halten. Über diese Merkmale hatten wir bereits berichtet. Zudem glaubte Price, dass es eine noch nicht identifizierte Vitamin-ähnliche Substanz geben müsse, die in Nahrungsmitteln primitiver Gesellschaften enthalten war, bei uns jedoch nicht mehr. Seit dem ranken sich Mythen um diesen ominösen „Aktivator X“, der eine Rolle bei der Zahngesundheit, beim Wachstum und Reproduktion spielt, vor Herzinfarkten und das Gehirn schützt. Später stellte sich heraus, dass dieser ominöse Aktivator X wohl eine Quinon-Struktur aufweist – und heute glauben nicht wenige, dass es sich bei diesem X Faktor um Vitamin K2 handeln muss, das ebenfalls eine Quinon-Struktur aufweist.

Exkurs: Was ist mit Quinon-Struktur gemeint?

Die Quinone (Chinone) sind eine Klasse von organischen Verbindungen, die formal „von aromatischen Verbindungen (wie Benzol oder Naphthalin) durch Umwandlung einer geraden Anzahl von -CH=-Gruppen in -C(=O)-Gruppen mit eventueller Umlagerung von Doppelbindungen“ abgeleitet sind, was zu „einer vollständig konjugierten cyclischen Dionstruktur“ führt. Schreibt das englische Wikipedia.

Einfach ausgedrückt: Bestehen aus einem Sechsring, enthalten Doppelbindungen und sind oxidiert (enthalten Sauerstoff).

Vitamin K1 und PQQ im Vergleich:

PQQ: Ein weiteres ominöses Quinon

Ebenfalls eine Quinon-Struktur weist eine andere, mittlerweile ebenfalls ominöse Verbindung auf, das PQQ – Pyrrolochinolinchinon. Auch um diesen Stoff ranken sich Mythen. Ursprünglich wurde PQQ als Cofaktor wichtiger Enzym-katalysierter Reaktionen in Bakterien entdeckt.

Wir erinnern uns: Wir selber führen Vitamine, zum Beispiel Vitamin B2 oder B6, zu, weil sie zu wichtigen Enzym-Cofaktoren werden. Nur mit Hilfe dieser Stoffe kann das Enzym arbeiten und nur dann läuft die jeweilige chemische Reaktion ab. Deshalb müssen wir diese Vitamine unbedingt essen – sonst können wir nicht leben.

Das gilt auch für Bakterien. Auch diese Einzeller haben einen Mikronährstoff-Bedarf.

Enzyme, die PQQ als Cofaktor enthalten, nennen sich Quinoproteine. Bei Bakterien wirkt PQQ neben seiner Rolle als Enzym-Cofaktor auch Wachstums- und Stoffwechsel-stimulierend. Da PQQ sehr wichtig für einfache Organismen ist, es besonders stabile Eigenschaften als Redox-Katalysator aufweist, und es auch im Sternenstaub gefunden wurde, geht man davon aus, dass es seit Beginn des Lebens eine wichtige Rolle spielt oder gespielt haben muss.

PQQ wurde in bisher allen getesteten Pflanzen nachgewiesen. Und auch bei Pflanzen spielt PQQ eine wichtige Rolle. So kann es das Pflanzenwachstum direkt stimulieren oder sekundär, als Enzym-Cofaktor bei mit Pflanzen symbiontisch lebenden Bakterien, die die Nährstoffaufnahme aus dem Boden verbessern. Da PQQ universell und in quasi allen Organismen vorkommt, kann man davon ausgehen, dass wir konstant kleine Mengen davon aufnehmen. Auch Darm-Bakterien verfügen über Quinoproteine, aber können es zum Teil selbst nicht synthetisieren, was darauf schließen lässt, dass Darmbakterien auf mit der Nahrung zugeführtes PQQ angewiesen sind.

Ist PQQ ein Vitamin?

Welche Bedeutung das PQQ für Menschen bzw. Säugetiere hat, wird seit etwa 30 Jahren intensiver erforscht. Zunächst ging man davon aus (und davon ist heute auch noch auszugehen), dass PQQ-abhängige Quinoproteine auch eine wichtige Rolle im Säugetier-Stoffwechsel spielen. Tatsächlich wurden einige Proteine entdeckt, die PQQ als Cofaktor nutzen – etwa die Dopamin-Hydroxylase. Zwar wurden die Ergebnisse kurze Zeit später infrage gestellt (somit auch, ob PQQ überhaupt Cofaktor der Dopamin-Hydroxylase ist), dennoch wird PQQ noch heute als Cofaktor der Dopamin-Hydroxylase bei Wikipedia gelistet.

Bisher findet sich kein Synthese-Weg in Menschen, der darauf hindeutet, dass Menschen in der Lage sind PQQ selbst zu bilden. Dennoch finden sich gewisse Mengen davon im Körper. Eine erste entscheidende Entdeckung schien 2003 gemacht worden zu sein: Wissenschaftler wollten ein PQQ-abhängiges Dehydrogenase-Enzym, das für den Abbau der Aminosäure Lysin entscheidend ist, bei Mäusen entdeckt haben. Die bahnbrechenden Ergebnisse hätten zur Folge gehabt, dass PQQ als neues Vitamin B hätte klassifiziert werden müssen. Entsprechend titelte die in Nature (!) publizierte Arbeit: Ein neues Redox-Cofaktor-Vitamin für Säugetiere. Leider konnten die Ergebnisse von anderen Laboren nicht repliziert werden.

Derzeit erscheint unklar, ob PQQ tatsächlich als Vitamin klassifiziert werden könnte. Fakt ist aber: Kann ein Organismus einen Stoff nicht selbst synthetisieren, braucht ihn zeitgleich aber für wichtige Reaktionen, ist er per definitionem essentiell. Letztlich bleibt also die Frage, ob es Quinoproteine im menschlichen Körper gibt bzw. ob diese Proteine überhaupt eine essentielle Rolle spielen oder ob PQQ als Cofaktor auch von anderen Vitaminen ersetzt werden kann.

Um diese Frage klären zu können, wurden einige Experimente an Ratten und Mäusen durchgeführt. Wenn PQQ in chemisch definierten Diäten weggelassen wird, gibt es eine Vielzahl von systemischen Reaktionen: Wachstumsstörungen, beeinträchtigte Immunreaktion und abnorme reproduktive Leistung.

Für die maximale Sensitivität von B- und T-Zellen gegenüber Mitogenen (regen die Zellteilung bei Immunzellen an), wird bei Mäusen die Zufuhr von nur 1 nmol PQQ pro Gramm Ernährung benötigt. Dies entspricht etwa 100 bis 400 Mikrogramm pro Tag für einen Menschen, was etwa die Größenordnung einer Folsäure- oder Biotin-Zufuhr hat.

Ein mengenmäßig veränderter PQQ-Anteil in der Tier-Ernährung hat Einfluss auf die Menge der Mitochondrien, auf den Fettstoffwechsel und die Funktion der Atmungskette (in Mitochondrien). Darüber hinaus scheint PQQ die Mitochondrien-Bildung via PGC-1alpha zu stimulieren, regt das Zellwachstum an (via Raf/Erk/STAT) und aktiviert den für den Schutz gegen oxidativen Stress wichtigen Zellschalter DJ-1, auch bekannt als PARK7 (Parkinson disease protein 7). Der Verlust der DJ-1-Protein-Aktivität spielt eine Rolle bei der Entstehung von Parkinson.

Was heißt das jetzt?

PQQ scheint wichtig zu sein. Vielleicht ist es ein Vitamin. Vielleicht ist es kein Vitamin. Fakt ist, es hat wohl einen deutlichen Einfluss auf sämtliche Organismen dieses Planeten. Zudem können Säugetiere es selbst nicht synthetisieren, nehmen es allerdings in Bereichen von etwa 100 bis 400 Mikrogramm, ggf. auch bis 1 mg auf.

Im Endeffekt zeigt es uns eine Sache deutlich:

Im Essen finden wir eine endlose Zahl an Substanzen, egal ob Vitamin oder nicht, die (großen) Einfluss auf unseren Stoffwechsel und unsere Gesundheit haben. 

Möglicherweise gibt es im Essen Substanzen, die wir für die eigene Gesundheit dringend brauchen. Und möglicherweise kennen wir diese Substanzen noch gar nicht.

PQQ Lebensmittel: Hier ist besonders viel enthalten

  1. Kakao (bis zu 700 Mikrogramm pro Kilogramm)
  2. Natto (61 Mikrogramm pro Kilogramm)
  3. Petersilie (34 Mikrogramm pro Kilogramm)
  4. Grüntee (29 Mikrogramm pro Kilogramm)
  5. Paprika (28 Mikrogramm pro Kilogramm)
  6. Papaya (26 Mikrogramm pro Kilogramm)

 

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

11 comments On PQQ Wirkung: Der unbekannte Cofaktor

  • Je mehr ich bei euch und anderen „Gesundheitsfanatikern“ lerne, desto verwirrter werde ich. Hatte zwischenzeitlich um die 30 NEM’s plus selbsthergestellten Kombucha Pilz, Kefir, Himalaya Salzlauge, Ghee, Keimlingen, Sprossen, Gräsern uvm. im Gebrauch. Habe alle Ernährungsformen lange Zeit angewendet (Vegetarier/Veganer/Rohköstler für 20 Jahre) und wurde meine Vitiligo & Hashimoto Autoimmunkrankheiten nicht los. Dazu etliche andere Störungen. Eine Stoffwechselanalyse (Metabolic Typing) ergab, das ich ein Schnellverbrenner bin und fast alle „gesunden“ Ergänzungen wie Vitamin D, Magnesium nicht vertrage! Nur purinreiches, rotes Fleisch (Rind, Lamm) enthält Nukleoproteine die meine Verdauungsprobleme beseitigen können. Und siehe da: eine massive Besserung trat ein. Sehr viele andere, angeblich „gesunde“ NEM’s verursachen bei meinem Typ das genaue Gegenteil dessen, was bei Langsamverbrennern als „Gesund“ angesehen wird. Daher ist mein neuestes Credo: weniger ist mehr und ich achte auf meine mit grüner Schrift gekennzeichneten und empfohlenen Lebensmittel der MT!

  • 3 kg Petersilie oder Paprika pro Tag wären also schon mal eine Möglichkeit? Ok, auch 1 kg Kakao.
    Gibt es eigentlich auch noch akzeptablere Möglichkeiten an PQQ ranzukommen?

  • Vielleicht doch mal Ulrich Warnke: Bionische Regeneration (2017) lesen?

  • Alles pro kg angaben. Also gar nicht mal so einfach da ranzukommen.
    1kg Kakao muss man sich erstmal einverleiben ;)

    Aber wie immer ein top Beitrag! Vielen Dank!

  • “It occurred to me, that I should get my long list of nutrients from food [rather than supplements]. That if I did that, I would probably get hundreds and maybe thousands of other compounds that science had yet to name, that would be helpful to my brain and my mitochondria.”
    ~ Dr. Terry Wahls

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