chicken konventionell

Wenn das Hühnchen nach Klo stinkt

Newsletter vom 21.03.21


Eine der größten „Ernährungssünden“ ist, alles mit dem Kopf steuern zu wollen. Dabei sagen wir immer wieder: Ein Tiger braucht kein Biochemie-Buch gelesen zu haben, um richtig zu essen und gesund zu bleiben. Fragt sich, wie er das macht? Wer einen Hund hat, weiß Bescheid: Das Tier riecht dran. Wenn’s geil ist, wird’s gegessen, wenn nicht, dann wird komisch geguckt und weggelaufen. Manchmal darf man sich für einen modernen Menschen wünschen, dass er auch wieder mal ein bisschen mehr Hund ist. 

Der Mensch verfügt über eine unfassbare Sensorik, die in Millionen von Jahren Evolution feingetunt wurde. Wenn etwas nicht gut für uns ist, weiß der Körper das in aller Regel und zeigt eine Abneigung. Also, der Körper eines normalen Menschen.

Manchmal muss man sowas auch erst wieder kultivieren. Denn wir sind heutzutage oft so verkopft, dass wir unserer Sensorik bzw. der körpereigenen Bewertung – ganz ohne Kopf – überhaupt nicht mehr vertrauen oder es einfach übergehen. Hintergrund ist natürlich der Wunsch nach Kontrolle. Man stelle sich hierzu mal einen Surfer vor. Würde er das Surfen über Gedanken, sprich mit dem Kopf steuern wollen, würde er vermutlich sofort wieder vom Brett fallen. Tatsächlich ist das Training ja genau dafür da, ein Gefühl für die Welle und für Bewegungsabläufe zu bekommen.

Wir Menschen machen es genau anders herum: Wir kommen mit einer Sensorik auf die Welt und haben Jahrzehnte lang Zeit, sie zu trainieren. Und in den meisten Fällen ist die super trainiert, aber wir benutzen sie gar nicht. Heißt: Wir „trainieren“ konstant, aber wenn wir die Welle reiten sollen, schalten wir wieder den Kopf ein. Ernährungskonzepte sind daher für die Tonne – sie nehmen indirekt Gefühl. Konzeptualisieren schadet!Konzepte machen blind und damit krank. Hinzu kommt, dass man nie ankommt. Es hört nie auf. Wir rennen immer irgendeinem Problem hinterher, und wenn wir das gelöst haben, taucht plötzlich ein Neues auf.

Erst ist es der Zucker, den wir nicht mehr essen. Essen wir den nicht mehr, sind es die Schwermetalle. Und wenn man die ausgemerzt hat, sind’s die anderen Umweltgifte. Dann will man kein Fleisch mehr essen, aber merkt dann plötzlich, dass Veganismus so gar nicht funktioniert und man endlos viel ergänzen muss… Oh je! Das Ziel hinter unserem doch eigentlich gut gemeinten Vorgehen ist ein gesunder Gleichgewichtszustand des Körpers. Wenn wir den erreichen, sind und bleiben wir sehr wahrscheinlich gesund. Und dafür gibt’s und dafür brauchen wir unsere Sensorik, unsere Sinne und unser Gefühl. 

Theoriewissen muss immer in eine Lebenswirklichkeit und in einen Lebenskontext gebracht werden. Wir können dir Theoriewissen an die Hand geben, aber wir können dir keine Ernährungs- oder Lebensstilpläne vorgeben. Wie soll das gehen? Dafür brauchst du den Hund in dir. Und keinen Influencer oder andere Berater, die nicht drin in deinem Leben stecken.

Ist Geflügel vom Mastvieh gesund? Keine Ahnung. Gibt es Studien dazu? Keine Ahnung, sicher. Hat das Relevanz für mein Leben? Keine Ahnung. Fakt ist: Wer sein Hühnchenfleisch kocht und es nach einer Nacht im Kühlschrank nach Klo stinkt, braucht nicht anzunehmen, dass das Zeug gesund ist. Wer seinen Freunden und Verwandten das beste Putenfleisch von der Farm serviert und jeder die ultimative Geschmacksorgie erlebt, der weiß auch Bescheid.

  • Achte auf nach dem Verzehr von Nahrungsmitteln auf deine Körperreaktionen.
  • Achte auf deinen Appetit bzw. vertraue deinen Abneigungen.
  • Achte auf deine Verdauung.
  • Nutze die Haptik – fühlt sich das gut an?
  • Nutze die Optik – was löst es in dir aus?
  • Schmecke und rieche dran!
  • Und achte vor allen Dingen auf deine Stimmung. Wenn’s dir psychisch (sehr) gut geht, machst du vermutlich vieles richtig.

Aber auch hier gilt natürlich wieder: Man kann sich auch gut selbst etwas vormachen. Hierfür braucht’s dann vielleicht doch wieder eine Prise Metakognition ;-)

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

2 comments On Wenn das Hühnchen nach Klo stinkt

  • Na ja für mich bedeutet Körpergefühl, wie gesagt, auch intensiv in sich reinzuhören und eben dafür zu sorgen, dass man nicht 24/7 das gleiche isst, sondern so alterniert, dass man merkt, ob einem was guttut oder nicht. Selbst Umweltgifte gehen nicht spürbar an einem vorbei bis man total im Eimer ist.

  • Ist gerade bei Umweltgiften nicht das Problem, dass man es nicht sofort sondern erst viel später merkt? Wenn es jetzt Monate oder Jahre dauert sich zum Beispiel mit Meeresfrüchten eine solche Konzentration an Schwermetallen zuzulegen, dass man es körperlich merkt, sind die Punkte die du am Ende aufführst schwer umzusetzen.
    Das gleiche bei zum Beispiel Gluten. Die meisten vertragen Gluten, dass es einige Zeit dauert, bis sich leichte Auswirkungen zeigen.
    Da dann mal Gluten eine zeitlang aus dem Speiseplan zu streichen, wäre ja wieder Kopfarbeit. Zumal es dann ja auch teilweise Tage oder Wochen dauert bis eine Besserung Eintritt.

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