Tsimane HKE

Das Geheimnis der Tsimané-Ernährung

Die Tsimané. Ein mir sehr sympathisch gewordenes Völkchen aus dem bolivianischen Urwald.

Tsimané: Das sympathische Völkchen aus dem Urwald

Wer hätte gedacht, dass man mal ein relativ unberüht lebendes Volk findet, das „die gesündesten Gefäße der Welt“ hat, und auch sonst offenbar weitestgehend frei von Zivilisationserkrankungen – „einige der niedrigsten Demenzraten der Welt“ – ist?

spiegel artikel tsimane
Sogar der Spiegel berichtete darüber. 

Also in Zahlen ausgedrückt, man kann es nur ständig wiederholen:

  • Ein Über-80-jähriger hat dort die Gefäße eines bei uns Mitte-50-jährigen. Wahnsinn!
  • Die haben 1 % Demenz. Wir 11 %. Faktor 10 Unterschied. Unglaublich!

Weil Menschen so gerne Bildchen mögen, hier auch nochmal sehr eindrücklich zu sehen:

tsimane maenner kriegen keinen herzinfarkt
Tsimané-Männer – aber auch die Frauen – haben ein unglaublich niedriges Risiko für Herzkreislauferkrankungen. Sie weisen kaum verkalkte Plaques in ihren Arterien auf. (Quelle)

Eine kleine Randnotiz, die mir besonders gefällt: Die sowieso schon „fertilen Frauen der Tsimané“ würden durch die Infektion mit dem Spulwurm – ein Parasit, der den Großteil der Frauen dort befällt – noch fertiler werden.

Macht am Ende des Tages bzw. deren Leben … unglaubliche neun Kinder im Schnitt pro Frau. Der Spulwurm alleine macht zwei extra ;-) Man liest:

Die Tsimane betrachten uns sogar als arm, weil wir nur ein oder zwei Kinder haben“, fügte Gurven hinzu. „Ihre Bevölkerungswachstumsrate liegt bei fast 4 Prozent, das heißt, sie verdoppeln ihre Zahl etwa alle 17 Jahre.

Sehr amüsant.

Je mehr man über diese Leute entdeckt, umso diametraler wird’s zu uns. In vielerlei Hinsicht. Und das mag ich bekanntermaßen. Langweilig sein kann jeder.

Jedenfalls darf natürlich die Frage im Raum stehen, warum diese Tsimané-Leute beispielsweise so gesunde Gefäße haben. Michael Gurven (Anthropologe der UC Santa Barbara), der die Tsimané erforscht – siehe Zitat oben –, meint jedenfalls:

Ihre Ernährung ist nicht besonders gesund. (…) Wenn überhaupt, dann sind sie körperlich viel aktiver, und das hält die Menschen wahrscheinlich trotz bestimmter Aspekte ihrer Ernährung gesund.

Natürlich ist die „nicht besonders gesund“. Weil es eben nicht ins Narrativ passt: Die Leute essen einen riesigen Haufen (wenig verarbeiteter)  Kohlenhydrate und beziehen 20-25 % Protein quasi vollständig aus tierischen Nahrungsmitteln. Alleine an diesen zwei Eckpunkten werden sich viele (Ernährungsideologen) stoßen.

Darüber hinaus fehlt es der Nahrung augenscheinlich an Vitamin D, E und K, was ja auch mal so gar nicht ins Bild passt. Freilich wird als Folge darauf verwiesen, dass die Leute kein Extremsport machen, aber mit 17.000 Schritten pro Tag eben ungefähr um den Faktor 3 besser da stehen als wir.

Doch ist das wirklich so „ernährungsunabhängig“?

Nährstoffe: Ein Teil des Geheimnisses?

Fest steht: Diese Leute essen schon mal fast doppelt so viele Ballaststoffe wie wir. Geschenkt. Interessiert uns nur bedingt. Michael Gurven, der die Ernährung der Tsimané als „nicht besonders gesund“ ansieht, veröffentlichte 2018 eine Arbeit, die Einsicht gibt.

Dort schlussfolgert er und sein Team paradoxerweise:

Die Abkehr von einer ballaststoffreichen, fett-, salz- und zuckerarmen Ernährung ist ein bedeutendes Gesundheitsrisiko für Bevölkerungsgruppen, die sich im Übergang befinden.

Denn in dieser Arbeit vergleicht er die relativ unberührt lebenden Tsimané mit einem Nachbarvolk, das eine zunehmende Transition hin zum moderneren Lebensstil vollzieht. Jetzt sind es ja also doch …

  • Ballaststoffe,
  • wenig Fett,
  • wenig Salz,
  • wenig Haushaltszucker

… die den Unterschied machen sollen?

Spannend an dieser Arbeit ist etwas ganz Anderes. Die haben nämlich, wie oben kurz angedeutet, den (Mikro-)Nährstoffgehalt der Tsimané-Ernährung kalkuliert. Und dort fällt einem auch ins Auge, dass sie viel Eiweiß, Magnesium, Kalium und sehr viel Selen zuführen, nämlich (für Männer):

  • 140 g Protein (40-50 % mehr als wir)
  • 550 mg Magnesium (150 % NRV)
  • 175 μg Selen (320 % NRV)
  • 6200 mg Kalium (310 %)

Das übersteigt unsere Zufuhr teilweise um das Zwei- bis Dreifache. Außerdem zeigen sie bei quasi keinem Nährstoff gravierende Mängel. Stattdessen sind sie trotz ihres schmalen Körperbaus mit vielen Mikronährstoffen mehr als ausreichend versorgt, dazu zählen z. B. Kupfer (150 % NRV), Zink (150 % NRV) und 125 mg Vitamin C (140 % NRV).

Zwar nehmen die Tsimané erstaunlich wenig Vitamin K(1) zu sich. Aber es ist zu erwarten, dass das Tierfett, das sie zuführen, teils erhebliche Mengen Vitamin K2 liefert. Und natürlich sind die auch besser mit Omega 3 (DHA) versorgt, was man anhand der Muttermilch von Tsimané-Frauen beweisen kann.

Fazit: Für das, was für die normal ist, müssen wir uns anstrengen (Nahrungsergänzung).

Alleine Kalium, Magnesium, Selen und mehr Protein schützen deutlich

Alleine die drei überrepräsentierten Magnesium, Selen und Kalium plus das erhöhte Eiweiß können einen erheblichen Anteil an dem offenbar stark reduzierten Risiko für Herzkreislauferkrankungen erklären.

Beispiel Proteine. Auch wenn uns heutzutage ständig ins Gewissen geredet wird, wir würden zu viel (tierisches) Protein zu uns nehmen: Westliche Nationen nehmen rund 100 g Protein auf. Jede Jäger-und-Sammler-Population und auch Radiokarbonmessungen an Knochen unserer Vorfahren zeigt, dass wir damit an der Untergrenze liegen.

Die Tsimané passen hier so gar nicht ins Bild: Ein großer Teil des Proteins stammt aus tierischen Quellen. Plus: Die essen auch noch 40-50 % mehr Protein als wir. Macht auch 40-50 % mehr … Arginin zum Beispiel. Mehr Arginin könnte die Gefäße schützen. Denn aus Arginin macht der Körper bekanntermaßen das Nobelpreisgas (1998) Stickstoffmonoxid, das die Gefäßgesundheit aufrechterhalten soll.

Kennen wir doch: Hasen, denen man durch eine hohe Cholesterinfütterung Arteriosklerose macht, haben eben viel weniger Arteriosklerose, also später auch dann Herzinfarkte und Co., wenn man ihnen Arginin (bzw. Citrullin) gibt (Abb. links vs rechts). Kombiniert man dies mit Antioxidantien, die in einer minimalprozessierten Ernährung eben häufig vorkommen, sehen die Gefäße so aus:

arterien mit citrullin arginin und antiox
Links: Arterien von cholesteringefütterten Hasen ohne zusätzliches Arginin, Citrullin und Vitamin C/E (Antioxidantien); Rechts: mit Ergänzung. (Quelle

Es gibt genug Gründe, anzunehmen, dass „mehr Eiweiß“ in der Nahrung gefäßschützend wirkt. Auch große Studien zeigen, dass „mehr Protein“ mit einem drastisch verringerten Risiko für Bluthochdruck assoziiert ist, und zwar unabhängig davon, ob es aus tierischen oder pflanzlichen Quellen stammt.

Schon vor 20 Jahren konnte in einer riesigen Studie (Am J Clin Nutr) mit 80.000 teilnehmenden Frauen im mittleren Alter, die 14 Jahre verfolgt wurden, gezeigt werden, dass viel Protein – entgegen der ursprünglichen Hypothese – das Risiko für Herzkreislauferkrankungen erheblich senkt (-26 %), vor allem wenn Kohlenhydrate dafür ersetzt werden.

Zurecht merken die Autoren an, dass man hier vorsichtig sein müsste, weil tierisches Protein oft mit Begleitkomponenten (z. B. gesättigte Fette) daherkommt, die für manche Risikogruppen problematisch sein könnten bzw. allgemein einen eher ungesunden Lebensstil anzeigen. Ein wichtiger Grund, warum man genau hinsehen muss!

Arginin könnte einer Studie zufolge aufgrund der gefäßprotektiven Eigenschaften ein Grund sein, warum die amerikanische DASH-Diät – eine von dem NIH empfohlene Ernährungsform, die gegen Bluthochdruck usw. helfen soll – wirkt:

Die DASH-Diät ist reich an Eiweiß; die blutdrucksenkende Wirkung der DASH-Diät ist möglicherweise auf den höheren Anteil an argininhaltigem Eiweiß, den höheren Anteil an Antioxidantien und den niedrigen Salzgehalt zurückzuführen.

Besipiel Magnesium. Schon 2013 kam eine riesige Meta-Analyse im Am J Clin Nutr. zum Schluss, dass zwischen tief- (0.7 mmol/L) und hochnormalen (0,9 mmol/L) Serumwerten eine Risikoreduktion von 30 % bei Herzkreislauferkrankungen zu beobachten ist.

Die prospektive Analyse der Alpha-Omega-Kohorte (2022), eine große dänische Studie mit über 4000 Probanden zwischen 60 und 80 Jahren, kommt zu vergleichbaren Schlüssen: Eine höhere Mg-Zufuhr von >320 mg pro Tag im Vergleich zur Referenzzufuhr von <283 mg pro Tag schützt vor Sterblichkeit durch Herzkreislauferkrankungen (-30 %).

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Auswertung der Daten der berühmten Framingham Offspring Study durch Pickering et al. 2021:

kalium magnesium herzkreislauferkrankungen
Kalium- (links) und Magnesium-Zufuhr (rechts) und das Risiko für Herzkreislauferkrankungen. 

Hier war eine Kaliumzufuhr von ≥3000 (vs. <2500) mg/d mit einem 25 % niedrigeren Risiko für Herzkreislauferkrankungen assoziiert (Abb. links), während eine Magnesiumzufuhr von ≥320 (vs. <240) mg/d das Risiko um 34 % senkte (Abb. rechts). Die Risikoreduktion war, wie man der Abbildung entnehmen kann, dosisabhängig.

Für Selen gibt es ähnliche Daten. So zeigt eine Meta-Analyse aus 2021 eine Risikoreduktion von 15 % pro 10 μg Zunahme der Selenspiegel. Hier war ein hoher Selenspiegel im Vergleich zu niedrigen Selenspiegeln mit einem 34 % verringerten Risiko verbunden.

Schon 2006 hatte eine Meta-Analyse, veröffentlicht im Am J Clin Nutr, beschrieben, dass „in Beobachtungsstudien eine 50%ige Erhöhung der Selenkonzentration mit einer 24%igen Verringerung des Risikos für koronare Herzerkrankungen in Verbindung gebracht wurde“.

Die möglichen Hintergründe speziell zu Selen hatte ich hier erläutert. Kurz: Deutschland nennt man nicht umsonst ein Selenmangelgebiet. Die durchschnittlichen europäischen Spiegel liegen teils erheblich unter jenen Spiegeln, die gebraucht werden, um z. B. wichtige selenabhängige Antioxidantien voll zu aktivieren.

Concentrations of selenium in human serum and plasma in Europe GPx glutathione 2
Es klafft eine Lücke zwischen europäischen Selenspiegeln und jenen Spiegeln, die gebraucht werden, um die volle Aktivität diverser Selenoproteine zu erreichen. (Quelle

Auf molekularer Ebene wirken Kalium, Magnesium und Selen relativ ähnlich. Das liest sich am Beispiel von Selen so (vgl.):

Zu den zugrundeliegenden Mechanismen gehören die Hemmung von oxidativem Stress, die Modulation von Entzündungen, die Unterdrückung endothelialer Dysfunktion und der Schutz von Gefäßzellen vor Apoptose und Verkalkung.

Es geht also immer darum:

  • Vermeiden von oxidativem Stress und dadurch Hemmung der LDL-Oxidation
  • Bremsen von Entzündungen
  • Verbesserung der Gefäßfunktion (meistens via Stickstoffmonoxid, also NO)
  • Schutz der Gefäßzellen, z. B. vor Verkalkung

Und genau an diesen Stellen setzen u. a. Kalium, Magnesium und Selen an.

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Selenoproteine schützen auf vielfältige Weise die Gefäße. (Quelle)

Abschließend

Wir können den Tsimané-Lifestyle nicht kopieren. Macht auch deshalb keinen Sinn, weil die an ihren Lebensraum genetisch genauso angepasst sind wie wir Europäer an unseren.

Allerdings mit der wichtigen Gemeinsamkeit, dass ein moderner Lebensstil krank macht. Ob wir Europäer so auf Salz verzichten sollten wie inländisch lebende Ureinwohner eines Urwalds ist dürfte allerdings fraglich sein ;-)

Es gibt aber wie immer ein paar Eckpunkte, die auch bei uns greifen würden:

  • Dreck! Stichwort Hygiene-Hypothese. Auch unser Immunsystem wird „gedämpft“ und toleranter, wenn wir mit Mikroben in Kontakt kommen. Das muss also nicht zwangsläufig ein Parasit im Darm sein.
  • Körperkomposition. Auch unser Risiko für Herzkreislauferkrankungen sinkt, wenn wir überschüssiges Körperfett verlieren und Magermasse erhalten.
  • Bewegung. Erst hier erläutert. Aber bitte: Lieber 20.000 Schritte gehen als Marathon laufen.
  • Mehr Ballaststoffe, weniger Haushaltszucker und Transfette (Cookies und Co.)
  • Weitestgehend minimalprozessierte Ernährung. Makronährstoffe so, wie es dein Körper am liebsten mag.
  • Keinen Teig?
  • Keine (hoch erhitzten, oxidierten, raffinierten) Pflanzenöle? 

Nur, um ein paar genannt zu haben. All das spiegelt sich letztlich auch im Risikoprofil der Tsimané wider, das in dieser Lancet-Studie 2017 aufgearbeitet wurde: Die Tsimané weisen trotz (oder wegen?) ihrer kohlenhydratreichen Ernährung niedrige Glukosewerte auf. Blutdruck niedrig. Cholesterin bei 150. Daneben sind LDL vergleichsweise niedrig mit unter 100 mg/dl und die Trigs liegen bei rund 90 mg/dl.

Allgemein sind die Werte nicht sonderlich berauschend (z. B. hohes oxLDL, normaler BMI, 21 % Körperfett, hohe Entzündungswerte), trotzdem ergibt sich ein niedriger Score für das 10-Jahres-Risiko. Kann ja jeder für sich selbst ausrechnen.

Und, nicht zu vergessen, die Inhalte des Artikels: Eine weitaus bessere Versorgung mit gefäßschützenden Mikronährstoffen, dazu zählen, wie anhand der Tsimané eindrucksvoll gezeigt, u. a. Kalium, Magnesium und Selen. Ein unterschätzter Faktor.

Ein Basis-Paket (Multi, Vitamin D, Magnesium, Omega 3, Aminosäuren) kann also vielleicht lebensrettend sein, so in 10, 20, 30 Jahren. Explizit darauf hingewiesen wirst du von unseren staatlichen Behörden diesbezüglich eher nicht. Nur so, als Randbemerkung. Denn auch in Studien wird es genüsslich ignoriert.

PS: Nach Michael Gurven waren 3/4 der Tsimané mit Corona infiziert. Es sei allerdings nur einer gestorben und auch sonst gab es kaum schwere Verläufe. Na sowas…

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

20 comments On Das Geheimnis der Tsimané-Ernährung

  • absolut, was ihnen an hygiene fehlt ist auch ein faktor, der dem ein oder anderen eher letzterem wie du mit besseren eckdaten beschreibst, kinderleben zum ofer faellt. da hast du vollkommen recht. dennoch vermute ich, dass es die gewichtigkeit der faktoren wie das permanente in der natur sein – selbst bei stressphasen wie der jagd zb – diesen dermaßen die „krallen“ raubt, dass es gepaart mit der naturbelassenen nahrung zu keinen unschoenen ’stress’spitzen komnt. im vergleich – otto normal – sitz im büro, unter kunstlicht, knallt sich mit kaffee zu und der chef ist hobbycholeriker – alles moderne neuzeit-tiger – vor denen erstmal keine weglauf strategie angebracht ist. erst nach schluss ab 18.00… bis zu hause ist der körper immer noch voll mit stresshormonen, dann wird mit „dreck-essen“ kompensiert und am naechsten tag gehts von vorne los. wenn ich das vergleiche mit dem durch das viele moderate bewegen auf erdboden mit natuerlichem uv licht, kein lärm, die luft – welche alle zusammen eine permanente stress-abbau kaskade ergeben – ergibt sich finde ich eher die niedrige hk-inzidenz. der ein oder andere wurm und parasit mag sein sowie versicherung, krankenhaus und hygiene – aber da fehlt mir die korrelation zur herzkreislauf thematik um die es ja geht. krankenhaus und versicherung haben erstmal nichts mit einem aufkommen eines hk-events zu tun, da ist vorher viel schief gelaufen. dennoch gut beschrieben, dass entzündungen per se anscheinend zuwenig wiegen, als dass sie einem die blutwerte ruinieren und zum herzkasperl fuehren… die machen einfach sofern deine daten stimmen zu den makro angaben vieles von haus aus richtig, wo wir uns hier zT stoffwechselentlgeisungen von „influencern“ aneignen…
    ach die dschungelbuch-romantik lass mir doch – immerhin kann ich an mir selbst und auch vielen forenbeiträgen ableiten wie sehr den menschen das morgendliche sonnenlicht auf der netzhaut das harte leben in mordor etwas ertraeglicher macht und der gang zum chefsalsberg dem alten gandalf ein verschmitztes grinsen abringt… du vitalstoffcasanova! (:

    • ja, da gehe ich schon mit! Ich denke auch, dass es ne unterschiedliche art von „Stress- bzw. Stressorenmuster“ ist. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass viele modernen Menschen in ihrer Egozentrik ein bisschen übersehen, wie strapaziös, auch psychisch, so ein Leben in der Wildbahn ist. Ein wichtiger Punkt ist sehr sicher: Leben in der Natur als natürlicher Transquilizer und die viele Bewegung als Adrenalin- und Cortisoldrossler. Da aber offenbar auch die Masai, die unter ähnlichen Bedingungen leben, stark an Arteriosklerose erkranken, dürfte man annehmen, dass sowohl Genetik aber eher auch Ernährung eine große Rolle zumindest bei Herzkreislauferkrankungen spielen.

      • Habe irgendwo mal gelesen, dass die Menschen in Vilcabamba (Ecuador) oft bis 100-jährig noch fit sind und täglich Gratenarbeit verrichten. Dies trotz der Tatsache, dass dort die Männer (und Frauen) viel rauchen (jedoch angeblich nicht Tabak, sondern Stechapfelblätter) und auch Alkohol trinken. Interessant, wenn das so stimmt.

  • eines der groeßten „geheimnisse“ ist wohl das einfache leben, intaktes sozialleben und verhältnisse, sonne, natur. alleine was denen an stressoren „fehlt“, da wett ich dass die eine weit groeßere „schlechtes essen – toleranz“ haben als wir emanzipierten großstadtaffen. stress frisst auch naehrstoffe und dschungel messen ist halt bisserl schwierig im labor ;)

    und wir europäer sind ueberhaupt nicht an unseren „lebens“-raum angepasst. wir leben in einer dauerstimulationsblase, familienlos, gierig und karrieregeil. da ist gluten, die boesen fette und die tierprodukte voellig irrelevant…

    gibt ja sogar schon eine tsimane diet – natuerlich garantiert fettverlust in drei tagen ganz, selten so gelacht ^^ geschiet uns recht…

    trotzdem danke fuer deine darlegung. kann sein dass die ein oder andere formulierung absichtlich etwas ueberzeichnet ist…^^

    • Ja, ich gehe mit, dass es JEDER ASPEKT der Umwelt ist, der greift und Ernährung nur ein Teilaspekt davon.

      Beim Thema Stress sehe ich uns ein bisschen arg egozentrisch. Den Tsimane sterben verhältnismäßige viele Kinder weg (wie geht es einem damit?). Ein Vater sorgt sich konstant darum, genug Fleisch nachhause zu bringen, um die oft 10-köpfige Familie zu ernähren. Sie haben oft chronische Infektionen (s. Parasit), was ein Stressor für den Körper darstellt (kennen wir ja mittlerweile als „Longcovid“ bei uns). Die haben keine Krankenhäuser, keine sonstigen Verpflegungsstellen, keine Versicherungen. Die haben also viele viele entlastenden Faktoren nicht. Ich denke, auch wenn du überzeichnest, darf man das Tsimane-Leben nicht romantisieren und unser Leben nicht so hinstellen als ob wir jetzt irgendwie alle am bösen Stress sterben, den die Naturvölker nicht haben. Das sind ja keine Harfüße mit Blättern in den Haaren und chillymilly-Leben. :P

  • Super Artikel. Genau so muss das. Als Belohnung für die Reihe sehr interessanter Artikel in letzter Zeit gleich auf edubily.de und ein bisschen was geshoppt…die Emaille-Tasse hat mich begeistert, ich kann‘s kaum erwarten daraus den Kakao zu trinken (nee, dem Kaffee habe ich gänzlich abgeschworen nachdem ich gelesen habe daß er Löcher in die Darmschleimhaut ätzt…jetzo erst verstehe ich, was Nietzsche gemeint hat als er im ‚Ecce Homo‘ schrieb: „Kaffee macht düster…“)

    Mensch, wir haben dir echt viel zu verdanken! Seit 2014 erleuchtest du unsere Ignoranz und bekämpfst somit das Mitläufertum, machst uns also zu substanziell besseren Menschen.

    Ich werde künftig die Tasse als merchandise an ausgewählte Kandidaten verteilen.

    Keep it up!

  • Aber insgesamt auch nicht super viele Kalorien gepaart mit der Bewegung. Ob das hier ein Teil der niedrigen Rate an Herz&Kreislauferkrankungen ausmacht?

    All you can eat kennen die einfach nicht.

    • Männer essen dort rund 2700 Kalorien, davon rund 400 g Kohlenhydrate, 45 g Fett, 140 g Eiweiß. Was man nicht vergessen darf: Die Männer da sind im Schnitt mit 166 cm relativ klein. Wenn ich die Daten in Kalorienrechner eingebe, kommt es je nach körperlicher Belastung schon hin. Also die werden sich ob der „langweiligen Ernährung“ nicht überfressen, logischerweise. Sie sind jetzt aber auch nicht drastisch drunter, eher im Gegenteil. Die Kalorienzufuhr ist sogar eher etwas höher als gedacht. Haben ja auch immerhin über 20 % Körperfett.

  • Herzlichen Dank!
    Welche KH-quellen nutzt deren volk denn?
    Neben obst auch mais?

    • Hi Trix,
      die Tsimané beziehen alle ihre Kohlenhydrate aus folgenden wenigen Nahrungsmitteln:

      892 Kalorien aus (grüner) Kochbanane
      302 Kalorien aus Reis
      223 Kalorien Maniok
      116 Kalorien aus Weizenpasta (modernes Essen)
      85 Kalorien aus Mais
      50 Kalorien aus Brot und Mehl (modernes Essen)
      23 Kalorien aus Zucker (= ca. 6 g)

      Der große Bulk an Kohlenhydraten stammt also aus der Kochbanane. Signifikant sind auch Reis und Maniok. Sie essen quasi kein Obst.

      • Dass die Tsímane kaum Obst essen, wundert mich nun doch ziemlich.

        • Der bolivianische Urwald wird kein Obstgarten sein. Und wenn ich im Leben vor der Wahl stehen würde ob ich Äpfel anbaue oder Kartoffeln, würde ich vermutlich auch eher die Knolle nehmen statt dem Apfel. Jede Gesellschaft hat so seine „Crops“ als Grundnahrungsmittel, Obst ist es meistens nicht.

  • ein wiklich gelungener Aufsatz. Danke.

    Was bei der Betrachtung der Tsimané über deren Gesundheit auch wichtig wäre, ist die Altersverteilung/-struktur diese Gruppe. Gibt*s da irgendwelche Daten?

    • Danke!
      Ja, ich habe Eckdaten. Die Population umfasst mittlerweile etwa 10-20.000 Menschen, Verdopplungszeit aktuell wie angemerkt etwa alle 20 Jahre.
      Die Hälfte der Menschen ist unter 15. Relativ hohe Kindersterblichkeit, aber auch nicht so gravierend. Die alterabhängige Sterblichkeit, die zwischen den Tsimane und uns in frühen Lebensjahren aufgrund der Kindersterblichkeit natürlich enorm auseinander klafft, gleicht sich quasi mit jedem Lebensjahr und -Jahrzehnt immer mehr an, sodass die Sterblichkeit im Alter etwa der entspricht die man auch bei uns findet. Soll heißen, die Populationen kann man später dann schon gut vergleichen. Heißt, es gibt auch genug ältere Menschen – die Tsimane erreichen dann typischerweise auch 60-80. Todesursachen bei denen sind in der Regel Unfälle aber öfter Infektionen. Diese Daten stammen vom og Michael Gurven, der die Tsimane seit vielen Jahren untersucht.

  • Sie essen sicherlich auch keine Milchprodukte, oder? Erinnert mich irgendwie an die Kitava-Ernährung, nur mit höherem Proteinanteil -oder liege ich falsch?

    • Ja, ist bei diesen Völkern immer das gleiche Prinzip. Schlanke Menschen, viel Bewegung, kaum Blutdruck, sehr gute Lipidwerte, nicht alles perfekt (z. B. viel Entzündungen oder Parasiten), aber auch kein/wenig Getreide, mäßiger Anteil an Tierkonsum, keine Milchprodukte.

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