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Was uns die Aborigines lehren

Newsletter vom 06.05.21

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Wir alle sollten uns eine Sache sehr gut merken:

Alles, was wir am Tag tun (oder nicht tun), hat Einfluss auf die Aktivität unseres Genoms. 

Gene bekommen wir mit, vererbt von unseren Eltern bzw. Großeltern bzw. Urgroßeltern und so weiter. Es entsteht eine einzigartige, individuelle Mischung an vielen Genen von vielen verschiedenen Vorfahren. Früher dachte man entsprechend: Gene weisen uns ein Schicksal zu.

In bestimmter Weise stimmt das auch, denn unser genetisches Make-up gibt uns einen Korridor vor, indem wir uns bewegen können. Innerhalb dieses Korridors haben wir jedoch die Möglichkeit, gestalterisch tätig zu werden. Durch das, was wir auf uns wirken lassen (Umwelteinflüsse), können wir Gene an- oder abschalten, aktiver oder weniger aktiv sein lassen.

Alles, was am Tag auf dich wirkt, formt so das, was du heute, jetzt gerade bist. Wir sagen spaßeshalber immer: Willst du sterben und aussehen wie ein Deutscher, dann iss wie ein Deutscher. In Fachzeitschriften bzw. Fachartikeln klingt das alles natürlich ein bisschen professioneller. Dort steht dann, dass der ‚westliche Lebensstil‘ für Zivilisationskrankheiten – also Insulinresistenz, Diabetes, Herzkreislauferkrankungen, auch teilweise Krebs etc. – verantwortlich ist.

Übersetzt bedeutet das: Dieser westliche Lebensstil lässt durch das Aktivieren bzw. Inaktivieren bestimmter Gene einen Körper entstehen, der krank wird. So einfach, so kompliziert. Wer also gesund sein und einen anderen Körper haben möchte, muss etwas ganz grundlegend verändern.

Am Beispiel von Aborigines kann man das besonders gut deutlich machen. Wie Aborigines ursprünglich aussahen und wie sie heute unter dem Einfluss des westlichen Lebensstils im Vergleich aussehen, sieht man beispielhaft hier (klick). Die genetische Ausstattung hat sich also überhaupt kein bisschen verändert, der Lebensstil, der über die Genaktivität bestimmte, aber sehr wohl. Das Resultat könnte gravierender nicht sein.

Der Grad der Stoffwechselentgleisung unter westlicher Ernährung hängt dabei direkt davon ab, wie „alt“ die Gene sind. Aborigines zeigen quasi keine Anpassungen an den westlichen Lebensstil, werden daher sehr schnell sehr krank. Die Diabetes-Rate bei westlich lebenden Aborigines ist im Vergleich zu Australiern im Allgemeinen stark erhöht.

Eine Sache ist jedoch klar: Dass ein Großteil der heute lebenden Europäer unzureichend an die hiesige Kost angepasst ist, zeigt sich daran, dass der Großteil der Bevölkerung stoffwechselbedingte bzw. -assoziierte Probleme bekommt, oft Jahrezehnte mit einem zu hohen Blutzucker oder einer insulinresistenten Muskulatur durch die Gegend läuft – und jeder Zweite stirbt sogar an kaputten Gefäßen, gleichermaßen Ausdruck einer metabolischen Entgleisung, die es in der Form in der Wildbahn bei indigenen Völkern nicht gibt.

Kerin O’Dea ist eine Wissenschaftlerin, die die Aborigines jahrzehntelang erforscht. Es gibt eine Vielzahl an Publikationen von ihr zu diesem Thema. Aus einer Arbeit aus 1991 (!) möchten wir mal die fünf von ihr gemachten Beobachtungen zitieren:

  1. Aborigines aus ganz Australien entwickeln ungewöhnlich hohe Prävalenzraten für Adipositas, nicht-insulinabhängigen Diabetes mellitus (NIDDM) und kardiovaskuläre Erkrankungen, wenn sie den Übergang von ihrem traditionellen Jäger- und Sammler-Lebensstil zu einem westlich orientierten Lebensstil vollziehen.
  2. Es gibt keine Hinweise darauf, dass sie diese Krankheiten als Jäger und Sammler erlebt haben. (…)
  3. Darüber hinaus waren die Nüchtern-Glukose- und Cholesterinwerte niedrig (meist unter 4 mmol/L). (…)
  4. Wenn westlich lebende diabetische Aborigines vorübergehend zu einer traditionellen Jäger-Sammler-Ernährung und -Lebensweise zurückkehrten, wurden alle Stoffwechselanomalien des Diabetes stark verbessert. Außerdem verloren sie Gewicht und es kam zu einer Verringerung der wichtigsten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
  5. Der Jäger-Sammler-Lebensstil war mit erhöhter körperlicher Aktivität und einer fettarmen, ballaststoffreichen Ernährung mit niedriger Energiedichte und hoher Nährstoffdichte aus sehr magerem Wildfleisch und unkultivierten pflanzlichen Lebensmitteln verbunden.

Aborigines, wie jeder Mensch vor der Erfindung der Landwirtschaft vor vielleicht 10.000 Jahren in Anatolien – also in 99,5 % unserer Entwicklungszeit –, bekamen sehr viel mageres Fleisch zu essen, sprich viel Protein, eine große Menge an Pflanzen (mit niedrigem Stärkeanteil; kein Getreide), entsprechend viele Ballaststoffe, bei geringer kalorischer Gesamtenergiedichte und hohem körperlichen Aktivitätslevel.

O’Dea meint: Diese Ernährung „hat wichtige therapeutische Implikationen für die Behandlung und Vorbeugung vieler chronisch degenerativer Krankheiten der westlichen Wohlstandsgesellschaften.“ Geschrieben 1991. Diese Probleme wurden seitdem nicht besser, eher im Gegenteil, aber soll jetzt nicht das Thema sein. Fakt ist:

Gene brauchen das richtige Futter und den richtigen Lebensstil.

Ansonsten geht’s uns so wie den domestizierten Aborigines. Gibt schlechte (Ernährungs-)Gene? Nö. Wenn dich die Sahnetorte direkt zum Diabetiker macht, dann hast du eben noch sehr viele Jäger-und-Sammler-Gene in dir, die entsprechend behandelt werden wollen (oder müssen).


Diese drei Artikel bzw. Studien haben wir diese Woche gelesen:

Die Kollagenbildung erfordert große Mengen an Glycin, Prolin und Lysin. Frühere Arbeiten unserer Gruppe haben gezeigt, dass Glycin eine essentielle Aminosäure ist, die in der Nahrung in großen Mengen vorhanden sein muss, um die Anforderungen für die Kollagensynthese zu erfüllen. (…) Die Erhöhung des Glycinanteils in der Ernährung könnte also durchaus eine Strategie sein, um die Knorpelregeneration durch Steigerung der Kollagensynthese zu unterstützen, was zur Behandlung und Vorbeugung von Osteoarthritis beitragen könnte.

Glutenproteine machen etwa 80-90 Prozent des gesamten Weizen-Endosperm-(Kern-)Proteins aus. Etwa 35 % ihres Aminosäuregehalts bestehen aus Glutamin- und 15 % aus Prolinresten [8,15]. Aufgrund dieser einzigartigen Aminosäurezusammensetzung, kombiniert mit einem hohen Anteil an hydrophoben Aminosäuren (19 %), sind bestimmte Proteinsequenzen im Gluten sehr resistent gegenüber dem Abbau durch menschliche Verdauungsenzyme [16,17], einschließlich Pepsin, Trypsin, Chymotrypsin, Carboxypeptidasen A und B, Elastasen und Enzyme der Dünndarm-Schleimhaut. Der Grund für die Ineffizienz dieser Proteasen beim Abbau dieser Glutensequenzen liegt in der generell fehlenden Spaltstellenaktivität für nach Prolin-Resten im Protein.

Diese Ergebnisse legen nahe, dass Kaffee die Skelettmuskelfunktion und Hypertrophie durch die Regulierung des TGF-β/Myostatin – Akt – mTORC1 erhöht.​

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

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