Belächeln

… kann ich manche von euch nur.

Im Internet flammt immer wieder die Diskussion auf, ob man während einer ketogenen Diät zunehmen kann oder nicht. Manche behaupten, man könne 4000kcal essen – ohne Gewichtszunahme.

Für viele Essgestörte finden wir hier den wunderschönsten Traum. Iss so viel du willst und bleibe schlank. Essgestört deshalb, weil man ja irgendwie spinnen muss, um auf solche abstrusen Ideen zu kommen, die sich ja tatsächlich jeglicher Grundlage entbehren, gerade wenn man über einen gesunden Menschenverstand verfügt.

Szenario:

Du bist ein Cro-Magnon, lebst in der Eiszeit vor 80.000 Jahren hier in Europa. Du hast drei Tage nichts gegessen, befindest dich also in tiefer Ketose. Dann kommt Mammut angelaufen, du erlegst es. Dann isst du zunächst ein Kilogramm Speckschwarte mit 7000kcal oder so ähnlich.

Wenn dieses Szenario nicht dafür sorgen würde, dass du wieder Speck auf die Hüften bekommst, dann wärst du in relativ kurzer Zeit ausgestorben.

Aber dieser Gedanke wäre ja zu einfach. Deshalb reden viele Anhänger dieser These von Insulin – Insulin hemmt die Lipase im Fettgewebe (keine/wenig Fettfreisetzung) und stimuliert die Lipoprotein-Lipase in den Fettzellen, damit das Fett auch in die Fettzellen kann.

So weit so gut.

Der Gedanke: Kein Insulin = viel Fettfreisetzung, keine Fettspeicherung. 

Nur das erste was mir dazu einfällt, ist die Tatsache, dass Lipoprotein-Lipase ja trotzdem wirkt. Sie wird beim Fasten ca. 50% gedrosselt.

Logischerweise können sehr wohl also Triglyceride, die man gerade gegessen hat, in die Fettzellen gelangen. Die Funktion der Lipoprotein-Lipase hat nichts mit Insulin/nicht Insulin zu tun.

Aber jetzt mal im wahren Leben. 

Als ich damals jahrelang so gelebt habe, habe ich mich das natürlich auch gefragt, also ob man zunimmt wenn man x Kalorien während einer ketogenen Diät isst.

Und deshalb habe ich Olivenöl getrunken, wie sonst soll ich auf Kalorien kommen?

Abgesehen davon, dass meine Triglyceride im Blut bei solch einer Kalorienzahl auch deutlich erhöht waren, war mir konstant schlecht, ich hatte Durchfall und musste mich oft übergeben.

Der Körper weiß also nicht, wohin mit den ganzen Triglyceriden. Das Fettgewebe ist eher auf Fettfreisetzung, als auf Fettspeicherung programmiert – man nimmt zwar zu, aber auf biochemischer Ebene möchte die Fettzelle das eigentlich gar nicht.

Deshalb schießen Triglyceride hoch – und einem wird schlecht. Der Körper wehrt sich gegen diese Fettmassen.

Und: Am Ende hatte ich tatsächlich zugenommen. 

Ein ähnliches „Experiment“ habe ich dann später noch einmal gestartet. Seit dem habe ich einen Würgereiz, wenn ich es nur rieche.

 

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

2 comments On Belächeln

  • Ja, das ist eine drastische Maßnahme gewesen und stellt auch nur eine Möglichkeit dar, um einigermaßen zu testen, was bei Kalorien-Exzess passiert.

    Beim zweiten Punkt kann ich dir auch beipflichten. Mehr Energieumsatz, wenig Zugang zu Kohlenhydraten, was zwangsläufig dazu geführt hat, dass der Großteil dieser Zeit in relativ KH-armen Umständen verbracht wurde. Aber es ist diese Beobachtung, die eigentlich auch die These widerlegt, dass es nicht möglich ist, mit einer reinen Fett-Diät zuzunehmen.

    Die Effizienz wird sich verschieben und die Gewichtszunahme wird auch deutlich weniger ausgeprägt ausfallen, da Insulin u.a. auch die Enzyme reguliert, die für die Fettspeicherung verantwortlich sind.
    Und eine erhöhte Konzentration von Fettsäuren wird auch für eine vermehrte Expression von uncoupling protein sorgen.

    Aber dennoch: Es bleibt eine Utopie!

  • Nun, dass mit dem Olivenöl ist ja nun auch eine drastische Maßnahme, die man eigentlich „in freier Wildbahn“ nicht zur Verfügung hat. Derart konzentrierte Fettmengen kannst du ja auf natürlicher Basis (und dann auch noch in so einer leicht zu konsumierenden Form) nicht einfach vorfinden, von daher glaube ich schon, dass dir all das Fett zu den Ohren herauskommt, bevor du in einem entsprechenden Umfeld ernsthaft fett wirst.

    Richtig ist, dass der Mensch tatsächlich ausgestorben wäre, wenn es NICHT möglich gewesen wäre, immerhin hatten wir hier recht lange Zeit eine Eiszeit wo abseits von erlegten Tieren nicht viel zu holen war. Aber der Cro-Magnon hatte sicherlich auch einen enstprechenden Energieumsatz (und war auch deutlich fitter, als der typische Deutsche heutzutage).

    Wenn die Kalorienbilanz stimmt und auch die nötigen Enzyme und Stoffwechselpfade darauf geeicht sind, wirst du natürlich zunehmen. Das ist die logische Konsequenz der Thermodyanmik – mir stellt sich nur die Frage, in wieweit sich die Effizienz verschiebt und ab wann mehr gespeichert wird.

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