Schon mal vom Omega-3-Index gehört? Ehrlich gesagt auch von uns lange ignoriert. Erschien mir (Chris) zu neumodisch. Und zu selbstverständlich, schließlich gehören Omega-3-Fettsäuren zum Standardprogramm eines jeden gesunden Lebensstils. Des Öfteren in Form von Fisch und freilich in Form von unseren Omega-3-Kapseln.
Jedenfalls ist der Omega-3-Index etwas ganz Wunderbares. Zwei geniale Menschen, Forscher, mit Namen Harris (US-Amerikaner) und von Schacky (Deutscher) taten sich vor fast 20 Jahren zusammen, nachdem immer klarer wurde, dass Omega-3-Fettsäuren besondere Fettsäuren mit erstaunlicher Wirkung sind. Kurz zuvor nämlich, im Jahr 2002, erschien eine wichtige Studie von Christine Albert im renommierten New England Journal of Medicine. Sie konnte anhand von Daten aus der Physicians‘ Health Study zeigen, dass das relative Risiko eines plötzlichen Todes (meistens Herz) bei Männern mit den höchsten Omega-3-Spiegeln im Blut, um sage und schreibe 80 % geringer war.
Zur Erinnerung: Das ist die Todesursache, an der die meisten von uns im Laufe des Lebens natürlicherweise versterben.
Zu diesem Zeitpunkt aber gab es noch keinen Omega-3-Index – ein Maß musste her, das standardisiert und reproduzierbar den Omega-3-Gehalt des Blutes erfassen konnte. Harris und von Schacky nutzten dafür den Anteil an Omega-3-Fettsäuren in der Zellmembran, genauer: in der Erythrozyten-Membran (= rote Blutkörperchen). Was viele nicht wissen: Der Körper hält die Fettsäuren-Komposition seiner Zellmembranen sehr konstant – bis auf die, der mehrfach ungesättigten Fettsäuren wie Omega 3. Dieser Anteil hängt strikt von der Zufuhr über die Nahrung ab.
Heißt: Je mehr Omega 3 wir zuführen, umso höher ist der Anteil an Omega-3-Fettsäuren in der Gesamtmenge der Fettsäuren, die in die Zellmembranen eingebaut werden.
Harris und von Schacky legten in den Folgejahren dar, dass der Omega-3-Index ein Risikofaktor für den plötzlichen Herztod ist, der in der Größenordnung anerkannter Risikofaktoren wie Cholesterin, Triglyceride, Homocystein und so weiter spielt. Die Fachwelt hat leider lange nicht verstanden, dass man nicht einfach Omega 3 verabreichen kann, um dann zu gucken, was nach … sagen wir … fünf Jahren mit Probanden passiert. Man muss strikt den Omega-3-Index als Maß nehmen, um eine Referenz zu bekommen. Denn: Logischerweise muss jemand mit niedrigen Omega-3-Spiegeln deutlich mehr Omega 3 für die gleichen Effekte einnehmen.
Immer häufiger werden heute glücklicherweise Arbeiten zu Omega 3 publiziert, die den Omega-3-Index als Referenz nutzen. Nach wie vor publiziert auch William S. Harris – so geschehen erst letztes Jahr. Die Wissenschaftler um Harris nutzten für ihre Studie Daten aus der bekannten Framiningham Offspring Study. Dabei handelt es sich um eine Studie, die über viele Jahre hinweg Menschen begleitet und untersucht. Im Rahmen der neuen Harris-Studie wurden Daten über den Fettsäurespiegel im Blut von 2240 Personen über 65 Jahren analysiert, die im Durchschnitt elf Jahre lang beobachtet wurden. Ziel war es, zu validieren, welche Fettsäuren neben den bereits bekannten Faktoren als gute Vorhersagewerte für die Sterblichkeit fungieren.
Resultat: Menschen mit dem höchsten Omega-3-Index (>7 %) hatten eine Lebenserwartung, die fünf Jahre höher lag als die Menschen mit niedrigem Omega-3-Index von unter 4 %. Zu wenig Omega 3 im Blut zu haben verkürzte das Leben in dieser Studie so stark wie das Rauchen. In der Tat konnte gezeigt werden, dass ein hoher Omega-3-Index die Folgen des Rauchens auf die Lebenserwartung kompensiert. Die Forscher merken an, dass Japan, wo die Menschen einen Omega-3-Index von 8-9 % aufweisen, im Vergleich zu vielen anderen westlichen Ländern genau diese fünf Jahre Vorsprung mit Blick auf die Lebenserwartung haben.
Eigentlich unfassbar. Hier hat man einen Wert, den man ganz einfach über den Lebensstil, genauer: über die Ernährung, anpassen kann. Mit möglicherweise gravierenden Folgen für das eigene Leben. Alles rund um den Omega-3-Index haben wir in einem großen Artikel aufgearbeitet:
- Die Geschichte hinter den Omega 3s und dem Omega-3-Index
- Warum der Omega-3-Index ein Risikofaktor ist
- Wie man einfach und schnell einen guten Omega-3-Index erreicht
- Warum Omega 3 wirkt, wie es wirkt
- Wie Omega 3 Covid zu beeinflussen scheint
- 24 Referenzen/Studien zum Thema
Eine bessere Zusammenfassung zum Thema wird sich im deutschen Raum kaum finden lassen. Unsere Empfehlung: Los, lesen und dann handeln.
Hier geht’s zum Artikel über den Omega-3-Index.
6 comments On Neues zum Omega-3-Index
Hallo Chris,
vielen Dank für Deine Super Web-Seite. Ich habe deswegen meinen Milchkonsum von 1 kg Quark/d auf Null heruntergefahren (wg. Exosomen), nehme jetzt L-Citrullin und habe mir heute die ersten 30 Gramm Gelatine reingezogen. Jedoch beim Omega 6: Omega 3 Index gibt es weitere Informationen, die Dir bisher noch nicht bekannt zu sein scheinen. Omega 6 und Omega 3 sind PUFAs. Ein Übermaß an PUFAs ist toxisch. Man wird wohl kaum in die Gefahr kommen, zu viel DHA/EPA zu sich zu nehmen, es sei denn ein Fanatiker trinkt 50 ml Algenöl pro Tag. Beim Omega 6 und den anderen Omega 3 Fettsäuren ist die Gefahr aber real gegeben: Sowohl direkt durch Pflanzenfette als auch durch das Fett der mit Pflanzenfetten gefütterte Tier erhalten wir viel zu viel Omega 6 und Nicht DHA/EPA-Omega 3. Der Vorschlag, einfach DHA/EPA zu erhöhen, hilft nur teilweise. Die Omega 6 zu Omega 3 Ratio wird zwar besser, das erhöhte DHA/EPA kann ein bischen seine Funktion erfüllen und das hilft sicherlich schon weiter.
Wichtig ist aber auch: Wieviel PUFAs nehmen wir gesamt auf? Wieviel PUFAs sind in in unserem Körperfett abgespeichert?
Diese PUFAs sind bei unserer Ernährung viel zu hoch. Hier ein absolut genialer Video von Augenarzt Dr. Knobbe. https://www.youtube.com/watch?v=pHnPinYI2Yc
Am besten also nur 2% PUFAs in der Nahrung. Ich bastele das für mich so hin, dass ich nur mageres Fleisch esse, NEU: Gelatine (Danke Chris!), als Fett ausschließlich sehr, sehr viel Kokosfett nehme. Das hat 2% PUFAs. Und 5 Gramm Algenöl pro Tagund sehr viele nicht-pflanzliche Supplemente. Aufgrund des genetischen Flaschenhalses vor 100.000 Jahren haben sich unsere Vorfahren an das Kokosfett adaptieren müssen [und somit auf Palmitinsäure und Stearinsäure, die ja nichts anderes ist als hydrierte Ölsäure, der Mensch kann selbst prima Ölsäure zu Stearinsäure hydrieren]. Die Menschen, die Kokosnuss damals nicht vertrugen, wurden von der Evolution aussortiert. Deswegen ist fast kein Mensch auf der Welt gegen die Bestandteile der Kokosnuß allergisch – im Gegensatz zu allen anderen pflanzlichen Nahrungsmittel. Der Mensch ist hochadaptiert auf die Kokosnuß (Wie der Koala-Bär auf den Eukalyptus-Baum). Mehr dazu bei Google unter: Dr. Bruce Fife.
Also, PUFAs sind sowas wie Zündsprengkapseln für den Organismus, noch brisanter als der Raktentreibstoff Gluccose und Eisen.
Hier noch ein Video über das in Ernährungs-Kreisen so hochgelobte Leinöl mit 60% Nicht DHA/EPA-Omega 3 : hochradikal, hochreaktiv, hochgefährlich. https://www.youtube.com/watch?v=C6BvAgEKWi8
Hallo, danke für die Ausführung. Aber wie kommst du darauf, dass mir das nicht geläufig ist? Wer unsere Empfehlungen beherzigt, verzichtet sowieso weitestgehend auf raffinierte, oxidierte mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Ich bin hier aber völlig anderer Auffassung und sehe eben nicht, dass PUFAs grundsätzlich toxisch sind, im Gegenteil. Das was hier angeführt wird sind immer mechanistische Studien ohne Reallife-Bezug. Ich denke nicht, dass Walnüsse jemanden krank machen, auch wenn sie viele PUFAs enthalten. Mir ist auch keine Studie bekannt in der Tiere „ranzig“ wurden weil sie Walnüsse zu fressen bekommen haben. Umgekehrt: Mit Schweinefett oder Rindertalg kriegt man Tiere aber ziemlich schnell stoffwechselkrank im „passenden“ Kontext. Wie immer: alles ist kontextabhängig.
Zu guter Letzt erschließt es sich mir nicht, wo und wann ein Europäer durch ein Nadelöhr mit einer Kokosnuss gegangen sein soll, die es nur in den (Sub-)Tropen gibt. Du solltest mal bei Cordain nachlesen zum Thema Fettsäuren oder einfach noch etwas mehr hier im Blog. Wenn überhaupt wäre Kokosfett ein schlechtes Beispiel für ein typisches Nahrungsfett, weil es einen erheblichen Teil MCTs liefert, das völlig anders verstoffwechselt wird als herkömmliche gesättigten Fette.
Beste Grüße
Ich habe eine Frage. Für Träger von Apoe4 macht es einen gewissen Unterschied, ob DHA auch im Gehirn ankommt, wenn der normale Transportweg defizitär ist. In einer Studie von Rhonda Patrick wird deshalb die Notwendigkeit von Phospholipid-DHA thematisiert. Vielleicht könnt ihr da etwas zu sagen.
Helge
Du solltest aus einer Arbeitshypothese von RP keine Tatsache machen (ich kenne die Arbeit aus 2019). Es ist richtig, dass in einem Mausexperiment gezeigt wurde, dass der DHA-Transport bei APOE4 etwas niedriger ist. Allerdings gehe ich davon aus, dass in dem Experiment vergleichbar APOE4/E4 getestet wurde und nicht, wie sehr häufig bei uns zu finden, ein Mixtyp. Hinzu kommt, dass man bei regelmäßigem DHA-Konsum ohnehin weitaus mehr DHA-Phospholipid endogen synthetisieren wird als vom Hirn auf täglicher Basis gebraucht. Das Hirn braucht etwa 5 mg DHA pro Tag (Weiser et al. 2016) – egal welcher APOE-Träger man dann ist, das sollte wirklich jeder decken können, unabhängig davon ob man DHA-PL zuführt oder nicht. Ich denke RP ist hier auf einem Holzweg.
Hinzu kommt, dass mir das alles viel zu reduktionistisch ist. DHA alleine wird’s im Alzheimer-Gehirn oder bei entsprechender Veranlagung nicht richten. Ich persönlich denke, dass APOE4-Träger mehr Fisch brauchen oder Nährstoffe aus dem Meer, Iod, Selen, Taurin, auch Omega 3 und Co.
Guten Morgen. Eine Frage: wenn man einen höheren Omega 3 Spiegel erzielen möchte, ratet ihr eher dazu diesen über Nahrungsergänzung oder über den erhöhten Konsum von z.B. Wildlachs aufzubauen? Was ist effektiver? Danke.
Ist egal. Funktioniert beides nahezu gleich gut. Fisch hat halt weitere Vor- (Taurin, Selen, andere bioaktive Substanzen, Phospholipide etc.) und Nachteile (Belastungen, Schwermetalle).