uebertraining macht krank

Besser 10 % untertrainiert als …

… 1 % übertrainiert.

Das ist mittlerweile mein Lebensmotto. Stammt aus dem Leistungssport. Übersetzt heißt es, dass es besser ist, dauerhaft etwas unter der eigenen Belastungskapazität zu sein als eine Zeit lang drüber.

Über- und Untertraining verstehen

Leistungssportler, Leistungsdenker oder einfach nur Leistungs-irgendwas (= normale Menschen) wissen, dass ein chronisches 1 % über dem roten Drehzahlbereich für den Sportler Übertraining und für den Büroarbeiter Burnout bedeuten kann.

Übertraining bedeutet ganz real, dass der Körper so ausgelaugt ist, dass man keine Fortschritte mehr machen kann, weil es physiologisch schwierig bis unmöglich wird. Der Körper blockiert schlicht.

Hatte ich schon häufig erlebt in meiner langen Zeit als aktiver Sportler. Nach einer langen Sommervorbereitung waren beispielsweise meine Oberschenkel nach kürzester Belastung jedes Mal maximal übersäuert. Über Wochen hinweg.

Auch Knochenhautentzündungen an den Schienbeininnenseiten waren ständiger Begleiter. Und vieles mehr.

Die Regenerationszeiten verlängern sich ungemein, die zellulären Energiereserven sind verarmt, auch hormonell gerät einiges in Schieflage.

Wer „aus Versehen“ (oder sehenden Auges ;-) in diese Spirale rutscht, braucht vielleicht sehr lange, um den Körper wieder in sein Gleichgewicht zu bekommen.

Über diese Grenze zu rutschen ist also ziemlich doof. Wenn es ganz doof läuft, erholt sich der Körper gar nicht mehr richtig. Ist der Herzinfarkt vielleicht Ende einer langen Zeit im „Übertraining“ des Alltags?

Umgekehrt: Selbst jemand, der hauptsächlich auf der faulen Haut liegt und dessen einziger „Sport“ es ist, mal einkaufen zu gehen und Tüten zu schleppen, wird innerhalb weniger Wochen an sein persönliches Leistungsmaximum kommen, wenn er mal ordentlich trainiert.

Anpassungsverlauf Training
Anpassungsverlauf bei Training: In kurzer Zeit werden sehr große Fortschritte gemacht. Die Zuwachsrate verflacht jedoch, sodass man den Großteil seiner Trainingsjahre damit verbringt, die letzten 5-10 % aus dem Körper zu kitzeln. Quelle: edubily-Trainingsguide (2016) 

Klar: Seinen Körper dann in einen austrainierten Zustand zu bringen, wird lange dauern, braucht für jeden von uns jahrelanges Training. Aber wen juckt das im normalen Leben? Wer dauerhaft 80, 85 % seiner individuellen Leistungskapazität abrufen kann, hat doch schon viel gewonnen.

Jedenfalls mehr als jemand, der seine Leistungskapazität einfach gar nicht mehr ausschöpfen kann, … weil es der Körper und die Psyche nicht mehr hergeben. Übertraining.

Reserven muss man sich aktiv schaffen

Leute in meinem Umfeld behaupten häufig, ich sei besonders entspannt oder nicht schnell aus der Ruhe zu bekommen. Tatsächlich versuche jede Situation aktiv zu ent-spannen und mich nicht in den hohen Drehzahlbereich drängen zu lassen.

Daher lebe ich ja auch wirklich nach dem Motto, „ein gutes Pferd springt nicht höher als es muss“. So lebe ich aber nicht, weil ich Leistungsmaxima oder die Belastung nicht mag.

Das Gegenteil ist der Fall: Gerade weil ich weiß, dass ich meinen Körper und meine Seele schnell in Spitzenbereiche bringen kann und gerne bringe, braucht es einen Ausgleich in die andere Richtung.

Gerade weil ich weiß, dass das Leben einem sehr (sehr…) schnell die Belastungsreserven – „10 % untertrainiert“ – wegfrisst, versuche ich immer diese Reserven zu schonen. Weil es irgendwann Momente geben wird, wo man sie braucht. So ist das Leben einfach – es nötigt einen oft genug.

Ich behaupte, dass genau das ein wichtiger Grund ist, warum Menschen krank werden. Sie gestehen sich selbst diese 10 % nicht zu.

Sie glauben z. B., das sie nur wer sind oder wertvoll sind oder gemocht werden, wenn sie sich ganz offensichtlich täglich den Arsch aufreißen oder ganz offensichtlich täglich performen. Das hat also viel mit Selbstbild, Selbstverständnis und Selbstbewusstsein zu tun.

Und daran mangelt es vielen Menschen heutzutage. Die banale Wahrheit ist: Niemand bezahlt einen dafür, dass man sich kaputtmacht.

Das Gegenteil ist der Fall. Wenn man erst mal kaputt ist, wird man merken, dass man in der Regel ziemlich alleine da steht. Überraschung: Die Welt dreht sich auch ohne dich und deine Leistungsbereitschaft weiter.

Alltag: Das Leben auf Pump

Gesundheit, wie wir es in diesem Blog lehren, hat viel mit Biochemie zu tun, aber auch viel damit, richtig mit der eigenen Biochemie umzugehen. Man ist selbst Kapitän dieses Schiffs, Chef des eigenen Chemiebaukastens und hat gefälligst dafür zu sorgen, dass hier nix in Schieflage gerät.

Und das wiederum ist die Basis für Begriffe wie Homöostase oder Superkompensation.

Jede Belastung braucht eine Ent-lastung, jede Spannung eine Ent-spannung, damit Reserven aufgebaut werden können und der Körper überhaupt Puffer aufbauen kann. Um diese Puffer geht es nämlich: Training oder Belastungen allgemein, sollen den Körper robuster machen, damit die Belastungsgrenze das nächste Mal etwas höher liegt.

Man will sich also Puffer, Reserven aufbauen lassen.

Das bringt uns wieder zurück: Wie soll das gehen, wenn wir uns ständig an unserem Belastungsmaximum bewegen? Das ist dann nicht mehr Adaptation (= besser werden), sondern Kompensation (= Schäden vermeiden) und später … Dekompensation (= an den Schäden zugrunde gehen).

All das war Thema unseres ersten Buches, Das Handbuch zu Ihrem Körper.

Nur wer Reserven hat und aktiv dafür sorgt, dass er überhaupt welche hat, nämlich jeden Tag, kann überhaupt robuster, zäher und leistungsfähiger werden. Es ist der kranke Gedanke unserer „Leistungsgesellschaft“, der paradoxerweise dafür sorgt, dass die meisten Menschen in dieser Gesellschaft in Wahrheit gar nicht leistungsfähig sind.

Die Leben auf Pump. Weil sich niemand mehr traut, untertourig zu fahren. Wer ein bisschen was von Physiologie versteht, der weiß: Nur da wo viel Untertourig ist, kann auch Übertourig und Reiz-setzen sein.

Viele Marathonläufer haben kranke Gefäße

Doch woher kommen diese philosophischen Gedanken hier?

Neulich stolpere ich über eine Arbeit, die zeigt, dass die Gefäße von Leistungs-Läufern ;-) – also solche, die am Marathon teilnehmen und andere Langdistanz- oder Hochintensiv-Belastungen ausüben – extrem viel schlechter aussehen als die von Hobbysportlern.

Das fand ich faszinierend. Denn viele weitere Arbeiten zeigen genau diese Zusammenhänge: Intensives, extensives Laufen verschlechtert die Gefäßgesundheit massiv.

laeufer haben mehr arteriosklerose

Vor einem Monat erschien ein Artikel im Magazin der Cardiovascular Research Foundation (tctmd), der die Ergebnisse der gerade publizierten Master@Heart study zusammenfasst:

In ihrer Analyse wiesen lebenslange Ausdauersportler durchweg eine höhere koronare Plaque-Belastung auf, darunter mehr verkalkte, nicht verkalkte und gemischte Plaques sowie mehr Plaques in einem proximalen Segment und mehr Plaques mit einer 50%igen Stenose

Und das obwohl …

Insgesamt hatten die Sportler eine höhere VO2 max als die Kontrollgruppe sowie weniger Körperfett und einen niedrigeren Body-Mass-Index. Die anderen kardiovaskulären Risikofaktoren waren in allen drei Gruppen ähnlich, obwohl die Sportler höhere HDL-Werte aufwiesen.

… eigentlich alles dagegen spricht.

Man braucht sich nichts vorzumachen: Aus entwicklungsgeschichtlicher Perspektive ist Ausdauersport sehr gesund. Aber eben nicht der verbissene Leistungssport mit 10, 15, 20 Stunden „Training“ die Woche und massivem Verschleiß.

Mit Blick auf die Gefäße liegt es unter anderem an der Schubspannung (engl. shear stress) des Blutes, die auf die Gefäßinnenseite einwirkt und eigentlich gefäßschützende Effekte ausübt, an manchen Stellen der Gefäße – durch die dann zu hohe Schubspannung – aber genau das Gegenteil bewirken kann.

Das passiert vor allem unter chronisch hoher sportlicher Belastung, wenn der Blutfluss gesteigert, der Blutdruck erhöht und die Adaptationsfähigkeit immer stärker eingeschränkt ist.

Es verwundert daher nicht, dass es im Kontext intensiver Ausdauerbelastungen, die gleichermaßen die Bildung von freien Radikalen erhöhen und chronische Entzündungen begünstigen, zu unerwünschten „Nebenwirkungen“ kommen kann.

Bei den meisten Leistungssportlern verfehlt Training seine ureigene Funktion und wird stattdessen ersetzt durch Lebensinhalt. Welcher Leistungssportler kann schon mal einen Tag die Füße stillhalten?

Insofern braucht man sich nicht zu wundern. Das ist das Sinnbild für unsere Leistungsgesellschaft.

„Viel hilft viel“ beim Sport macht krank

Mit Blick auf die negativen gesundheitlichen Auswirkungen von chronischer Hochbelastung haben findige Forscher einen neuen Begriff erschaffen: Extreme Exercise Hypothesis.

Denn offenbar gibt es auch bei einer guten, eigentlich gesunden Sache ein Zuviel. Hat man so in den vergangenen 10-20 Jahren herausgefunden.

belastungen und risiken

Man weiß:

  • Jeder Schritt zählt: Schon die moderateste Bewegung der moderaten Bewegung senkt das Risiko für viele Erkrankungen erheblich.
  • Schon Golfen, Spazieren, lockeres Wandern, ein bisschen Paddeln im See (METS-Bereich 3-4) senkt das Risiko für Diabetes, Herz- und -kreislauferkrankungen, Fettleibigkeit, Bluthochdruck usw. deutlich.
  • Danach wird es nur noch ein bisschen besser: Skifahren, Schwimmen, regelmäßig Ballsport oder 3-4 Stunden die Woche lockeres Joggen senken die Risiken auf das Minimum.
  • Doch ab 10-12 METS geht es los: Im hochintensiven Bereich, also beim Wettkampfsport, beim intensiven Laufen, beim Wettkampfradeln uva. wird es schon kritisch.

Ganz einfach ausgedrückt, so, wie wir es in unserem Trainingsguide (hier hast du die einmalige Möglichkeit, ihn runterzuladen ;-) schon vor vielen, vielen Jahren beschrieben haben:

Intensität und Häufigkeit müssen sich diametral verhalten.

Ein Laufen an oder leicht unter der anaeroben Schwelle, schweres Krafttraining, Intervalltraining, extensive Läufe (> 10km) und so weiter sollten nur selten absolviert werden.

Hält man sich nicht an die Spielregeln und übertreibt es, findet man folgende Pathologien im (Hoch-)Leistungssport:

  • Arteriosklerose
  • Biochemische und morphologische Fehlanpassungen des Herzens 
  • Was sich u. a. an gesteigerter Fibrose (Vernarbung) des Herzens zeigt
  • Deutlich erhöhtes Risiko für Vorhofflimmern und andere Rhythmusstörungen
  • Erhöhte Troponinwerte als Zeichen der Schädigung der (Herz-)Muskulatur 
  • Sicher einige weitere.

(vgl.) Klingt doof, ist doof.

Krankheit oder „Ermüdungserkrankungen“ kommen nicht aus heiterem Himmel zugeflogen. Schon 2007 erschien im renommierten Fachmagazin Nature ein Fallbericht der „Arteriosklerose bei einem scheinbar gesunden Marathonläufer“ beschreibt.

Ein, so wie die Autoren titelten, „Paradoxon der Bewegung“. Denn obwohl „sein Profil auf ein niedriges 10-Jahres-Kardiovaskulärrisiko“ hindeutete, fand man „schwere koronare Arteriosklerose“, also Verfettung und Kalzifizierung der Gefäße. Eine tickende Zeitbombe.

In der Zeitung würde man dann lesen, „plötzlich und unerwartet“. Beim Nachbar würde es heißen: „Er war doch so sportlich, lebte gesund und lief sogar Marathon“. Nix verstanden, oder?

Halten wir fest

Gesundheit und Leistungsfähigkeit gehen nicht mit der Brechstange. Die haben mehr mit Taktik und Körpergefühl zu tun.

Denn taktisch muss man heutzutage denken, wenn man seinen Körper durch die Irrgärten des modernen Lebens – mit einem inhärenten Potenzial, einen krank zu machen – führen will, ohne dabei krank zu werden.

Und das ständig übergangene Körpergefühl … muss man wieder spüren. Ansonsten machen quasi alle Tipps, die man so geben kann, keinen Sinn. Leider. Körpergefühl bleibt der Goldstandard! Kein Laborwert kann das ersetzen.

Für Sport, wie für das Leben an sich gilt: Auf die Reserven kommt’s an. Nur die ermöglichen überhaupt Belastungsmaxima. Eine längst vergessene Wahrheit. Denn merke: Belasten kann sich jeder. Trainieren kann jeder. Belastet wirst du so oder so. Das ist das Leben.

Deine Aufmerksamkeit solltest du stattdessen auf die andere Seite lenken. Denn genau die wird limitierend irgendwann.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

30 comments On Besser 10 % untertrainiert als …

  • Und was mache ich jetzt als Langdistanz Triathlet? Ohne viel langes langsames Training wird das schwer bis unmöglich.

    • Die Tatsache akzeptieren, dass du damit einen zusätzlichen Risikofaktor hast, was bedeutet, dass du ggf. gegensteuern solltest. Oder, es nicht das ganze Leben machen und frühzeitig (<50J.) damit aufhören.

  • Vielen Dank für den Artikel!
    Meine Erfahrung ist nicht ganz bestätigend (und vielleicht doch wieder). Ich war jahrelang professionell (teils semiprofessionell) als Triathlet unterwegs (insgesamt 1987-2003, ernsthaft/professionell ca. 1992-2000), 1x deutscher Meister, Manschaftseuropameister, mehrere IRONMAN Top 10 Platzierungen, einmal Podium. Ich hatte vielleicht das Glück, dass mein Umfeld (Trainer) und ich selbst immer sehr genau auf den Körper gehört haben und die Belastungsschemata immer sehr ausgeglichen waren (z.B. von der Härte zur Länge / Be- u. Entlastungszyklen auf allen Ebenen (Jahr, Zyklus, Woche bzw. 10 Tage)). Dabei hatte ich – abgesehen von Radstürzen – nie eine ernsthafte Verletzung, schon gar nicht etwas chronisches. Kardiologisch gesehen wurde mir immer bestätigt, dass alles perfekt sei, einzig Extrasystolen sind ein paar mal aufgetreten, wurde aber als „harmlos“ eingestuft (das kann natürlich auch anders sein).
    Auch heute lasse ich regelmäßig mein Herz und Blut untersuchen, bisher alles gut.
    Als ich mit dem Wettkampfsport aufgehört habe, hatte ich nichts vermisst und im Rückblick gebe ich zu, dass es natürlich nicht das Beste ist, was man mit seinem Körper machen kann. Heute, als 50jähriger, fahre ich immer noch viel Rad, 80-90% im Grundlagenbereich. Wenn ich aber Bock habe, gebe ich auch richtig Gas und kann mit den Jungen immer noch gut mithalten. Stressen tue ich mich dabei nicht und es stresst mich auch nichts.
    Das ist nur mein Einzelbeispiel – soll nicht heißen, dass man den Artikel nicht sehr ernst nehmen sollte! Gerade die Verbissenheit, das einhalten des teuer gakauften Trainingsplans usw. – wie ich es auch in meinem Umfeld oft beobachte – führt früher oder später in die falsche Richtung.
    Diametral ist das beste Stichwort (danke!): Entweder kurz und hart oder lang und locker … lang und hart geht schief!
    Und wenn es eine Überwindung kostet (schon wieder) in die Sportklamotte zu schlüpfen … lass doch einfach mal gut sein, morgen ist auch wieder ein Tag!

    • Herzlichen Glückwunsch zu dieser großartigen Karriere!

      Genau: Der Artikel soll nicht sagen, dass jeder, der Hochleistungssportler wird, auch langfristig erkrankt. Hinzu kommt, dass du deinen Hochleistungssport ja nun nicht mehr machst bzw. in jüngeren Jahren ausgeübt hast. Hier ist das Risiko für nachhaltige Schäden natürlich weitaus geringer, denn ein jüngerer Körper steckt sowas viel besser weg. Die meisten Profisportler sind unter 30 und bei denen wird kein Arzt mit 50 verkalkte Gefäße feststellen, nur weil sie in ihrer ersten Lebenshälfte Leistungssportler waren. Heißt, als dritte Entität bzw. Dimension könnte man noch das Alter hinzunehmen: Je älter man wird, umso stärker gelten die im Artikel dargelegten Faktoren.

      Ansonsten darf man den Faktor Genetik natürlich auch nicht vergessen. Es gibt Menschen, die sind sprichwörtlich für gewisse Dinge „gebaut“. Im Einklang mit Körpergefühl, kann es schon sein, dass man auch auf Lebzeit unbeschadet durch Hochbelastungen kommt. Das möchte ich nicht ausklammern, gilt aber für die wenigsten Menschen. Auf der anderen Seite gibt es sehr viele Menschen, die irgendwelche Ego-Probleme bis ins hohe Alter damit kompensieren wollen, dass sie sich exzessiv und über ihre (genetischen) Kapazitäten verausgaben. Der Artikel war also eher als Erinnerung gedacht: Es ist absolut okay, eben nicht konstant an der Leistungsgrenze zu leben! Mehr noch, etwas darunter lebt man vielleicht gesünder!

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  • Jau, Mann, mich hat das Hochwasser 7/21 massiv übers Limit gebracht. Anstatt mich ein paar Wochen aufs Bärenfell zu legen, habe ich mit meinem täglichen 10-15km „Berg-und-Tal“ einfach weitergemacht, bis der Körper alles blockiert hat. Scheiss Neurotik! Im Jahr zuvor hatte ich mich schon mit Klimmzugtraining überfordert. Die Regeneration hat ca. ein Jahr gedauert. „Machste halt Beine“, dachte ich mir. Und dann war „Landunter“. Die intrazelluläre Calciumhomöostase stimmte wohl schon seit einigen Jahren nicht. Fettverbrennung auch nicht. Ärgerlich. Also noch mehr Strecke machen … Jetzt mach ich die Erfahrung mit der „grinsenden Ameise“. Das tut weh! :-) Zumindest kann ich inzwischen wieder sechs Stunden am Stück wirklich gut schlafen. Auf dieser Ressource baue ich auf. Noch habe ich die Hoffnung, dass ich mit einem guten „untertourigen“ Setting auch mit 64 Jahren noch regenerieren kann. Mal schaun …

    • Tja, du beschreibst leider das ganz, ganz typische Szenario eines „ambitionierten (Leistungs-)Sportlers“. Kommt dann auch noch so ein Mantra hinzu wie das der Ameise und dem Adler oÄ ;-), kann es ganz schön wehtun am Ende. Dann nämlich ist ggf. nicht nur der Körper kaputt, sondern auch die Seele gekränkt, weil man sich betrogen fühlt und Erwartungen enttäuscht wurden. Erholung und Regeneration klappen aber in der Regel auch noch Ü60 ziemlich gut!

  • Die langjährigen typischen Marathonis sollten sich hier mal nicht verrückt machen lassen! Es geht um Schäden durch langjähriges Übertraining! Das ist noch mal eine ganz andere Nummer, als zweimal im Jahr einen Marathon im 5-er Schnitt oder auch mal einen 100-er in 10 Stunden zu laufen. @ snow: Was ist mit Lipoprotein a – mal gemessen worden? Gilt als typischer genetischer Risikofaktor im Zusammenwirken mit anderen ungünstigen Fette. Allerdings kein Thema in der Schulmedizin! Soviel zu der Aussage „plötzlich und unerwaret…“. Homocystein ähnliches Thema. Interessiert deinen Gefäßspezialisten wohl weniger. Dr. Strunz gibt dazu den Rat, Vit. B 12 in sehr hoher Dosis zu sich zu nehmen (kann man dort nachlesen). Hat mein Hausarzt auch nicht gewusst! Und bei mir hat es funktioniert!

    • Nee, ich denke, das hast du falsch verstanden. Ich habe Thema Übertraining nur als Überleitung dafür genutzt, um zu zeigen, dass Marathon für viele Menschen ein unphysiologisches Ereignis ist, und dass viele mit Sport übertreiben. Die Arbeiten, die ich zitiere, beziehen sich ja gerade nicht auf Effekte von „Übertraining“, sondern auf die gesundheitlichen Auswirkungen von Extremsport, was Marathon inkl. -Training nun mal ist. An der Stelle fällt mir zu deinem Kommentar nur ein: Wer nicht hören will, muss fühlen. Denn genau die „langjährigen Marathonis“ wurden für die ganzen Studien ja untersucht. Da ist man nicht extra nach Afrika geflogen um die keniaschen Topläufer zu untersuchen.

    • Wie kommen Sie darauf, dass Lp(a) in der „Schulmedizin kein Thema sei?

      Bei sämtlichen meiner Tätigkeiten in mehrere internistischen Praxen / Multi-MVZs verschiedener deutscher Grossstädte gehört Lp(a) sogar bei Kassenpatienten je nach Diagnose/Indikation zum Basis-Panel/Laborprofil.

      Darüber hinaus wird es auch in der gut aufgestellten Allgemeinmedizin und selbstverständlich in der Kardiologie sowie Lipidologie regelmäßig gemessen.

      Bitte nicht vom alten Wald- und Wiesen Hausarzt in Hintertupfingen kurz vor der Rente auf die Breite der deutschen ambulanten Medizin schließen. ;-)

  • Vielen lieben Dank für den Artikel und auch für den Trainingsguide.

    Es stimmt, Marathon laufen ist nicht so wirklich gesund.
    Aber einmal im Jahr, Anfang Mai, gönne ich mir den Rennsteiglauf Intersport-Marathon. Einfach nur weil dieser hier in der Nähe stattfindet und weil’s Spaß macht.
    Klar spielt auch das „kleine Ich“ ein Rolle. Der Zieleinlauf ist jedes mal überwältigend.

  • Boris Tschierschke

    Hallo Chris,
    lieben Dank für den Artikel, sehr spannend. Aber was bedeutet dies nun für Berufstätige, welche nebenbei noch 2-3h (Laufen, Rad und Athletik) täglich Sport für das Marathon Training machen? Gibt es hier eine Grenze, ab wann es zu viel ist und man in den für den Körper schädlichen Bereich reinkommt?
    Ich selbst trainiere zwar ambitioniert, allerdings auch immer mit entsprechenden Leistungshochs im Jahr pünktlich zum Marathon. Zwischendurch gibt es natürlich auch entsprechende Regenerationsphasen…

    • Ich würde wenigstens immer Reiz-zentriert arbeiten, mit der Frage: „Was trainiere ich eigentlich gerade? Brauche ich das überhaupt? Habe ich mich genug von meiner letzten Einheit erholt, um eine Anpassung zu gewährleisten“? Das sind ehrliche Fragen, die gerade im Bereich Marathontraining häufig übergangen werden, weil hier ja das Credo vorherrscht, dass man eine bestimmte km-Zahl in der Woche abspulen muss, um überhaupt fähig zu sein, einen Marathon zu laufen. Ich selbst bin nie einen gelaufen, aber hätte so auch nie dafür trainiert. Ich hab mir meine kardiorespir. Fitness immer über kurze, knackige Intervalleinheiten geholt, würde vielleicht einmal in einem Zyklus eine lange Tour einbauen im unteren HF-Bereich. Allgemein wäre schon auch mal wichtig zu sehen, dass man Training auch nicht wöchentlich planen muss. Man kann die Zyklen auch auf 10 oder 20 Tage auslegen. Selbst bei diesem einfachen Umdenken wird es einige Aha-Erlebnisse geben.

  • Wieder einmal super 👍🏽👍🏽
    wie Du schreibst “Körpergefühl bleibt der Goldstandard”
    es lohnt sich extrem eben Dieses zu entwickeln und dann kann man sich auch darauf verlassen.
    Dann spürt man auchg wann man “einen raushauen” kann und will und wann man es einfach piano angehen läßt.

    vielen herzlichen Dankfür die immer tollen Artikel

  • Mega gut geschrieben! Passt wie die Faust aufs Auge in unserer heutigen Leistungsgesellschaft… Nicht umsonst gibt es auch im Spitzen(Kraft)Sport Phasen wo einfach nur der Stiefel runter trainiert wird (Basebuilding) und kurze Phasen der Höchstleistung (peak). Man kann nicht das ganze Jahr an seiner Leistungsgrenze arbeiten und erwarten das man sich schon irgendwie verbessert… Hab ich jetzt mit 38 Lebensjahren auch langsam geschnallt!

  • Dankeschön Chris für den überaus interessanten Artikel. So „schlimm“ hätte ich es nicht erwartet. Vielleicht auch ein Grund für mein Problem.

    Ich (Anfang 50, relativ sportlich, BMI in den letzten 365 Tagen bei 20.2) hatte Anfang September 2022 ein ischämisches Ereignis. Anfang Dezember ein „beinahe“-Ereignis. Dazwischen sehr oft Blackouts. Der Goldstandard sagt dazu: nimm einen Blutverdünner und einen Cholesterinsenker. Das tue ich seit Ende September.

    Während vier 3-tägigen Langzeit-EKG’s konnte kein Vorhofflimmern festgestellt werden. Ein Ultraschall vom Herzen (Zugang über die Speiseröhr) ist für nächste Woche geplant. Der Gefässspezialist diagnostizierte an der Halsschlagader eine beginnende Arteriosklerose. Er konnte mir nicht sagen, ob meine Ernährung der Grund dafür sei. Denn ich habe eine Vorahnung: ich ernähre mich seit 6 Jahren teils lowcarb, teils LCHF, teils ketogen. Nur sehr selten HC. Dementsprechend ist der Cholesterinspiegel etwas hoch, aber immer noch im Referenzbereich. Dazu liegt mein Calciumspiegel seit 2017 zuoberst am Referenzbereich. Der Homocysteinspiegel sogar ein gutes Stück darüber. Beides bekomme ich nicht runter. 1+1 = 2

    Der Gefäss-Spezialist bestätigte mir, was Du oben geschrieben hast: er hatte bereits mehrfach Marathonläufer untersucht, die unter einer starken Gefässverkalkung gelitten haben.

    • HI, sind Schilddrüsenhormone, Calciumstoffwechsel und B Vitamine mal gecheckt worden?
      Wie sieht Vitamin D aus?
      B Vitamine sind u.a. auch wichtig, um das Homocystein niedrig zu halten.
      VG
      Aenni

    • Super spannende Einblicke, danke! Wenn auch natürlich nicht so erfreulich. Ich drücke jedenfalls die Daumen, dass es bei solchen milden Erscheinungen bleibt und dass du die beginnende Arteriosklerose zum Stillstand oder zur Umkehr bringst. Es wäre sicher nicht verkehrt, auch mal zu schauen, ob du bei deiner Ernährungsform bleiben willst oder ob du da nochmal was schrauben kannst. Die Symptome, die du erfahren hast, deuten auch auf Probleme im Gerinnungshaushalt bzw. auf chronisches, niedriggradiges Entzündungsgeschehen hin.

  • Danke! Auch für den Trainingsguide!

    Aus Erfahrung und in der Rückschau auf einige Laufjahre und die damit einhergehenden frequenteren Trainings im Sommer kann ich das alles bestätigen. Nach einem Marathon vor Jahren hatte ich es in der darauffolgenden Saison nicht mehr so recht in die Leistung schaffen wollen/können – vorallem nicht mit den leistungsorientierten Prinzipien und Handlungszwängen, die man sich kreativerweise zur eigenen Zerstörung so einfallen lassen kann: Körperfett reduzieren und höchste Leistungen zeitgleich abrufen die ja auch auf dem Blatt Papier möglich erschien sind. Parallel natürlich versuchen die Kompensation und den kleinen Vorteil mit NEM´s zu bewirken. Ich war damals noch in dem ersten Erlebnisrausch der noch unbekannten und ungeahnten ersten Leistungsentwicklungen(wie in der Grafik im Artikel) und machte einfach konsequent weiter und lies mir nur theoretische/überlegte Adaptionszeiträume zu, wollte die Leistungsverbesserung noch optimieren… usw. usw.

    Ein bisschen mehr autoregulatives Training, weniger Smartwatch und mehr das große Ganze sehen bestimmen für mich glücklicherweise heute die Überlegungen. Witzigerweise habe ich diese Verhaltensweisen ganz zu Beginn der ersten Leistungssprünge noch aus Unwissenheit und mangelnder Erfahrung so ausgeführt und erst später aufgrund größerer Ambitionen abgelegt. Jetzt besinne ich mich wie gesagt gerne wieder darauf zurück und es funktioniert doch eigentlich irgendwie genauso gut.

    • Danke für deine Erfahrungen, super spannend und leider bittere Realität vieler (leistungsaffiner) Sportler/Menschen.
      Und ja, es gibt tatsächlich ein Paradoxon: Wer los lässt und sinngemäß mehr nach Spaß statt mit ernster, angestrengter Miene trainert, ist häufig erfolgreicher oder genauso erfolgreich. Man trainiert dann zwar vielleicht weniger ambitioniert, dafür erholt man sich besser, was die Leistungsfähigkeit erhöht, indem Reserven geschont bzw. ausgebaut werden. Hier wären wir wieder beim Thema des Artikels.

  • Wieder mal ein sehr wichtiges, gut verständlich geschriebenes Thema!

  • Unfassbar genial geschrieben! 👌👌

    • Herzlichen Dank Manu, freut mich!

    • Schöner Artikel, Chris.

      Das könnte leider auch meine Geschichte sein…
      Damals war ich auf mein Training auch noch stolz.
      Jetzt sitze ich hier mit LongCovid und muss aufpassen, dass ich nicht zu viele Schritte am Stück mache und dadurch crashe.

      Mein Training wird einen nicht unerheblichen Anteil daran gehabt haben.
      Im Nachhinein kann ich mir nur an den Kopf langen.

      Dienstag, Donnerstag Fußballtraining, Sonntag Spiel.
      Dazu 2-3 mal die Woche Krafttraining.
      Manchmal noch vor dem Fußballtraining 🙈.
      Aufs Rudergerät ging es natürlich zusätzlich auch noch.

      Angetrieben von der puren Neurotik, wie du schreibst.

      Ich hätte dazu 2 Fragen.
      Nehmen wir an, die 3 x Fußball pro Woche machen jeweils die 80-85% Reiz aus.
      Wie viel zusätzliches Training wäre dann ca. noch sinnvoll gewesen. (Pauschalaussagen sind natürlich schwierig – da Schlaf, Arbeit, Stress etc. keine adäquate Berücksichtigung finden… )

      Aber dann hätte wohl 1 mal Maximalkraft bzw. 1 mal Krafttraining zusätzlich pro Woche – also eins von Beiden – schon gereicht?

      Falls die Frage nicht zu persönlich ist…
      Wie lange hast du gebraucht um aus deinem Leistungsloch wieder herauszukommen?

      PS: Ja, in unserer Mannschaft gibt es auch einige, die mehr ihre Leber trainieren als ihren Körper und ich war immer der Fitteste – immerhin bin ich soweit das nicht als unfair zu empfinden, sondern mir meine eigene Dummheit einzugestehen.

      • Danke für deinen Kommentar. Entscheidend ist natürlich immer die Frage, was für einen Reiz du mit dem Training setzt. Wenn du 2-3x die Woche intensiv Fußball spielst, wirst du Reize im Bereich Sprint und Ausdauer setzen. Das sind je nach Umfang schon schätzungsweise sicher 3-4 Stunden in der Woche leistungsbezogener Sport mit entsprechender Belastung deines Körpers. Je nachdem, wie genau du Krafttraining praktizieren willst, könnte das mit 1-2 kurzen Einheiten (rund 30 Min jeweils) noch gut passen.

        Ich kenne einige Sportler, die Longcovid-Symptome haben. Ob sehr ausgiebiger Sport hier schützend oder eher ungünstig gewirkt hat, wird man leider nie rausfinden.

        Für mich waren Übertrainings- und „Belastungsgrenzen-Symptome“ mein Alltag. Manches könnte sicher heute noch mal aufflammen (Knochenhautentzündungen), einfach, weil sich das ein bisschen chronifiziert hat. Vieles kriegt man aber easy wieder raus durch mehr Ruhe, mehr Entlastungen und bessere Ernährung bzw. geschickte Ergänzung. Der wichtigste Hebel ist und bleibt die Neurotik auszubremsen. Denn wer so veranlagt ist, stets ans Maximum zu gehen, wird einfach zu spät merken, wenn er mal wieder zu tief drin hängt. Das ist auch ein bisschen ein psychisches Ding.

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