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Warum Kalorienzählen (alleine) keine Lösung ist

… lässt sich einfach darstellen und darlegen.

„Kalorienzählen“ basiert auf der Annahme, dass wir es mit einer Art biologischen Maschine zu tun haben. Auf der einen Seite der Rechnung steht dann der Verbrauch, an dem man sich orientieren soll (wie soll das genau gehen im Alltag?) und auf der anderen Seite steht das, was man in die Maschine an Brennwert reinsteckt. Schöne Idee, so ein bisschen wie aus der Zeit der Industrialisierung, wo man sich um Dampfmaschinen gekümmert hat.

Die zweite Annahme ist, dass wir es – in der Mitte – mit einer biologischen Maschine zu tun haben, die irgendwie immer gleich funktioniert. Diese Annahme lässt sich in Tierexperimenten aber eindrucksvoll widerlegen: Je nachdem, welche Genschalter, sprich welche Proteine man im Körper der Tiere aktiviert, macht der Körper desselben(!!) Tieres völlig verschiedene Dinge mit zugeführten Kalorien. Diese zentralen Proteine bzw. Gene des Energiestoffwechsels (vereinfacht) kann man pharmakologisch (de-)aktivieren. Man kann aber auch ganze Stämme genetisch manipulieren und sie mit dem gleichen, nicht-manipulierten Stamm vergleichen.

Soll heißen: Je nachdem, wie die eigene Genetik (epi-)genetisch programmiert ist, kann man es mit biologischem Rückenwind oder Gegenwind zu tun haben. Mit Rückenwind wird der Körper mehr oder weniger alleine … wieder dünn. Dann wird „Kalorienzählen“ zwar Teil der Funktion, aber eben eher Wirkung der Systemumstellung, statt Ursache für Gewichtsverlust in erster Linie. Mit Gegenwind zerfetzt man sich bei strenger Diät und wenig Fortschritt womöglich noch den Körper und landet am Ende da, wo man niemals hin wollte.

Was viele Leute nicht verstehen: Nicht du entscheidest, was mit Kalorien passiert, sondern dein Körper. Wenn’s dir nur um Runterhungern mit strenger Diät geht, zehrst du ggf. wichtige Fettdepots aus und andere bleiben unberührt. Im schlechtesten Falle sorgst du dann dafür, dass es irgendwann einen schlimmen Rebound („Jo-Jo“), da du deinen Körper im Prinzip gegen seinen Willen („biologischer Gegenwind“) zum Abnehmen gezwungen hast.

Ein Beispiel: Damit der Körper ‚versteht‘, dass er jetzt abnehmen soll, muss es einen AMPK-Switch geben. Der Körper muss bestimmte Gene hochregulieren, damit der Organismus als Gesamtes versteht, dass er jetzt – wie Jahrmillionen lang normal – einmal mehr von seinem eigenen Körperfett zehren muss. Dabei läuft ein präzises, genetisches Programm ab. Aus Tierstudien weiß man ganz genau, dass dieses Hochregulieren essentiell wichtig ist, um überhaupt nachhaltig und gesund Gewicht verlieren zu können.

Schafft der Körper dies, aus welchen Gründen auch immer nicht, … haben wir eben keinen Rücken- sondern Gegenwind. Der Körper ist im genetischen Aufbaumodus, während wir strenge Diät machen. Das macht krank! Manche Menschen haben (genetisches) Glück, bei denen läuft das schneller, robuster und einfacher ab. Für andere ergibt sich ggf. schneller ein starker biologischer Gegenwind.

Für die meisten von uns geht es also nicht darum, die Kalorien des Tortenstückchen zu zählen, sondern darum, die Triebfeder fürs Entgleisen des eigenen Stoffwechsels zu finden – woher kommt der Gegenwind? Man kann davon ausgehen, dass der Energiestoffwechsel der meisten von uns mal irgendwann normal funktioniert hat. Dazu nimmt man sich vielleicht einfach mal ein Kinderbild zur Hand (so vor dem 5. Lebensjahr) – auf dem sieht man meistens noch einigermaßen normal aus.

Dazwischen, also bis zum jetzigen Alter, kommen dann Lebensumstände (Stress?), Pubertät („scheiß Genetik“), ggf. hormonelle Entgleisungen (Schilddrüse?), seltsame Verhaltensweisen (z. B. Kaffee-, Alkohol-, Zigaretten- oder Sportsucht) und andere Dinge, die unser eigenes, ursprünglich mal einigermaßen normal funktionierendes System verzogen haben. Auf dieser Basis zwängen wir uns dann meistens in ein Korsett, das unser System – siehe oben – schlimmstenfalls weiter verzieht.

Die meisten halten solche einfachen Zugänge für zu einfach. Aber im Wesentlichen hast du noch immer deinen ursprünglich funktionierenden Kindeskörper, der halt aktuell … kaputt programmiert ist. Vielleicht sollte man sich einfach mal ein Beispiel an Kindern nehmen.

  • Die saufen nicht.
  • Die brauchen eher keine Raucherpause.
  • Die knallen sich nicht fünf Liter Kaffee in den Kopp. Genau genommen trinken die gar keinen.
  • Die essen, wenn sie Hunger haben – hören aber auch auf, wenn sie satt sind.
  • Meistens ernähren die sich auch nicht aus dem Süßigkeitenregal.
  • Sollte es Probleme in der o. g. Gleichung geben, spuckt der Körper das „Mehr“ an Energiezufuhr einfach in einen Bewegungsdrang.

Und das war’s. Wer diese Punkte nicht knallhart umsetzt und seinen Körper dadurch Körper sein lässt, der braucht erstens überhaupt nicht zu diskutieren und zweitens keine Fantasie in Vorhaben zu stecken, die dann eh nicht helfen, also z. B. in „Kalorienzählen“ oder „Low carb“.

Wohlgemerkt: Eine Stütze, um herauszufinden, was den Gegenwind auslöst, hatten wir mit unserem Ebook „Stoffwechsel verstehen“ angeboten. Die findet sich hier. Das Audio dazu, gesprochen vom bekannten Roman Knižka gibt es kostenlos hier. Wichtig, das können bei dir andere Faktoren sein – und zudem kann es auch nur einen Faktor betreffen. Nicht alle Punkte, die wir nennen, müssen bei dir Relevanz haben.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

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