Ist Spot reduction möglich?

Spot Reduction: Ist lokaler Fettabbau doch möglich?

Spot reduction ist wieder so ein Modebegriff.

Spot reduction ist Englisch. Wenn wir eine Frage daraus bauen, heißt es so viel wie:

„Kann man an einer bestimmten Körperstelle Fett verlieren?“

  • Die Klassische Antwort: Nein!
  • Die edubily-Antwort: Doch, doch.

Ich hab’s selbst erlebt, also darf ich darüber berichten.

Na ja, ich will jetzt nicht (wieder) über mein Leben erzählen, sondern über die Theorie, den Gedanken dahinter.

Spot Reduction durch das Myokin Interleukin 6

Der gestresste, arbeitende Muskel produziert ein Myokin (ein Muskel-Botenstoff) namens IL-6, Interleukin 6. Kenner wissen: Dieser Stoff ist involviert im Entzündungsgeschehen und unser Gehirn vermittelt direkt: „Nix gut.“ Zurecht, denn Interleukin 6, wenn chronisch zu hoch, aktiviert das Immunsystem und das feuert im Körper, macht insulinresistent, autoimmun und solche Sachen.

Doch edubily-Leser wissen mittlerweile, dass die Dosen entscheidend sind. Ein Stoff, sehr hoch konzentriert, kann sehr fatal sein. In niedrigen Dosen aber sehr förderlich sein für den Organismus. Das muss man herausfinden. Insbesondere, ab welcher Dosis eine Sache nicht mehr gut ist.

IL-6 wird also vom arbeitenden Muskel produziert. In diesem Milieu (und akut, nicht chronisch) macht IL-6 tolle Sachen.

Ein Beispiel: Interleukin 6 ermöglicht die Kommunikation zwischen Muskel- und Fettgewebe. IL-6 induziert die Fettsäure-Freisetzung in den Fettzellen. Das haben Wissenschaftler unter anderem dadurch herausgefunden, dass sie Ratten dieses IL-6 spritzten und die durchweg weniger Körperfett aufwiesen.

Also: Wenn der Muskel arbeitet (z. B. beim Sport) spuckt er diesen Botenstoff aus. Typischerweise verteilt sich dieser Botenstoff im Körper und ist entsprechend lokal, in der Nähe der Produktionsstätte, am höchsten konzentriert. Das Fettgewebe, das der arbeitenden Muskulatur am nächsten liegt, ist der höchsten Konzentration ausgesetzt.

Hier kommt also direkt die Message: Dank IL-6 ist es sehr wohl möglich, lokalen Fettverlust zu induzieren.

So könnte lokaler Fettabbau funktionieren

Kleiner Nachteil ist, dass der Muskel dafür glykogenarm gemacht werden muss. Das heißt, man muss ohne Kohlenhydrate im Bein trainieren. Freilich gilt, dass der Muskel bei Betätigung immer IL-6 produziert, ohne Glykogen allerdings sehr viel stärker (siehe Einleitung: „Der gestresste […] Muskel …“).

IL-6 wird also produziert um den Nachbarregionen mitzuteilen, dass diese bitte Energie bereitstellen sollen. Je stärker der relative Energiemangel im Muskel, umso stärker auch die IL-6-Ausschüttung. Daher befürchte ich, dass es bei Fettleibigen nicht so gut funktioniert, da der Muskel hier mit Fettsäuren überschwemmt wird. Daher: Spot Reduction, wenn es so etwas gibt, funktioniert bei bereits Schlanken, deren Freie-Fettsäuren-Konzentration im Körper (deutlich) niedriger ist.

Kleiner Nachteil dieser Methode(n): Spot Reduction ist ein Prozess, der nur sehr langsam von Statten geht (im Vergleich zum klassischen Gewichtsverlust). Gleichzeitig aber gibt es Hoffnung, dass du das hartnäckige Fettgewebe doch irgendwann los wirst, denn dieser Effekt wird nicht via ß-Adrenorezeptoren vermittelt und auch nicht via Insulin.


Titelbild des Artikels: „Spot Reduction: Ist lokaler Fettabbau doch möglich?“: (CC) via Flickr: 95Berlin

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

11 comments On Spot Reduction: Ist lokaler Fettabbau doch möglich?

  • Hört sich nett an, leider habe ich gegenteiliges Problem. Il-6 >10000. Habe mich immer gewundert, warum ich mit 800mg Ibuprofen nach Plan schlafe wie ein Baby – aber das ist ja keine Lösung. Jetzt ist es wieder so weit: total missratene Schlafqualität und IL-6 kocht mein Hirn weich (IL-10 korrespondierend hoch). Stetig hohe Durchschnittstagestemperatur hilft übrigens – 27Grad Celsius aufwärts.

    Irgendeine hilfreiche Idee?

  • Hallo Chris,

    Wenn ich das richtig verstanden habe, müsste dann nüchternes Bauchtraining (zusätzlich zu den Grundübungen natürlich) führen?

    Wenn ja, was für Übungen/Wiederholungsbereich würdest du empfehlen?

    Gruß Alex

    • Hi Alex,

      nicht ganz.

      „Nüchtern“ sagt ja nicht viel über deine Glykogenspeicher aus.

      Weißt du wie ich meine?

      • Also meinst du mit nüchtern nicht nur morgens auf leeren Magen, sondern eher morgens auf leeren Magen nach einem Fastentag, richtig?

        • Ich würde mal sagen, es reicht, den Muskel erst glykogenarm zu trainieren und ihne dann weiter zu „stressen“; ihn dazu bringen, auf Fett(säuren) als Energiesubstrat umzustellen/zuzugreifen.

          Ich könnte mir z.B. vorstellen beim Laufen ~5km ( 20 – 30 Minuten) mit hoher Intensität die Glykogenspeicher der Beinmuskulatur leeren und dann noch 5-10km (25-60 Minuten) mit geringerer Intensität den Muskel weiter „stressen“.

  • Hey Thorsten,

    wir müssen die Kommentare vorher freischalten.

    Herzlich,
    Chris

  • Wenn ich das richtige verstanden habe setzt der gestresste (= trainingsmäßig geforderte), glykogenarme Muskel Il-6 frei, dass dann, wenn es zu einer Fettzelle gelangt, diese annimiert Fettsäuren frei zu setzen.

    Da stellt sich die Frage , wohin/worin setzt der Muskel das IL-6 frei?
    Meine erste Vermutung wäre, in den Blutkreislauf. Damit würde das IL-6 aber mehr oder weniger in das „verbrauchte“ venöse Blut abgegeben werden und könnte nur noch Fettzellen erreichen, die „downstream“, also in Flußrichtung des venösen Blutes liegen (zurück zum Herzen). Fließt venöses Blut vom Muskel überhaupt durch Fettgewebe, oder muss das Blut erst komplett wieder durch Herz und Luge um dann als arterielles Blut auch Fettgewebe zu versorgen und dann erst freigestzte Fettsäuren aufzunehmen? In diesem Fall bräuchte es ja nahezu zwei Umläufe des Blutes, um die Fettsäuren zum eingangs erwähnten, arbeitenden Muskel zu bringen.

    Insgesamt bedeutet dass meiner Ansicht nach, dass man , wenn diese Spot-Reduktion überhaupt funktionieren kann/soll, den Muskel, der im Blutkreislauf vor(!) dem abzubauenden Fettpöslterchen liegt, trainieren muss. Oder?

    LG,
    Thorsten

  • Interessanter Gedankengang.
    Damit ich das richtig verstehe möchte ich dich fragen ob das „Aufwand/Nutzen“-Verhältnis sich lohnt. Du schreibst ja, dass der lokale Fettabbau falls möglich lange dauern würde. Außerdem ist eine hohe IL-6 Konzentration sehr negativ. Was würde passieren, wenn man seinen Trainingsplan für einige Monate auf gefastetes und vorermüdetes Training umstellen würde, um die Glykogenspeicher leer zu haben? Dann würde ja die IL-6 Konzentration steigen und zwar sehr oft (je nach Anzahl der Trainingseinheiten). Was ich mich frage ist, ob das nicht dann ein Spiel mit dem Feuer wäre?
    Was meinst du dazu?

    Gruß,
    Ben

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