Vitamin D Studie 2

Vorsicht vor CORONAVIT-Studie (Vitamin D)

Soeben wurde eine neue Studie aus England veröffentlicht, die im Stile einer randomisiert-kontrollierten Phase-3-Studie, die Effekte von Vitamin D auf eine PCR- oder Antigen-Test-bestätigte Coronainfektion bzw. bestätigte respiratorische Infektion jeglicher Art untersuchen wollte. Die Autoren schreiben ganz selbstbewusst:

Sie ist auch die erste klinische Studie, die untersucht, ob eine Vitamin-D-Supplementierung das Risiko von Covid-19 reduziert.

Stimmt ja so nicht. Aber egal. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an Studien zu „Vitamin D und Covid“, wovon ein großer Teil nahelegt, dass Vitamin D zumindest teilweise helfen kann. Ich möchte an dieser Stelle nicht so sehr darauf eingehen, sondern mehr auf die falschen Schlüsse der vorliegenden Studie.

Die Studie

So wurde die Studie gemacht: 6200 britische Erwachsene hat man per Zufallsprinzip in drei Gruppen eingeteilt.

  • Gruppe 1 (High offer) gehörte man an, wenn der Vitamin-D-Spiegel unter 75 nmol/L (= 30 ng/ml)  lag – die sollten dann 3200 IE Vitamin D einnehmen.
  • Gruppe 2 (Low offer) gehörte man auch an, wenn der Vitamin-D-Spiegel unter 75 nmol/L lag – die sollten dann 800 IE nehmen, um eine Vergleichsgruppe bei Supplementierung (hoch vs. niedrig) zu haben. 
  • Gruppe 3 (No offer) – bei denen bestimmte man weder den Vitamin-D-Spiegel, noch gab es irgendein Präparat.

Die Studie wurde durchgeführt ab Dezember 2020 bis Juni 2021. Dort gab es dann den letzten Befragungsbogen. Am Ende wurden per Zufallsprinzip Leute zur Bestimmung des Vitamin-D-Spiegels in allen Gruppen ausgewählt. Wichtig:

  • 70 % waren Frauen. Frauen erkranken Studien zufolge seltener schwer an Covid. Sollte man im Kopf haben.
  • 50 % der Teilnehmer (median) waren älter als 60 Jahre – zum Vergleich: das Median-Alter der deutschen Bevölkerung ist deutlich niedriger, liegt bei ca. 45 Jahren. Die Altersstruktur der Arbeit deckt sich also nicht mit der Altersstruktur unserer Bevölkerung. Sollte man auch im Kopf haben.
  • Die Mehrzahl der Studienteilnehmer war weder ernsthaft vorerkrankt, noch stark übergewichtig. Sollte man im Kopf haben. Denn die sterben ja am Ende.

Das Ergebnis

Jetzt das Ergebnis:

  • Es erkrankten lediglich 290 der rund 6000 Studienteilnehmern an Covid oder einer anderen respiratorischen Infektion. In der Tat erkrankten sogar weniger Leute in der Gruppe, die weder getestet noch mit Vitamin D supplementiert wurde.
  • Weniger als ein Drittel davon mussten wegen Covid ins Krankenhaus, und nur 3 von allen Teilnehmern der Studie mussten beatmet werden. Gestorben ist niemand.
  • Insgesamt gab es zwischen den Vitamin-D-Gruppen (Offer) und der Kein-Vitamin-D-Gruppe (No-offer) in keinem Endpunkt irgendeinen Unterschied, also weder mit Blick auf bestätigte Infektionen, noch mit Blick auf Hospitalisierungen, noch mit Blick auf Tod.

Freilich: Wie will man bei 290 Leuten auch einen sauberen Unterschied feststellen? Der eigentliche Punkt, auf den ich hinaus will, erkennt man auf folgender Abbildung:

Covid Studie Vitamin D Werte
Erstaunlich hohe Vitamin-D-Werte, auch „ohne Vitamin-D-Ergänzung“
  • Leute, die 3200 IE Vitamin D bekamen, hatten gute Vitamin-D-Spiegel von ca. 100 nmol/L (= 40 ng/ml).
  • Leute, die 800 IE bekammen, hatten immerhin Spiegel von fast 80 nmol/L (= ca. 30 ng/ml).
  • Leute, die gar nix bekamen, hatten am Ende nach Test immerhin ca. 67 nmol/L (= ca. 25 ng/ml).

Das Problem mit den Werten

Nur, um es mal klarzustellen: 67 nmol/L ist kein Raketenwert. Aber auch kein Wert, den man bei uns in Deutschland im Winter misst: ca. 30-35 nmol/L. Und auch kein Wert, den man bei uns im Herbst oder im Frühling misst. Dieser Wert ist also fast zweimal niedriger, in einer Zeit (Winter), in der die meisten Menschen an respiratorischen Infekten erkranken.

Wer jetzt komplett durcheinander gekommen ist mit den Werten:

  • Das RKI gibt <30 nmol/l als Mangel aus.
  • 30-50 nmol/L gelten als suboptimale Versorgung.
  • >50 nmol/L gelten als gute Versorgung.

Nach der Endocrine Society darf’s zur Maximierung der Wirkung auch gerne 75 nmol/L sein. Sonst verpönt, hat die Studie jetzt tatsächlich diesen Wert als cut-off-Wert gewählt. Seltsam. Und freilich: In „alternativen“ Kreisen gilt ein Vitamin-D-Wert von 100 nmol/L pro noch als niedrig. Da sind Werte bis 150 nmol/L eher die Norm.

Die Ergebnisse taugen nicht

Was ich damit sagen will: Diese Studie zeigt leider gar nichts. Sie klärt weder die Frage, ob echte Vitamin-D-Hochdosen etwas leisten können – zum Beispiel mit Blick auf schwere Verläufe (wen interessieren noch Infektionen?). Noch kann diese Studie zeigen, dass hohe vs. niedrige Spiegel irgendein (positives oder negatives) Ausmaß haben, denn dafür hätte man Mangel mit optimaler Versorgung vergleichen müssen.

Und das am besten auch noch über einen großen Studienzeitraum. Idealerweise im Winter/Frühjahr, idealerweise bei Vorerkrankten. Und nicht nur bei quasi gesunden älteren Damen. 

Denn: Wenn schon die „Kein-Vitamin-D-Gruppe“ Spiegel von fast 70 nmol/L hat, der keineswegs repräsentativ ist für Werte, die man bei uns im Winter (Herbst und Frühling) misst, dann muss man sich fragen, wie sinnvoll so ein Vergleich zu höheren Vitamin-D-Gaben sein soll. Denn dann wären sogar die Menschen, die hier als „Niedrig-Vitamin-D-Gruppe“ verkauft werden, nach hiesigem RKI-Maß wenigstens einigermaßen normal versorgt.

Der Mensch ist kein gutes Versuchsobjekt 

Wer sich nun fragt, wie das sein kann, dass sogar Leute, die eigentlich (oder angeblich) kein Vitamin D einnehmen, noch einigermaßen in Ordnung versorgt sein können, dem sei gesagt:

  • Ab März scheint mal die Sonne.
  • Und, Zitat: „Bei einem Teilnehmer in der No-offer-Gruppe wurde eine asymptomatische Hypervitaminose D bei der 6-monatigen Nachuntersuchung festgestellt, nachdem er ein Vitamin-D-Präparat in einer Dosis von 4000 IE/Tag eingenommen hatte.“

Ach Kinder. Die sagen, die nehmen kein Vitamin D, und ballern sich dann so viel Vitamin D rein, dass sie eine Hypervitaminose entwickeln… Ätschibätsch. So viel zum Thema Repräsentativität.

Die Wahrheit zu Vitamin D und Corona (bzw. anderen Infekten) liest man dann nur noch im Nebensatz, nämlich zum Beispiel von Ernährungswissenschaftler Martin Smollich vom Uniklinikum Lübeck, der die Arbeit gesichtet hat und positiv bewertet:

„Menschen mit einem ausgeprägten Vitamin-D-Mangel profitieren meiner Einschätzung nach durchaus von einer Vitamin-D-Supplementation – aber eben nur diese Menschen“, sagt Smollich.

„Nur diese Menschen“ sind in Deutschland leider bis zu 80 % – von Herbst bis Frühjahr.

 

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

8 comments On Vorsicht vor CORONAVIT-Studie (Vitamin D)

  • 70 nmol ist zu niedrig etwas zu zagen uber d3 und covid…
    ich wurde ein test machen ab 70 nanogram
    dan pas kan man etwas zagen ob das wirkt ider nicht… un ich kan zagen das diese wherte wirkt fur covid. in combination mit zink un selenium.

  • Die Studie geht auch auf Twitter rum und einige Ärzte gehen da Steil wie toll und Arzte sollte die anlaßlose Kontrolle des Vitamin DSpiegel sein lassen. Erst wenn man Symptome hätte. sollte dies geprüft werden. Und die viele Milliarden, die die Pharmaindustire damit verdienen würde. 2,5Mrd waren es glaube ich. Ich dachte nur: blöd oder was. Was sind 2,5 Mrd? Wieviel hat Pfizer verdient, Statine und co?

  • Es ist doch ganz einfach! Vitamin D kann nicht von der Big Pharma patentiert werden, da ein Produkt der Natur.
    Alles was nicht von Big Pharma kommt, taugt auch nichts. So einfach ist das. Man sieht es ja an den experimentellen Giftspritzen gegen Covid. Die sind das Maß der Dinge. Auch wenn jede Menge Menschen dadurch sterben müssen, da mit jeder Giftspritze das Immunsystem weiter in den Keller geht. Aber das will ja keiner wissen. Seit vielen Jahren nehmen meine Frau und auch ich Vitamin D hoch dosiert sowie Zink zu uns. Haben seit Jahren keine Infektion, wie Erkältung oder Grippe erleiden müssen.
    Die, bei der Studie verwendeten Mengen sind ja auch viel zu niedrig angesetzt. Bei Beginn der Einnahme muss zuerst mal das Vitamin D, abgestimmt auf das Gewicht, hochgepuscht werden. Dann mit mindestens 5000 iE pro Tag forteführt werden. Werte zwischen mindestens 50 – 90 ng/ml sind anzustreben.

  • Vielen Dank für die Info. Hab in WO+ natürlich die Schlagzeile gesehen, aber der Verein kriegt von mir keinen Cent. Da wird u.a. auch ( von Verbraucherschützern) gegen NEG gewettet. Aber wenn man sich mal aufschreibt, was man an empfohlenen Vitaminen, Elementen, etc. täglich zu sich nehmen soll und das mit dem eigenen Essen abgleicht, dann muss man sich zwangsläufig fragen, wie das ohne NEG überhaupt funktionieren soll.

  • Die meisten Menschen werden sowieso nur die Überschrift lesen und diese Aussage im Freundeskreis nachplappern.

  • Zum Todlachen diese Studie 😂 Schade, um die investierten Ressourcen, die man hätte nutzen können für ne sauber angelegte, repräsentative Studie

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