Gesundheit: Kaffee schaltet Autophagie ein

Über Autopaghie hatten wir schon des Öfteren berichtet. Etwa hier.

Kurz gesagt: Autophagie ist ein Prozess in Zellen, bei dem Zellbestandteile zerlegt und recycelt werden. Die Autophagie wird vor allem bei Nahrungs- und Proteinknappheit aktiviert. In vielen Publikationen wird davon gesprochen, wie wichtig Autophagie beim Gesundbleiben und Gesundwerden ist. Und: gesundheitliche Benefits, die von einer Kaloreinrestriktion ausgehen, gibt es nur, wenn die Autophagie ordentlich funktioniert. Blöd: Im Alter funktioniert sie nicht mehr so gut.

Autophagie sollte also ihren Platz in unserem Leben haben. Deshalb fasten wir, deshalb essen wir mal weniger, deshalb essen wir vielleicht mal weniger Protein, deshalb erhöhen wir den Energieverbrauch via Sport oder Thermogenese … und so weiter.

Das Jahr 2014 könnte uns das Leben ein bisschen erleichtern, uns wenigstens ein gutes Gewissen garantieren. Denn in dem Jahr erschien eine Arbeit, die zeigt:

Kaffee ist ein sehr potenter Autophagie-Aktivator.

Dabei sind fünf Dinge sehr erstaunlich:

  • Kaffee macht das ziemlich schnell.
  • Herkömmliche Kaffeemengen reichen.
  • Die Autophagie wird in Leber, Muskel und Herz aktiviert.
  • Es funktioniert auch ohne Koffein.
  • Kaffee „mimt“ mit seinen Effekten die Kalorienrestriktion.

Der vorletzte Punkte ist ganz besonders wichtig, denn von Koffein wurde auch schon mehrfach gezeigt, dass es die Autophagie anschalten kann. Leider sind dafür ziemlich hohe, unrealistische Dosen nötig. Die Arbeit hier jedoch zeigt klar auf, dass es eben nicht am Koffein-Gehalt des Kaffees liegt — die Autoren spekulieren, dass die enthaltenen Polyphenole dafür verantwortlich sind.

So. Klingt gut, nicht wahr? Morgens schon direkt die Autophagie anschalten — mit der schwarzen Brühe.

Aber.

Wir erinnern uns kurz: Es geht uns ums Oszillieren, eben nicht darum, dauerhaft irgendwelche Effekte herbeizuführen. Denn das endet selten gut. Auch in diesem Falle. Kaffee nämlich induziert die Autophagie, indem es

mTOR hemmt.

mTOR aber brauchen wir im Muskel, vor allem die Leute, die sich um Muskelwachstum kümmern — also alle edubily-Leser. Daher sollte man seinen Kaffee-Konsum vielleicht so anlegen, dass das durch Training und Protein stimulierte mTOR auch wirken darf.

Aktuell ist schwer abzusehen, wie stark Kaffee hier auf die Bremse treten kann. Deshalb gibt es an dieser Stelle kaum Real-Life-Implikationen. Auf der anderen Seite: Ist Kaffee tatsächlich so ein potenter Aktivator der Autophagie, lässt sich nicht ausschließen, dass er auch Probleme machen kann. Fakt ist: In mehreren RCTs wurde gezeigt, dass Kaffee (aber auch Koffein) die Insulinsensitivität um bis zu 30 % absenkt. Langfristig aber wirkt Kaffee (bzw. Koffein) protektiv, da es gewissen alterbedingten Erscheinungen entgegenwirken kann.

Fazit

Im Endeffekt haben wir mit Kaffee ein Wirkgemisch, das aus vielen verschiedenen Polyphenolen etc. hervorgeht. Was das unterm Strich für uns bedeutet, kann keiner so genau beantworten. Sehr interessant ist allerdings, dass Kaffee wohl ziemlich potent die Autophagie anschalten kann.

Referenz

. 2014 Jun 15; 13(12): 1987–1994.

 

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

11 comments On Gesundheit: Kaffee schaltet Autophagie ein

  • Toller Blog muss ich erst mal mitteilen. Wirklich interessant.

    Ich ernähre mich seit ca. 12 Monaten ketogen mit einigen Rückfällen in die KH Welt. Körperlich und geistig geht es mir dadurch bedeutend besser als noch vor 12 Monaten. Seit dem war ich nicht ein einziges Mal mehr krank und habe auch mehr Energie. Jedoch habe ich 5 kg Masse verloren, welche ich nun versuche wieder aufzubauen. Leider vergebens. Ich muss fairerweise erwähnen, dass ich in diesen 12 Monaten sehr selten zum Sport kam, auf Grund meiner Haussanierung und Problemen mit meinem schiefen Becken und den einhergehenden Schmerzen im Rücken.

    Jetzt lese ich des Öfteren von mTor welches eigentlich eher Krebsfördernd ist und aber auch, nach deinem Beitrag gut für den Muskelaufbau ist.

    Wäre es daher nicht ideal, den gesamten Tag Ketogen, also Fettbasiert zu essen und nur ums Training herum auf KH zu setzen? Und dann sogar das ganze mit mindestens 16/8 IF zu kombinieren um die Fettverbrennung und die Autophagie zu gewährleisten?

    Vg
    Andy

  • Ja so habe ich es auch verstanden schlecht für den Muskelaufbau und gut für unsere Langlebigkeit,

  • Oder ist es genau umgekehrt, gut um gesundheitliche Regenerationsprozesse anzuregen (Krebs aushungern und abzubauen) aber schlecht bei Muskelaufbau? Mal ganz laienhaft gefragt.
    LG
    Markus

    • Ganz ehrlich: Das ist kompletter Schwachsinn !

      „Krebs aushungern“ … geht nicht !
      EGAL was Dir irgendwelche, selbst ernannten Gurus im Netz
      vorsingen wollen !!!

      Es ist auch in sich kompletter Schwachsinn, wenn man sich einmal direkt mit Tumorstadien, Stoffwechsel und den Ursachen beschäftigt hat.

      Ob es nun darum geht, den sog. „Warburg“ oder „Reverse-Warburg-Effect“ zu verstehen, oder sich mal diese Begebenheit hier näher anschaut :

      https://www.sciencedaily.com/releases/2016/12/161207133427.htm

      Genaugenommen ist „Krebs“ nicht irgendetwas Fremdes, was da Deinen Körper auffrisst, sondern es ist ein Teil Deines Körpers, welcher durch gewisse Einflüsse nicht mehr richtig funktioniert !

      Das führt dann auch mal gerne zu quasi „gekaperten“, körpereigenen Funktionen (z.B. vom Immunsystem) , die dann ungewollt Krebs zuarbeiten.

      Willst Du Dich „aushungern“ ?

      Keine gute Idee !

      Dich jetzt mit Raffinadezucker zu „mästen“ ….auch blöde!

      Krebs ist individuell. Daher ist eine Lösung ebenfalls so anzugehen.

  • Hallo, wenn ich das richtig verstehe, dann hat Kaffee bei einer ketogenen Diät zum Zweck der Tumorbekämpfung nicht zu suchen, oder?

    LG
    Markus

  • Chris E. hatte in einem „Facebook-Artikel“ mal Kaffee auf eine Stufe mit Brot (Gluten) bzgl. der Schädigung des Darmes gestellt. Wie beurteilst du das?Das wäre für mich wahrscheinlich der Hauptgrund Kaffee zu reduzieren.

  • Schön, dass es auch ohne Koffein die Benefits gibt :-) Habe in 24 Jahren vielleicht 5 Tassen Kaffee getrunken, komme aber so langsam auf den Geschmack (oder „will“ es, da ja gesundheitsförderlich …) und weil ich mir nicht unnötig Stimulantien reinpfeifen will, glaube ich für mich mit gelegentlichem Konsum entkoffeinierter, fair-trade, Bio-Schwarzbrühe echt noch was Gutes tun zu können. Däumchen hoch!

  • Kann ein Fazit also sein: In Phasen, in denen man um den Aufbau fettfreier Masse bemüht ist, Kaffee und vor allem Koffeinkonsum eher einschränken und in Phasen der Körperfettreduktion gerne wieder vermehrt auf Kaffee und Koffein zurückgreifen?

    • Würde ich als sinnvoll erachten. Da aber nicht klar ist, ob und inwieweit Kaffee da potenziell negative Einflüsse haben kann, würde ich es jetzt nicht sooo eng sehen. Auch im Aufbau sollte die eine oder andere Tasse erst mal gar kein Problem machen!

  • Und den morgendlichen Kaffee ergänzt man wunderbar durch eine Kapsel mit OIivenblattextrakt:

    https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4742109/

    Double whammy für AMPK ;o)

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