darm zink brokkoli indole

Neue Studie: Das Paradebeispiel

Paradebeispiele eignen sich gut, um eine Allgemeingültigkeit bzw. ein Prinzip eines Sachverhalts zu demonstrieren. Ein solches Beispiel – in Form einer sensationellen Studie – wurde mir soeben von einer Leserin zugeschickt.

Doch zunächst zu uns. Seit Jahren postulieren wir:

  • Der Körper braucht Mikronährstoffe, um zu funktionieren.
  • Der Körper wird gesund oder krank in Wechselwirkung mit der Umwelt.
  • Für – gesunde – Anpassungen braucht es wiederum Mikronährstoffe.
  • Tierische Produkte sind für uns die gehaltvollsten Lebensmittel mit den bioverfügbarsten Stoffen … aber Pflanzen brauchen wir auch.

Und genau hierfür ist die aktuelle Studie – freilich publiziert im renommierten Fachmagazin Nature Communications – ein Paradebeispiel.

Der Mechanismus

Die Geschichte ist schnell erzählt und geht so:

Forscher zeigen an Mäusen und in-vitro-Versuchen, dass Zink in Kombination mit Indolen aus Kreuzblütlern (Brokkoli, Kohle, Senf usw.)  entzündliche Darmerkrankungen vorbeugen bzw. deutlich bessern. Zu diesen Krankheiten gehören bekanntermaßen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.

Indole kennen wir unter anderen Namen: I3C (Indol-3-Carbinol), DIM (Diindolylmethan) und I3A (Indol-3-Acetonitril). Die wiederum gehen aus Glucosinolaten (Senfölglycoside) hervor, die bei Verletzung der Zellwände der Pflanzen unter Beteiligung des Enzyms Myrosinase aufgespalten und u. a. zu Indolen umgesetzt werden.

indole
Kreuzblütler-Indole leiten sich von Tryptophan ab bzw. werden von den Pflanzen aus Tryptophan gebildet. 

Die Indole sind strukturell eng verwandt mit Tryptophan, das auch einen Indolring enthält. Seit Jahren ist bekannt, dass sie an den Arylhydrocarbon-Rezeptor (kurz: AHR) im Darm binden. Dieser Rezeptor erkennt u. a. Gifte aus der Natur und aktiviert Schutzschalter in den Zellen.

Im aktuellen Fall Fall konnten die Forscher zeigen:

  1. Indole aus Kreuzblütlern (bzw. ihre Abkömmlinge) binden an den AHR im Darm (bekannt seit 2011).
  2. Der AHR aktiviert schützende Signalwege mit Hilfe von Zink (neu!).
  3. Diese schützenden Signalwege sorgen u. a. dafür, dass die Darmbarriere stärker wird, Leaky gut abnimmt und Entzündungen gehemmt werden.

Kurzum: Zink + Indole = gesunder Darm.

Template
Dass Indole aus Kreuzblütler potente AH-Rezeptor-Agonisten im Darm sind, ist seit 2011 bekannt. 

Fleisch und Pflanze macht gesund

Die Forscher folgern:

Bei Mäusen, die mit die mit Zink und Indolen aus Kreublütlern – wie Brokkoli – gefüttert wurden, die das AHR-Signaling aktivieren, wurden die entzündlichen Darmerkrankungen fast vollständig gelindert.

Umgekehrt zeigten die Forscher:

Die Behandlung mit AHR-Agonisten (Anm.: Indolen) ist bei Mäusen, die mit zinkarmer Nahrung gefüttert werden, unwirksam.

Sensationell.

Denn wir sehen: Gesunde Ernährung (hier: Gemüse) plus die Basis unserer körpereigenen Biochemie, also Mikronährstoffe (hier: Zink), aktivieren förderliche und schützende Signalwege. So stark, dass offenbar ernste Erkrankungen ausgebremst werden können.

Umgekehrt gilt: Gesunde Ernährung bringt nix, wenn der eigene Chemiebaukasten nicht funktioniert. Kann man nur stets wiederholen.

Zinkmangel bei Pflanzenkost

Zu guter Letzt fehlt noch etwas Wichtiges aus unserem Postulat ;-) Und das drücken die Forscher sehr elegant so aus:

Fleisch und Meeresfrüchte sind die besten Zinkquellen in der Ernährung, doch die weltweite Armut, Fragen der Nachhaltigkeit und Bedenken hinsichtlich des Tierschutzes führen dazu, dass sich die Weltbevölkerung von tierischen Lebensmitteln abwendet und pflanzlichen Lebensmitteln den Vorzug gibt. Um eine unzureichende Aufnahme dieses wichtigen Mikronährstoffs zu vermeiden, muss daher für eine ausreichende Zinkversorgung gesorgt werden.

Sagt Christer Hogstrand, Professor in der Abteilung für Ernährungswissenschaften am Londoner King’s College (vermutlich also keine Pausenclown-Akademie) und leitender Forscher in dieser Studie.

Die Forscher ergänzen in der Studie selbst:

  • Zinkmangel betrifft ein Drittel der Weltbevölkerung.
  • Und zwar vorwiegend arme Populationen, die sich pflanzlich bzw. tierarm ernähren müssen.
  • Also so wie wir in Zukunft, wenn es nach allgemeinen Nachhaltigkeitsplänen geht, die eine Abkehr von tierischen Produkten vorsehen.
  • Die Studie schlägt daher eine Zinkergänzung vor.

Ein Armutszeugnis in vier Zeilen. Wir machen moderne, hoch entwickelte, vergleichsweise gut versorgte westliche Populationen zu Entwicklungsländern in der Nährverstoffversorgung. Haarsträubend, unwirklich, stümperhaft, um nicht zu sagen: dumm.

Denn natürlich wird auch in Zukunft weiterhin fröhlich vor Nahrungsergänzung gewarnt. Dass es uns also nicht mehr um Wissenschaft – um Fakten –, sondern nur noch um irgendwas (was auch immer) geht, zeigt sich genau daran.

Halten wir fest

Ideologie verdummt und macht krank. Gut merken. Wer in die Falle tappt, macht seine eigenen und die Probleme der Welt nicht besser.

In jedem Fall ist ein normaler Mensch bestens beraten, wenn er Tierprodukte und Pflanzen kombiniert. Etwas abstrahierter könnte man zudem sagen: Mikronährstoffe plus gesunder Lebensstil sind Grundvoraussetzung für Gesundheit und Leistungsfähigkeit.

Die ganz häufig im Darm beginnen (oder enden ;-). So … als weiteres Postulat.

Referenzen

Hogstrand et al. (2023): Aryl hydrocarbon receptor utilises cellular zinc signals to maintain the gut epithelial barrier 

Hooper (2011): You AhR What You Eat: Linking Diet and Immunity  

Medical Xpress (2023): Researchers show zinc plays a key role in inflammatory bowel disease and ‚leaky gut‘

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

6 comments On Neue Studie: Das Paradebeispiel

  • Wir bräuchten noch Info ob das Brokkoli-Indol auch unversehrt, sprich funktional intakt, im gefrorenen Brokkoli vorhanden ist!?! Bitte?!?

  • Na, den herrschsüchtigen Wohlstandsverwaltern geht es nicht um ‚irgendwas‘ – die wollen uns gezielt und absichtlich zu Drittwelt-Populationen degradieren. Das ist doch viel günstiger und bequemer für die Oberschicht, uns zu ‚managen‘…

  • Danke wieder mal, für Deine unermüdliche Aufklärungsarbeit! Wie wichtig diese ist und bleibt, zeigt eine heutige (Sonntag), zum Kopfschütteln führende Schlagzeile in der Welt: „GRÜN-LINKES PROJEKT: Freiburger Grundschulen und Kitas bieten nur noch vegetarisches Einheitsmenü an“
    Leider trifft Deine Feststellung: „Ideologie verdummt…“ nicht nur auf die Ernährung zu.

  • Wunderbar! Wenn ich gefragt werde, was ich essen möchte,, sage ich meistens: Fleisch un Gemüse.
    Passt! :-)
    Obwohl ich eine Petra bin 😄

Leave a Antwort:

Your email address will not be published.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .