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Unglaubliches Zink

Zink ist eine Wunderwaffe. Es gibt nur wenige echte Wunderwaffen, aber Zink ist eine. Und das lässt sich heute sogar beweisen.

Zink verbessert Thymusregeneration

Vor nicht allzu langer Zeit gab es eine Studie, die ich superspannend fand:

  • Die Forscher zeigten, dass sich T-Zellen – die Spezialeinheit des Immunsystems – besser regenerieren, aktiver sind, wenn mehr Zink vorhanden ist. Umgekehrt machte Zinkmangel die T-Zellen fauler.
  • Außerdem zeigten die Forscher, dass auch der Thymus mit mehr Zink frischer, jugendlicher ist, besser regeneriert. 

Das ist wichtig. Der Thymus ist das Ding hinter deinem Brustbein. Unreife T-Zellen, die aus dem Knochenmark kommen, werden im Thymus ausgebildet. Sie reifen dort. Reife T-Zellen können dann den Pool speisen, der uns vor Infektionen schützt.

Die Reifung dort ist auch deshalb wichtig, weil der Thymus T-Zellen aussortiert, die sich gegen eigenes Gewebe richten. Es gibt also einen Link zwischen Reifungsprozess von T-Zellen im Thymus und Autoimmunität. Denn bei Autoimmunität geht bei diesem hochkomplexen Reifungsprozess etwas schief.

Die Forscher wissen schon lange, dass der Thymus mit mehr Zink wächst. Und bei weniger Zink schrumpft. Außerdem ist lange bekannt, dass die Drüse mit dem Alter schrumpft und ihrer Aufgabe nicht mehr so gut nachkommt. Stattdessen reichert sich Fett an, es entsteht im Endeffekt ein funktionsloser Fettkörper.

Wissenschaftler finden das normal und sehen es als Teil der natürlichen Alterung und damit verbunden als Teil der natürlichen Immunoseneszenz. Heißt, Alte sind halt infektanfälliger, wat solls. Drum gibt’s dafür auch einen Fachbegriff, man spricht von Involution. 

Doch ist das tatsächlich in Stein gemeißelt? Dazu muss man wissen, dass intensiv daran geforscht wird, diese Thymusatrophie umzukehren bzw. ihr entgegenzuwirken – man spricht von „Verjüngung des Immunsystems“. Experimentell gelang das bereits, nämlich mit z. B. Interleukin 7 (ein Wachstumsfaktor des Immunsystems), Wachstumshormon, Wachstumshormon-Sekretagoga oder dem FGF7, auch ein Wachstumsfaktor von Epithelzellen. Heißt, durch Wachstumsfaktoren kann der Thymus wieder … wachsen. (Q)

Unsere Fähigkeit, Infektionserreger zu überleben, hängt von einer angemessenen Immunantwort ab, aber mit zunehmendem Alter verkümmert unser Thymus. (…)

Um die Immunfunktion älterer Menschen zu verbessern, müssen wir möglicherweise das Immunsystem verjüngen, indem wir zunächst die Atrophie des Thymus rückgängig machen.

Ein weiterer Weg: Lerne GPR39 kennen

Die Forscher der eingangs genannten Studie konnten zeigen, dass Zink einen bestimmten Rezeptor namens GPR39 aktiviert. Der wiederum setzt eine Kaskade in Gang, die letztlich die Thymusregeneration anregt. GPR39 also.

Der von Zink aktivierte Rezeptor mit all seinen Effekten alleine ist superspannend. Hier mal auf einen Blick (Q):

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Die Forschung um GPR39 ist relativ neu. Zusammengefasst lässt sich aber schon sagen, dass der durch Zink aktivierte Rezeptor folgende Effekte hat:

  • Er steigert die Insulin-Ausschüttung. Gut, vor allem bei Diabetikern.
  • Er hemmt die Entstehung von Fettleibigkeit.
  • Er macht Spermien fitter.
  • Er steigert die Wundheilung und fördert die Barrierefunktion der Haut.
  • Er steigert die Funktion der Speicheldrüsen.
  • Er regt die Bildung von Knochen an und hemmt Arthritis.
  • Er hemmt Depressionen, Alzheimerentstehung und fördert die synaptische Reizweiterleitung.
  • Er verlangsamt die Magenentleerung, verbessert die Barrierefunktion des Darms und hemmt Erkrankungen des Darms.
  • Er schützt das Herzkreislaufsystem, indem er das Überleben von Endothelzellen sichert, Entzündungen senkt und die Kalzifizierung der Arterien hemmt.

Kurz und gut: Dieser Rezeptor ist für viele Effekte verantwortlich, die man jahrelang schon dem Zink zuschreibt. Man könnte also festhalten:

Zink regeneriert und macht frischer, jugendlicher – via GPR39.

Finde ich gut. Die Forscher sehen das natürlich ein bisschen anders – und in jeder Studie dazu liest man, dass Zink ja ganz nett sei, aber ein therapeutischer, medikamentöser Ansatz natürlich viel besser. Natürlich.

Wie sieht es mit dem Proof of principle aus?

Doch hilft Zink auch im wahren Leben?

Ob Zink eine Rolle bei der Thymusatrophie bzw. der Thymusregeneration spielt, lässt sich testen. Zum Beispiel am armen, unterernährten Kindern. Dort wurde folgendes gezeigt (Q):

Acht kürzlich unterernährte Kinder, die mit Zink supplementiert wurden, zeigten eine röntgenologisch beurteilte Zunahme der Thymusgröße. Es wird vermutet, dass Zinkmangel eine Rolle bei der Thymusatrophie und bei Infektionen im Zusammenhang mit Unterernährung spielen könnte.

Aha. In Menschen scheint die konkrete Zinkverfügbarkeit also sogar schon im Kindesalter eine Rolle bei der Funktionsfähigkeit der Thymusdrüse zu spielen.

Darüber hinaus testete dieselbe Arbeitsgruppe, die die Eingangsstudie oben durchgeführt hat, eine Hochdosis-Zinkgabe (150 mg/Tag) an Patienten, die eine Stammzelltransplantation erhalten haben und als Folge auf eine schnelle Regeneration des Immunsystems angewiesen sind. Mit dem Ergebnis, dass T-Zellen sich schneller erholten und Marker für die Thymusfunktion deutlich besser waren als in der Kontrollgruppe ohne Zink (Q).

Und wie sieht es im Alter aus? Beim „natürlichen“ Abdanken der Thymusfunktion? Hier gibt es mehrere spannende Experimente. Zunächst einmal muss man wissen (Q):

Mit fortschreitendem Alter verringert sich der Zinkpool allmählich, wie die niedrigen Zinkplasmaspiegel und die negative Zinkbilanz sowohl beim Menschen als auch bei Nagetieren zeigen. Es wurde vermutet, dass ein solcher Zinkmangel an vielen altersbedingten immunologischen Funktionsstörungen, einschließlich der Thymusinsuffizienz, beteiligt sein könnte.

Stimmt. Wurde erst neulich in einer neuen deutschen, von uns besprochenen Studie der RWTH Aachen gezeigt: 70 % der untersuchten alten Menschen (85 Jahre) hatten dort einen Zinkmangel. Und die Forscher dieser wichtigen Studie zeigten, dass IL-4, auch ein Wachstumsfaktor der T-Zellen, strikt von Zink abhängig ist.

Die Forscher konnten sogar zeigen, dass lediglich 10 mg gut bioverfügbares Zink ausreichte, um die Zinkspiegel dieser älteren Menschen zu normalisieren und die IL-4-Werte gleich mit. Was natürlich weitreichende, positive Konsequenzen für das Immunsystem hat.

Jetzt der Punkt: Zink und IL-4 nämlich sind genau jene beiden Faktoren, die in einer Tierstudie die komplette Funktionalität des T-Zell-assoziizierten Immunsystems wiederherstellen konnten – inklusive einer Abschwächung der Thymusatrophie.

Gesunder Thymus mit Zink

Also, wie ist das jetzt? Muss man im Alter mit einem kaputten, verfetteten Thymus und einer schwachen Immunfunktion durch die Gegend laufen, oder nicht?

In einer sensationellen Studie – leider nur Tierstudie – schafften Forscher Klarheit: Gibt man alten Mäusen Zink, führt das nach nur einem Monat zu Zinkwerten wie bei Jungtieren und zu einer „vollständigen Erholung der Thymusfunktion mit einem Nachwachsen des Organs“, verbunden mit einer partiellen Wiederherstellung der Immuneffizienz, gemessen z. B. an der Aktivität der natürlichen Killerzellen (NK).

Zink lässt den atrophierten Thymus alter Tiere wieder wachsen!

Die Forscher folgern:

Diese Ergebnisse verdeutlichen die Bedeutung von Zink für die Effizienz des Immunsystems und deuten darauf hin, dass die altersbedingte Thymus-Involution und die peripheren immunologischen Dysfunktionen keine intrinsischen und irreversiblen Ereignisse sind, sondern weitgehend von einem veränderten Zinkpool abhängen.

Wahnsinn. Dieses Zitat müsste man ausdrucken und in jedem Zimmer eines jeden Altenheims anbringen. Viele altersbedingte Anomalien des Immunsystems scheinen nämlich alles andere als ein Schicksal zu sein, sondern sind offenbar hausgemacht. Durch einen Zinkmangel.

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Gut zu erkennen: Aktives Thymusgewebe (dunkel gefärbt) ist bei jungen Mäusen (A) reichlich vorhanden. Bei alten Mäusen ist kaum noch aktives Gewebe zu sehen (B). Bei alten Mäusen, die Zink bekommen, ist wiederum reichlich aktives Thymusgewebe zu finden (C). 

Die Forscher dieser Studie finden noch was anderes heraus. Sie zeigten nämlich, dass auch Thymulin, ein zinkabhängiges Protein, das vom Thymus ausgeschüttet wird, bei Ergänzung der alten Mäuse in seiner Aktivität bzw. im Blut anstieg. Funktionen von Thymulin:

  • Stimulation von Immunzellen (vor allem T-Zellen).
  • Wechselwirkung mit mit der Hypothalamus-Hypophysen-Achse, also Hormonwirkung noch dazu.
  • Plus: Es scheint neuroprotektiv und entzündungshemmend im ZNS zu wirken.

(Quelle: engl. Wikipedia)

Das erledigt Zink also gleich mit.

Abschließende Worte

Vielleicht denkt der eine oder andere weiter. An die Folgen von Infektionen ;-). Daran, dass sich der Körper erholen muss – und er dafür Rohstoffe braucht, also z. B. Zink. Der aktive Zinkpool des Menschen ist klein, die Mobilisation aus dem Gesamtbestand, z. B. aus dem Muskel oder der Bauchspeicheldrüse, ist aus guten Gründen sehr langsam. Engpässe ergeben sich schnell.

Wie viel Zink? Ich würde mich bei 10-20 mg zusätzlich einpendeln. Nicht mehr, weil Effekte sich darüber hinaus auch umkehren können. Und das will niemand. Ausnahmen dürfen, wie immer, Therapien sein. Die müssten aber dann besser in Absprache mit dem Arzt durchgeführt werden.

Selbst nach all denen vielen Jahren brenne ich noch für das Thema. Mikronährstoffe und Nahrungsergänzungsmittel werden nach wie vor nicht selten belächelt. Die Inhalte eines solchen Artikels zeigen wunderbar auf, was sie eigentlich leisten könnten, auch für die ganze Gesellschaft.

Deshalb edubily.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

7 comments On Unglaubliches Zink

  • Hallo Chris, sehr inhaltsreicher Blogartikel!
    Kennst Du evtl. noch Arbeiten, bei denen Zink als limitierender Faktor bzgl. Eisen untersucht wurde? Ähnlich wie der Mg-Spiegel limitierend auf den Ca-Blutwert wirkt.
    Gruß Lutz

  • Mit nur dem Multi von Edubily (6mg Zink) wäre ich unter dem Richtwert (von täglich 10-20 mg Zink). Mit einer Kapsel Zink-Komplex von Edubily dazu (15mg) liege ich dann über dem Zielwert (wäre insgesamt 21 mg). Kann ich einfach alle 2-3 Tage eine extra Zink nehmen? Wäre dann im Schnitt bei 13,5 mg bzw. 11 mg.

  • Was für ein Mindest-Blutwert im Serum sollte man denn haben?
    Welcher Bereich wäre denn optimal?

  • Mal wieder der HÄMMER

    .Danke.
    Beste Mittagspause der Woche

  • Ein sehr interessanter und informativer Artikel!
    Ich bin ein Freund von ausprobieren und spüren, ob ich eine Veränderung feststellen.
    Ich nehme seit vielen Jahren tgl. Zink ( 15mg ) . Früher war ich sehr Infektanfällig, heute trotz Phasen mit Stress und Depression sind es geschätzt 80-90% weniger Infekte. Und spüre ich doch einen Schupfen im Anflug….einfach mehr Zink, mehr Vit C und mehr D und ich werde nicht krank.

  • wer im Alter mit einem kaputten, verfetteten Thymus und deswegen mit einer schwachen Immunfunktion durch die Gegend läuft, ist zweifelsohne Teil einer Risikogruppe, deren berechtigter Schutz vor Infektionen als Rechtfertigung für gesamtgesellschafliche Restriktionen herhalten muss und leistet so seinen Beitrag zu diesen Restriktionen.
    Leider ist es noch ein sehr langer Weg, um den erforderlichen Wandel im Bewusstsein der Mehrheit herbeizuführen: dass die ausreichende Versorgung mit Zink ( neben Vitamin D) zur täglichen Selbstverständlichkeit werden sollte.

    LG, Albrecht (16.11.2022 )

  • Wahnsinn! Wenn man sich si durchließt was Zink alles kann, oder Selen im NL, dann fragt man sich, wofür eigentlich Medikamente entwickelt werden,
    Euer Zink-Präparat ist übrigens hammer! Meine Freundin hatte mit Haarausfall zu kämpfen und nach 2 Wochen eine Kapsel am Tag war der schon vorbei (Y).
    Eine Frage hab ich aber, weil ich davon öfters gehört habe in letzter Zeit: Bietet Zink-Carnosin noch weitere Vorteile ggü. der Formen in euren Kapseln?

    LG Jens

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