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9 Biochemie-Tips für mehr Muskelaufbau

Newsletter vom 13.06.21


Es gibt prinzipiell zwei Arten von Menschen:

  • Diejenigen, die schnell aufbauen.
  • Diejenigen, die schnell abbauen.

Festmachen kann man das anhand von zwei Zellschaltern, mTOR und AMPK, die jeweils für Aufbau und Abbau sorgen. Je nachdem, welche genetische Voraussetzung man selbst hat, sind diese Zellschalter von Haus aus unterschiedlich aktiv.

Es gibt also Menschen, die werden sehr, sehr schnell aufbauend (hohe basale mTOR-Aktivität) – und andere, die eben das Gegenteil sind. Letztere bauen nur schwer auf (hohe basale AMPK-Aktivität).

Halten wir fest: Je nachdem, mit welcher Art des biologischen Rückenwinds wir ausgestattet sind, werden wir im Alltag schnell eher in die eine oder in die andere Richtung gedrückt. Das geht dann oft so nebenbei und ohne, dass man es wirklich merkt.

Entsprechend gibt es zwei häufig gestellte Fragen:

  • Wie verliere ich Gewicht und Masse?
  • Wie baue ich Masse bzw. Muskulatur auf?

Leider gibt es hier kein Patentrezept, weil Stoffe und Interventionen oft kontextabhängig wirken. Je nach Genetik, wirkt also das, was beim einen aufbauend ist, beim anderen abbauend.

Nichtsdestotrotz wollen wir ein paar Dinge ansprechen, die – natürlich neben einer qualitativ hochwertigen Versorgung mit Aminosäuren bzw. Eiweiß und dem Reiz, nämlich Training – wichtig für eine hohe mTOR-Aktivität, vor allem in Muskeln sind.

1. Energie 

Versteht sich von selbst: Menschen sind oft deshalb schlank, weil sie ohne es zu merken zu wenig essen. Umgekehrt ist das Wichtigste für jemanden, der Muskulatur aufbauen möchte: Energie. Egal ob Fett oder Kohlenhydrate oder Eiweiß: Jeder Makronährstoff kann im Kontext einer hohen Energiedichte mTOR aktivieren. 

Also: Ohne genug Energie in der Nahrung wird es nix mit mTOR-Aktivität, Aufbau und damit mehr Muskeln. Schnell mehr Kalorien auf den Ernährungsplan zu bekommen, ist jetzt auch nicht so schwer. Man kann beispielsweise quasi jede Mahlzeit mit Fett pimpen.

Tipp: Essen, essen, essen! Zumindest genug Kalorien.

2. Mikronährstoffe, vor allem drei 

Für eine hohe mTOR-Aktivität in Geweben braucht es vor allem Eisen. Erst seit kurzem ist bekannt, dass Eisen sowas wie ein mTOR-Masterregulator ist. Wenig Eisen in Zellen schaltet AMPK an, viel Eisen mTOR. Ähnliches gilt für Zink: Ohne Zink kann der Körper kein Eiweiß aufbauen. Zink ist im Körper an allem beteiligt, was mit Proteinen und Proteinaufbau zu tun hat. Zu guter Letzt gilt, dass der Muskel mit Kupfer anaboler wird. 

Tipp: Leber essen, Fleisch essen oder zumindest für adäquaten Ersatz sorgen!

3. Vitamin A 

Vitamin A ist ein extrem mächtiges Vitamin. Wir brauchen viel, viel mehr Vitamin A aus der Nahrung als generell postuliert. Die pflanzliche Vitamin-A-Vorstufe – ß-Carotin reicht nicht. Vitamin A wirkt in Form des Hormons Retinsäure selbst als „Wachstumsfaktor“ für Muskelzellen – außerdem drückt Vitamin A Eisen in die Zellen und hält es dort. Das wiederum erhöht die basale mTOR-Aktivität im Muskel.

Tipp: Leber essen!

4. Spielereien aka Phospholipide 

Damit der Muskel nach mechanischer Reizung (Krafttraining etc.) wachsen kann, muss mTOR aktiv werden. Der mechanische Reiz wird über Freisetzung von Phospholipiden aus der Muskelmembran in ein biochemisches Signal (mTOR-Aktivität) umgesetzt.

Das regelt Phosphatidsäure (PS). PS aktiviert mTOR sogar ohne Training. Bei mechanischer Reizung entsteht PS aus Phosphatidylcholin – weitergedacht: Beides kann, ja muss man essen, wenn man anaboler sein will! Diese Phospholipide kommen natürlicherweise im Essen vor, besonders reich sind …

Tipp: Eier!

5. Spielereien II aka Fettsäuren 

Es gibt zwei Arten essentieller Fettsäuren: Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren. Es wird ständig über Omega-3-Fettsäuren gesprochen. Die wenigsten wissen, dass Omega-6-Fettsäuren, allen voran die Arachidonsäure, genauso wichtig sind – speziell für das Gehirn.

Was noch weniger Menschen wissen: Der Muskel braucht Arachidonsäure, um überhaupt wachsen zu können. In Zellstudien wächst der Muskel parallel zum Gehalt dieser O6-Fettsäure – die Forscher konnten zeigen, dass es an den daraus gebildeten Prostaglandinen liegt. Hemmt man deren Bildung mit Hilfe von Entzündungshemmern, bleibt das Wachstum aus. Oh! Entzündung ist wichtig für Muskelwachstum. 

Tipp: Eier, wir brauchen mehr Eier!

6. Carnitin is the shit (für den Muskel) 

Der Muskel liebt Carnitin. Carnitin aktiviert in vielen Gewebetypen den anabolen Signalweg, schaltet damit also mTOR scharf. Da freut sich der Muskel. Der nämlich baut dann weniger Protein ab undschneller Protein auf. Wer sich also um seine Muskeln sorgt, braucht einfach Fleisch, äh Carnitin.

Carnitin kommt vorwiegend im Fleisch vor. Übrigens wie Kreatin. Kennt mittlerweile jeder – Kreatin ist das Superbenzin für Muskeln. Ein hoher Kreatingehalt in der Muskulatur hebt das basale Level an Muskelanabolismus. 

Tipp: Fleisch oder Ergänzung.

7. Kaffee 

Kaffee scheint dramatische Effekte auf die Muskelfunktion zu haben. So aktiviert er – ähnlich wie Carnitin – den anabolen Signalweg in Muskelzellen und fährt die Konzentration aller Zellproteine hoch, die daran beteiligt sind. Heißt: der Muskel ist von Haus aus anaboler und hat Bock zu wachsen. Doch Vorsicht: Sehr viel Kaffee wird eher das Gegenteil bewirken.

Tipp: Mal einen Kaffee trinken. Vielleicht vor den Trainingseinheiten?

8. Hormone 

Ohne Hormone ist alles nix. Zwei sind besonders wichtig: Testosteron und Schilddrüsenhormone. Dass Testosteron wichtig für den Muskelaufbau bzw. -erhalt ist, weiß ja fast jedes Kind. Das Wissen bringt nur wenig, denn ein normaler Mensch sollte normale Testosteron-Werte haben – und sind die nicht hoch genug, stimmt entweder der gesamte Lebensstil nicht oder andere Hormone passen nicht.

Hier knüpfen die Schilddrüsenhormone an. Ein ausreichend hoher Spiegel davon hebt auch zum Beispiel Testosteron. Und Schilddrüsenhormone selbst haben eine unfassbare Wirkung speziell auf den Muskel. Ohne T3 und T4 wird all das, was wir hier beschreiben, im Nix verpuffen. 

Tipp: Vor allem Schilddrüsenwerte im Auge haben.

9. Milchprodukte 

Milch ist ein von der Natur konzipiertes Werkzeug, um das Wachstum des Kalbs anzuregen. Milchprodukte enthalten nicht nur Proteine von überragender Qualität (= bestes Futter für Muskeln), sondern auch kleinste „Genfragmente“, s. g. miRNAs, die ein natürlicher Bestandteil der körpereigenen Genregulation sind. Studien zeigen: Diese Kuhmilch-miRNAs sind extrem resistent und erreichen nach der Zufuhr auch unsere Zellen.

Eine mittlerweile recht große Zahl an Studien legt nahe, dass diese miRNAs den für Anabolismus zentralen Zellschalter mTOR anspringen lassen. Das wussten schon die Amerikaner, bei denen heißt’s GOMAD (google ;-).

Tipp: Fürs Wachstum kann man sich gerne mal Milchprodukte gönnen.

10. Kollagenpeptide 

Kollagen. Wer erinnert sich? Vor vielleicht fünf, zehn Jahren galt Kollagenprotein als „Schlachtabfall“, der – im Sinne des Muskelaufbaus – für nix zu gebrauchen ist. Schließlich enthält Kollagen kaum essentielle Aminosäuren. Einmal mehr viel zu kurz gedacht, denn heute weiß man: Kollagenpeptide nutzt der Körper zum Aufbau von Strukturkomponenten des Bewegungsapparats. Nicht nur der Muskel selbst wächst, sondern auch alles, was – wörtlich – damit zusammenhängt.

Hinzu kommt, dass Kollagenpeptide und speziell die darin reichlich vorkommende Aminosäure Glycin ganz offensichtlich eine anabole Wirkung auf den Muskel haben. So liest man in einer Studie, dass „Glycin eine bisher unerkannte Rolle bei der Steigerung der Proteinsynthese und der Hemmung des Proteinabbaus in Muskelzellen spielt. (…) Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Glycin eine funktionelle Aminosäure ist, die das Wachstum von Muskelzellen verbessert.“

Biochemischen Kalkulationen zufolge fehlen dem Durchschnitt etwa 10 g Glycin täglich. Oh! Tipp daher: Knochenbrühe, Glycin als Pulver oder direkt Kollagenpeptide trinken.

Der Text ist von mir, Chris Michalk. Fast zwei Jahrzehnte war ich dem Leistungssport treu und studierte als Folge Biologie und drei Jahre Sport. Leistungsphysiologie war mein Hauptinteresse, das mich vor circa 15 Jahren dazu gebracht hat, Studien zu lesen. In Folge einer Stoffwechselerkrankung gründete ich den Blog edubily und verfasste zusammen mit meinem Kollegen Phil Böhm mehrere Bücher (u. a. "Gesundheit optimieren, Leistungsfähigkeit steigern"). Ich machte meinen Abschluss in zellulärer Biochemie (BSc, 1,0) – und neben meinem hier ausgelebten Interesse für "Angewandte Biochemie", bin ich zusammen mit Phil Böhm Geschäftsführer der edubily GmbH.

10 comments On 9 Biochemie-Tips für mehr Muskelaufbau

  • Handelt sich bei dem Effekt des Kaffees um einen Effekt des Koffeins oder ein anderer Wirkstoff des Kaffees?

  • Matthias Stoecker

    5. …Hemmt man deren Bildung mit Hilfe von Entzündungshemmern, bleibt das Wachstum aus. Oh! Entzündung ist wichtig für Muskelwachstum. ..“

    Welche Entzündungshemmer meinst du denn genau?
    Also alle Stoffe vermeiden, welche ROS und nitrosativen Stress (welche während dem Sport entstehen und Entzündungen auslösen), reduzieren?
    (Vitamin C, Vitamin E, und auch B12, Glutathion…) ..weglassen ??
    Oder verstehe ich da was falsch?

  • Wenn man im Kaloriendefizit Milchprodukte konsumiert,
    wirken diese dann auch anabol bzw. antikatabol?
    Würde das dann die Muskeln „schützen“ oder wären Milchprodukte kontraproduktiv für den Fettverlust?

    • Ich hätte mal behauptet, dass es egal ist ob Milchprodukte oder irgendwas anderes. Essen = anabol, nichts Essen = katabol.

      Eigentlich ist es recht simpel: Eiweiss hoch halten um Muskelverlust zu minimieren, Kaloriendefizit fahren um Fettverlust herbeizuführen.

  • Ich hatte mich über die erste Frage „Wie verliere ich Gewicht und Masse?“ gefreut, aber so richtig beantwortet finde ich die dann leider nicht. Wenn man Muskeln abbauen will, kann es ja nicht das Ziel sein z.B. absichtlich einen Mangel an Vitamin A oder Zink im Körper zu erzeugen, oder?

  • wird der Newsletter auch für mTOR „Überschüssige“ kommen? :) also Dicke? oder dreht man einfach alles um? aber Eiweiß wird doch Basis bleiben oder!?

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