Warum hat Kraftausdauertraining immer noch seine Berechtigung?
Es gibt zwei Ursachen, wodurch ein Muskel an Umfang gewinnen kann. In der Blogserie ging es bis jetzt meist nur um die eine Möglichkeit. Mit dem bis jetzt gelernten Training werden hauptsächlich die aktiven Elemente der Muskelfaser verdickt.
Was ist Kraftausdauertraining?
Kraftausdauertraining ist eine Art des Trainings das eine kraftgeprägte und eine ausdauergeprägte Komponente kombiniert. In der Praxis bedeuetet das ein Training mit relativ hoher Wiederholungszahl bei geringen Gewichten.
Daneben wird ein Muskel dicker, wenn die Energiespeicher vergrößert werden, wenn die passiven Stützstrukturen stärker werden und wenn mehr Kapillaren gebildet werden. Sprich bessere Durchblutung.
Nachteile von zu frühem Kraftausdauertraining
Ein Training mit hohen Wiederholungszahlen und kurzen Pausen ist im Kraftausdauerbereich anzusiedeln. Somit halte ich es für die ersten zwei Jahre für nicht geeignet. Schauen wir uns mal die Muskelfaserverteilung von verschiedenen Menschen an:
Es fällt auf, dass ein normaler Mensch nicht viel weniger starke, schnellzuckende Fasern (Kraftfasern Typ II) hat, als ein Sprinter oder Springer. Hingegen besitzt ein Ausdauersportler deutlich mehr langsamzuckende Fasern (Ausdauerfasern Typ I). Somit scheint es deutlich einfacher zu sein, seine Faserverteilung in Richtung Ausdauer zu verschieben, als in Richtung Kraft!
Will man in den ersten zwei Jahren ein Fundament mit möglichst viel Typ II Fasern legen, ist es ratsam, auf ein Training im hohen Wiederholungsbereich zu verzichten.
Ebenso bringt es bei geringer Muskelmasse nicht viel, wenn man die passiven Strukturen vergrössern will. Wo noch nicht viel vorhanden ist, kann auch nicht viel vergrössert werden. Man profitiert also von so einem Training deutlich mehr, wenn schon ein paar Muskeln vorhanden sind!
Belastung des Bewegungsapparats
Ein weiteres Argument ist die Belastung des passiven Bewegungsapparats. In den ersten zwei Jahren sind die Gewichte noch nicht allzu hoch. Da kann man noch problemlos dreimal in der Woche schwer trainieren. Bei steigenden Gewichten kann unter Umständen ein dreimaliges, schweres Training pro Woche schon zu viel sein. Gelenk- und Sehnenüberlastungen sind die Folge!
Aber hier könnte es zum Beispiel sinnvoll sein, zwei schwere und ein kraftausdauer-orientiertes Training in der Woche oder alternativ einen sechswöchigen reinen Kraftausdauerzyklus machen.
So gibt man dem Bewegungsapparat genügend Zeit, damit er regenerieren kann und sich nicht überlastet.
Kraft ausschöpfen!
In den ersten zwei bis drei Jahren kann man mit optimalen Krafttraining schon 85-90 % seines Kraftpotentials entfalten. Auch aus dieser Sicht macht es Sinn, sich diese ersten zwei bis drei Jahre vor allem auf die Kraftsteigerungen zu fokussieren.
Erst wenn man an dem Punkt angelangt ist, an dem es mit der Kraft nur noch sehr langsam vorwärts geht, ist es sinnvoll mit höheren Wiederholungszahlen und kürzeren Pausen zu arbeiten.
Wie sieht die Praxis aus?
Welche Techniken eignen sich für ein solches Training?
- Clustertraining eher im Bereich von fünfer Clustern, kleinen Pausen und hohen Gesamtwiederholungszahlen
- reguläre Sätze im hohen Wiederholungszahlen (12-30 WH)
- Volumentraining wie z.B. 10 x 10 WH
- Übungen im Tabatastil
Auch hier natürlich bevorzugt ein Ganzkörpertraining. Ich bin der festen Überzeugung, dass in den ersten drei Jahren niemand ein Splittsystem braucht. Ich will damit nicht sagen, dass man damit nicht erfolgreich sein kann. Aber notwendig ist es nicht.
Ich denke sogar, dass ein Splitt gar nie notwendig ist. Ich trainiere noch nach über 20 Jahren in 80 % meiner Zeit ein Ganzkörperprogramm.
Eine kleine Ausnahme, wann ein spezialisiertes Training Sinn machen könnte, gibt es schon noch. Davon vielleicht aber später mal mehr ;-)
Zusammenfassung der Artikelreihe
Ich möchte hier zum Schluss kurz zusammenfassen, was wir meiner Meinung nach über Krafttraining wissen müssen, um erfolgreich zu sein.
Trainingszyklus: Wir haben gesehen, dass es sinnvoll ist, nach jeweils 4-12 Wochen eine Pause zu machen und in Zyklen zu trainieren. Während des Zyklus‘ muss die Intensität bei jedem Training gesteigert werden. Sprich längere oder höhere Spannungszeit, die auf den Muskel wirkt!
Gewichtsbereich: 60-90 % des 1 RM. Folglich beginnt man einen Trainingszyklus bei 60 % und arbeitet sich während des Zyklus‘ auf 85-90 % des 1 RM hoch. Danach kann man sein neues 1 RM bestimmen.
Wiederholungszahl und Ausführung: Optimal ist Clustertraining im Bereich von 1-5er Clustern. Normale Sätze (6-12 WH) funktionieren aber auch gut. Verschiedene Abwandlungen von Clustertraining bringen Abwechslung und gute Resultate.
Übungsvielfalt: Als Anfänger kann man noch mit vielen verschiedenen Übungen trainieren. Wenn man Fortgeschrittener ist, sollte man sich auf einige wenige Übungen spezialisieren.
Das sind die wenigen zentralen Punkte, die übrig bleiben. Wie so etwas praktisch aussieht, werdet ihr in den nächsten 6 Wochen live erleben. Ich habe gerade eine zwei wöchige Pause hinter mir und werde 6 Wochen lang, wöchentlich, hier von meinem Training, Ernährung und Nahrungsergänzung berichten. Von den einzelnen Übungen wird es jeweils auch ein kleines Youtubevideo geben. Ihr dürft also gespannt sein.
Wer Fragen hat, kann mir gerne direkt an simon@unbeschwert-schlank.ch schreiben oder einen Kommentar unter dem Artikel hinterlassen.
Ich werde versuchen deine Fragen bei den wöchentlichen Berichten zu beantworten.
Nachtrag von Phil
Kleines Schmackerl‘ gefälligst?
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3 comments On Was bringt mir Kraftausdauertraining?
Dr. Marco Toigo (ETH Zürich) empfiehlt eine Satzdauer von 90 – 120 Sekunden um die Muskelproteinsynthese zu optimieren. Diese TUT von ca. 2 Minuten entspricht in etwa dem, was man heutzutage Kraftausdauer nennt. Dies steht im Gegensatz zu dem was bisher in der „Szene“ behauptet wird und auch zu dem was du im Artikel schreibst. Sein Ansatz ist HIT, also nur 1 Satz mit 90 – 120 Sekunden Spannungsdauer bis zum Muskelversagen. Nachzulesen in seinem Buch Muskelrevolution. Er bezieht ausdrücklich nur Studien ein, die wissenschaftlichen Kriterien genügen und kommt so auf seine Aussagen.
Wie stehst du dazu?
„Es fällt auf, dass ein normaler Mensch nicht viel weniger starke, schnellzuckende Fasern (Kraftfasern Typ II) hat, als ein Sprinter oder Springer. Hingegen besitzt ein Ausdauersportler deutlich mehr langsamzuckende Fasern (Ausdauerfasern Typ I). Somit scheint es deutlich einfacher zu sein, seine Faserverteilung in Richtung Ausdauer zu verschieben, als in Richtung Kraft!“
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cum hoc ergo propter hoc
Wo bleibt die Wissenschaftlichkeit an dieser Stelle? Das meiste von den hier beschriebenen Dingen sind (wissenschaftlich betrachtet) unbewiesene Gymmythen. Passt irgendwie nicht zur sonstigen Herangehensweise von Edubily. Schade.