In meinen Augen ist der aktuelle Longevity-Hype ein Scam.
Das, was dort erzählt wird, zahlt mehrheitlich auf die Gesundheitsspanne ein. Das heißt, man kriegt mit 45 halt keinen Diabetes und hat deshalb mit 60 noch keine geschrotteten Arterien. Das ist de facto Prävention, wie sie seit Jahren oder Jahrzehnten nicht nur von uns kommuniziert wird.
Alter Wein in neuen Schläuchen, könnte man sagen. Longevity an sich ist was ganz anderes. Hier geht es wirklich darum, seine biologisch festgelegte Lebensspanne auszureizen. Also vielleicht 100 zu werden. Natürlich schaut man da immer fröhlich nach den „Geheimnissen der Supercentenarians“ oder zu den „Blauen Zonen“, wo es besonders viele alte Menschen gibt.
Problem: Da wird selten wirklich nach der Gesundheitsspanne oder der funktionalen Kapazität gefragt. Oder anders ausgedrückt: Natürlich kannst du 95 sein, aber wenn deine Funktionalität maßgeblich eingeschränkt ist und du nur noch von Bett in die Küche wandern kannst – was ist das für ein Ziel? Dann lieber fit bis 85 und Herzinfarkt, ciao.
Es ist extrem schwierig und sehr komplex, Wege zu finden, deine biologisch mögliche Lebensspanne auszureizen und zeitgleich funktional zu bleiben. Es gab erst kürzlich einen Fachartikel über die Probleme der chronischen Kalorienrestriktion – das ist bekanntermaßen die am besten erforschte Methode, seine Lebens- aber auch Gesundheitsspanne maßgeblich zu verbessern.
Problem: Funktioniert in der Realität beim Menschen halt vielleicht nicht so gut. Denn, auch hier wieder: Selbst wenn es diese Intervention schafft, dich länger „gesund“ leben zu lassen, heißt es nicht, dass es auch lebenswert ist. Oh! Ein ganz neuer Faktor im Spiel. Denn: Wie fühlt sich ein Leben (im Alter) an, wenn deine Geschlechts- oder Schilddrüsenhormone dank deiner chronischen Diät nicht vorhanden sind? Wenn dein Hirn schrumpft?
Man muss also den perfekten Sweetspot zwischen körperlicher und geistiger Funktionalität, Lebensspannenverlängerung und Wohlfühlen finden – ein Ansatz dazu liefern wir seit einem Jahrzehnt. Kann sich ja jeder einlesen zum Thema „periodischer Wechsel von AMPK und mTOR“. Stichwort.
Doch heute will ich über was sprechen, was hier thematisch reinpasst, aber mal einen ganz anderen Ansatz bildet. Biochemiker lieben diesen Trick… weil ich einfache Experimente mit klarer Botschaft liebe. Also los:
Herzzellen to go: Herzalterung umkehren
Im Alter lässt die Herzgesundheit und damit -leistungsfähigkeit nach, weil sich immer mehr Herzzellen in den Ruhestand verabschieden. Genau genommen sterben die Herzzellen ab und es bildet sich vermehrt Fibrose, also vernarbtes Gewebe am Herz. Schlecht, weil … nicht funktional. Grund dafür sind vorrangig oxidativer Stress und Entzündungsreaktionen.
Meine Damen und Herren: Exakt das ist Alterung.
Nun haben Forscher sich ein einfaches Experiment ausgedacht. Man nehme:
- Junge Ratten
- Alte Ratten (auf den Menschen übertragen ca. 75 Jahre alt)
- Ausdauertraining
- L-Arginin
Punkt. Herrlich einfach, nicht wahr? Genau so sieht auch das Ergebnis aus:
- Sport alleine ist gut, reduziert Kennzahlen der Alterung, also z. B. Entzündungsprozesse und oxidativen Stress
- Mit L-Arginin zusammen wirkt Sport aber sensationell – hier zeigt sich eine wesentlich ausgeprägtere Besserung, Herzzellen bleiben weitestgehend erhalten und sterben nicht ab (s. Abb. unten)
Lauftraining und eine L-Arginin-Supplementierung schützten vor dem altersbedingten Anstieg des Herzzellenverlusts und der Fibrosebildung in der Herzkammer durch eine wirksame Unterdrückung von oxidativem Stress, Entzündungen und Apoptosewegen.
Warum das funktioniert hat einen einzigen banalen Grund, den man in anderen Studien nachlesen kann:
Aerobes Training kann den Zellen des Herzkreislaufsystems zugute kommen (…), und zwar durch NO-vermittelte Signalwege, die die Herzstammzellen in einer feindlichen Umgebung schützen, ihre Aktivierung und Differenzierung fördern und so zu einer effizienteren Regeneration des Herzmuskelgewebes führen.
Sport erhöht NO (Stickstoffmonoxid). Und L-Arginin ist die Vorstufe dieses NO – ohne Arginin kein NO. Und der dritte Teil der Gleichung: NO schützt und aktiviert Herzstammzellen, küsst sie also wach. Jeder Leser hier weiß ja, dass man Herzstammzellen aktiv – MIT INTENSIVEM SPORT – wachküssen muss, sonst machen die halt nix. Die sind halt bockig.
Dafür braucht es offenbar NO – und dafür wiederum genug L-Arginin. Wusste schon der Nobelpreisträger Ignarro (Medizinnobelpreis 1998 zu NO), der hatte ja sogar ein Buch über diesen Wunderstoff geschrieben. Nennt sich „NO More Heart Disease: How Nitric Oxide Can Prevent – Even Reverse – Heart Disease And Stroke“ (dt. Keine Herzkrankheiten mehr: Wie Stickstoffmonoxid Herzkrankheiten und Schlaganfällen vorbeugen – und sie sogar rückgängig machen – kann).
Das Buch wurde ja erst vor einem Vierteljahrhundert publiziert…
Das war’s auch schon.

Das war alles, was ich heute sagen wollte. Das sind für mich die Schalter, die man im Blick haben sollte. Denn der Arginin-NO-Stoffwechsel schläft im Alter zunehmend ein, das heißt der Körper bildet zu wenig Arginin und setzt es schlechter in NO um. Wenn man hier etwas nachhilft UND trainiert, kriegt man offenbar ziemlich viel zurückgezahlt vom Körper.
In der Studie übrigens mit 1,5 g Arginin – umgerechnet auf den 70-kg-Menschen (2,5 g bei 100 kg). 1,5 bis 2,5 g ist nix. Im Sommer kriegt man das via Citrullin (wird zu Arginin) über Wassermelonen rein. :-)
Und: ja, Tierstudie. Aber so what. Es sind die Mechanismen, die man ansprechen muss. Macht man, oder macht man halt nicht. Die meisten entscheiden sich sowieso für Letzteres.
Arginin und NO sind viel zu wichtig.
22 comments On Herzalterung umkehren – einfacher Trick
Die gute, alte Wassermelone !
Oder auch Gurken mit Schale.
Ich liebe so einfache Lösungen, die langfristig soooo
gute Effekte haben !
Was hier auch mal erwähnt sei, ist dass UVA-Licht zu NO-Ausschüttung führt, wahrscheinlich in der Ernährungsfokussierten Szene ein weitgehend übersehener Weg ;) Studie: https://www.ahajournals.org/doi/10.1161/CIRCRESAHA.109.207019
Es lohnt sich generell auch mal die Effekte von Licht (also UV, Sichtbares Spektrum, Rot, Infrarot) zu betrachten. Würde mich sehr freuen hier auch mal etwas dazu zu lesen :D
„Lieber fit bis 85 und Herzinfarkt, ciao“
Die Arroganz der Jugend? Schon mal mit alten, kranken Menschen geredet? Meinste die sterben gern, weil sie eventuell Bettlägerig sind? Überdenk mal dein Geschreibsel, Junge!
Ich bin für dich kein „Junge“. Wenn es dir hier auf meinem Blog (!) an Respekt mangelt, dann kannst du woanders kommentieren.
Es ist *meine* Einstellung und die wird auch so bleiben.
Das sehe ich genauso wie Du !!!!!!!
Aber Ruth hat recht in dem Punkt, dass viele Alte am Leben kleben und das auch mit brutalen Einschränkungen.
Kohlenmonoxid (Terrassenheizer in der Wohnung) wäre für mich das Mittel der Wahl !
Oder weiß jemand was Besseres ?
Wem es hier nicht passt kann sich ja woanders umsehen ob es da annähernd so guten Kontent gibt.
Ich bin extrem dankbar für deine Arbeit und deine Wissensvermittlung.
Ich habe beruflich jeden Tag genug mit vierzig- fünfzigjährigen Halbleichen zu tun.
Zum Glück gibt es auch immer wieder sehr fitte Alte Menschen. Wenn ich mich mit Ihnen unterhalte äußern sie nicht selten genau deine Ansicht „fit bis zum Schluss wann immer es sein wird“ und dann ciao.
@Joachim: Vielleicht habe ich mich da missverständlich ausgedrückt. Ich sage nicht, dass das Leben nicht mehr lebenswert ist, wenn man eingeschränkt ist und damit fine ist. Ich habe lediglich gesagt, dass ich es aus Sicht der „Langlebigkeit“ (= Prävention = Verlängerung der Gesundheitsspanne) präferieren würde, „nur“ 85 zu werden, wenn ich bis dahin fit sein kann (und dann schnell gehen darf) statt 100 und dafür maximal dezimiert und ggf. chronisch krank. Wenn ich mit 85 einen leichten Diabetes habe, aber es mich erfüllt, mit meinen Enkeln zu spielen, dann ist das auch lebenswert natürlich. Ich habe an dem Beispiel zwei Extreme gegenübergestellt, was aber nicht heißt, dass ich mich umbringe, wenn es anders kommt… *lol* Aber nur mal so: Ich bin ziemlich konsequent in dem, was ich mache. Ich hoffe doch sehr, dass ich im Alter die Einstellung habe, dass es okay ist, zu gehen, weil ich mit mir persönlich im Reinen bin.
@Irmbert: Danke für dein Input. Meine persönlichen Vorbilder im engen Umfeld sind einfach alte Menschen, die ihre Funktionalität (warum und wie auch immer) bewahren. Ich kann mir für mich einfach kein stark eingeschränktes Leben im Alter vorstellen. (Was aber, um es nochmal zu betonen, nicht heißt, dass ich dann nich mehr leben wollen würde.) Der entscheidende Punkt und der Unterschied zwischen meinem Denken und dem Denken vieler anderer Menschen ist: Ich weiß, dass ein Muskel nicht weiß, wie alt er ist. Viele geben sich viel zu früh auf und sind mit 80 das Resultat der vergangenen 30 Jahre an Nichtbenutzung des Körpers. Diese Ausrede werde ich mir mit 60,70 und 80 sicher nicht gönnen! Zumal ich jetzt noch mindestens 30 oder 40 Jahre hätte, um mich mit allen Mitteln der Präventionskunst einzudecken. Dieses Wissen hatten viele Menschen, die heute alt sind, so noch nicht.
Diese Aussage ist an Menschen gerichtet die nicht den Weg gehen wollen mit 85 im Bett dahin zu vegetieren… sondern heute die Stellschrauben so anzupassen das man das Optimale aus den derzeitigen Gegebenheiten herausholt und genau darum bin ich seit 10 Jahren so dankbar für die tollen Artikel auf dieser Seite
Alterung ist der Verlust von DNA Information in den Zellen, zum Beispiel die Information Arginin und NO zu produzieren. Die DNA Reparatur übernehmen Sirtuine, die aber gefüttert werden wollen, zum Beispiel mit NAD+. Mit Nicotinamid-Mononukleotid NMN oder Nicotinamid Ribosid NR soll NAD+ erhöht werden, also Longevity. 1500mg Citrullin und 1000mg Arginin sind aber auch geil.
Und Leute mit erhöhter Anzahl von Antikörpern gegen citrullinierte Peptide im Körper haben dann einfach Pech gehabt?
Ich würde mal behaupten, dass die orale Zufuhr von Citrullin so viel zu tun hat mit citrullinierten Peptiden wie Wasser mit Regen. :-) (Ok, schlechter Vergleich)
Bei der Citrullinierung von Peptiden, werden ja Argininreste des jeweiligen Proteins über ein Enzym zu Citrullin umgesetzt. Citrullin wird also gar nicht direkt verbaut. Außerdem wird Citrullin im Körper in Arginin umgesetzt. Argininreste in Proteinen gibt es so oder so, egal ob mit Extra-Arginin in der Nahrung oder ohne. Und es gibt keine Hinweise darauf, dass Arginin Autoimmunerkrankungen oder sowas anheizt. Natürlich gehe ich immer von normalen Dosierungen aus (2-5 g), nicht von 10, 15 oder 20 g.
LG
Top Beitrag! Da du hier angenehmerweise keine Dauerwerbesendung draus machst, muss ich es aber zum Dank doch anbringen: Euer Citrullin + den Zusätzen „get the job done“. Mein Reflex insgesamt regelmäßig auf NO zu achten ist gestärkt. :)
Danke Matthias und well done ;-)
Und ich kann dich beruhigen: Der Blog war noch nie Dauerwerbesendung!
Schade das Agmatin solch ein Problem ist, dank der Novelfoodverordung. Das ist gefühlt selbst in kleinen Dosen (500mg) sowohl dem Citrulin als auch dem Arginin meiner persönlichen Erfahrung überlegen.
Bin mir nicht so sicher, ob ich Agmatin als überlegen empfinden würde. Aber die Debatte steht sowieso nicht im Raum, aus den von dir genannten Gründen *lol*
Zumindest rein subjektiv was den Pump im Training angeht würde ich Agmatin als klar überlegen ansehen, wenn wir Gramm vs Gramm, also gleiche Dosis vergleichen.
Bei den angesprochenen 500mg Agmatin würde ich persönlich als ungefähr gleichwertig mit ca 2-3g Citrulin und 2-3g Arginin als Kombination ansehen.
„Und: ja, Tierstudie. Aber so what. Es sind die Mechanismen, die man ansprechen muss.“
Hast du ein paar Ausführungen dazu? Das wird von manchen ja als absolutes Totschlagargument benutzt.
Totschlagargumente sind ja auch ein super gutes Stilmittel, um schnellstmöglich Diskussionen zu beenden. Das mal aus argumentativer bzw. rhetorischer Sicht.
Glauben Menschen wirklich, dass für jede Form moderner Medizin oder Wissenschaft, wie wir sie täglich nutzen, klinische Studien existieren? Selbst wenn es solche Studien gäbe, müsste man sie für jede Dosierung, jede Substanzkombination, jedes Geschlecht und jeden Kontext erneut durchführen.
In Wahrheit sind Tierstudien und mechanistische Experimente ein fester Bestandteil der wissenschaftlichen Evidenzbasis. Natürlich gibt es Unterschiede zwischen Spezies – deshalb darf man Ergebnisse aus Tiermodellen nicht unreflektiert auf den Menschen übertragen, vor allem nicht in kritischen Situationen. Dennoch gilt: Der größte Teil unseres heutigen Wissens über menschliche Physiologie stammt aus solchen Studien. Ohne sie wüssten wir kaum etwas über zelluläre Mechanismen – etwa der Insulinresistenz. Mechanistische Studien liefern die Grundlage für Hypothesen, die am Menschen, wenn überhaupt, nur mit großem Aufwand überprüft werden können.
Das gilt für alle Erkrankungen – und für alles, was wir „handfest“ über den Menschen wissen. Der Grund: Es gibt evolutionär konservierte Signalwege, von Einzellern bis zum Menschen. Viele Grundfunktionen ähneln sich so sehr, dass Tierversuche valide und oft unverzichtbar sind.
Jeder, der versucht, „Tierstudie“ mit einem Schlagwort als Totschlagargument zu nutzen, um eine Diskussion zu unterbinden, macht es entweder absichtlich oder in grober Unkenntnis über die eigene Biologie bzw. das Wissen darüber.
Arginin oder doch lieber Citrulin?
Beides ok :-)
Mega! Ich liebe NO und euer citrullin zb. Das ist anders als ein Whey oder ein Darmflora Komplex, auch anders als ein Red bull oder ein Kaffee/ schwarzer Tee.
Man spürt richtig, dass will der Körper, wusste er aber selber nicht, wie ein Schwamm der die perfekte Flüssigkeit mit der perfekten Dichte bekommen hat um sich bis auf den letzten mm füllen zu können^^
Am Anfang bei mir immer total subtil, aber dann ist da diese vollkommene Bereitschaft des Körpers meinen Befehlen zu folgen 😅 mit Spaß! Haha
Klingt spannend :-)